Es kommt immer wieder vor, dass bei bildgebenden Untersuchungen pathologische Frakturen der Wirbelsäule, die ohne adäquate Gewalteinwirkung entstanden sind, festgestellt werden. Häufig liegt eine fortgeschrittene Osteoporose zugrunde. Diese Stoffwechselerkrankung des Knochens führt zu einem Verlust an Knochensubstanz, -struktur und -funktion und ist mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert. Quantitative Computertomografie ist eines der bildgebenden Verfahren, welches in der Diagnostik zum Einsatz kommt.
Bei solchen im Rahmen von bildgebenden Untersuchungen detektierten pathologischen Frakturen der Wirbelsäule sind Wirbelalterationen mit Einsenkung der Grund- und/oder Deckplatten bis hin zur keil- oder fischwirbelartigen Deformierung nachweisbar [1]. Eine erhebliche Demineralisierung des Skeletts muss nicht immer mit einer pathologischen Fraktur vergesellschaftet sein. Verschiedene Erkrankungen können mit einer Entkalkung der Knochenstruktur einhergehen. In Übersicht 1 sind Differenzialdiagnosen der Wirbeldeformierungen aufgelistet [1,2].

Die Osteoporose ist eine Stoffwechselerkrankung des Knochens mit Verlust an Knochensubstanz, -struktur und -funktion [3]. Anamnese, klinische Untersuchung, bildgebende Diagnostik und Densitometrie können zusammen mit Laborparametern (u.a. Hormonstatus, Vitamin D, andere Knochenstoffwechselparameter) zur Abklärung führen [4–6]. Insbesondere sollten die Vitamin D Spiegel gemessen werden, da dieses Vitamin eine wichtige Rolle spielt im Kalziumstoffwechsel, Mangelzustände prävalent sind und zum sekundären Hyperparathyreoidismus führen können. Eine übersichtliche Einteilung der Osteoporose bei Frauen, von der WHO empfohlen, ist in Tabelle 1 zu finden. Etwa 90% der Osteoporoseerkrankungen sind postmenopausal bzw. senil und unterscheiden sich in diagnostischen Kriterien [7] (Tab. 2). Sekundär auftretende Osteoporosen werden durch gastrointestinale Erkrankungen mit Resorptionsstörungen, durch endokrinologische Veränderungen oder hämatologische Probleme verursacht. Die Symptomatik der bei Osteoporose auftretenden Frakturen ist vielfältig und geht mit oft langen zeitlichen Verläufen von Rückenbeschwerden einher, bei akut auftretender Fraktur mit akuten Schmerzen und kann im langen Verlauf zur Deformierung der Wirbelsäule führen («Witwenbuckel») [4]. Die Osteoporose ist auch finanziell eine erhebliche Belastung der Volkswirtschaft. Eine Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts veröffentlichte Studie wies Kosten in den USA und Europa von mehr als 23 Milliarden Dollar nach, verursacht durch 2,3 Millionen osteoporotischer Frakturen [2]. Die Frakturen des Femurhalses gehen mit einer um 10% bis 20% erhöhten Mortalität einher und 19% der Patienten werden Langzeitpflegefälle. Der Prophylaxe kommt somit eine entscheidende Bedeutung zu. Bei erheblicher Wirbeldeformierung können durch die Vertebro- oder Kyphoplastie die Symptomatik deutlich gemildert und die Wirbel stabilisiert werden.
Röntgenologisch finden sich Hinweise auf eine Osteoporose mit vermehrter Strahlentransparenz der Skelettanteil, bei Aufnahmen insbesondere der Brustwirbelsäule (BWS) und Lendenwirbelsäule (LWS)Deformierungen der Wirbel, vorrangig mit Einsenkung der Wirbelabschlussplatten oder stärkeren Deformierungen. Oft fehlen anamnestisch Hinweise auf ein adäquates Trauma. Die Wirbelveränderungen können auch in den Schnittbildverfahren (Computer- und Kernspintomografie)verifiziert werden, in der MRT nachweisbare Spongiosaödem [8] sind im Zusammenhang mit einer Osteoporose als sicheres Zeichen einer frischen Sinterung zu bewerten.
Heute stehen mehrere Verfahren zur Quantifizierung der Knochendichte zur Verfügung, die sich hinsichtlich der Aussage über die Situation des Knochenstoffwechsels unterscheiden. Es hängt auch in nicht zu unterschätzendem Ausmass von der Erfahrung des Untersuchers mit der entsprechenden Modalität ab, wie die Ergebnisse interpretiert werden (Übersicht 2). Die sonografische Messung wird äusserst kritisch bewertet. Auch kernspintomografisch ist eine Quantifizierung des Mineralsalzgehaltes der Knochen nicht möglich.

Fallbeispiele
Fall 1 zeigt eine pathologische Fraktur bei einem 77-jährigen Mann nach Bagatellbelastung. Der Lendenwirbelkörper 1 (LWK 1) ist erheblich komprimiert, die Wirbelhinterkante nach intraspinal abgekippt und verursachte eine spinale Stenose. Die dann durchgeführte Quantitative Computertomografie (QCT) konnte eine senile Osteoporose nachweisen mit einem T-Score von –4,4 bei einem Absolutwert an Kalziumhydroxylapatit von 58,4 mg/ml (Abb. 1).
Im Fall 2 fanden sich bei einem 62-jährigen Mann mit zunehmenden Schmerzen der Brustwirbelsäule (BWS) zahlreiche frische osteoporotische Sinterungen mit konsekutiv verstärkter Kyphose. In der MRT war ein deutliches Spongiosaödem der Wirbel erkennbar. Bei einer Röntgenuntersuchung des Thorax 4 Jahre später fand sich ein Zustand nach Vertebroplastie mehrerer mittlerer Brustwirbelkörper (Abb. 2).
Im Fall 3 konnte die lumbale CT eine Deckplattenimpression von LWK 3 (sagittale 2D-Rekonstruktion) bei einer 72-jährigen Patientin nachweisen, es bestand eine akute Lumbalgie. Die QCT dokumentierte eine erhebliche Osteoporose mit einem Mineralsalzgehalt von 24 mg/ml, einem signifikant erhöhten Frakturrisiko entsprechend (Abb. 3).
Fall 4 demonstriert bei einem 64-jährigen Patienten mit Plasmozytom eine diffuse Demineralisierung des Skeletts, eine fischwirbelartige Kompression von BWK 11 und zahlreiche Wirbelabschlussplatteneinbrüche in der Lendenwirbelsäule (LWS) (Abb. 4).
Take-Home-Messages
- Die Osteoporose ist eine die Volkswirtschaft finanziell erheblich belastende Erkrankung.
- Die Prophylaxe der Osteoporose ist wichtig, um schwere Verläufe zu vermeiden.
- Bildgebende Verfahren können osteoporotische Frakturen nachweisen.
- Quantifizierende Modalitäten (QCT, DXA) sind in der Osteoporosediagnostik sehr wichtig und können im Verlauf Therapieergebnisse verifizieren.
- Vertebro- und Kyphoplastie sind die Wirbel stabilisierende Eingriffe.
Literatur:
- Ringe JD, Meunier PJ: Osteoporotic Fractures in the Elderly. Stuttgart & New York: Georg Thieme Verlag 1996; 63–80.
- Ringe JD: Osteoporose. Stuttgart & New York: Georg Thieme Verlag 1997; 6–7.
- Weiske R, Lingg G, Güler CC (Hrsg.): Osteoporose. Gustav Fischer Verlag Jena 1998: 1–4.
- Capatina C, et al.: Vitamin d deficiency in postmenopausal women – biological correlates. Maedica 2014; 9(4): 316–322.
- Mikosch P: Diagnosis of osteoporosis in geriatric patients – possibilities and limitations. Wien Med Wochenschr 2012; 162(5–6): 99–109.
- Platitsyna NG, Bolotnova TV: Vitamin D deficiency as a risk factor for chronic non-infectious diseases. Adv Gerontol 2017; 30(6): 873–879.
- Dören M, et al.: Prophylaxe und Therapie der Osteoporose mit Östrogenen und Gestagenen. Stuttgart&New York: Georg Thieme Verlag 1997: 13–25 (1997).
- Gualdi G, et al.: Vertebral fractures: radiological diagnosis, differential diagnosis and prognostic implications. Clin Ter 2007; 158(4): 355–361.
- Osteoporose: Diagnostik- und Therapiezentrum München, www.osteoporosezentrum.de
Weiterführende Literatur:
- Pollähne W, Pfeifer M, Minne HW: Use of imaging procedures in the diagnostics of osteoporosis interpretation of x-rays and bone density measurments. Wien Med Wochenschr 2007; 157(23-24): 593–605.
- Stoller DW: Magnetic Resonance Imaging in Orthopaedics and Sports Medicine. 3rd Edition. Baltimore: Lippincott Williams & Wilkins, 1980 (2007).
- Thiel HJ: Schnittbilddiagnostik der Wirbelsäule: 2. Traumatische Veränderungen. Pathologische Frakturen bei Osteoporose (2.1). MTA Dialog 2008; 9 (9): 738–741.
- Yuzawa Y, et al.: Magnetic resonance and computed tomography – based scoring system for the differential diagnosis of vertebral fractures caused by osteoporosis and malignant tumors. J Orthop Sci 2005; 10(4): 345–352.
HAUSARZT PRAXIS 2020; 15(8): 45–48
Autoren
- Dr. med. Hans-Joachim Thiel
Publikation
- HAUSARZT PRAXIS
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