Bei Verdachtsdiagnose koronare Herzerkrankung (KHK) stellt sich die Frage, wie der Hausarzt diagnostisch am besten vorgeht. Es besteht ein Bedarf an einer Optimierung der nicht-invasiven KHK-Diagnostik, um unnötige invasive Untersuchungen zu vermeiden, aber gleichzeitig das individuelle Risiko verlässlich einschätzen zu können. Ein modernes diagnostisches Verfahren, das auf den Grundlagen der Auskultation basiert, könnte diese diagnostische Versorgungslücke schliessen.

Bereits seit Längerem werden neue Methoden für eine bessere KHK-Risikoabschätzung gefordert. Das Belastungs-EKG wurde in den ESC-Guidelines 2019 zurückgestuft und wird nur noch als Alternativtest empfohlen, falls  keine anderen nicht-invasiven oder invasiven Bildgebungsverfahren zur Verfügung stehen. Folglich muss man die nicht-invasive KHK-Diagnostik grundlegend neu überdenken.

Unnötige invasive Untersuchungen vermeiden

Die ESC-Guidelines empfehlen, Herzkatheter-Untersuchungen künftig zurückhaltender anzuwenden. Aktuell wird ein hoher Anteil an KHK-Verdachtsfällen von Hausärzten an Kardiologen überwiesen. In der Schweiz werden jährlich rund 50 000 Herzkatheteruntersuchungen durchgeführt, wobei mehrheitlich keine relevante Verengung der Koronarien vorliegt. Meist wird bei den Patienten vorgängig auch eine Cardio-CT-Untersuchung ausgeführt. Diese invasiven Untersuchungen bergen durch verabreichte Kontrastmittel und eine Strahlendosis zwischen 0,3 und 1,5 mSv gewisse gesundheitliche Risiken, welche sich in vielen Fällen aufgrund von weiterführenden Folgeuntersuchungen kumulieren.

 

 

CADScor® als nicht-invasive Alternative

Der schwedisch-dänische Medizintechnikhersteller Acarix AB bietet seit 2017 einen neuen ultrasensitiven akustischen Ausschlusstest an. Das CADScor®-System erfasst mittels eines hochsensiblen Mikrofons die durch atherosklerotische Koronarplaques verursachten Strömungsgeräusche. Dabei wird ein kleiner Recorder direkt über dem Herzen an der Haut angebracht und analysiert in vier Messreihen die Strömungsgeräusche. Der Test ist von Medizinischen Fachangestellten durchführbar und dauert nur etwa zehn Minuten. Dabei muss der Patient während vier Messreihen den Atem über acht Sekunden anhalten.

Unter Verwendung weiterer klinischer Angaben berechnet das Gerät anschliessend einen KHK-Risiko-Score («CAD-Score»). Mit einer hohen negativen Vorhersagewahrscheinlichkeit (NPV, «negative predictive value») von 97,2% lassen sich mit dem Ergebnis eine obstruktive KHK ausschliessen und die weiteren diagnostischen und therapeutischen Weichen stellen. Bei Patienten mit stabilem Brustschmerz ist das Acarix CADScor®-System somit eine einfache und sichere Methode, eine koronare Herzerkrankung auszuschliessen.

CADScor®-SystemDas durch CE-Kennzeichnung in der EU zertifizierte CADScor®-Device misst mittels ultrasensitiver Phonokardiografie nicht-invasiv intrakoronare Strömungsgeräusche, die ungefähr 1000-mal leiser sind als Flussgeräusche in der Aorta oder von Herzklappenfehlern verursachte Geräusche. Deshalb sind sie nur mit spezifischen und hochsensiblen Mikrofonen detektierbar, werden anschlies­send durch das Gerät analysiert und anhand eines Algorithmus in einen CAD-Score umgerechnet.

 

Klinisch validiertes Diagnosesystem

In der zulassungsrelevanten Studie Dan-NICAD (Danish study of Non-Invasive testing in Coronary Artery Disease) wurde das ultrasensitive phonokardiografische Verfahren an 1675 konsekutiven Patienten mit einem niedrigen bis mittleren KHK-Risiko untersucht [1]. Die Pa­tien­ten waren wegen KHK-verdächtiger Symptome primär zum Cardio-CT überwiesen worden und erhielten danach gegegebenenfalls eine Perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) mit fraktioneller Flussreserve. Bei allen wurde zudem der CAD-Score bestimmt. In einer kombinierten Auswertung von Daten aus drei klinischen Studien mit insgesamt 2245 Patienten, einschliesslich der Daten aus Dan-NICAD, zeigte sich eine Prävalenz der KHK von etwa 10% (KHK definiert als angiografisch verifizierte Koronarstenose ≥50%). Bei einem Schwellenwert von 20 zeigte der CAD-Score eine Sensitivität von 89% (95% KI; 84%–93%), eine Spezifität von 41% (95% KI; 39%–44%) und einen negativen Vorhersagewert (NPV) von 97,2 % (95%; KI 96%–98% [2].

Es handelt sich beim CADScor®-System somit um ein validiertes, kosteneffizientes, nicht-invasives diagnostisches Verfahren zum Ausschluss einer koronaren Herzerkrankung.

Quelle: «KHK-Ausschluss bei stabilem Brustschmerz», Acarix AB / Bodenwinkler MedTec GmbH, 2021. 

Literatur:

  1. Winther, et al.: Heart 2018; 104: 928–935.
  2. Schmidt, et al.: Circulation 2018; 138: A15761.

HAUSARZT PRAXIS 2021; 16(3): 30

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • HAUSARZT PRAXIS 

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