Die häufigste Form der Demenz bei älteren Menschen – Alzheimer – ist mit Amyloid-Plaques und Alzheimer-Fibrillen assoziiert. Sowohl β-Amyloid als auch p-Tau sind zwei pathogene Moleküle, die eine massgebliche Rolle bei der Induktion der Erkrankung spielen. Nun konnte gezeigt werden, dass eine Langzeitbehandlung mit Gingko biloba-Extrakt die Alzheimer-Pathologie deutlich verbessern kann.
Die Alzheimer-Demenz (AD) ist eine neurodegenerative Erkrankung, in deren Verlauf es zur Beeinträchtigung der Orientierung, der Kommunikationsfähigkeit, der autobiografischen Identität und der Veränderung von Persönlichkeitsmerkmalen kommt. Charakteristisch sind neuropathologische und neurochemische Veränderungen, die meist schleichend beginnen und sich dann langsam, aber stetig über einen Zeitraum von mehreren Jahren entwickeln [1]. Was genau den Abbau der Nervenzellen verursacht, ist bisher noch nicht vollumfänglich geklärt. Sicher ist aber, dass die Erkrankung pathologisch vor allem durch β-Amyloid (Aβ)-Plaques und Tau-Fibrillen gekennzeichnet ist [2].
Aβ ist ein natürliches Eiweiss, das aus einem Vorläuferprotein entsteht und normalerweise im Gehirn gespalten und abgebaut wird. Da sich bei der AD der Abbau der Amyloid-Vorläuferproteins verändert, entstehen vermehrt Aβ-Proteine. Diese akkumulieren zu β-Amyloid-Plaques, die sich zwischen den Nervenzellen ablagern und vom Körper nicht mehr abgebaut werden können [3]. Tau-Proteine sind für die Stabilität und Nährstoffversorgung der Zellen verantwortlich. Durch chemische Veränderungen sammelt sich das Protein in Form von Fasern – Tau-Fibrillen – in der Nervenzelle an, sodass diese ihre Form und Funktion verlieren [3].
Schlüsselelement detektiert?
Es gibt Hinweise darauf, dass oligomeres Aβ eine Hyperphosphorylierung und Aggregation von Tau induziert und die Tau-Pathologie von einer begrenzten Region um den medialen temporalen Kortex auf den gesamten Neokortex ausdehnt. In Experimenten wurde nachgewiesen, dass eine Tau-Akkumulation mit einer schlechteren kognitiven Leistung und Hirnatrophie assoziiert ist. Im Liquor von Alzheimer-Patienten sind der Proteingehalt von p-Tau und die Gesamtmenge der Tau-Proteine erhöht. Wie p-Tau das neuronale Netzwerk beeinträchtigt, ist bisher noch unklar. Es werden aber unterschiedliche Mechanismen diskutiert:
- Die Hyperphosphorylierung von Tau stört die normale Funktion von Tau bei der Stabilisierung des Zytoskeletts und der Regulierung des axonalen Transports
- Tau zielt auf die Tyrosinkinase Fyn und vermittelt den Aβ-induzierten Verlust des N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptors an der Post-Synapse
- Die Tau-Akkumulation dephosphoryliert das cAMP Response Element Binding Protein (CREB) und beeinträchtigt dadurch die Bildung synaptischer Verbindungen
- p-Tau induziert die Anhäufung von oligomerem Insulin und Insulinresistenz in Neuronen
Auf jeden Fall schein p-Tau ein pathogenes Schlüsselmolekül bei der AD zu sein und entsprechend könnte eine Reduktion den Progress der Erkrankung aufhalten.
Autophagie – ein Weg zu geringeren p-Tau-Spiegeln?
Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass die Makroautophagie ein wirksamer Mechanismus zur Reduzierung von p-Tau sein könnte. An Mäusen konnte beobachtet werden, dass p-Tau im Gehirn akkumuliert, wenn die wichtigste autophagische Komponente (ATG7) in den Vorderhirnnervenzellen abgetragen wurde. Zudem senkten Autophagie-fördernden Interventionen den Proteinspiegel des zerebralen p-Tau. Durch Verstärkung der neuronalen Autophagie mittels Aktivierung einer chronischen mikroglialen Inflammation, konnte das zerebrale p-Tau verringert und das kognitive Defizit abgeschwächt werden [4]. In einer Studie wurde daher untersucht, ob der zerebrale p-Tau-Spiegel durch Ginkgo biloba-Extrakt EGb 761 gesenkt und die AD-Pathogenese so verhindert werden kann. Dafür wurden menschliche P301S-Tau-Mutanten-transgene Mäuse über zwei oder fünf Monate mit EGb 761 gefüttert, das der regulären Nahrung zugesetzt wurde.
Die Behandlung mit EGb 761 über fünf Monate konnte die kognitive Funktion der Mäuse tatsächlich signifikant verbessern, den Verlust von Synaptophysin abschwächen und die Phosphorylierung von CREB im Mäusehirn wiederherstellen. Auch wurde die Menge des p-Tau-Proteins verringert und die mikrogliale pro-inflammatorische zu einer anti-inflammatorischen Aktivierung im Gehirn verlagert. Dieser Effekt trat allerdings noch nicht nach der zwei monatigen Therapie auf. Eine Langzeitbehandlung mit Ginkgo biloba-Extrakt EGb 761, einem klinisch verfügbaren und gut verträglichen pflanzlichen Medikament, verbessert demnach die Alzheimer-Pathologie durch Mechanismen gegen mehrere pathogene Prozesse der Erkrankung.
Literatur:
- https://neurotransconcept.com/indications/?i=DEM&p=2 (letzter Zugriff am 17.08.2020)
- www.amboss.com/de/wissen/Morbus_Alzheimer (letzter Zugriff am 17.08.2020)
- www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/wasistalzheimer/veraenderungen-im-gehirn (letzter Zugriff am 17.08.2020)
- Qin Y, Zhang Y, Tomic I, et al.: Ginkgo biloba Extract EGb 761 and Its Specific Components Elicit Protective Protein Clearance Through the Autophagy-Lysosomal Pathway in Tau-Transgenic Mice and Cultured Neurons. J Alzheimers Dis 2018; 65(1): 243–263.
InFo NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2020; 18(5): 26
Autoren
- Leoni Burggraf
Publikation
- INFO NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE
Comments are closed.