Die Prävalenz von Colitis ulcerosa (CU) in der Schweiz beträgt 1/500. Ein Pfeil im Therapie-Köcher ist seit 2019 der JAK-Inhibitor Tofacitinib. In der Phase-3-Studie OCTAVE hatte er sich im Vergleich zu Placebo als wirksam erwiesen, um eine klinische und endoskopische Remission zu erreichen und zu erhalten. In der realen Welt war die Datenlage in der Schweiz bislang jedoch unzureichend. Eine Studiengruppe hat sich dem nun angenommen.

Ziel der Post-Marketing-Studie FACES (First Tofacitinib Experience in Switzerland) war es, die Wirksamkeit und Sicherheit von Tofacitinib bei der Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa in der Schweiz unter Real-World-Bedingungen zu beurteilen. In Übereinstimmung mit dem OCTAVE-Studiendesign bewertete die Forschergruppe hierfür die klinische und endoskopische Aktivität zu Studienbeginn sowie in den Wochen 8, 26 und 52 anhand des Mayo-Scores, wie Prof. Dr. Alain Schoepfer, Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Lausanne, und Mitglied der FACES-Survey-Gruppe, erklärte [1]. Dabei wurde Tofacitinib während der 8-wöchigen Induktionsphase mit 2× 10 mg pro Tag und während der Erhaltungsphase mit 2× 5 mg verabreicht. 

Beim Mayo-Scoring-System werden zur Bewertung der Aktivität von CU die Faktoren Stuhlfrequenz, rektale Blutungen, Endoskopiebefund und die Gesamteinschätzung des Arztes berücksichtigt. Jede dieser vier Komponenten wird einzeln mit 0 bis 3 bewertet, sodass sich ein Gesamtscore von 0 bis 12 ergibt.

Signifikanter Rückgang im Mayo-Score

Die Wissenschaftler schlossen 104 Erwachsene in ihre Untersuchung ein (mittleres Alter 41 ± 14,4 Jahre, mediane Krankheitsdauer 6 Jahre, IQR 3– 11, Spanne 1–44 Jahre, 48,1% Frauen). Die Erkrankungen der Patienten waren loka­lisiert:

  • Proktitis 3,9%, 
  • linksseitige Kolitis 34,6%, 
  • ausgedehnte Kolitis 11,5%, 
  • Pankolitis 50%. 

In der medikamentösen Vorbehandlung hatten alle Teilnehmer Mesalazin, topisches Budesonid und Prednison erhalten, 70,2% bekamen auch Azathioprin. Bevor mit der Tofacitinib-Therapie begonnen wurde, hatten die Patienten im Median 2 erfolglose Biologika-Behandlungen (mehrheitlich Infliximab und Vedolizumab (79% bzw. 62%), dazu auch Golimumab (23%), Adalimumab, Ustekinumab (je 20%) und Tacrolimus (15%); IQR 1–3, Spanne 0–6) hinter sich. 21 Probanden (20,2%) wurde zu Beginn der Behandlung mit Tofacitinib auch Prednison verabreicht. Im Laufe der Zeit wurde ein signifikanter Rückgang des Mayo-Scores beobachtet (Tab. 1). 

In Woche 8 betrug die Adhärenz für Tofacitinib noch 100%. Nach 26 Wochen blieben 77 der 104 Patienten (74%) adhärent, nach einem Jahr waren es immer noch 63/104 (60,6%). Es wurden keine tiefen Venenthrombosen, Lun­gen­­­embolien, schwerwiegende fortgeschrittene kardiovaskuläre Ereignisse oder Neoplasien beobachtet. Bei vier Patienten kam es während der Induktionsphase und bei zwei während der Erhaltungsphase zu einer Herpes-zoster-Reaktivierung.

Bzgl. der Stuhlfrequenz hatten bei Baseline alle Patienten mindestens drei Stuhlgänge mehr als normal. Dies konnte nach 52 Wochen bei nahezu allen auf ein Normalniveau oder maximal 1–2 Stuhlgänge mehr reduziert werden (Abb. 1).

In dieser Schweizer CU-Population, die durch einen komplizierten Krankheitsverlauf und mehrfaches Versagen von Biologika-Therapien gekennzeichnet war, befanden sich noch mehr als 60% in Woche 52 unter Tofacitinib, da sie weiterhin einen klinischen Nutzen hatten, so das Fazit von Prof. Schoepfer. Bei einem günstigen Sicherheitsprofil wurde dabei kein Patient mehr in den Wochen 26 und 52 gleichzeitig mit systemischen Steroiden behandelt.

Kongress: SGG-Jahreskongress 2023

Quelle:

  1. Schoepfer A: Vortrag «Real-life efficacy and safety of tofacitinib to treat moderate-to-severe ulcerative colitis in Switzerland»; Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Gastroenterologie (SGG), Interlaken, 14.09.2023.

GASTROENTEROLOGIE PRAXIS 2023: 1(2): 31 (veröffentlicht am 27.11.23, ahead of print)

Autoren
  • Jens Dehn 
Publikation

GASTROENTEROLOGIE PRAXIS 

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