In den GOLD-Empfehlungen 2023 gibt es einige Änderungen, eine davon ist die deutliche Betonung der dualen Bronchodilatation (LABA/LAMA) [1]. Bei den meisten COPD-Patienten ist der Beginn der Behandlung mit einer LABA/LAMA-Kombination Standard, die Verwendung eines Mono-Bronchodilatators eher die Ausnahme. Die Hintergründe der Empfehlung und welche Rolle die Eosinophilenzahl in der Diagnostik und Therapie einnimmt, erläuterten zwei Experten des GOLD-Komitees.

Zu solchen Ausnahmen der initialen LABA/LAMA-Gabe komme es vorrangig bei Patienten, bei denen die Diagnose zufällig gestellt wurde und die keine grosse Symptomlast haben, erklärte Prof. Dr. Claus Vogelmeier, Leiter der Abteilung für Lungenheilkunde an der Philipps-Universität Marburg (D) und Mitglied des GOLD-Komitees [2]. Eine Triple-Therapie mit LABA/LAMA/ICS ist für Patienten geeignet, die bereits mit einer LABA/LAMA-Kombination begonnen haben und unter dieser Behandlung weitere Ereignisse entwickeln, die als Exazerbationen gelten. Insbesondere dann, wenn sie eine Eosinophilenzahl von über 100 Zellen pro Mikroliter haben. 

Aber es kann Ausnahmen von dieser Regel geben: Bei einer bestimmten Gruppe von Personen, die schon zu Beginn eine ausgeprägte Exazerbationsgeschichte und hohe Eosinophilenzahlen >300 Zellen/μl aufweisen, sollte eine initiale Dreifachbehandlung in Betracht gezogen werden. «Denn es gibt zahlreiche Studien, die gezeigt haben, dass je höher die Eosinophilenzahl im Blut ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die zusätzliche Verabreichung von inhalativen Steroiden zur Verringerung von Exazerbationen beiträgt», erklärte Prof. Vogelmeier.

Eosinophile als Biomarker

Die Triple-Therapie ist also besser zur Vorbeugung von Exazerbationen geeignet als Bronchodilatatoren. «Bezüglich der Grenzwerte wissen wir: Bei einem Wert von weniger als 100 (Näherungswert) gibt es keinen Nutzen für Steroide. Je weiter man über die 100 kommt, desto grösser wird die Chance auf einen Nutzen. Bei 300 ist man praktisch sicher, dass es einen Nutzen gibt», pflichtete Prof. Dr. Dave Singh, klinische Pharmakologie und Atemwegsmedizin an der Universität Manchester und ebenfalls Mitglied im GOLD-Komitee, seinem Kollegen bei [3]. 

Bedeutung der Eosinophilen und ihrer Werte
Ein Problem bei der Behandlung von COPD-Patienten im klinischen Alltag ist, dass die Zahl ihrer Eosinophilen im Blut stark variieren kann (Abb. 1). Prof. Singh gab Tipps zur Interpretation der Werte und dem therapeutischen Vorgehen und empfahl eine einfache Strategie.
Einige COPD-Patienten haben eine Typ-2-Entzündung, welche von Tag zu Tag schwankt. Eine Entzündung beim Menschen wird jedoch niemals statisch sein. Die Erwartung, dass die Anzahl der Eosinophilen im Blut immer z.B. zwischen 200 und 220 liegt, wird somit nicht erfüllt werden. Prof. Singhs Konzept lautet: «Wenn Sie einmal Anzeichen für eine Typ-2-Entzündung finden, sagt Ihnen das, dass dieser Patient eine Tendenz dazu hat. Alle Schwellenwerte, die wir in GOLD angeben, sind nur Näherungswerte. Die geschätzten Schwellenwerte 100 und 300 sind nicht streng. Wenn der Patient heute 320/μl und eine Woche später 250/μl hat, muss man sich nicht fragen, was man nun tun soll. Man behandelt einen Patienten, indem man sich das Muster ansieht und zu verstehen versucht, ob diese Person eine Typ-2-Entzündung hat. Wenn der Patient 320/μl oder 250/μl aufweist, hat er also eine Typ-2-Entzündung. Ein praktischer Ansatz könnte sein, einfach den höchsten Wert zu verwenden, den Sie je gesehen haben.» Auf diese Weise geht der Experte auch in seiner Praxis vor, ohne Wiederholungstests durchzuführen. Dabei sollten immer Werte im stabilen Zustand verwendet werden, um zu entscheiden, ob inhalative Steroide eingesetzt werden sollen. Bei Exazerbationen bietet sich eine Messung nicht an, u.a. weil orale Steroide die Eosinophilenzahl im Blut vollständig auslöschen und der gemessene Wert sehr niedrig sein wird. Es gebe aber auch eine Patienten-Gruppe ohne Typ-2-Entzündung, die niedrige Eosinophilenzahlen im Blut haben und deren Werte immer sehr niedrig bleiben: «Fast immer liegen sie unter 150, und ihre Variabilität ist gering. Diese Variabilität kann tatsächlich etwas aussagen: geringe Variabilität und niedrige Werte = keine Typ-2-Entzündung. Hohe Variabilität mit gelegentlich hohen Werten – das sind Typ-2-Patienten, die von dem inhalativen Steroid profitieren werden.» 

Grund für diese Beziehung zwischen der Eosinophilenzahl im Blut und der Vorhersage des Nutzens von inhalativen Steroiden ist Prof. Singh zufolge, dass Menschen mit höheren Eosinophilenzahlen eher eine Entzündung vom Typ 2 haben, wobei sich die Typ-2-Entzündung bei COPD von der beim Asthma unterscheidet. Die Eosinophilenzahl im Blut dient also dazu, eine Typ-2-Entzündung in der Lunge zu erkennen und zu sagen, dass ein inhalatives Steroid – je nach der Zahl der Eosinophilen – wahrscheinlich von Nutzen sein wird.

Und wie verhält es sich mit den Eosinophilen als Prädiktor für das Risiko von Exazerbationen? Je mehr Eosinophile also vorhanden sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Patient eine Exazerbation erleidet. Die Übersichtsartikel zu diesem Thema enthielten sehr verwirrende Aussagen, gab Prof. Singh zu bedenken. «Die einfache Botschaft lautet: Ich würde sie nicht als Marker für das Exazerbationsrisiko in der klinischen Praxis verwenden. Es gibt bessere Indikatoren, nämlich die Anamnese der Exazerbationen.» Die klinische Anamnese sollte in die Beurteilung immer und zuvorderst einbezogen werden: «Der stärkste Prädiktor für das Risiko zukünftiger Exazerbationen ist das, was in letzten Jahren passiert ist.»

ICS-Monotherapie ohne Wert

ICS mono spielt dagegen keine Rolle bei der Behandlung von COPD. In den aktuellen GOLD-Empfehlungen wird auch die Verwendung einer LABA/ICS-Kombination nicht mehr empfohlen, denn wenn eine Indikation für ein ICS besteht, ist ein Triple hinsichtlich der Wirksamkeit einer LABA/ICS-Kombi überlegen. Bezüglich eines präventiven Einsatzes von LABA/LAMA haben mehrere Studien gezeigt, dass sie nicht nur die Symptome, die Lungenfunktion und die Lebensqualität verbessern, sondern auch Exazerbationen reduzieren können. «Es gibt also viele gute Argumente, mit LABA/LAMA-Kombinationen zu beginnen, nicht nur zur Symptomkontrolle, sondern auch zur Vorbeugung von Ereignissen», erklärte Prof. Vogelmeier. 

Für LABA/ICS als initiale Therapie gebe es zwar Hinweise auf eine gewisse Wirksamkeit bei COPD, andererseits zeigten zahlreiche Studien, dass die Triple-Kombination in Bezug auf mehrere Endpunkte die bessere Option darstellt.

Was tun, wenn unter dem Triple weiter exazerbiert wird

Wenn ein Patient unter Triple-Therapie noch immer Symptome hat, gibt es keine weiteren Möglichkeiten zur Eskalation. Man kann lediglich erwägen, entweder die Medikamentenkombination und/oder das Gerät zu wechseln, und natürlich sollte auch an nicht-pharmakologische Massnahmen gedacht werden. Zudem mahnte der Experte,  an Differenzialdiagnosen zu denken, die für die Symptome des Patienten relevant sein könnten. 

Jedoch gibt es im Hinblick auf Exazerbationen noch weitere Optionen: «Wir haben Roflumilast, einen selektiven Phosphodiesterase-4-Hemmer (PDE4i), der aufgrund von gastrointestinalen Nebenwirkungen nicht häufig eingesetzt wird. Dazu gibt es Azithromycin, das allerdings u.a. Auswirkungen auf die QT-Zeit und das Gehör haben kann. Wenn also der Patient unter der Dreifachbehandlung weitere Exazerbationen entwickelt, muss man ihn sehr genau evaluieren, um weitere Schritte in Betracht zu ziehen.» Inhalative PDE4-Inhibitoren befinden sich in der Entwicklung – sie hätten das Potenzial, die gleiche Wirksamkeit, aber weniger Nebenwirkungen zu entwickeln. Hier befindet man sich aber noch immer in einer frühen Phase der Entwicklung.

Prof. Vogelmeier verwies auf eine Studie, die auf dem ATS-Kongress im Mai 2023 in Washington DC vorgestellt wurde: Einige Pa­tien­ten, die dauerhafte Exazerbationen und hohe Eosinophile aufweisen, könnten demnach für eine Behandlung mit dem Anti-IL-4/13-Antikörper Dupilumab infrage kommen, da dieser zusätzlich zum Triple oder über die Dreifach-Behandlung hinaus eine positive Wirkung auf die Exazerbationsrate haben könnte. Dupilumab wäre somit das erste Biologikum, das eine deutliche Wirkung bei einer Untergruppe von COPD-Patienten zeigt. 

Biologika bei Mukus-Verstopfung?

Es hat sich gezeigt, dass es einen starken Zusammenhang hinsichtlich Schleimpfropfen in den Atemwegen und dem Mortalitätsrisiko gibt. Ähnliche Erkenntnisse gibt es bereits bei der Asthma-Behandlung und dort konnte gezeigt werden, dass die Schleimverstopfung durch den Einsatz von Biologika beseitigt werden kann. Vergleichbare Untersuchungen müssten nun für COPD vorgenommen werden. Als besonders interessanten Aspekt identifizierte Prof. Vogelmeier, dass mehr als die Hälfte der Personen, bei denen diese Schleimverstopfung in den CT-Scans festgestellt wurde, keine Symptome einer aktuellen Bronchitis aufwiesen. Daher sei es nicht ausreichend, sich auf die klinische Präsentation zu verlassen.

Quellen:

  1. Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD): Global Strategy for Prevention, Diagnosis and Management of COPD: 2023 Report.
    https://goldcopd.org/2023-gold-report-2
  2. Vogelmeier C: Pharmacological management of COPD. ERS Vision Live – New concepts in COPD; 5.7.2023.
  3. Singh D: Role of eosinophils as biomarkers in COPD. ERS Vision Live – New concepts in COPD; 5.7.2023.

InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2023: 5(4): 26–27

Autoren
  • Jens Dehn 
Publikation
  • INFO PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 

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