In der Schweiz sind etwa 1 bis 3 Prozent der Bevölkerung von Psoriasis betroffen [1]. Etwa jeder dritte Psoriasis-Patient leidet auch an Psoriasis-Arthritis (PsA), einer chronisch entzündlichen Systemerkrankung, die sich u.a. in Arthritis, Enthesitis und Daktylitis manifestieren kann [2, 3]. Unbehandelt kann PsA eine Zerstörung der Gelenke bis hin zur Behinderung zur Folge haben [2]. Im folgenden Interview diskutieren der Dermatologe Prof. Thomas Kündig und der Rheumatologe Prof. Diego Kyburz das interdisziplinäre Management dieser komplexen Erkrankung und gehen dabei näher auf zwei aktuelle Therapieoptionen ein [4, 5].

 

1.     PsA ist eine sehr komplexe Erkrankung, sowohl die Haut ist betroffen als auch diverse Manifestationen im muskuloskelettalen Apparat – Welche Möglichkeiten sehen Sie in der Behandlung Ihrer PsA-Patienten heutzutage? 

Prof. Kündig: 

Wir Dermatologen kümmern uns in erster Linie um die Hautmanifestationen, die von den Patienten als sehr störend empfunden werden und oft zur Stigmatisierung führen. Erfreulicherweise stehen uns für die Behandlung der Hautsymptome jedoch hochwirksame Medikamente zur Verfügung, mit denen wir ein 100-prozentiges Ansprechen anstreben. Dieses erreichen wir in aller Regel auch und die Patienten werden von allen sichtbaren Hautveränderungen befreit; manchmal ist hierfür ein Wechsel des Medikaments nötig. Zur frühzeitigen Abklärung einer möglichen Gelenkbeteiligung schicken wir heutzutage alle Psoriasis-Patienten zum Rheumatologen. Dies, weil bei einer Befragung nur 15 % der Patienten Gelenkprobleme angeben, bei einer rheumatologischen Abklärung aber bei 30 % der Patienten eine Manifestation in den Gelenken gefunden wird. Ist dies der Fall, delegieren wir die Behandlung des Patienten fast vollständig an den Rheumatologen ab. Denn wenn man die begleitende Arthritis therapeutisch gut in den Griff bekommt, wirkt sich dies auch positiv auf die Haut aus, die einfacher zu behandeln zu sein scheint als die Gelenke.

Prof. Kyburz:

Hier sind wir tatsächlich manchmal etwas neidisch auf die Dermatologen, die oft eine komplette Befreiung von den Hautmanifestationen erzielen. Zwar erreichen wir auch hinsichtlich der Gelenkmanifestationen mittlerweile sehr gute Ansprechraten und den meisten Patienten geht es mit den heutzutage verfügbaren Medikamenten viel besser. Aber nur bei einer Minderheit verschwinden die Krankheitsmanifestationen zu 100 %. Wichtig ist, dass ein Medikament möglichst breit wirksam ist. Denn neben der Haut und den Gelenken können z.B. auch die Sehnenansätze betroffen sein oder andere Manifestationen hinzukommen. Es ist nicht ausreichend, nur eine Komponente zu kontrollieren, wenn andere Komponenten, wie eine Daktylitis, weiterhin aktiv sind. Wir versuchen deshalb ein Medikament zu finden, das alle Domänen optimal behandelt.

Prof. Kündig: 

Dermatologen haben zudem mehr Zeit als Rheumatologen, ihre Patienten auf eine Therapie einzustellen. Psoriasis-bedingte Hautmanifestationen hinterlassen nach Abheilung keine Narben. Bei einer Arthritis können jedoch Komplikationen entstehen, sodass hier möglichst frühzeitig eine wirksame Behandlung eingeleitet werden sollte.

Prof. Kyburz:

Der Einsatz von Biologika erzielt bei Psoriasis sehr gute Resultate. Es wäre spannend zu analysieren, ob Psoriasis-Patienten, die frühzeitig Biologika erhalten, seltener einen Progress erleiden und dies die Anzahl der PsA-Fälle insgesamt reduziert.

Prof. Kündig: 

Langfristig würde man davon ausgehen. Denn bei vielen entzündlichen Krankheiten sind die Resultate besser, wenn man frühzeitig wirksame Medikamente einsetzt. Man muss aufhören, die Psoriasis als reine Hautkrankheit zu behandeln. Die Psoriasis ist eine entzündliche Systemkrankheit, bei der eine systemische Behandlung vorzuziehen ist, um das Auftreten von Komorbiditäten zu verhindern.

2. PsA erfolgreich zu behandeln ist anspruchsvoll. Inwieweit erfüllen der IL-23-Inhibitor Risankizumab (SKYRIZI®) und der Januskinase-Inhibitor (JAKi) Upadacitinib (RINVOQ®) diese hohen Anforderungen?

Prof. Kündig:

Risankizumab wirkt sehr gut gegen die Hautmanifestationen der Psoriasis und PsA. Wir streben bei der Behandlung unserer Patienten einen PASI 100 an, also eine erscheinungsfreie Haut. Wegen der potenziellen Langzeitschäden im muskuloskelettalen Apparat sollte der Fokus aber auf den Gelenken liegen. Falls eine Therapie (z.B. mit Upadacitinib) gut bei den Gelenken anschlägt, aber der Patient noch Hautmanifestationen hat, können wir hier noch mit lokaler Therapie nachhelfen.

Prof. Kyburz:

Beide Medikamente weisen eine breite Wirksamkeit auf. Für Upadacitinib wurde auch eine Wirkung auf axiale Entzündungen nachgewiesen.

Prof. Kyburz:

Januskinase-Inhibitoren (JAKi) Inhibitoren sind eine gute Therapieoption, weil sie nicht nur ein, sondern mehrere Zytokine hemmen und damit ein breites Wirkungsspektrum haben. Jedoch haben das vermehrte Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse bei älteren Patienten und eine erhöhte Rate an Malignomen [unter Tofacitinib in der ORAL Surveillance-Studie] zu Verunsicherungen hinsichtlich des Einsatzes von JAKi geführt. Noch unklar ist, ob diese Bedenken für alle Vertreter der JAKi berechtigt sind, die sich in ihrer Selektivität unterscheiden. Hier sind weitere Sicherheitsstudien notwendig.

Prof. Kündig: 

Bei den JAKi gilt es, wie damals bei den Biologika, viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Oft reden wir noch ganz allgemein vom JAKi – das ist in etwa so, als würde man den TNF- und IL-17-Inhibitor in die gleiche Schublade stecken. Dabei muss man hier klar eine Differenzierung vornehmen.

Prof. Kyburz:

Um nochmals auf die ORAL Surveillance-Studie zurückzukommen: Hier wurden Patienten mit hohem Risiko eingeschlossen, die normalerweise in Zulassungsstudien ausgeschlossen werden. So hat man aus der Studie zwar viel lernen können, aber man sollte aufgrund der Ergebnisse nicht grundsätzlich Bedenken gegen den Einsatz von JAKi haben. Wichtig ist eine individuelle Einschätzung des Risikos und des Nutzens für die einzelnen Patienten, um die optimale Therapie zu finden.

3.     Die Indikation von Risankizumab mit Psoriasis und PsA und Upadacitinib mit rheumatoider Arthritis (RA), ankylosierender Spondylitis, atopischer Dermatitis und PsA ist sehr breit [4, 5]. Welche Vorteile sehen Sie diesbezüglich für die Zusammenarbeit zwischen Dermatologen und Rheumatologen? 

Prof. Kyburz: 

Wenn wir Patienten mit einem Hautbefall sehen, sind wir sehr froh über die dermatologische Meinung im Hinblick auf die optimale therapeutische Option. Hier ist es von Anfang an von Vorteil, wenn man das Management der Erkrankung gemeinsam bespricht, und man kommt schneller zum Ziel. Gerade wenn sichtbare Stellen der Haut betroffen sind, kann dies für die Patienten mit grossen Einschränkungen einhergehen. Um dies in den Griff zu bekommen, brauchen wir den Dermatologen.

Prof. Kündig: 

Risankizumab ist eine häufig verwendete Therapie, wenn eine Hautbeteiligung vorliegt – nicht nur aufgrund des guten Ansprechens, sondern vor allem auch wegen der Convenience für die Patienten. Es ist zudem beliebter als ein Medikament, das jeden Monat gespritzt werden muss, da es in der Erhaltungsphase nur viermal pro Jahr gespritzt werden muss. Dies macht für die Patienten einen grossen Unterschied – man kann die Krankheit die meiste Zeit über vergessen.

Prof. Kyburz:

Dem stimme ich zu. Auch Upadacitinib, das als Tablette eingenommen wird, ist in puncto Convenience sehr interessant.

4.  Wie sehen Sie die Zukunft der personalisierten Behandlung angesichts des immer grösser werdenden Behandlungsrepertoires? 

Prof. Kündig:

Die modernen Therapien sind in Bezug auf die Haut meist so erfolgreich, dass wir die Entscheidung für ein Medikament, wie schon erwähnt, oft aufgrund der Convenience für den Patienten treffen. Insofern besteht kein grosser Bedarf für einen Test, der das Ansprechen auf ein bestimmtes Medikament vorhersagt. Eine interessante Frage ist aber, ob man ein Medikament bei einem Patienten, der über Jahre vollständig darauf angesprochen hat, irgendwann absetzen kann. Gibt es einen Marker, der vorhersagen kann, welcher Patient nach Absetzen symptomfrei bleibt? In der Dermatologie kann man ein zwischenzeitliches Absetzen der Therapie relativ risikofrei ausprobieren. In der Rheumatologie ist das anders, da man hier bleibende Gelenkschäden riskiert.

Prof. Kyburz: 

Wir wären froh über Biomarker, vor allem für das Therapieansprechen in bestimmten Subgruppen. Gerade Patienten mit Daktylitiden sind oft relativ therapieresistent. Wenn wir hier vorhersagen könnten, auf welches Medikament diese Patienten am besten ansprechen, wäre das sehr hilfreich. Allerdings ist es leider nicht so einfach, solche Biomarker zu finden. Wir haben in einer kürzlich publizierten Analyse von Schweizer Registerdaten Prädikatoren dafür untersucht, dass man eine Biologika-Therapie bei RA erfolgreich absetzen kann. Das Ergebnis: Patienten, die früh behandelt wurden, diejenigen in tiefer Remission, und diejenigen, die eine konventionelle Basistherapie fortsetzten, hatten höhere Chancen, das Biologikum erfolgreich abzusetzen, während andere Gruppen hohe Relapse-Raten aufwiesen. In unserer Studie zeigten nach einer Beobachtungszeit von drei Jahren fast 80 % der Patienten erneut eine Krankheitsmanifestation. Die Daten zur PsA dürften ähnlich wie bei der RA sein.

Prof. Kündig: 

Auch bei Psoriasis-Patienten ist es eher die Ausnahme, dass sie nach Absetzen des Biologikums keinen Rückfall erleiden. Ich wünsche mir aber, dass man in Zukunft die Krankheit therapeutisch fundamental ändern und die Biologika danach absetzen kann. Dann könnten wir vielleicht irgendwann auch Patienten mit milder Psoriasis behandeln. Das Problem ist: Wenn ich eine schwere Psoriasis habe, ist diese nach der Therapie meist komplett verschwunden, da die Krankenkasse ein Biologikum zahlt. Aber wenn ich nur eine leichte Psoriasis habe, kommen ausschliesslich Cremes, Lichtbehandlung usw. zum Einsatz. Eigentlich ist es verrückt, dass der mit der schweren Krankheitsausprägung am Schluss fast noch besser dran ist.

Prof. Kyburz: 

Eine langfristige behandlungsfreie Remission wäre wünschenswert und auch kostengünstiger.

Prof. Kündig:

Ich kann mir vorstellen, dass dies möglich ist, wenn man früh und scharf genug behandelt. Die Datenlage deutet in diese Richtung.

Zu den Kurzfachinformationen von SKYRIZI® und RINVOQ®

CH-SKZD-220134 08/2024

Dieser Beitrag wurde auf Deutsch freigegeben.

Dieser Beitrag entstand mit finanzieller Unterstützung der AbbVie AG, Alte Steinhauserstrasse 14, Cham.

Referenzen: 

1.              Rheumaliga Schweiz. Patienten-Broschüre Psoriasis-Arthritis. https://www.rheumaliga.ch/assets/doc/ZH_Dokumente/Broschueren-Merkblaetter/Krankheitsbilder/Psoriasis.pdf. Letzter Zugriff: 02.08.2024

2.              Ostor A et al. Efficacy and safety of risankizumab for active psoriatic arthritis: 24-week results from the randomised, double-blind, phase 3 KEEPsAKE 2 trial. Ann Rheum Dis, 2022. 81(3): p. 351-358.

3.              Kristensen LE et al. Efficacy and safety of risankizumab for active psoriatic arthritis: 24-week results from the randomised, double-blind, phase 3 KEEPsAKE 1 trial. Ann Rheum Dis, 2022. 81(2): p. 225-231.

4.              Aktuelle Fachinformation RINVOQ® (Upadacitinib) auf www.swissmedicinfo.ch

5.              Aktuelle Fachinformation SKYRIZI® (Risankizumab) auf www.swissmedicinfo.ch.

Die Referenzen können durch Fachpersonen bei medinfo.ch@abbvie.com angefordert werden.

Beitrag aktualisiert am 12.08.2024

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