Neue Möglichkeiten einer modernen Asthmatherapie bei Erwachsenen anhand der kürzlich veröffentlichen neuen Asthmaleitlinie der Deutschen Atemwegsliga wurden in Köln präsentiert.
«Entscheidend für eine gute Asthmatherapie ist eine frühzeitige und korrekte Diagnose der Erkrankung», sagte Buhl. Hier gebe es aber insbesondere im nicht-fachärztlichen Bereich noch gewisse Probleme, zum Beispiel Hinweise auf eine Überdiagnose von Asthma. In einer Studie konnte bei etwa jedem dritten Patienten mit der ärztlichen Diagnose «Asthma» die Erkrankung bei Überprüfung mit Lungenfunktionstests, unspezifischer Provokation und schrittweiser Reduktion der antiasthmatischen Medikation nicht bestätigt werden, berichtete Buhl. Er erinnerte daran, dass zur Asthma-Diagnose eine spirometrische Lungenfunktionsmessung (vor und nach Bronchodilatation) und eine Methacholinprovokation nötig seien (unter antientzündlicher Dauermedikation möglich!). Mit diesen beiden Tests könne bei 90% der Patienten mit Verdacht auf ein Asthma bronchiale die Erkrankung diagnostiziert oder ausgeschlossen werden.
Nicht vergessen werden sollten ausserdem eine Allergiediagnostik und, vor allem bei schwer Erkrankten, die Messung der Eosinophilen im Blut zum Nachweis eines eosinophilen Asthmas. Hinweise für ein allergisches Asthma sind nach Angaben von Buhl früher Erkrankungsbeginn, allergische Komorbiditäten wie Rhinokonjunktivitis, eine allergenbezogene Symptomatik und erhöhte IgE-Werte. Für ein eosinophiles Asthma sprechen ein später Erkrankungsbeginn, häufige Symptome und Exazerbationen sowie keine relevante Allergie. Viele dieser Patienten haben auch Nasenpolypen und ein eingeschränktes Geruchs- und Geschmacksvermögen.
«Allergisches Asthma nimmt seit Jahrzehnten zu», berichtete Buhl. Laut Querschnittserhebungen in Schweden ist die Asthmaprävalenz bei Erwachsenen von gut 8% im Jahr 1996 auf mehr als 10% im Jahr 2016 gestiegen. Dies sei vor allem auf häufigere allergische Asthmaerkrankungen zurückzuführen, während der Anteil eines nicht-allergischen Asthma konstant bei knapp 4% blieb.
Deutscher Stufenplan nach internationalen GINA-Empfehlungen
Der aktuelle Asthmastufenplan in der neuen deutschen Asthmaleitlinie, die Ende des letzten Jahres veröffentlicht worden ist [1], folgt im Wesentlichen den internationalen GINA («Global Initiative for Asthma»)-Empfehlungen. Die Asthmatherapie erfolgt bekanntlich in fünf Stufen, die auch die Asthmaschweregrade bestimmen: leichtgradiges Asthma bedeutet eine gute Asthmakontrolle (bei Erwachsenen ≤2 Symptome/Woche tagsüber und nachts symptomfrei) auf den Therapiestufen 1 und 2, mittelgradiges Asthma entspricht den Stufen 3 und 4 und schwergradiges Asthma Stufe 5.
Wie die GINA empfehlen auch die Experten der Deutschen Atemwegsliga, bereits bei Patienten mit mildem Asthma und seltenen Beschwerden eine Dauertherapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) in niedriger Dosis zu erwägen (Stufe 1). «Voraussetzung ist, dass der Patient auch mitspielen will», sagte Buhl. Es gibt Evidenzen, die dieses Therapiekonzept unterstützen, allerdings sei der Nutzen nur moderat. «Laut den Studiendaten müssen Sie zehn Patienten zehn Jahre mit 200–400 µg Budesonid täglich behandeln, um ein schwerwiegendes Ereignis zu verhindern», so der Pneumologe. Die Mortalität der Patienten wurde nicht reduziert. Bei vielen Patienten aus dieser Gruppe wären ICS daher eine «gewisse Übertherapie», sagte Buhl.
Standard ist die niedrig-dosierte ICS-Therapie bei Patienten mit mildem Asthma, die eine Bedarfstherapie mit kurzwirksamen Beta-2-Mimetika (SABA) häufiger als zweimal pro Woche benötigen oder die nachts Beschwerden haben (Stufe 2). Als Alternative werden orale Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten (LTRA, z.B. Montelukast) genannt. Reicht dies für eine gute Symptomkontrolle nicht aus, sollte eine Kombinationstherapie mit ICS und langwirksamen Beta-2-Mimetika (LABA) erfolgen – in niedriger Dosis (Stufe 3), bei ungenügendem Ansprechen in mittlerer bis hoher Dosis (Stufe 4). Letzter Schritt ist die Hinzunahme des Anticholinergikums Tiotropium (auch bereits eine Option auf Stufe 4) und die zusätzliche Antikörpertherapie mit Anti-IgE (Omalizumab) bei schwerem allergischen bzw. mit Anti-Interleukin-5 (Mepolizumab, Reslizumab, Benralizumab) bei schwerem eosinophilen Asthma. Eine Dauertherapie mit oralen Kortikoiden, auch in niedriger Dosis, sollte möglichst vermieden werden, betonte Buhl.
Die Stufentherapie sollte je nach Symptomkontrolle eskalierend oder deeskalierend erfolgen. Bei erwachsenen Patienten mit allergischem Asthma und allergischer Rhinitis, die trotz ICS-Therapie unkontrolliert sind (Stufen 3–4), sollte ausserdem eine spezifische Immuntherapie in Betracht gezogen werden, so Buhl. Voraussetzung sei ein Einsekundenwert (FEV1) >70%. Die Wirksamkeit der Allergen-spezifischen Immuntherapie wurde in zwei systematischen Literaturreviews und einer Meta-Analyse erneut dokumentiert [2,3].
Bei Patienten mit schwerem allergischem Asthma, die mit Omalizumab behandelt werden, muss die Therapie nach derzeitiger Studienlage für eine anhaltend gute Symptomkontrolle dauerhaft erfolgen. Der Omalizumab-Effekt hält bei Patienten mit schwerem allergischen Asthma in der Langzeittherapie an. Wird der Antikörper abgesetzt, kommt es nach Einschätzung von Buhl bei mindestens der Hälfte der Behandelten wieder zu einer deutlichen Zunahme der Beschwerden.
Omalizumab ist gut verträglich, anaphylaktische Reaktionen sind laut Buhl die einzigen relevanten Nebenwirkungen. Betroffen seien aber nur 0,2% der Behandelten, und meistens träten Anaphylaxien innerhalb von zwei Stunden nach den ersten drei Injektionen auf. Buhls Rat lautet, die Patienten bei den ersten drei Behandlungen für zwei Stunden und bei weiteren Behandlungen für jeweils 30 Minuten in der Praxis nachzubeobachten. So könnten drei Viertel aller anaphylaktischen Reaktionen gut kontrolliert werden.
Ob für Patienten mit eosinophilem Asthma Interleukin (IL)-5-Blocker infrage kommen, richtet sich nach dem Grad der Eosinophilie. Als Grenzwert gilt eine Eosinophilenzahl ≥300/µl Blut bei zwei unterschiedlichen Messungen, berichtete Buhl. «Mit zunehmender Eosinophilie im Blut steigt die Chance, dass die Patienten auf diese Medikamente ansprechen», so der Pneumologe, was bedeutet, dass das Exazerbationsrisiko deutlich verringert werden kann. Nach den bisherigen Erfahrungen seien alle drei verfügbaren Anit-IL-5-Antikörper mehr oder weniger gleich wirksam. Etwas unterschiedlich sind die Anwendung und die Therapiezyklen. Mepolizumab (s.c.) und Reslizumab (i.v.) müssen alle vier Wochen angewendet werden, Benralizumab (s.c.) nur alle acht Wochen.
«Die Erfolgsstory der Antikörpertherapie bei Patienten mit schwerem Asthma bronchiale wird weitergehen», sagte Buhl. In der Pipeline sind zwei Anti-IL-13-Antikörper (Lebrikizumab, Tralokinumab) und der Anti-IL-4/IL-13-Antikörper Dupilumab, der bei atopischer Dermatitis bereits zugelassen ist. Als vielversprechenden Ansatz nannte Buhl ausserdem den Anti-TSLP (Thymic Stromal Lymphopoietin)-Antikörper, der in Phase-II-Studien bei Patienten mit unkontrolliertem Asthma erfolgreich getestet worden sei.
Last-not-least gibt es bei Patienten mit schwerem Asthma, bei denen alles andere nicht geholfen hat, noch verschiedene Optionen zum Off-label-Einsatz, darunter Antimykotika, Makrolide, Methotrexat und bronchiale Thermoplastie. Insgesamt also eine Vielzahl an Möglichkeiten, um bei (fast) allen Patienten das Asthma weitgehend zu kontrollieren.
Literatur:
- Buhl R, et al.: Pneumologie 71(12): 849-919.
- Asamoah F, et al.: Clin Transl Allergy 2017; 7: 25.
- Dhami S, et al.: Allergy 2017; 72(12): 1825–1848.
HAUSARZT PRAXIS 2018; 13(3): 46–47
Autoren
- Roland Fath
Publikation
- HAUSARZT PRAXIS
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