Dem möglichen Zusammenhang zwischen Osteoarthritis (OA) und einer atopischen Erkrankung wie atopischer Dermatitis (AD) oder Asthma bronchiale gingen US-amerikanische Wissenschaftler auf den Grund. Ihr Ergebnis: Patienten mit Asthma oder AD entwickeln häufiger eine Arthrose. Und wer unter beiden Erkrankungen leidet, lebt mit einem besonders hohen Risiko.

Da es nur begrenzte Behandlungsmöglichkeiten für OA gibt, ist es von grossem Interesse festzustellen, ob die Erkrankung durch bestimmte Präventionsmassnahmen verhindert werden kann. Dr. Matthew Baker von der Abteilung für Immunologie und Rheumatologie der Universität Stanford und Kollegen führten eine retrospektive Kohortenstudie mit Daten aus den Registern CDM (Optum’s de-identified Clinformatics Data Mart Database) und STARR (Stanford Research Repository) von 2003 bis 2020 durch [1]. 

Aus dem Versicherungsregister Optum CDM wurden 117’346 exponierte Patienten mit Asthma oder atopischer Dermatitis (Durchschnittsalter 52 Jahre; 60% Frauen) und 1’247’196 nicht-exponierte Kontrollen (Durchschnittsalter 50 Jahre; 48% Frauen) eingeschlossen, die über 18 Jahre alt waren, seit mindestens sieben Jahren bei Optum versichert waren und bei denen in den ersten zwei Jahren keine OA oder atopische Erkrankung diagnostiziert wurde, ebenso wenig wie eine entzündliche Arthritis in der Vorgeschichte. Bei der STARR-Gruppe wurden dieselben Definitionen wie bei Optum CDM verwendet, lediglich die Beobachtungszeit betrug fünf statt sieben Jahre. 

Risiko um 58% erhöht

Nach einem Propensity-Score-Matching war die Inzidenz von OA bei Patienten mit Asthma oder AD höher als bei nicht exponierten Patienten (26,9 vs. 19,1 pro 1000 Personenjahre), mit einer bereinigten Odds Ratio (aOR) von 1,58 für die Entwicklung von OA (95%-KI 1,55–1,62). Dieser Effekt war sogar noch ausgeprägter bei Patienten, die sowohl Asthma als auch AD hatten im Vergleich zu nicht-exponierten Patienten (aOR=2,15; 95%-KI 1,93–2,39) und bei Pa­tien­ten mit Asthma im Vergleich zu solchen mit COPD (aOR=1,83; 95%-KI 1,73–1,95) (Abb. 1). Bei der STARR-Gruppe, die zusätzlich Daten zum Body-Mass-Index enthielt, betrug die aOR für die Entwicklung von OA bei Asthmatikern oder Pa­tienten mit AD gegenüber nicht-exponierten Patienten 1,42 (95%-KI 1,36–1,48).

Die STARR-Kohorte umfasste 114 427 Pa­tien­ten, darunter 43 728 Betroffene mit Asthma oder AD und 70 699 nicht-exponierte Kontrollen ohne atopische Erkrankung. Die Erkrankten mit Asthma oder atopischer Dermatitis waren jünger (Durchschnittsalter 51 vs. 53 Jahre), häufiger weiblich (64% vs. 61%), hatten einen höheren mittleren Charlson Comorbidity Score (0,9 vs. 0,8), weniger ambulante Besuche pro Jahr (3,9 vs. 4,1) und einen etwas höheren mittleren BMI (27,3 vs. 27,0). 

Enge Verbindungen bei der Krankheitsentstehung

Auch hier bestätigte sich das erhöhte Osteo­arthritis-Risiko, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt wie in der Optum-CDM-Gruppe: Nach Adjustierung u.a. für Alter, Geschlecht, Ethnizität und Charlson Comorbidity Score lag die aOR für die Entwicklung von OA bei Pa­tienten mit Asthma oder atopischer Dermatitis im Vergleich zu nicht-exponierten Patienten bei 1,47 (95%-KI 1,42–1,53, p<0,001), bei Patienten mit beiden Krankheiten betrug der Wert 1,25 (95%-KI 1,16–1,34, p<0,001). Nach zusätzlicher Adjustierung für den BMI lag die aOR bei Patienten mit Asthma oder AD bei 1,42 (95%-KI 1,36–1,48, p<0,001) bzw. 1,19 (95%-KI 1,11–1,28, p<0,001).

Es gebe mittlerweile eine Bündelung an Daten, die auf enge Verbindungen zwischen einer Reihe von allergischen Pathways und der Entstehung von OA hinweisen, schreiben die Autoren. Hierzu zählen: 

  • Aktivierte und degranulierende Mastzellen wurden in grösserer Zahl in der Synovialis von Patienten mit OA gefunden [6].
  • Die Aktivierung von Mastzellen und die Freisetzung von Tryptase vermittelt die Synovitis und den Abbau des Gelenkgewebes bei OA [6–8].
  • Genomanalysen haben Zusammenhänge zwischen IL-4- und IL-4-Rezeptor-Genpolymorphismen und der Entwicklung von OA entdeckt [9–11].
  • Ein erhöhtes Vorkommen von Mastzellen zusammen mit erhöhter Tryptase wurde auch mit der Pathogenese von Asthma in Verbindung gebracht [12].

Dr. Baker und Kollegen verweisen auf eine koreanische Studie, die eine erhöhte Prävalenz von OA bei Asthmapatienten im Vergleich zu Patienten mit COPD und Kontrollen gezeigt hatte [2]. Bei dieser früheren Arbeit (425 Patienten mit Asthma [135 mit OA] und 1131 Patienten mit COPD [201 mit OA]) sei es zwar nur begrenzt möglich gewesen, Schlussfolgerungen über die Reihenfolge der Krankheitsentstehung zu ziehen und somit festzustellen, ob eine atopische Erkrankung direkt zur Entwicklung einer OA beiträgt. Die Befunde würden die jetzigen Ergebnisse jedoch unterstützen. Die aktuelle Analyse wurde um die Verwendung von zwei unabhängigen, viel grösseren Kohorten, die neben Asthma auch Patienten mit atopischer Dermatitis einschliessen, erweitert. Das Design ihrer Studie erlaubte es zudem, Patienten zu identifizieren, bei denen die Diagnose einer atopischen Erkrankung definitiv vor der Diagnose einer OA gestellt wurde, so die Autoren.

Die Studie habe eine starke Assoziation zwischen Asthma und OA, aber nicht zwischen COPD und OA gezeigt, was die Hypothese stützt, dass Typ-2-Immunreaktionen speziell zum Risiko der Entwicklung von OA beitragen, nicht aber Lungenerkrankungen im Allgemeinen. Wenn sich die aktuellen Beobachtungen bestätigen, könnten nicht-atopische Patienten von einer Behandlung profitieren, die Mastzellen und allergische Zytokine hemmt, um die Entwicklung von Osteoarthritis zu verhindern, schlussfolgern Dr. Baker et al.

Literatur:

  1. Baker MC, Sheth K, Lu R, et al.: Increased risk of osteoarthritis in patients with atopic disease. Ann Rheum Dis 2023; 82: 866–872; doi: 10.1136/ard-2022-223640.
  2. Koo HK, Song P, Lee JH: Novel association between asthma and osteoarthritis: a nationwide health and nutrition examination survey. BMC Pulm Med 2021; 21: 59; doi: 10.1186/s12890-021-01425-6.

InFo RHEUMATOLOGIE 2023; 5(1): 29

Autoren
  • Iain Campbell 
Publikation
  • INFO RHEUMATOLOGIE 

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