Osteoporosetherapeutika sind erwiesenermassen wirksam in der Verringerung des vertebralen und nicht-vertebralen Frakturrisikos. Idealerweise werden sie im Rahmen einer multimodalen Therapie eingesetzt und auf individuelle Patientenmerkmale abgestimmt. In Anbetracht der Notwendigkeit einer Langzeitbehandlung ist ein besonderes Augenmerk auf das Management von Reboundeffekten und Nebenwirkungen zu richten. Heutzutage wird vorgeschlagen nach einigen Jahren eine Therapiepause («Drug holidays») einzulegen.

Dr. med. Adrian Forster, Chefarzt, Schulthess Klinik, Zürich und Dr. med. Regula Capaul, niedergelassene Hausärztin, Zürich-Oerlikon gaben einen praxisbezogenen Einblick in die komplexe Thematik der Osteoporosetherapie [1]. Heutzutage erkranken etwa 20% der Frauen und 7% der Männer über 50 Jahren an Osteoporose [2]. Für die Schweiz ergibt dies aktuell über 400’000 Betroffene. Osteoporose ist durch eine gestörte Remodellierung der Knochensubstanz und eine dadurch bedingte pathologische Mikroarchitektur der Knochen gekennzeichnet. Durch die verminderte Knochendichte kommt es zu einer gesteigerten Frakturgefährdung. Von Knochenschwund betroffen sind vor allem ältere Menschen sowie postmenopausale Frauen. Östrogenmangel, Untergewicht und Bewegungsmangel begünstigen das Entstehen einer Osteoporose. Daneben gibt es einige weitere Risikofaktoren. Die wichtigsten Medikamentengruppen zur Behandlung der Osteoporose sind in der Schweiz Antiresorptiva (Bisphosphonate, Denosumab, Raloxifen) und Osteoanabolika (Teriparatid, Romosozumab) (Tab. 1) [1]. All diese Osteoporosetherapeutika können den Verlust an Knochenmasse verringern und das Fraktrurrisiko reduzieren, allerdings in unterschiedlichem Ausmass [3].

Auswahl eines individuell passenden Bisphosphonates

Die Therapie mit Bisphosphonaten hat einen nachgewiesenen Nutzen für die Langzeittherapie von 3 bis 5 Jahren [3]. Zolendronat sei derzeit die potenteste, knochenaffinste Substanz, so Dr. Forster [1]. Zu dieser Substanz liegen Evidenznachweise zu positiven Effekten hinsichtlich vertebraler und nonvertebraler Fraktur­risiko­reduktion vor [3]. Allerdings komme es in den ersten Tagen nach einer Zolendronat-Injektion relativ häufig zu Nebenwirkungen in Form von grippeartigen Missempfindungen, berichtete der Referent [1]. Diese bilden sich aber in der Regel innert einiger Tage zurück. Eine Strategie, um das Risiko für Nebenwirkungen zu verringern, sei, dass man das Zolendronat eher langsam infundiert. Bei manchen Patienten würden sie dafür eine ganze Stunde einrechnen. Ausserdem könne man vorher ein nicht-steroidales Antirheumatikum oder ein Schmerzmittel auf der Basis von Paracetamol geben, riet Dr. Forster [1]. Vor einer Zolendronat-Infusion sollten die Patienten ausserdem genügend hydriert sein, da Bisphosphonate grösstenteils über die Nieren ausgeschieden werden. Der Referent empfahl Zolendronat nur bei Patienten mit einer eGFR >35 ml/min/1,73 m2einzusetzen.

Als Alternative zu Zolendronat kann wie im Fallbeispiel (Kasten) Alendronat in Betracht gezogen werden. Ibronat setze er mit Zurückhaltung ein, da es im Vergleich zu Zolendronat und Alendronat weniger knochenaffin sei und nur Daten zur Verringerung des vertebralen nicht aber des peripheren Frakturrisikos vorliegen, so der Referent [1].

Im Weiteren erwähnte Dr. Forster [1]: «Man sollte immer einen Vitamin D-Mangel beheben, bevor man ein Bisphosphonat gibt». Dies deshalb, damit der Knochen adäquat remineralisiert werden kann [1]. Vitamin D unterstützt bekanntlich die Einlagerung von Calcium in den Knochen; eine Vitamin-D-Supplementation ist einfach und kostengünstig umsetzbar.

Fallbeispiel: Fragilitätsfraktur BWS
Dr. Capaul berichtete vom Fall einer 56-jährigen Patientin, welche bei der Arbeit auf rutschigem Boden gestürzt ist und sich dabei eine Fraktur des 12. Brustwirbelkörpers (Deckplattenimpressionsfraktur) zugezogen hat.
Der behandelnde Orthopäde ordnete eine konservative Therapie an mit einem 3-Punkte-Mieder sowie körperlicher Schonung, begleitender analgetischer Therapie und röntgenologischen Verlaufskontrollen.
Die Patientin wurde der Referentin zur hausärztlichen Osteoporose-Abklärung überwiesen. Die Familienanamnese ergab, dass die Schwester der Patientin Osteoporose hatte. In der DEXA-Messung zeigte sich in der Lendenwirbelsäule eine Osteoporose und ansonsten eine Osteopenie. Die Referentin entschied sich für die Einleitung einer Bisphosphonat-Therapie. Zum Zeitpunkt der ersten Zolendronat-Infusion waren drei Monate vergangen seit dem Sturz. In der hausärztlichen Folgekonsultation sechs Monate später gab die Patientin an, dass sie aufgrund der Nebenwirkungen in den Tagen nach der Infusion (Schlafstörungen, Spannungsgefühl am Kopf) keine weitere Zolendronat-Infusion möchte. In Rücksprache mit einem rheumatologischen Spezialisten entschied die Referentin als Alternative auf Alendronat (Tablette, 1× wöchentlich) auszuweichen, da dieses ebenfalls gute Daten aufweist bezüglich Verhinderung von Wirbelfrakturen. Alendronat erwies sich bei dieser Patientin als gut verträglich und eine DEXA-Messung nach 2 Jahren ergab, dass in der Lendenwirbelsäule nun keine Osteoporose mehr vorlag.
nach [1]

Unabdingbare Massnahmen nach Absetzen von Denosumab

Denosumab hat einen nachgewiesenen Nutzen bis zu 3 Jahren [3]. Eine Beendigung der Therapie mit Denosumab führt zur vollständigen und raschen Umkehr der knochenspezifischen Effekte. Daher müssen nach dem Absetzen vorübergehend andere Massnahmen zum Erhalt der Knochendichte eingesetzt werden (Tab. 2). Erst ungefähr 2016 habe man realisiert, dass man nach Absetzen von Denosumab obligat ein Bisphosphonat geben muss, so Dr. Forster [1]. Am besten geeignet sei Zolendronat, das man einfach zum Zeitpunkt der fälligen Denosumab-Injektion gebe. Danach lohne es sich, jeweils nach 3 und 6 Monaten im nüchternen Zustand die Umbauparameter zu messen. Wenn diese ansteigen bis ins oberste Drittel der prämenopausalen Norm, soll man gleich noch eine zweite Infusion geben. «Erst wenn man sieht, dass die Umbauparameter unten bleiben, ist man auf sicherem Terrain», erklärte der Referent [1]. Erst dann kommt eine Therapiepause in Betracht. Wenn man die Umbauparameter nicht bestimmt, könne man einfach 6 und 12 Monate nach der letzten Denosumab-Injektion Zolendronat geben [1,5]. «Es braucht zwei Infusionen», betonte Dr. Forster [1]. Früher habe man gemeint, eine einzige Infusion sei ausreichend. Es gebe sogar Patienten, bei welchen drei Infusionen erforderlich seien, um die Umbauparameter adäquat zu supprimieren. Wenn Zolendronat nicht erwünscht bzw. nicht toleriert wird, könne man alternativ Alendronat einsetzen. Wenn man die Behandlung mit Denosumab sistiert, ohne anschliessend ein Bisphosphonat zu geben, verlieren die Patienten an der Wirbelsäule innerhalb von 12 Monaten praktisch alles, was sie gewonnen haben, so Dr. Forster [1].

Sind Kiefernekrosen und atypische Frakturen vermeidbar?

«Man kann Kiefernekrosen und atypische Frakturen vermeiden, aber es ist relativ aufwändig», räumte Dr. Forster ein [1]. Bei einer leichteren Osteoporose empfahl der Referent nach einer Therapiedauer von 3–5 Jahren eine Therapiepause von bis zu 5 Jahren zu machen. Bei einer schweren Osteoporose (niedriger T-Score, erlittene Fragilitätsfraktur oder morphometrische Wirbelkörperfrakturen) könne eine kürzere Pause von bis zu 2 Jahren ins Auge gefasst werden. Wichtig ist, die Patienten während des Behandlungsunterbruches zu monitorisieren, das heisst, in regelmässigen Abständen Knochendichtemessungen zu machen und den Knochenumbau labormässig nachzuverfolgen. Je nachdem wie diese Ergebnisse ausfallen, kann die Therapiepause weitergeführt oder ein Wiedereinstieg in die Behandlung in Betracht gezogen werden (Kasten). Bei Patienten mit Kiefernekrosen sind regelmässige zahnärztliche Kontrollen eine wichtige Massnahme.

Kongress: KHM-Kongress Luzern

Literatur:

  1. «Osteoporose», Seminar A1, Dr. med. Adrian Forster und Dr. med. Regula Capaul, KHM-Kongress Luzern, 20.06.2024.
  2. Rheumaliga Schweiz: Osteoporose, Broschüre, 14. Auflage, 2022, www.rheumaliga.ch, (letzter Abruf 04.07.2024).
  3. Obermayer-Pietsch B, Fössl I, Dimai HP: Langfristige Therapiekonzepte bei Osteoporose [Long-term treatment concepts for osteoporosis]. Internist (Berl) 2021; 62(5): 474–485.
  4. McClung M, et al.: Bisphosphonate therapy for osteoporosis: benefits, risks, and drug holiday. Am J Med 2013; 126(1): 13–20.
  5. Tsourdi E, et al.: Fracture risk and management of discontinuation of denosumab therapy: a systematic review and position statement by ECTS. J Clin Endocrinol Metab 2020 Oct 26: dgaa756.

HAUSARZT PRAXIS 2024; 19(8): 44–45 (veröffentlicht am 23.8.24, ahead of print)

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • HAUSARZT PRAXIS 

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