Axiale Spondyloarthritis (axSpA) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule, die das Leben vieler Menschen stark beeinflussen kann. In diesem Artikel, der auf HAUSARZT PRAXIS basiert, erfahren Sie, wie moderne Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten – von nichtsteroidalen Antirheumatika bis hin zu Biologika und JAK-Inhibitoren – helfen können, Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Wir erklären Ihnen die wichtigsten Begriffe und geben einen Überblick über aktuelle Empfehlungen.
Axiale Spondyloarthritis: Was ist das und wie wird sie diagnostiziert?
Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) gehört zu den entzündlichen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, die hauptsächlich die Wirbelsäule betreffen. Typisch für axSpA ist der sogenannte entzündliche Rückenschmerz, der sich durch Schmerzen im unteren Rückenbereich äußert, die vor allem nachts oder in Ruhe auftreten und sich durch Bewegung bessern. Neben den Beschwerden an der Wirbelsäule können auch andere Bereiche des Körpers betroffen sein, wie zum Beispiel die Gelenke, Sehnen oder sogar innere Organe (sogenannte extraskelettale Manifestationen). Die Diagnose axSpA erfolgt in mehreren Schritten: Zunächst wird die Krankengeschichte (Anamnese) erhoben, wobei auch auf psychosoziale und arbeitsbezogene Belastungen eingegangen wird. Anschließend werden bildgebende Verfahren wie Röntgen und Magnetresonanztomographie (MRT) der Lendenwirbelsäule (LWS) und der Iliosakralgelenke eingesetzt, um entzündliche Veränderungen sichtbar zu machen. Zusätzlich werden Laboruntersuchungen durchgeführt, bei denen sogenannte inflammatorische Marker wie BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) und CRP (C-reaktives Protein) sowie das Vorhandensein des genetischen Merkmals HLA-B27 getestet werden. Die ASAS-Klassifikationskriterien (Assessment of SpondyloArthritis International Society) helfen dabei, die Diagnose zu sichern. Ein wichtiger Bestandteil dieser Kriterien ist der Nachweis von HLA-B27 und/oder einer Sakroiliitis (Entzündung der Iliosakralgelenke) im Bildgebungsverfahren. Bei Patienten ohne sichtbare Veränderungen im Röntgen spricht man von einer nicht-röntgenologischen axialen SpA, während bei nachweisbaren Veränderungen die Diagnose ankylosierende Spondyloarthritis (Morbus Bechterew) gestellt wird.
Um die Krankheitsaktivität zu messen, werden spezielle Scores verwendet. Der BASDAI (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index) ist ein Fragebogen, der verschiedene Symptome wie Müdigkeit, Rückenschmerzen und Morgensteifigkeit abfragt. Der ASDAS (Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score) ist ein neueres Instrument, das zusätzlich das CRP berücksichtigt und so eine genauere Einschätzung der Entzündungsaktivität ermöglicht. Die Krankheitsaktivität sollte regelmäßig – meist alle 3 bis 6 Monate – mit diesen Scores kontrolliert werden, um die Behandlung optimal anzupassen.
Behandlungskonzepte: Kombination aus Bewegung und Medikamenten
Die Therapie der axSpA basiert auf einem sogenannten multimodalen Ansatz, das heißt, es werden verschiedene Maßnahmen miteinander kombiniert. Ein wichtiger Bestandteil der Behandlung sind nicht-pharmakologische Maßnahmen wie regelmäßige Bewegungstherapie und Physiotherapie. Diese helfen, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu erhalten, Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Ziel ist es, die körperliche Funktionsfähigkeit zu bewahren und das Fortschreiten von strukturellen Schäden an der Wirbelsäule zu verhindern.
Wenn die Beschwerden stärker sind oder die Entzündung nicht ausreichend kontrolliert werden kann, kommen Medikamente zum Einsatz. Die erste Wahl sind meist nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), die entzündungshemmend und schmerzlindernd wirken. Beispiele für NSAR sind Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen. Da NSAR auch Nebenwirkungen haben können, wie zum Beispiel Magenbeschwerden oder ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist es wichtig, die Dosierung und Dauer der Therapie regelmäßig zu überprüfen. Wenn NSAR nicht ausreichen, um die Entzündung zu kontrollieren, werden sogenannte Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs (DMARDs, krankheitsmodifizierende Antirheumatika) eingesetzt. Diese Medikamente wirken gezielt auf das Immunsystem und können das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.
Biologika und JAK-Inhibitoren: Moderne Medikamente im Überblick
In den letzten Jahren wurden neue Medikamente entwickelt, die gezielt in das Immunsystem eingreifen und die Entzündungsprozesse bei axSpA hemmen können. Dazu gehören die Biologika (biologische DMARDs, bDMARDs) und die JAK-Inhibitoren (Januskinase-Inhibitoren, tsDMARDs). Biologika sind gentechnisch hergestellte Eiweißstoffe, die bestimmte Botenstoffe des Immunsystems blockieren. Zu den wichtigsten Biologika bei axSpA zählen die TNFα-Inhibitoren (Tumornekrosefaktor-alpha-Hemmer) wie Adalimumab, Infliximab, Golimumab und Certolizumab pegol sowie die IL-17-Inhibitoren (Interleukin-17-Hemmer) wie Secukinumab und Ixekizumab. JAK-Inhibitoren wie Tofacitinib und Upadacitinib sind Tabletten, die bestimmte Signalwege in den Immunzellen hemmen.
Die Auswahl des passenden Medikaments richtet sich nach verschiedenen Faktoren: Neben der Wirksamkeit spielen auch das Sicherheitsprofil (also mögliche Nebenwirkungen), die individuellen Risikofaktoren des Patienten und die persönlichen Vorlieben eine Rolle. Die aktuellen ASAS-EULAR Empfehlungen (gemeinsame Leitlinien der Assessment of SpondyloArthritis International Society und der European League Against Rheumatism) geben Orientierung für die Therapieauswahl. Laut diesen Empfehlungen sollte bei anhaltend hoher Krankheitsaktivität trotz NSAR (ASDAS-Score ≥2,1) zunächst ein TNFα-Inhibitor oder ein IL-17-Inhibitor eingesetzt werden. JAK-Inhibitoren werden meist erst dann empfohlen, wenn andere Therapien nicht ausreichend wirken oder nicht vertragen werden. Der Grund dafür liegt vor allem in den noch begrenzten Langzeitdaten zur Sicherheit der JAK-Inhibitoren.
Studien zeigen, dass Biologika und JAK-Inhibitoren die Entzündung wirksam hemmen und die Beschwerden deutlich lindern können. Für Secukinumab, einen IL-17-Inhibitor, liegen aus Langzeitstudien Hinweise auf eine niedrige Rate schwerwiegender Infektionen, Krebserkrankungen und Herz-Kreislauf-Ereignisse vor. Bei Ixekizumab, einem weiteren IL-17-Inhibitor, ist die Datenlage noch begrenzt. Für JAK-Inhibitoren gibt es bisher vor allem Kurzzeitstudien. Bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) und bestimmten Risikofaktoren wurde in der Oral Surveillance-Studie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse (MACE) und Krebserkrankungen unter JAK-Inhibitoren festgestellt. Diese Ergebnisse lassen sich jedoch nicht direkt auf axSpA-Patienten übertragen. Dennoch sollte bei Patienten mit axSpA und zusätzlichen Risikofaktoren eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, insbesondere bei der Anwendung von JAK-Inhibitoren.
Wirksamkeit der Medikamente auf verschiedene Beschwerden
Die axiale Spondyloarthritis kann sich durch unterschiedliche Symptome äußern, zum Beispiel durch Entzündungen der Wirbelsäule, Gelenkbeschwerden, Sehnenentzündungen oder auch durch Augenentzündungen wie Uveitis. Die verschiedenen Medikamente wirken unterschiedlich gut auf diese Manifestationen. Beobachtungsstudien zeigen, dass TNFα-Inhibitoren wie Adalimumab, Infliximab, Golimumab und Certolizumab pegol besonders wirksam bei der Behandlung von Uveitis sind. Im Vergleich dazu ist die Wirksamkeit von Secukinumab und Etanercept bei Uveitis geringer. Für die JAK-Inhibitoren Tofacitinib und Upadacitinib gibt es bisher keine ausreichenden Daten zur Behandlung von Uveitis. Die Wahl des Medikaments sollte daher auch an den individuellen Beschwerden und Begleiterkrankungen des Patienten ausgerichtet werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die regelmäßige Überprüfung der Krankheitsaktivität. Neben der klinischen Untersuchung und der Bildgebung werden die oben genannten Scores (BASDAI, ASDAS) eingesetzt, um den Verlauf der Erkrankung zu dokumentieren. Die Behandlung sollte in regelmäßigen Abständen – meist alle 3 bis 6 Monate – überprüft und bei Bedarf angepasst werden. So kann sichergestellt werden, dass die Therapie optimal wirkt und mögliche Nebenwirkungen frühzeitig erkannt werden.
Was tun, wenn die Therapie nicht wirkt?
Es kann vorkommen, dass eine Behandlung mit einem Biologikum (bDMARD) oder einem JAK-Inhibitor (tsDMARD) nicht den gewünschten Erfolg bringt. In solchen Fällen ist es wichtig, zunächst die Diagnose zu überprüfen: Liegt tatsächlich eine axiale Spondyloarthritis vor oder gibt es andere Ursachen für die Beschwerden? Besonders wenn weder ein TNFα-Inhibitor noch ein IL-17-Inhibitor wirkt, sollte ein erneuter Blick auf die Diagnose und mögliche Begleiterkrankungen geworfen werden. Ein MRT kann helfen, eine aktive Entzündung in der Wirbelsäule nachzuweisen.
Die aktuellen ASAS-EULAR Empfehlungen raten dazu, nach einem erfolglosen Behandlungsversuch mit einem bDMARD oder tsDMARD auf ein anderes bDMARD (zum Beispiel einen anderen TNFα-Inhibitor oder einen IL-17-Inhibitor) oder einen JAK-Inhibitor zu wechseln. Die Datenlage zur Wirksamkeit eines Wechsels ist allerdings noch begrenzt. Für Secukinumab gibt es Hinweise, dass auch nach einem erfolglosen TNFα-Inhibitor gute Ansprechraten erzielt werden können, wobei die Erfolgsraten bei Patienten, die noch keine Biologika erhalten haben, etwas höher sind. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für Ixekizumab berichtet.
Wichtig ist, dass die Entscheidung für die nächste Behandlung gemeinsam mit dem behandelnden Arzt und dem Patienten getroffen wird. Dabei sollten neben der Wirksamkeit und Sicherheit auch individuelle Faktoren wie Begleiterkrankungen, persönliche Wünsche und soziale Aspekte berücksichtigt werden. Auch die Art der Anwendung (zum Beispiel subkutan, intravenös oder oral) kann eine Rolle spielen, ebenso wie der Kostenfaktor. Ziel ist es, für jeden Patienten die bestmögliche und individuell passende Therapie zu finden.
Gemeinsam entscheiden: Die Rolle des Patienten
Die Behandlung der axSpA sollte immer auf die individuellen Bedürfnisse und Lebensumstände des Patienten abgestimmt werden. Das sogenannte „Shared Decision Making“ bedeutet, dass Arzt und Patient gemeinsam die beste Therapieoption auswählen. Dabei werden nicht nur medizinische Fakten, sondern auch persönliche Präferenzen, berufliche und soziale Aspekte sowie mögliche Nebenwirkungen und Risiken berücksichtigt. Es ist wichtig, dass Patienten gut über ihre Erkrankung und die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informiert sind, um aktiv an der Entscheidungsfindung teilnehmen zu können.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und eine offene Kommunikation mit dem behandelnden Arzt sind entscheidend, um den Verlauf der Erkrankung zu überwachen und die Therapie bei Bedarf anzupassen. Auch Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen können wertvolle Unterstützung bieten, indem sie Informationen bereitstellen und den Austausch mit anderen Betroffenen ermöglichen.
Mirjam Peter, M.Sc.
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