Die Ergebnisse kardiovaskulärer Endpunktstudien, welche belegen, dass Dapagliflozin und Empagliflozin bei HFpEF und HFmrEF die Outcomes signifikant verbessern, haben die European Society of Cardiology (ESC) dazu bewogen, ihre Empfehlungen anzupassen. Somit wird der Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren aktuell bei Patienten mit Herzinsuffizienz über das gesamte Spektrum der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) empfohlen.

Das 2023 veröffentlichte Update der 2021 erschienenen ESC-Leitlinie zur Diagnose und Behandlung der Herzinsuffizienz stützt sich auf die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus randomisiert-kontrollierten klinischen Studien und Metaanalysen [1]. «Die SGLT-2-Inhibitoren sind nun von den internationalen Guidelines der europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfohlen bei der Herzinsuffizienz unabhängig von der LVEF – das heisst wir können sie einsetzen und wir sollen sie einsetzen bei der HFrEF, HFmrEF und HFpEF», fasste Prof. Dr. med. Christine Meyer-Zürn, Universitätsspital Basel, zusammen [2]. Dies ist eine bedeutsame Indikationserweiterung. Denn im Gegensatz zu HFrEF waren die Behandlungsmöglichkeiten bei HFmrEF und HFpEF bis vor Kurzem sehr eingeschränkt; ausser Diuretika gab es keine prognoseverbessernde medikamentöse Therapie. 

Eine Metaanalyse, welche die Daten aller grossen Studien zu SGLT-i bei Herzinsuffizienz inkludierte – einschliesslich DAPA-HF-, DELIVER-, EMPEROR-Reduced‑ und EMPEROR-Preserved – erschien 2022 im Lancet (Tab. 1) [3]. Über die insgesamt 21 947 Studienteilnehmer hinweg betrachtet, verringerten SGLT-2-i bei Patienten mit HFrEF, HFmrEF oder HFpEF das Risiko für kardiovaskulären Tod oder herzinsuffizienzbedingte Hospitalisation, sowie für einen ersten Krankenhausaufenthalt aufgrund der Herzinsuffizienz und auch die Gesamtmortalität. Zusammenfassend zeigen diese Daten, dass SGLT-2-i Morbidität und Mortalität bei Herzinsuffizienz über das gesamte Spektrum der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) hinweg verringern, wobei sowohl Nicht-Diabetiker als auch Diabetiker von diesen Effekten profitieren [3]. 

Nachweislicher Nutzen für HFmrEF- und HFpEF-Patienten 

DELIVER und EMPEROR-PRESERVED waren die ersten Studien, die zeigten, dass der Einsatz von Empagliflozin und Dapagliflozin (jeweils 10 mg einmal täglich) auch bei Herzinsuffizienzpatienten** mit mittlerer oder erhaltener Ejektionsfraktion (HFmrEF bzw. HFpEF) die Prognose verbessern kann. In der DELIVER-Studie (n=6263) verringerte Dapagliflozin den primären Endpunkt des kardiovaskulären Todes oder der Verschlechterung der Herzinsuffizienz (HF-bedingte Hospitalisierung oder HF-Notfallkonsultation) bei HF-Patienten mit einer LVEF >40% signifikant (HR 0,82; 95%-KI 0,73–0,92; p<0,001), wobei auch Herzinsuffizienzpatienten ohne Typ-2-Diabetes profitierten und die Wirksamkeit von Dapagliflozin auch bei denjenigen Patienten konsistent war, die trotz verbesserter LVEF symptomatisch blieben [4]. Und in der EMPEROR-Preserved-Studie (n=5988) reduzierte Empagliflozin den primären Endpunkt ebenfalls signifikant (HR 0,79; 95%-KI 0,69–0,90; p<0,001). Dieser Effekt trat bei Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes auf und war hauptsächlich auf eine Verringerung der HF-Hospitalisierungen im Empagliflozin-Arm zurückzuführen [5–7]. 

** NYHA Klasse II–I

Bei HFrEF soll der Einsatz im Rahmen der «Fantastic Four» erfolgen

Bei HFrEF zählen die SGLT-2-i zu den vier Säulen der medikamentösen HF-Therapie: ARNI, SGLT-2-Hemmer, Betablocker und Mineralocorticoidrezeptor-Antagonist (MRA). Die prognoseverbessernden Effekte von SGLT-2-i bei HFrEF gehen im Wesentlichen auf die Studien DAPA-HF und EMPEROR-Reduced zurück, in welchen beim gleichen Kollektiv von Herzinsuffizienzpatienten gezeigt werden konnte, dass SGLT-2-i den kombinierenden Endpunkt von Tod und Herzinsuffizienz-bedingten Hospitalisierungen signifikant reduzieren, so Prof. Meyer-Zürn [2,8,9]. Das Patientenkollektiv umfasste jeweils Herzinsuffizienzpatienten mit HFrEF$, NYHA& II–IV und einer LVEF ≤40% [8]. In der DAPA-HF-Studie wurde im Dapagliflozin-Arm für einen primären Endpunkt aus Herzinsuffizienzverschlechterungen (Hospitalisierung oder intravenöse Therapie) oder kardiovaskulärer Mortalität im Placebovergleich eine signifikante Risikoreduktion erzielt (HR: 0,74; 95 %-KI: 0,65–0,85; p<0,001). Und die EMPEROR-Reduced-Studie konnte für Empagliflozin hinsichtlich eines primären Endpunkts aus kardiovaskulärer Mortalität und Herzinsuffizienz-bedingter Hospitalisierung ebenfalls eine deutliche Risikoreduktion für den primären Endpunkt nachweisen (HR: 0,75; 95%-KI: 0,65–0,86; p<0,001) [9]. 

$ HFrEF = Heart failure with reduced ejection fraction
& NYHA = New York Heart Association

Die Reihenfolge der Initiierung und die Dosierung der Viererkombination aus ARNI, SGLT-2-Hemmer, Betablocker und MRA soll sich am Nebenwirkungsspektrum, an den jeweiligen Komorbiditäten und der individuellen Verträglichkeit orientieren und nach folgenden Prinzipien erfolgen: Initiierung möglichst nacheinander, nicht >2 Substanzen gleichzeitig, Titrierung möglichst in 2- bis 4-wöchentlichen Intervallen bis zur Zieldosis oder zur höchsten individuell verträglichen Dosis, engmaschige Überwachung. Die Leitlinie gebe keine konkrete Empfehlung ab, in welcher Reihenfolge die Viererkombination eingesetzt werden soll, aber rate dazu, diese schnell zu initiieren und aufzudosieren, möglichst bereits während eines stationären Aufenthalts, so die Referentin [1,2]. 

Kongress: SGAIM Herbstkongress

Literatur: 

  1. McDonagh TA, et al.; ESC Scientific Document Group. 2023 Focused Update of the 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J 2023; 44(37): 3627–3639.
  2. «Focus Heart: SGLT-2-Inhibitors», Prof. Dr. Christine Meyer-Zürn, SGAIM Annual Meeting, 21.–22.9.2023.
  3. Vaduganathan M, et al.: SGLT-2 inhibitors in patients with heart failure: a comprehensive meta-analysis of five randomised controlled trials. Lancet 2022; 400(10354): 757–767.
  4. Solomon SD, et al.: Dapagliflozin in heart failure with mildly reduced or preserved ejection fraction. The New England Journal of Medicine 2022; 387: 1089–1098.
  5. Anker SD, et al.: Empagliflozin in heart failure with a preserved ejection fraction. The New England Journal of Medicine 2021; 385: 1451–1461.
  6. Vardeny O, et al.: Dapagliflozin in heart failure with improved ejection fraction: a prespecified analysis of the DELIVER trial. Nat Med 2022; 28: 2504–2511. 
  7. Anker SD, et al.: Baseline characteristics of patients with heart failure with preserved ejection fraction in the EMPEROR-Preserved trial. Eur J Heart Fail 2020; 22: 2383–2392.
  8. McMurray JJV, et al.: Dapagliflozin in patients with heart failure and reduced ejection fraction. The New England Journal of Medicine 2019; 381(21): 1995–2008.
  9. Packer M, et al.: Cardiovascular and renal outcomes with empagliflozin in heart failure. The New England Journal of Medicine 2020; 383: 1413–1424. 

HAUSARZT PRAXIS 2023; 18(12): 26–27

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • HAUSARZT PRAXIS

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