Dass eine hochdosierte Kombination der ätherischen Öle aus Pfefferminze (Mentha×piperita L.)und Kümmel (Carum carvi L.) bei Magen-Darm-Beschwerden symptomlindernd wirken kann, wurde mehrfach empirisch belegt. Es gibt Hinweise darauf, dass auch Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) profitieren können. Um Näheres herauszufinden über konkrete anti-entzündliche Effekte wurde eine tierexperimentelle Studie durchgeführt. Menthacarin erwies sich hinsichtlich verschiedener Entzündungsmarker als überlegen im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Die schmerzlindernden, krampflösenden und antimikrobiellen Wirkungen von Menthacarin, einer hochdosierten Mixtur aus Pfefferminz- und Kümmelöl, sind bei funktionellen Beschwerden im Magen-Darm-Trakt gut dokumentiert. von Das Arzneimittel Carmenthin® (Menthacarin) ist in der Schweiz aktuell für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren kassenzulässig zur Behandlung von leichten Krämpfen, Völlegefühl, epigastrischen Schmerzen und Blähungen [1,2]. Es gibt Hinweise darauf, dass Menthacarin auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn günstige therapeutische Effekte bewirkt [3]. Mehrere frühere Studien weisen auf anti-entzündliche Effekte hin [4–6].

Im Mausmodell zeigt Menthacarin anti-inflammatorische Effekte bei Colitis

Um Näheres über mögliche entzündungshemmende Wirkungen bei Colitis herauszufinden, wurde eine tierexperimentelle Studie durchgeführt [7]. C57BL/6-Mäuse erhielten während 8 Tagen, an welchen mittels 2% Natrium-Dextransulfat (Dextran sodium sulphate, DSS) eine Colitis induziert wurde, Menthacarin in Dosierungen von 10, 30, 60, und 120 µg/g Körpergewicht (KG), die Kontrollgruppen erhielten jeweils 0,2% Agar, 10 µl/g KG. Die experimentell induzierte Colitis wurde monitorisiert durch Messung des Körpergewichtes (KG) und durch Kolonoskopien. Die mit Menthacarin behandelten Tiere wiesen im Vergleich zu Kontrollen verbesserte makroskopische und mikroskopische Parameter sowie eine geringere Körpergewichtsreduktion auf im Verlauf der Colitis. Dickdarmgewebe wurde immunhistochemisch und mittels ELISA untersucht. Dabei zeigte sich, dass Menthacarin das Zytokinprofil im Dickdarm in Richtung eines anti-entzündlichen Phänotyps veränderte. Im Folgenden die wichtigsten Resultate aller gemessenen Outcome-Parameter im Überblick:

Veränderung des Zytokinprofils: Im Dickdarm der mit Menthacarin behandelten Tiere waren folgende Zytokine in geringerem Ausmass vorhanden: TNF-α, IL-6, IL-1β, TGF-β. Dagegen war das anti-inflammatorische/immunregulatorische Zytokin IL-10 im Vergleich zur Kontrollgruppe in höheren Konzentrationen vorhanden.

Verbesserung von histopathologischen Schädigungen: Dickdarmgewebe von Tieren der Behandlungsarme wies in Dosierungen ab 30 µg/g KG* signifikant weniger histopathologische Schädigungen auf im Vergleich zu den Kontrollen(n=14), jedoch war kein Unterschied feststellbar bei einer Menthacarin-Dosierung von 10 µg/g KG (n=8).

* 30 µg/g KG (n=10), 60 µg/g KG (n=14) und 120 µg/g KG (n=8)

Reduktion von makroskopischer Schädigung: Im Dickdarm von den Versuchstieren der Kontrollgruppen manifestierte sich zwischen Tag 4 und 7 eine Verschlechterung der makroskopischen Schädigungen wie mini-endoskopische Untersuchungen zeigen. Die mit Menthacarin behandelten Mäuse zeigten gegenüber den Kontrollen signifikant geringere Entzündungszeichen an Tag 4 und 7  (p<0,05; n=10–16).

Zusammenfassend belegen diese Befunde, dass bei Labormäusen eine experimentell induzierte Colitis durch eine Behandlung mit Menthacarin abgeschwächt wird, was sich durch verschiedene immunpathologische und histopathologische Untersuchungen nachweisen liess. Die Autoren vermuten, dass Menthacarin bei Menschen mit CED eine nützliche add-on Behandlungsoption sein könnte.

CED: Phytopräparate als gut verträgliche add-on TherapieoptionDie Inzidenz von C. ulcerosa und M. Crohn ist in der vergangenen Dekade in Europa und weltweit gestiegen [9]. Die Pathogenese von CED ist nicht vollständig geklärt und es gibt aktuell keine kurative Behandlungsmöglichkeit. Zur Symptomreduktion und zum Erhalt der Remission kommen verschiedene anti-entzündliche Wirkstoffe (z.B. Kortison, Aminosalicylat) sowie immunsuppressive Medikamente (z.B. Azathioprin, Methotrexat und Ciclosporin) zum Einsatz und es stehen verschiedene neue zielgerichtete Antikörper zur Verfügung. Diese Behandlungsmöglichkeiten gehen jedoch mit zum Teil erheblichen Nebenwirkungen einher. Ausserdem gibt es Patienten, welche nicht ausreichend auf die entsprechenden Therapien ansprechen oder eine Resistenz gegen bestimmte Wirkstoffe entwickeln [8,10]. Zusammenfassend gibt es «Unmet needs»  und es sind innovative Behandlungsstrategien gefragt. Aus verschiedenen Studien gibt es Hinweise darauf, dass Patienten von phytopharmakologischen Arzneimitteln als add-on profitieren können [8–10].

Humanexperimentell verbessert Menthacarin bei CED die Lebensqualität

Die Hauptsymptome von CED sind Diarrhoe sowie blutiger, schleimiger Stuhl und abdominelle Schmerzen und Krämpfe. In einer im United European Gastrology Journal publizierten humanexperimentellen Multizenter-RCT führte eine 4-wöchige Behandlung mit Menthacarin (2×1 Kapsel/d) als add-on zur Standardtherapie im Placebovergleich zu einer signifikant verbesserten gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL) bei CED-Patienten [3]. Die HRQoL wurde erhoben mittels des «Inflammatory Bowel Disease Questionnaire» (IBDQ) [11] bei Baseline und nach Woche 4. Dabei zeigte sich unter Behandlung mit Menthacarin (n=61) eine signifikante Verbesserung im Gesamtscore des IBDQ um 25,6±30,2 Punkte im Vergleich zu 11,0±22.5 Punkten in der Placebogruppe (n=64) (p=0,0012).

Literatur:

  1. Fachinformation: www.compendium.ch, (letzter Abruf 15.10.2021)
  2. Madisch A, et al.: Internist 2015; 56, (Suppl. 1): 28.
  3. Engel MA, Stracke B: United European Gastroenterology Journal 2016; 4(5), A618
  4. Da Rocha ML, et al.:. J Nat Med 2013; 67, 743–749.
  5. Liu Z, et al.: Food Chem Toxicol 2015; 82: 12–18
  6. Rozza AL, et al.: The gastro-protective effect of menthol: involvement of anti-apoptotic, antioxidant and anti- inflammatory activities. PLoS One 2014, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0086686
  7. Alliger K, et al.: Phytomedicine 2020; 77, October 2020, 153212
  8. Currò D, Pugliese D, Armuzzi A: Front Pharmacol 2017; 8: 1–19.
  9. Mak WY, et al.: J Gastroenterol Hepatol 2019, https://doi.org/10.1111/ jgh.14872
  10. Fakhoury M, et al.: J Inflamm Res 2014; 7: 113–120.
  11. Guyatt G: Gastroenterology 1989; 96: 804–810.

HAUSARZT PRAXIS 2021; 16(10): 25

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • HAUSARZT PRAXIS 

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