Diabetes tut nicht weh – fast möchte man ergänzen «leider». Denn die Dunkelziffer betroffener Patienten ist nach wie vor hoch. Mögliche Spätfolgen der Erkrankung, vor allem, wenn sie nicht oder erst spät behandelt wird, können gravierend sein. Dabei wurde die Therapie in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Mit den Glucagon-like-Peptid 1 (GLP1)-Analoga ist zudem eine neue Behandlungsoption bereitgestellt worden, die schnell und effektiv wirkt.
Diabetes mellitus ist eine schwerwiegende Erkrankung, die einen hohen Risikofaktor für komorbide Krankheiten, insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt. Schätzungen zufolge sind in der Schweiz rund 500 000 Personen betroffen. Doch ca. die Hälfte der Betroffenen weiss noch gar nichts von ihrer Erkrankung. Im Durchschnitt dauert es sieben Jahre, bis die Diagnose gestellt wird. Wertvolle Zeit, die bereits effektiv für die Behandlung genutzt werden könnte. Denn je schneller der Blutzucker über ausreichend Bewegung, ausgewogene Ernährung und eine adäquate medikamentöse Therapie eingestellt werden kann, desto eher lassen sich akute Beschwerden und Spätfolgen vermeiden. Aktuelle Leitlinien empfehlen die Umstellung des Lebensstils sowie die Einnahme von Metformin als Erstlinienbehandlung bei Typ-2-Diabetes mellitus (Abb. 1). Der HbA1c-Wert gilt weiterhin als glykämischer Standard für die langfristige Therapiesteuerung. Allerdings ist man inzwischen von einem starren Zielwert zu einem Zielkorridor übergegangen. Dieser liegt zwischen 6,5 und 7,5% (48–58 mmol/mol Hb), sollte aber individuell festgelegt werden. Die Therapieziele hängen ab von der Patientenpräferenz, der Komorbidität, von Alter und Lebenserwartung, Lebensqualität, kulturellen Voraussetzungen, den psychosozialen Umständen und Möglichkeiten sowie Fähigkeiten der betroffenen Person.

Ergänzende GLP1-Gabe
Bereits zusätzlich zur Erstlinientherapie kann ein GLP1-Analogon ergänzt werden, wenn das Risiko für ein diabetesbezogenes kardiovaskuläres und/oder renales Ereignis hoch ist oder bereits eine klinisch relevante kardiovaskuläre Erkrankung besteht. GLP1-Analoga sind Präparate, die die Wirkung des natürlichen Inkretinhormons nachahmen. Inkretine werden im Darm gebildet und regulieren den Blutzucker durch Stimulierung der Insulin-Ausschüttung in der Bauchspeicheldrüse. GLP1-Rezeptor-Agonisten fördern glukoseabhängig die Insulinsekretion aus den Betazellen der Pankreas, senken die Glucagonsekretion aus den Alphazellen und führen dadurch zu einer verminderten Glukoseabgabe durch die Leber, erhöhen die Insulinsensitivität, verlangsamen die Magenentleerung und reduzieren damit die Geschwindigkeit, mit der Glucose in den Blutkreislauf gelangt. Ein weiterer Vorteil: es besteht keine Gefahr der Unterzuckerung.
Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass die GLP1-Gabe zu einer Gewichtreduktion führt und hinsichtlich der kardiovaskulären Ereignisse eine Senkung der Erkrankungs- und Mortalitätsrate beobachtet werden konnte.
In der Regel werden GLP1-Analoga subkutan verabreicht – häufig reicht eine einmal wöchentliche Gabe aus. In der Schweiz sind aktuell z.B. Exenatid, Liraglutid, Lixisenatid und Dulaglutid zugelassen. Semaglutid ist das erste GLP1-Analogon, das neben der subkutanen Verabreichung auch neu als Tablette für die orale Gabe zur Verfügung steht.
Weiterführende Literatur:
- www.diabetesschweiz.ch/ueber-diabetes.html (letzter Zugriff am 17.01.2021)
- www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitszustand/krankheiten/diabetes.html (letzter Zugriff am 17.01.2021)
- www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/behandlung/leitlinien (letzter Zugriff am 17.01.2021)
CARDIOVASC 2021; 20(1): 30
Autoren
- Leoni Burggraf
Publikation
- CARDIOVASC
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