Vor einigen Jahren hat die EULAR sich auf eine Definition für «schwierig zu behandelnde» rheumatoide Arthritis (RA) geeinigt. Noch nicht vollständig geklärt sind die Gründe für mehrfaches Therapieversagen. Forschungsprojekte versuchen Licht ins Dunkel zu bringen. In diesem Zusammenhang werden patientenbezogene und krankheitsspezifische Merkmale bei Baseline und im Verlauf analysiert. Die Identifizierung modifizierbarer Risikofaktoren im Frühstadium der RA könnte eventuell präventive Massnahmen ermöglichen.

In den vergangenen Jahren haben sich die Behandlungsmöglichkeiten der rheumatoiden Arthritis (RA) erheblich verbessert, sodass klinische, strukturelle und funktionelle Remission für viele Patienten ein erreichbares Therapieziel geworden ist. Allerdings weisen 5–20% der Patienten eine schwierig zu behandelnde RA (difficult-to-treat RA, D2T-RA) auf [1]. Als D2T-RA eingestuft werden Patienten, bei welchen die Krankheitsaktivität unkontrolliert bleibt trotz des Einsatzes von ≥2 bDMARDs und/oder tsDMARDs mit unterschiedlichen Wirkmechanismen (mechanisms of action, MOA) [3]. D2T-RA ist ein heterogener und multifaktorieller Krankheitszustand und stellt Ärzte und Patienten vor beträchtliche Probleme [5]. Im Rahmen des diesjährigen EULAR Annual Meetings wurden verschiedene Forschungsprojekte präsentiert, welche sich mit diesem Themenkomplex beschäftigen.

Was genau versteht man aktuell unter «Treat-to-target»?

Da bislang auf individueller Ebene kaum Prädiktoren für Therapieansprechen bekannt sind, empfiehlt die EULAR Task Force sich auch bei diesen Patienten an dem «Treat-to-target»-Prinzip zu orientieren [1,2]. Zunächst lohnt es sich, die in der 2022 aktualisierten EULAR-Leitlinie festgehaltenen Therapieempfehlungen kurz zu rekapitulieren [2]. Methotrexat (MTX) ist in der Therapie der RA aufgrund seiner insgesamt sehr guten Wirksamkeit und Verträglichkeit nach wie vor das Medikament der ersten Wahl [2]. Wird das Therapieziel mit der ersten konventionellen krankheitsmodifizierenden Therapieoption (csDMARD) verfehlt und liegen negative prognostische Faktoren vor, sollte ein Biologikum (bDMARD) beigefügt werden. JAK-Inhibitoren (JAK-i), also synthetische DMARDs (tsDMARDs), können erwogen werden, aber relevante Risikofaktoren** müssen berücksichtigt werden. Sowohl bDMARDs als auch tsDMARDs sollten mit einem csDMARD kombiniert werden, idealerweise mit MTX$ [2].

** Alter >65 Jahre, früheres oder aktuelles Rauchen sowie andere Risikofaktoren für kardiovaskuläre ­Ereignisse, Malignitäten und thromboembolische ­Ereignisse.
$ Bei Patienten, bei denen eine Co-Medikation mit csDMARDs nicht möglich ist, gibt es laut EULAR-Empfehlungen einige Vorteile für IL-6-(R)-i und tsDMARDs im Vergleich zu anderen DMARDs.

Wenn ein bDMARD oder tsDMARD versagt hat, sollte eine Behandlung mit einem anderen bDMARD oder einem tsDMARD in Betracht gezogen werden [2]. Wenn eine Therapie mit einem TNF-α-i oder einem IL-6-(Rezeptor)-Inhibitor versagt hat, können die Patienten einen Wirkstoff mit einem anderen Wirkprinzip oder einen zweiten TNF-α-i oder IL-6-(Rezeptor)-Inhibitor erhalten&.

& Dazu, ob nach Therapieversagen eines JAK-i der Einsatz eines weiteren JAK-i wirksam und sicher ist, fehlen aktuell nach wie vor verlässliche Daten.

Patienten, bei denen im Rahmen der beschriebenen Vorgehensweise mehrere b/tsDMARDS versagt haben, werden gemäss aktueller EULAR-Definition als schwierig zu behandelnde RA eingestuft [1,2]. Mittlerweile hat sich der Fokus der Forschung auf die Frage verlagert, ob sich bestimmte Faktoren identifizieren lassen, welche mehrfaches Therapieversagen erklären können.

«Early Arthritis UCLouvain Brussels Cohort» – 5 Jahre Follow-up

Im Rahmen einer grossangelegten belgischen Kohortenstudie führten Durez et al. eine retrospektive Analyse bei Patienten mit früher RA ­(early RA, ERA) durch, um Patientencharakteristika und krankheitsspezifische Merkmale zu identifizieren, welche mit einem D2T-RA-Phänotyp assoziiert sind [4]. Neben den Baseline-Merkmalen verglichen die Forscher in einer fünfjährigen Nachbeobachtung den Verlauf der RA und behandlungsbedingter Komorbiditäten zwischen der D2T-RA- und der Nicht-D2T-RA Kohorte. 391 ERA-Patienten mit einem medianen ­Alter von 48,2 Jahren (IQR 21,26) wurden in die Analyse eingeschlossen, davon waren 109 weiblich und 282 männlich. In einem Fünfjahres-Follow-up entsprachen 42 Patienten der Definition von D2T-RA. Beim Vergleich von D2T-RA- vs. Nicht-D2T-RA-Patienten zeigte sich, dass unter ersteren bei einem signifikant grösseren Anteil ein seropositiver Rheumafaktor (RF) und höhere CCP-Antikörperwerte (ACPA) vorlagen (p=0, 01) (Tab. 1). Ausserdem wiesen D2T-RA-Patienten eine höhere Krankheitsaktivität, erfasst anhand des «Simple Disease Activity Index» (SDAI) sowie höhere Werte im «Clinical Disease Activity Index» (CDAI) auf, auch diese Unterschiede waren signifikant. Die übrigen Baselinemerkmale unterschieden sich nicht signifikant zwischen D2T-RA und Nicht-D2T-RA, mit Ausnahme des TJC44 (p=0,02). In einer multivariablen logistischen Regressionsanalyse erwiesen sich Baseline-Erosionen im Bereich der Gelenke als unabhängige Prädiktoren für die Entwicklung zu einem D2T-Phänotypen (OR 2,2; KI 1,04–5,2; p=0,04).
Während dem fünfjährigen Follow up erwies sich die Krankheitsaktivität (DAS28, CDAI, SDAI) in der D2T-Gruppe durchwegs als höher. Ausserdem litten nach 5 Jahren Nachbeobachtung D2T-RA-Patienten signifikant häufiger an Osteoporose (p=0,005) und waren einer höheren kumulativen Dosis an Glukokortikoiden >1 g ausgesetzt (p=0,03).

«Early Undifferentiated PolyArthritis»- Registerstudie

Im Rahmen der «Early Undifferentiated PolyArthritis»(EUPA)-Studie wurden Patienten die im Centre Hospitalier Universitaire de Sherbrooke (Kanada) konsekutiv in Behandlung waren, prospektiv beobachtet [5]. EUPA-Patienten, denen mindestens eine neuartige Therapie verschrieben wurde, sind Teil des University of Sherbrooke Registry of Advanced Therapies (USRAT). Lessard et al. inkludierten in ihre Analyse Patienten, welche die Kriterien für RA erfüllten. Patienten, welche ein drittes biologisches oder synthetisches DMARD (b/tsDMARD) erhalten hatten oder bei denen die Anzahl der geschwollenen Gelenke (swollen joint count, SJC) ≥3 war oder welche 1 Jahr nach Beginn der Behandlung mit einem zweiten Wirkstoff täglich ≥7,5 mg Prednison einnahmen, wurden D2T-RA zugrechnet. Eine einfach zu behandelnde RA (easy to treat, E2T) war definiert durch eine Behandlung mit einem einzigen DMARD, einem SJC ≤1 und einem Verzicht auf Kortikosteroide ein Jahr nach Beginn der Behandlung mit einem ersten b/tsDMARD. Als Prä-D2T-RA eingestuft wurden Patienten, bei welchen mindestens ein b/tsDMARD versagt hatte, aber welche die Kriterien für D2T-RA nicht erfüllt waren.

Schlussfolgerungen
Durez et al.: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patienten, die bei Baseline durch Merkmale gekennzeichnet sind wie Seropositivität (RF und/oder ACPA), Knochen­erosionen und hohe Krankheitsaktivität eher dazu neigen, eine D2T-RA zu entwickeln. Die Kohortenstudie mit 5 Jahren Follow-up zeigte, dass D2T-Patienten höhere Glukokortikoid-Dosen erhielten und häufiger Begleiterkrankungen wie Osteoporose und Infektionen erlitten.
Lessard et al.: Auch in dieser Kohorte erwiesen sich einige klinische und patientenbezogene Ausgangsmerkmale prädiktiv für das Fortschreiten der RA zu D2T-RA. Die Behandlung mit Methotrexat nach Beginn einer DMARD erwies sich als protektiver Faktor hinsichtlich D2T-RA.

Von den 126 RA-Patienten erfüllten 27,0% (n=34) die Kriterien für D2T-RA, 35,7% (n=45) wurden als E2T-RA eingestuft und 21,4% (n=27) der Subgruppe Prä-D2T. Ein Anteil von 15,9% (n=20) der inkludierten Patienten wurden mit einem einzigen b/tsDMARD behandelt, erfüllten aber nach einem Jahr nicht die Kriterien für eine E2T-RA. Die mittlere Nachbeobachtungszeit war in allen drei Gruppen ähnlich: D2T-RA 9,8 Jahre, Prä-D2T-RA 9,1 Jahre, E2T-RA 9,6 Jahre.

Bei der Aufnahme in die EUPA-Studie waren das weibliche Geschlecht, eine höhere Anzahl befallener Gelenke und das Vorliegen von Erosionen mit einer Progression zu D2T assoziiert. Dies traf ausserdem für pulmonale Komorbiditäten, depressive Symptome (CES-D) und Fatigue zu. Die Behandlung mit Methotrexat wurde als protektiver Faktor hinsichtlich Progression zu D2TA-RA ermittelt.

Kongress: EULAR Annual Meeting

Literatur:

  1. Nagy G, et al.: EULAR points to consider for the management of difficult-to-treat rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis 2022; 81: 20–33.
  2. Smolen JS, et al.: EULAR recommendations for the management of rheumatoid arthritis with synthetic and biological disease-modifying antirheumatic drugs: 2022 update. Ann Rheum Dis 2023; 82(1): 3–18.
  3. Nagy G, et al.: EULAR definition of difficult-to-treat rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis. (2021) 80: 31–35.
  4. Durez P, et al.: Difficult To Treat Rheumatoid Arthritis Incidence And Risk Factors In The Early Arthritis Uclouvain Brussels Cohort, OP0165, EULAR Annual Meeting, Vienna, 12–15 june, 2024.
  5. Lessard F, et al.: baseline and pre-biologic predictors of difficult-to-treat rheumatoid arthritis with recent onset disease, OP0118, EULAR Annual Meeting, Vienna, 12–15 june, 2024.

HAUSARZT PRAXIS 2024; 19(8): 34–35 (veröffentlicht am 22.8.24, ahead of print)

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • HAUSARZT PRAXIS 

Comments are closed.