Zwischen erhöhtem Blutdruck und Nierenerkrankungen besteht eine wechselseitige Beziehung. Daher ist eine konsequente Hypertonietherapie bei eingeschränkter Nierenleistung besonders wichtig. Denn eine intensive Blutdrucksenkung verhindert bei Patienten mit Proteinurie die Progression der Nierenerkrankung. Welche Zielwerte sollten ins Auge gefasst werden?

Die Hypertonie ist ein weit verbreitetes Phänomen. Schätzungen zufolge leidet jeder Dritte über 50 Jahre und jeder zweite 60-Jährige an Bluthochdruck. Entsprechend gehört die Erkrankung mit den daraus resultierenden Endorganschäden wie Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt und Niereninsuffizienz zu den führenden Todesursachen in den Industrienationen. Die Niere ist durch die Hormon- und Urinproduktion u.a. an der Regulation des Blutdrucks beteiligt. Nimmt sie Schaden, hat das entsprechende Auswirkungen. Eine arterielle Hypertonie tritt oft als Folge von Nierenerkrankungen auf. Doch auch anders herum kann ein erhöhter Blutdruck Auswirkungen auf die Nierenfunktion haben.  Die Hypertonie kann eine Nierenschädigung nach sich ziehen oder die Progression jeder Nierenerkrankung beschleunigen. Nierenerkrankungen bilden mit ca. 90% die häufigste sekundäre Hypertonieursache. Eine Hypertonie tritt bei ungefähr 80% der Patienten mit einer terminalen Niereninsuffizienz auf.

Die hauptsächlichen pathophysiologischen Mechanismen, die für eine renale Hypertonie verantwortlich sind, sind eine Aktivierung des intrarenalen Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) aufgrund einer intrarenalen ­Isch­ämie, eine intrarenale Sympathikusakti­vie­rung in den geschädigten Nieren sowie eine Natrium- und Wasserretention durch die Nieren. Bluthochdruck ist der zweithäufigs­te Grund, warum Patienten an die Dialyse müssen. Die Zahl der Dialysepatienten, wie auf­grund einer Bluthochdruck-bedingten Schädigung der Nieren auf eine Blut­wäsche angewiesen sind, liegt in Europa bei ca. 10–19%. Wichtigstes Ziel einer Behandlung bei Hypertonikern mit Nieren­insuffizienz ist daher die Progressionsminderung der Niereninsuffizienz. Generell sollen aber auch die direkten Folgen der Hypertonie, wie Hirnmassenblutung und Linksherzinsuffizienz, sowie die indirekten Folgen, wie zerebrovaskuläre Insuffizienz und KHK, verhindert werden.

Konsequente Blutdrucksenkung auf niedrige Zielwerte

Grundsätzlich sollte bei einer Hypertonie frühzeitig gegengesteuert werden. Die Blutdruck-Leitlinie der europäischen Gesellschaften für Hypertonie und Kardiologie (ESH/ESC) rät bereits ab Werten von 140/90 mmHg zu blutdrucksenkenden Medikamenten (Tab. 1). Liegt der Blutdruck nicht ganz so hoch, können Lebensstilverändernde Massnahmen durchgeführt werden, um den Zielwert von 130/80 mmHg zu erreichen. Dazu zählen z.B. die Einschränkung der Kochsalzzufuhr, eine Beschränkung des Alkoholkonsums, eine erhöhte Zufuhr von Gemüse, die Regulierung des Körpergewichts sowie regelmässige aerobe Belastung. Diese Werte gelten jedoch nur bei nierengesunden Menschen.

Hypertoniker mit chronischer Niereninsuffizienz sollten einen Zielkorridor von 120–130/70–80 mmHg erreichen. Bei ausgeprägter Proteinurie ggf. sogar 120/80 mmHg. Denn ein systolischer Blutdruck über 130 mmHg geht mit einer deutlich erhöhten Progressionsrate der Niereninsuffizienz einher. Ergebnisse einer kombinierten Studie zeigten darüber hinaus, dass Patienten mit intensiver Blutdrucksenkung tendenziell ein geringeres Auftreten einer Dialysepflichtigkeit haben. Eine intensive Blutdruckkontrolle ist zudem mit einer niedrigeren Mortalität assoziiert.

Zweifach-Kombination bereits von Anfang an

Inzwischen wird bei den meisten Hypertonikern bereits initial eine fixe Zweifach-Kombination empfohlen. Erste Wahl sind ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker plus Kalziumantagonist oder Diuretikum bzw. Schleifendiuretikum. Reicht die Zweifach-Kombination zum Erreichen der Zielwerte nicht aus, ist der nächste Schritt die Dreifach-Kombination aus ACE-Hemmer oder ARB mit Kalziumkanalblocker und Diuretikum (oder Schleifendiuretikum). Bei einer resistenten Hypertonie kommt dann noch ein Aldosteron-Antagonist wie Spironolacton hinzu. Bei komorbider koronarer Herzkrankheit (KHK), Herzinsuffizienz oder Vorhofflimmern (VHF) können Betablocker in jedem Stadium hinzugefügt werden.

Weiterführende Literatur:

  • https://era-edta-reg.org/files/annualreports/pdf/AnnRep2017.pdf (letzter Aufruf: 01.08.2020)
  • www.swissnephrology.ch/media/srrqap/MedizinAktuell_2017_aktuelle_Erkenntnisse.pdf (letzter Aufruf: 01.08.2020)
  • https://leitlinien.dgk.org/files/2019_Pocket_Leitlinie_Hypertonie_Version2018.pdf (letzter Aufruf: 01.08.2020)
  • Ku E, Gassman J, Appel LJ, et al.: BP Control and Long-Term Risk of ESRD and Mortality. J Am Soc Nephrol 2017; 28: 671–677.
  • https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4907876#vp_2 (letzter Aufruf: 01.08.2020)
  • www.stgag.ch/fachbereiche/kliniken-fuer-innere-medizin/klinik-fuer-innere-medizin-am-kantonsspital-frauenfeld/nephrologie/informationen-fuer-aerzte-und-zuweiser/antihypertensive-therapie-bei-nierenerkrankungen/ (letzter Aufruf: 01.08.2020)

CARDIOVASC 2020; 19(3): 19

Autoren
  • Leoni Burggraf 
Publikation
  • CARDIOVASC 

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