Die Colitis ulcerosa (CU) ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED), die durch wiederkehrende Entzündungen der Schleimhaut des Dickdarms gekennzeichnet ist. Die weltweite Prävalenz der CU nimmt zu, und Patienten leiden häufig unter schweren Symptomen wie Durchfall, Bauchschmerzen, rektalen Blutungen, extraintestinalen Manifestationen und einem erhöhten Risiko für Darmkrebs.

(red) Die komplexe Pathophysiologie der CU wird auf eine Kombination genetischer und umweltbedingter Faktoren zurückgeführt, die zu einer Fehlregulation des Immunsystems führen. Dies umfasst unter anderem eine erhöhte Aktivierung von Entzündungszytokinen, ein Ungleichgewicht zwischen regulatorischen und Effektor-T-Zellen sowie eine Dysbiose der Darmmikrobiota.

Die derzeitigen Behandlungsstrategien zielen darauf ab, die Entzündungsreaktionen zu unterdrücken, um klinische Symptome zu verbessern und eine Remission zu erreichen. Häufig verwendete Medikamente sind Aminosalicylate, Immunsuppressiva und Biologika. Trotz dieser Therapien leidet ein erheblicher Teil der Patienten weiterhin unter wiederkehrenden Krankheitsschüben, und etwa 15% der Betroffenen müssen sich im Verlauf einer teilweisen oder vollständigen Kolektomie unterziehen. Zudem sind immunsuppressive Medikamente mit dem Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen wie Infektionen und einem erhöhten Krebsrisiko verbunden.

Da viele Patienten mit der Standardtherapie unzufrieden sind oder Bedenken hinsichtlich der Nebenwirkungen haben, wenden sich zunehmend mehr Patienten komplementären und alternativen Therapien zu. Pflanzliche Arzneimittel sind dabei eine der am häufigsten verwendeten Ansätze der komplementären Medizin. Studien haben gezeigt, dass zwischen 19 und 54% der CU-Patienten auf pflanzliche Arzneimittel zurückgreifen. Allerdings geben viele Patienten die Verwendung dieser Mittel nicht gegenüber ihren Ärzten an, und viele Mediziner verfügen nicht über ausreichende Informationen oder klinische Daten, um eine fundierte Beratung zu bieten.

Bisherige Übersichtsarbeiten und systematische Reviews haben sich auf die am häufigsten verwendeten pflanzlichen Präparate konzentriert und oft auch Studien mit inaktiven Patienten oder Beobachtungsstudien eingeschlossen. Die besprochene Arbeit zielt darauf ab, eine umfassende systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse von RCTs zu präsentieren, die die Wirksamkeit pflanzlicher Arzneimittel bei aktiver Colitis ulcerosa untersuchen.

Die Verwendung von pflanzlichen Arzneimitteln zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), insbesondere Colitis ulcerosa (CU), gewinnt zunehmend an Popularität, obwohl wissenschaftliche Evidenz zu deren Wirksamkeit häufig begrenzt ist. Die betrachtete Analyse präsentiert eine systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse randomisierter kontrollierter Studien (RCTs), die die Wirksamkeit pflanzlicher Arzneimittel bei der aktiven Colitis ulcerosa untersuchen. Eine umfassende Literatursuche identifizierte 28 RCTs, die 18 verschiedene Pflanzenextrakte bewerteten. Die Meta-Analyse ergab, dass Indigo naturalis (IN) eine signifikant höhere klinische Ansprechrate im Vergleich zu Placebo aufwies (RR 3,70; 95%-KI 1,97–6,95). Curcuma longa (CL) zeigte eine höhere klinische Remissionsrate (RR 2,58; 95%-KI 1,18–5,63) und signifikante Verbesserungen bei endoskopischen Parametern. Für Andrographis paniculata (AP) konnten hingegen keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu Placebo nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse unterstreichen das Potenzial von Curcuma longa als ergänzende Therapie bei aktiver CU, während für Indigo naturalis und Andrographis paniculata weitere Forschung erforderlich ist, um deren Wirksamkeit und Sicherheit besser zu verstehen.

Materialien und Methoden

Diese systematische Übersichtsarbeit wurde nach den PRISMA**-Richtliniendurchgeführt. Es wurde keine vorherige Registrierung vorgenommen. Die Literatursuche wurde bis September 2022 in mehreren Datenbanken durchgeführt, darunter Medline (PubMed), EMBASE, die Cochrane Library und Web of Science. Eine spezialisierte Bibliothekarin erstellte die Suchstrategie, die Schlüsselbegriffe wie «Colitis ulcerosa», «pflanzliche Arzneimittel», «Pflanzenextrakte» und «randomisierte kontrollierte Studien» umfasste.

** Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses

Studien wurden einbezogen, wenn sie folgende Kriterien erfüllten: (1) Sie untersuchten menschliche Patienten mit aktiver Colitis ulcerosa (leicht, mittelschwer oder schwer); (2) es handelte sich um prospektive kontrollierte Studien mit einem Placebo- oder konventionellen Therapiearm; und (3) die Intervention bestand aus einem pflanzlichen Arzneimittel. Studien wurden ausgeschlossen, wenn (1) die Untersuchung an Tieren durchgeführt wurde, (2) die Patienten sich in Remission befanden, oder (3) die Studien Fallberichte, Fallserien, narrative Reviews oder Biochemie-Modelle darstellten.

Primäre Endpunkte waren klinische Re­mission und klinisches Ansprechen. Sekundäre Endpunkte umfassten endoskopische Ansprechrate, endoskopische Remission und die Sicherheit der Anwendung. Die ausgewählten Studien wurden von zwei unabhängigen Gutachtern überprüft, und ein dritter Gutachter entschied bei Unstimmigkeiten.

Für die Meta-Analyse wurden Forest-Plots erstellt, und relative Risiken (RR) mit 95%-Konfidenzintervallen (CI) wurden unter Verwendung von Zufalls-Effekten-Modellen berechnet. Heterogenität zwischen den Studien wurde qualitativ und quantitativ bewertet, wobei der I²-Statistik und Chi-Quadrat-Test verwendet wurde.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 1227 potenzielle Studien identifiziert, von denen 28 RCTs den Einschlusskriterien entsprachen. Diese Studien untersuchten insgesamt 18 verschiedene pflanzliche Arzneimittel bei aktiver CU. Die wichtigsten Ergebnisse der Meta-Analyse und systematischen Überprüfung sind nachfolgend zusammengefasst:

Curcuma longa (Kurkuma, Abb. 1): Curcuma longa (Kur­kuma) ist ein weit verbreitetes pflanzliches Arzneimittel, das aus der Kurkuma-Wurzel gewonnen wird. Es wird seit Jahrhunderten in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und der ayurvedischen Medizin eingesetzt. Klinische Studien haben gezeigt, dass Kurkuma entzündungshemmende, antioxidative und antikarzinogene Wirkungen hat. Acht RCTs, die die Wirkung von Kurkuma bei aktiver CU untersuchten, wurden identifiziert.

In vier Studien zeigte Kurkuma, als Zusatztherapie zu Mesalazin, signifikante Vorteile bei der klinischen Remission und dem endoskopischen Ansprechen im Vergleich zu Placebo. Beispielsweise berichteten Banerjee et al. (2021), dass 44% der Patienten, die Kurkuma erhielten, nach sechs Wochen in klinischer Remission waren, im Vergleich zu 0% in der Placebo-Gruppe (p<0,01). Endoskopische Remissionen wurden ebenfalls häufiger in der Kurkuma-Gruppe beobachtet (35,3% vs. 0%; p<0,001). Weitere Studien bestätigten diese Ergebnisse. Eine Meta-Analyse der sechs Kurkuma-Studien zeigte eine signifikant höhere Rate klinischer Remissionen (RR 2,58; 95%-KI 1,18–5,63) und endoskopischer Ansprechungen (RR 1,56; 95%-KI 1,08–2,26).

Nebenwirkungen waren geringfügig und beinhalteten gelegentlich Magen-Darm-Be­schwerden wie Blähungen und Übelkeit. Schwe­re unerwünschte Ereignisse wurden in keiner der Studien berichtet.

Indigo naturalis: Indigo naturalis, ein traditionelles Heilmittel der chinesischen Medizin, wurde in zwei RCTs mit insgesamt 87 Patienten untersucht. Die Meta-Analyse zeigte eine signifikant höhere klinische Ansprechrate in der Behandlungsgruppe im Vergleich zu Placebo (RR 3,70; 95%-KI 1,97–6,95). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Indigo naturalis bei der Behandlung der aktiven CU von Nutzen sein könnte. Weitere kleine Beobachtungsstudien stützen diese Ergebnisse ebenfalls.

Es wurden jedoch schwerwiegende Nebenwirkungen wie pulmonale Hypertonie und Leberschäden in Zusammenhang mit Indigo naturalis berichtet. In einer japanischen Studie entwickelten elf Patienten pulmonale Hypertonie, die sich jedoch nach Absetzen des Arzneimittels wieder zurückbildete. Daher sollte die Anwendung von Indigo naturalis mit Vorsicht erfolgen, bis weitere Sicherheitsdaten vorliegen.

Andrographis paniculata: Andrographis paniculata, ein in der ayurvedischen Medizin häufig verwendetes Kraut, wurde in zwei RCTs untersucht. Eine Meta-Analyse ergab jedoch keine signifikanten Unterschiede in der klinischen Ansprechrate (RR 0,95; 95%-KI 0,71–1,26) oder der klinischen Remission (RR 1,31; 95%-KI 0,86–2,01) im Vergleich zu Placebo. Dies deutet darauf hin, dass die derzeit verwendeten Dosierungen möglicherweise nicht ausreichend sind, um eine signifikante Wirkung zu erzielen. Es wurden jedoch keine schwerwiegenden Nebenwirkungen berichtet, was auf eine gute Verträglichkeit des Mittels hinweist.

Die systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse bietet einen umfassenden Überblick über die Wirksamkeit und Sicherheit pflanzlicher Arzneimittel bei aktiver Colitis ulcerosa. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass insbesondere Curcuma longa als ergänzende Therapie zur Standardbehandlung vielversprechend ist, während für andere pflanzliche Arzneimittel wie Indigo naturalis und Andrographis paniculata weitere Forschung notwendig ist.

Curcuma longa zeigte signifikante Vorteile bei der klinischen Remission und der endoskopischen Heilung. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Kurkuma in Kombination mit Mesalazin als wirksame Zusatztherapie bei aktiver CU eingesetzt werden könnte. Die antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften von Kurkuma könnten eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Darmschleimhaut und der Reduktion von Entzündungen spielen.

Indigo naturalis zeigte ebenfalls vielversprechende Ergebnisse, allerdings gibt es Bedenken hinsichtlich der Sicherheit. Die berichteten Fälle von pulmonaler Hypertonie und Leberschäden erfordern eine gründlichere Untersuchung, bevor Indigo naturalis uneingeschränkt empfohlen werden kann. Patienten, die dieses Mittel einnehmen, sollten sorgfältig überwacht werden.

Im Gegensatz dazu zeigten die Studien zu Andrographis paniculata keine signifikanten Vorteile im Vergleich zu Placebo. Möglicherweise sind höhere Dosierungen erforderlich, um eine wirksame therapeutische Antwort zu erzielen.

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse dieser systematischen Überprüfung legen nahe, dass pflanzliche Arzneimittel, insbesondere Curcuma longa, eine wertvolle Ergänzung zur Behandlung der aktiven Colitis ulcerosa darstellen könnten. Angesichts der wachsenden Beliebtheit von pflanzlichen Präparaten ist es wichtig, dass weitere gross angelegte, gut konzipierte klinische Studien durchgeführt werden, um die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Mittel besser zu verstehen und in die klinische Praxis zu integrieren.

Quelle: Iyengar P, Godoy-Brewer G, Maniyar I, et al.: Herbal Medicines for the Treatment of Active Ulcerative Colitis: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2024 Mar 23;16(7): 934. doi: 10.3390/nu16070934.
PMID: 38612967; PMCID: PMC11013716.

Ausführliche Literaturliste beim Verlag.

PHYTOTHERAPIE PRAXIS 2024; 1(1): 16–17

Publikation
  • PHYTOTHERAPIE PRAXIS 

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