Nach einem akuten Hirninfarkt oder einer Transitorischen ischämischen Attacke (TIA) ist das Risiko für einen weiteren Hirnschlag massiv erhöht. Dass eine frühzeitige Behandlung mit einem Plättchenhemmer zur Sekundärprophylaxe beiträgt, konnte in der THALES-Studie belegt werden. So führte Ticagrelor als add-on zu Aspirin nach einem ischämischen Hirnschlag oder TIA zu einer signifikanten Risikoreduktion für einen weiteren Schlaganfall.
In der Schweiz erleiden circa 16’000 Patienten pro Jahr einen Hirnschlag [1]. Patienten, die einen akuten ischämischen Hirnschlag oder eine TIA erlitten haben, tragen ein hohes Risiko, Opfer weiterer ischämischer Ereignisse zu werden, insbesondere innerhalb der ersten 30 Tage nach dem Erstereignis. Der Zeitraum des höchsten Risikos sind die ersten 24 Stunden nach dem initialen Ereignis [2]. Eine frühzeitige, intensive Plättchenhemmung nach einem nicht-kardioembolischen Hirnschlag oder einer TIA ist für die Prävention eines weiteren, möglicherweise invalidisierenden oder tödlichen Hirnschlags von ausschlaggebender Bedeutung. In der Phase-III-Studie THALESA senkte Ticagrelor zusammen mit Aspirin im Vergleich zu Aspirin allein das Risiko des primären kombinierten Endpunkts aus Hirnschlag und Tod bei Patienten im Zustand nach akutem ischämischem Hirnschlag oder TIA signifikant [3].
Potenzielle neue Behandlungsoption für Hochrisikopatienten
In die randomisiert-kontrollierte, doppelblinde ereignisgesteuerte Multizenterstudie wurden Daten von über 11’000 Studienteilnehmern in 28 Ländern inkludiert. Die Patienten wurden innerhalb von 24 Stunden nach Einsetzen eines akuten ischämischen Hirnschlags oder von Symptomen einer Hochrisiko-TIA randomisiert und über 30 Behandlungstage hinweg beobachtet. Ticagrelor 180 mg (Brilique®) wurde an Tag 1 zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach der Randomisierung verabreicht, gefolgt von 90 mg zweimal täglich an den Tagen 2–30 oder einem passenden Placebo. Alle Patienten erhielten unverblindet Aspirin 300–325 mg an Tag 1, gefolgt von 75–100 mg einmal täglich an den Tagen 2–30. Es zeigte sich, dass der Thrombozytenaggregationshemmer das Risiko des primären kombinierten Endpunkts aus Hirnschlag und Tod bei Patienten im Zustand nach akutem ischämischem Hirnschlag oder TIA im Vergleich zu Aspirin allein um 17% (HR 0,83 [95%-KI 0,71, 0,96], p=0,02) gesenkt hat [3]. Der primäre Sicherheitsendpunkt bestand in der Zeit bis zum ersten schweren Blutungsereignis nach der GUSTO-Definition (Global Utilization of Streptokinase and Tissue Plasminogen Activator for Occluded Coronary Arteries).
Basierend auf der THALES-Studie hat die US-amerikanische Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) eine Indikationserweiterung akzeptiert und ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für Brilique® zur Reduktion weiterer Schlaganfälle bei Patienten nach akutem ischämischem Hirnschlag oder TIA gewährt. Der Zulassungsentscheid ist für das vierte Quartal 2020 vorgesehen. Ticagrelor (Brilique®) ist ein direkt wirkender P2Y12-Rezeptorantagonist, dessen Wirkung auf einer Hemmung der Thrombozytenaktivierung beruht. Bisher ist dieser Plättchenhemmer in der Schweiz als add-on zu Aspirin zugelassen zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei erwachsenen Patienten mit Akutem Koronarsyndrom oder anamnestisch bekanntem Myokardinfarkt vor mindestens 12 Monaten, bei Vorliegen eines weiteren kardiovaskulären Risikofaktors.
Literatur:
- Swissneuro 2020, https://swissneuro.ch/Hirnschlag
- GBD 2017 DALYs and HALE Collaborators: Global, regional, and national disability adjusted life-years (DALYs) for 359 diseases and injuries and healthy life expectancy (HALE) for 195 countries and territories, 1990–2017: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. Lancet 2018; 392: 1859–1922.
- Johnston SC, et al.: Ticagrelor and aspirin or aspirin alone in acute ischemic stroke or TIA. N Engl J Med 2020; published on July 15, 2020, at NEJM.org. DOI: 10.1056/NEJMoa1916870.
HAUSARZT PRAXIS 2020; 15(9): 42
CARDIOVASC 2020; 19(3): 37
Autoren
- Mirjam Peter, M.Sc.
Publikation
- HAUSARZT PRAXIS
Comments are closed.