Bluttests für die Alzheimer-Diagnostik sind auf dem Vormarsch. Begleitend wird die Notwendigkeit von Alzheimer-Biomarkern immer grösser, um die richtige Diagnose in einer grösseren Anzahl von Fällen zu stellen. Zu den nächsten Schritten gehört zudem die Festlegung klarer Leitlinien dafür, wie ein Alzheimer-Bluttest in der klinischen Praxis eingesetzt werden kann, vorzugsweise durch Einführung dieser Tests zunächst in der fachärztlichen Versorgung und dann in der Primärversorgung.

Hochpräzise Bluttests für die Alzheimer-Krankheit rücken näher an den Einsatz in Arztpraxen heran. Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sie die Genauigkeit der Diagnose revolutionieren und einen saubereren, schnelleren Weg zur Teilnahme an der Forschung und zur Behandlung bieten könnten. Demenz wird häufig unterdiagnostiziert – und wenn sie von einem Arzt diagnostiziert wird, wissen viele Menschen dennoch nichts von ihrer Diagnose oder sind nicht darüber informiert, so der Bericht «Alzheimer’s Disease Facts and Figures 2024». Bluttests für die Alzheimer-Diagnose zeigen in der Forschung, dass sie die Genauigkeit und das Vertrauen des Arztes erheblich verbessern und eine bessere Zugänglichkeit sowie eine Plattform für eine verbesserte Kommunikation bieten könnten. Die vielversprechendsten Bluttests zur Erkennung von Alzheimer-bedingten Veränderungen im Gehirn messen das phosphorylierte Tau-Protein (p-tau), einen Alzheimer-Biomarker, der sich aufbauen kann, bevor Patienten Anzeichen einer kognitiven Beeinträchtigung zeigen. Die Zunahme des spezifischen Markers p-tau217 im Laufe der Zeit korreliert mit der Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten und der Hirnatrophie. Der p-tau217-Test sagt auch die Wahrscheinlichkeit von Amyloid-Plaques im Gehirn voraus, die ein weiterer Biomarker für die Alzheimer-Krankheit sind und auf die kürzlich zugelassenen Behandlungen abzielen.

«Bluttests, die (a) in grossen Populationen eine Genauigkeit von mehr als 90% aufweisen und (b) in grösserem Umfang zur Verfügung stehen, versprechen eine Verbesserung und möglicherweise eine Neudefinition des Rekrutierungsprozesses für klinische Studien und der Diagnostik der Alzheimer-Krankheit», sagte Dr. Maria C. Carrillo, Chief Science Officer und Leiterin der Abteilung für medizinische Angelegenheiten der Alzheimer’s Association. «Während Ärzte in der Primär- und Sekundärversorgung derzeit eine Kombination aus kognitiven Tests und Bluttests oder anderen Biomarkern zur Diagnose von Alzheimer verwenden sollten, haben Bluttests das Potenzial, die Genauigkeit von Frühdiagnosen zu erhöhen und die Chance zu maximieren, so früh wie möglich auf Alzheimer-Behandlungen zuzugreifen, um bessere Ergebnisse zu erzielen.» Wenn der Einsatz eines Bluttests in Erwägung gezogen wird, sollten die «Alzheimer’s Association Appropriate Use Recommendations for Blood Biomarkers in Alzheimer‘s Disease» sorgfältig beachtet werden. Um den Angehörigen der Gesundheitsberufe bei der Einbeziehung von Bluttests für Alzheimer in ihre klinische Praxis zu helfen, hat die Vereinigung ein Gremium aus klinischen und fachlichen Experten einberufen und leitet die Ausarbeitung von Leitlinien für die klinische Praxis zur Verwendung von Blut-Biomarkern bei Alzheimer. 

Studie unterstützt Bluttests

Eine grosse Studie zeigt, dass Bluttests die Alzheimer-Krankheit besser erkennen können als Haus- und Fachärzte, die herkömmliche Diagnosemethoden anwenden. In der Studie wurden 1213 Patienten mit dem PrecivityAD2-Test (bekannt als APS2) getestet. Er verwendet eine Kombination aus dem Verhältnis von phosphoryliertem zu nicht phosphoryliertem Tau217 im Plasma (bekannt als %p-tau217) und dem Verhältnis von zwei Amyloidarten (Aβ42/Aβ40) und übertraf in dieser Studie die Ergebnisse der Kliniker deutlich. Bei 698 Patienten, die in Gedächtniskliniken untersucht wurden, konnte APS2 die Alzheimer-Krankheit mit einer Genauigkeit von rund 90% identifizieren, während die Genauigkeit der Spezialisten bei 73% lag. Bei 515 Patienten, die von Hausärzten untersucht wurden, lag die APS2-Genauigkeit ebenfalls bei rund 90%; Hausärzte erkannten die Alzheimer-Krankheit zu 63%. Die Forscher stellten fest, dass der APS2-Test auch bei Patienten mit Begleiterkrankungen, wie z.B. Nierenerkrankungen, die bei älteren Patienten häufig vorkommen, eine hohe Genauigkeit aufwies. «Dies sind die Ergebnisse von Blutproben, die alle zwei Wochen von Hausärzten zur Analyse eingesandt wurden, was der klinischen Routinepraxis entspricht», sagte der Hauptautor Sebastian Palmqvist, M.D., Ph.D., von der Universität Lund, Lund, Schweden. «Diese Ergebnisse sind besonders beeindruckend, wenn man bedenkt, dass ältere Menschen in der Primärversorgung häufig an Krankheiten leiden, die die Konzentrationen von p-tau217 beeinflussen oder verändern können.»

Frühdiagnose im Fokus

Die Einbeziehung von Menschen in früheren Stadien der Alzheimer-Krankheit in klinische Studien könnte möglicherweise dazu beitragen, Behandlungen zu identifizieren, die wirksam sind. Eine Studie ergab, dass p-tau217-Bluttests ein einfaches und genaues Auswahlinstrument zur Identifizierung kognitiv nicht beeinträchtigter Patienten sein könnten, die wahrscheinlich Amyloid-Beta-Plaques in ihrem Gehirn haben. Die Forscher analysierten Proben von 2718 kognitiv nicht beeinträchtigten Teilnehmern aus 10 verschiedenen Studien. Sie fanden heraus, dass p-tau217 im Plasma die Wahrscheinlichkeit positiv vorhersagen kann (mit einer Spanne von 79–86%), dass eine kognitiv nicht beeinträchtigte Person auch bei einer Amyloid-PET-Untersuchung oder einem Liquor-Biomarker positiv auf Amyloid-beta-Pathologie getestet würde. Werden die Ergebnisse des Amyloid-Beta-Liquor-Tests oder eines Amyloid-Beta-PET-Scans der Analyse nach einer positiven Blutprobe hinzugefügt, verbessert sich die positive Vorhersage auf 90% oder mehr. «Wenn diese Zahlen Bestand haben und von anderen unabhängigen Labors wiederholt und bestätigt werden, könnte dieser Ansatz die Notwendigkeit von Lumbalpunktionen und PET-Scans für die Alzheimer-Diagnose um 80 oder sogar 90% reduzieren», sagte Gemma Salvadó, Ph.D., Hauptautorin der Studie und assoziierte Forscherin an der Universität Lund. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die p-tau217-Positivität im Plasma allein für die Auswahl kognitiv nicht beeinträchtigter, Amyloid-positiver Teilnehmer für viele klinische Studien ausreichen könnte.

Quelle: Alzheimer’s Disease Blood Tests Could Improve Diagnosis in Primary Care, Speed Recruiting for Research and Reduce Wait Times. AAIC 2024.

Kongress: Alzheimer’s Association International Conference (AAIC)

InFo NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2024; 22(4): 32 (veröffentlicht am 26.8.24, ahead of print)

Autoren
  • Leoni Burggraf 
Publikation
  • INFO NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 

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