Lässt sich Bluthochdruck trotz Antihypertensiva nur unzureichend kontrollieren, können sich unter anderem unerkannte hormonelle Ursachen dahinter verbergen. Die auch als «Conn-Syndrom» bezeichnete Hypertonie aufgrund eines primären Hyperaldosteronismus werde häufig lange übersehen, obschon es effektive Therapien gegen diese Hormonstörung gibt, warnte die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie anlässlich des diesjährigen Weltherztags.
Lässt sich Blutdruck auch mit drei verschiedenen Medikamenten auf Dauer nicht unter 140/90 mmHg einstellen, sollte man immer auf ein mögliches Conn-Syndrom abklären, rät die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) [1]. Das Hormon Aldosteron wird in den Nebennieren gebildet und regelt den Kochsalz- und Flüssigkeitsgehalt des Körpers. Bei einem Aldosteronüberschuss kommt es infolge einer vermehrten Natrium- und damit Wasserrückresorption in der Niere schliesslich zu einem Anstieg des Blutdrucks. «Normalerweise ist die Produktion von Aldosteron in ein hormonelles Netzwerk eingebunden, das Blutdruck und Flüssigkeitshaushalt reguliert», erklärt Prof. Dr. med. Martin Reincke, der sich an der Ludwig-Maximilians-Universität München auf die Erforschung der Nebennieren spezialisiert hat [1]. In den kleinen Drüsen, die die Nieren wie winzige Mützen bedecken, werden gleich mehrere Hormone gebildet, eines davon ist Aldosteron. Die Verdachtsdiagnose eines Hyperaldosteronismus lässt sich über den sogenannten Aldosteron-Renin-Quotient (ARQ) bestimmen [2].
Jeder dritte therapieresistente Hypertoniker ist betroffen
Prof. Reincke nennt aktuelle Zahlen zur Häufigkeit des Conn-Syndroms [1]: So leiden 6% der Bluthochdruckpatienten in der Allgemeinarztpraxis daran, 10% der Patienten in spezialisierten Blutdruckzentren und bis zu 30% der Betroffenen mit therapieresistentem Bluthochdruck. Der erste Schritt zur Diagnose sind Laboruntersuchungen. Neben einer Hormonbestimmung gehört dazu ein Kochsalzbelastungstest, bei dem normalerweise der Aldosteron-Wert sinkt. Ist dies nicht der Fall, sollten die Patienten zur abschliessenden Diagnose an eine Fachklinik überwiesen werden. Dort wird mit einem Katheter die Aldosteron-Konzentration in den Venen der beiden Nebennieren bestimmt. Das Ergebnis hat unmittelbare Auswirkungen auf die Behandlung. Ist die Konzentration nur auf einer Seite erhöht, kann das Conn-Syndrom durch die Entfernung einer Nebenniere geheilt werden. Dies ist laut Porf. Reincke bei etwa einem Drittel der Patienten der Fall. Viele benötigen nach der Operation dann keine Blutdrucksenker mehr. Wenn beide Nebennieren zu viel Aldosteron produzieren, ist eine Operation nicht möglich. Dann helfen Aldosteron-Antagonisten, die das Hormon durch die Blockade der Rezeptoren auf den Zellen ausschalten. Die Mittel sind seit längerem zugelassen, bei anderen Hochdruckerkrankungen werden sie jedoch selten eingesetzt. Die Behandlungsergebnisse des Conn-Syndroms haben sich in den letzten Jahren in Deutschland nicht zuletzt dank eines vielbeachteten Patienten-Registers verbessert, das seit 2006 alle Fälle aus führenden Behandlungszentren dokumentiert [3]. Bisher wurden Daten zu 1600 Patienten in das von Prof. Reincke gegründete und geleitete Conn-Register eingetragen: «Das Register hilft uns, die Diagnostik, Behandlung und Betreuung dieser Patienten zu verbessern sowie Standards für eine Qualitätskontrolle festzulegen.» [1].
Studie zeigt: Wahrscheinlichkeit für Conn-Syndrom steigt mit zunehmendem Hypertoniegrad
In der prospektiven PATO-Studie («Primary Aldosteronism in Torino»), an welcher sich neun Hausarztpraxen beteiligt hatten, wurden zwischen 2009 und 2014 über 1600 Bluthochdruckpatienten auf das Vorliegen von Hyperaldosteronismus leitliniengerecht untersucht [4]. 569 der Studienteilnehmer hatten eine neu manifestierte, 1103 eine bekannte Hypertonie. Bei auffälligem Hormonstatus erfolgte eine weitere Diagnostik in Form von Bestätigungstests, Bildgebung und Nebennierenvenenkatheterisierung. 5,9% der Probanden hatten am Ende ein gesichertes Conn-Syndrom, davon 27 mit Aldosteron-produzierendem Adenom (gutartige Geschwulst) und 64 mit beidseitiger Hyperplasie der Nebennieren. Dass die Conn-Wahrscheinlichkeit mit zunehmendem Hypertoniegrad anstieg, wertete Prof. Reincke als weiteres interessantes Ergebnis [2]. So wurde bei 11,8% der Patienten mit Grad 3, also der schwersten Form des Bluthochdrucks (Blutdruck ≥180/110 mmHg), ein Conn-Syndrom festgestellt, bei Hypertonie Grad 1 (≥140/90 mm Hg) waren es 3,9% und 9,7% bei Grad 2 (≥160/100 mmHg).
Literatur:
- «Weltherztag: Heilbarer Bluthochdruck bei Conn-Syndrom wird oft erst spät erkannt», Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, 29.09.2021
- «Hormonell bedingter Bluthochdruck ist heilbar: Hypertonie-Patienten auf Conn-Syndrom untersuchen», Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., 10.05.2017.
https://idw-online.de/de/news674361 - Conn-Register: Deutsches Register Primärer Hyperaldosteronismus: http://www.conn-register.de/register1.html, (letzter Abruf 22.10.2021)
- Monticone S, et al.: Prevalence and Clinical Manifestations of Primary Aldosteronism Encountered in Primary Care Practice. J Am Coll Cardio 2017; 69(14): 1811–1820.
HAUSARZT PRAXIS 2021; 16(11): 39
Autoren
- Mirjam Peter, M.Sc.
Publikation
- HAUSARZT PRAXIS
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