Patienten mit schwerem Asthma bronchiale leiden häufig unter wiederkehrenden Beschwerden und benötigen oft systemische Steroide. In diesem Artikel, der auf INFO PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE basiert, erfahren Sie, wie moderne Zusatztherapien mit monoklonalen Antikörpern helfen können und welche Rolle die genaue Diagnostik und die Eosinophilenzahl spielen. Wir erklären Ihnen verständlich, wie die Behandlung individuell angepasst wird und welche neuen Optionen es für Patienten mit komplexen Asthmaformen gibt.

Schweres Asthma bronchiale: Herausforderungen in der Behandlung

Schweres Asthma bronchiale ist eine chronische Erkrankung der Atemwege, bei der die Betroffenen trotz optimaler Therapie weiterhin unter Symptomen wie Atemnot (Dyspnoe), Husten und wiederkehrenden Verschlechterungen (Exazerbationen) leiden. Besonders problematisch ist, dass viele Patienten auf die Standardtherapie mit inhalativen Steroiden (Kortisonpräparate zum Inhalieren) und langwirksamen beta-2-Sympathomimetika (Medikamente zur Erweiterung der Bronchien) nicht ausreichend ansprechen. In solchen Fällen kann eine zusätzliche Therapie mit monoklonalen Antikörpern erwogen werden. Diese modernen Wirkstoffe richten sich gezielt gegen bestimmte Bestandteile des Immunsystems, die bei Asthma eine Rolle spielen. Die Auswahl des passenden Antikörpers hängt vom individuellen Asthma-Phänotyp (also den spezifischen Merkmalen der Erkrankung) ab. Aktuell stehen anti-IgE- und anti-IL5-Antikörper zur Verfügung. Konsensusempfehlungen raten dazu, den Krankheitsverlauf regelmäßig zu beobachten und die Therapie gegebenenfalls anzupassen, um die bestmögliche Kontrolle der Erkrankung zu erreichen.

Ein anschauliches Beispiel aus der Praxis zeigt, wie komplex die Diagnostik und Therapieanpassung bei schwerem Asthma sein kann: Bei einer 55-jährigen Patientin, die nie geraucht hatte, traten wiederholt Belastungsdyspnoe und akute Verschlechterungen auf. Trotz Behandlung mit inhalativem Steroid und langwirksamem beta-2-Sympathomimetikum kam es zu mehreren Exazerbationen, die eine Therapie mit systemischen Steroiden (Kortisonpräparate, die den ganzen Körper beeinflussen) notwendig machten. Die Bodyplethysmografie (eine spezielle Lungenfunktionsprüfung) ergab eine schwere obstruktive Atemwegserkrankung und eine Überblähung der Lunge. Weitere Untersuchungen wie die Messung der Diffusionskapazität (Fähigkeit der Lunge, Sauerstoff ins Blut aufzunehmen), Röntgen-Thorax, Messung des Stickstoffmonoxids in der Ausatemluft und Allergietests wurden durchgeführt. Bei der Differenzialdiagnose ist die Diffusionskapazität besonders wichtig, da sie bei anderen Erkrankungen wie COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) oft vermindert ist, was auf ein Emphysem (Überblähung und Zerstörung der Lungenbläschen) hinweist. Um andere Ursachen wie ein Karzinoid (seltener Lungentumor) auszuschließen, ist eine Bildgebung der Lunge sinnvoll. Bei der Patientin wurde letztlich die Diagnose schwergradiges Asthma bronchiale mit häufigen Exazerbationen gestellt, ohne nachweisbare Allergiesensibilisierung und ohne ASS(Acetylsalicylsäure)-Intoleranz.

Eosinophilenzahl: Ein wichtiger Biomarker für die Therapieentscheidung

Wenn die Diagnose eines schweren Asthmas gesichert ist, stellt sich die Frage, ob eine Behandlung mit monoklonalen Antikörpern sinnvoll ist. Hierbei sind zwei Wirkstoffklassen besonders relevant: anti-IgE (z.B. Omalizumab) und anti-IL5 (z.B. Mepolizumab, Reslizumab). Anti-IgE-Antikörper werden bei schwerem, persistierendem allergischem Asthma eingesetzt, wenn eine Sensibilisierung auf ganzjährige Allergene wie Hausstaubmilben oder Schimmelpilze (z.B. Aspergillus) vorliegt. Anti-IL5-Antikörper kommen bei schwerem eosinophilem Asthma zum Einsatz. Eosinophile sind eine spezielle Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die bei bestimmten Entzündungsprozessen in der Lunge eine zentrale Rolle spielen. Die Eosinophilenzahl im Blut ist ein wichtiger Biomarker (messbarer Laborwert), der Hinweise auf die Entzündungsaktivität gibt. Für die Diagnostik reicht ein Differenzialblutbild aus, wobei die absolute Zahl der eosinophilen Granulozyten entscheidend ist, nicht der prozentuale Anteil. Eine erhöhte Eosinophilenzahl ist mit einer höheren Häufigkeit schwerer Exazerbationen, einer schlechteren Kontrolle der Erkrankung und einer besseren Ansprechrate auf anti-eosinophile Therapien verbunden. Studien belegen, dass Patienten mit hoher Eosinophilenzahl besonders von dieser gezielten Therapie profitieren.

Die Auswahl der richtigen Therapie erfolgt also individuell und basiert auf den Ergebnissen der Blutuntersuchungen sowie der Krankheitsgeschichte. Bei Patienten mit schwerem, allergischem Asthma, die auf inhalative Steroide und andere Standardtherapien nicht ausreichend ansprechen, kann Omalizumab als anti-IgE-Antikörper eingesetzt werden. Bei Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma, das durch eine hohe Eosinophilenzahl gekennzeichnet ist, kommen Mepolizumab oder Reslizumab als anti-IL5-Antikörper infrage. Die Entscheidung für eine solche Therapie sollte immer gemeinsam mit dem behandelnden Lungenfacharzt getroffen werden, der die individuellen Risiken und Vorteile abwägt.

Langzeittherapie mit monoklonalen Antikörpern: Abhängig vom Therapieerfolg

Die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern ist eine Zusatztherapie, die nicht zur Heilung des Asthmas führt, aber die Symptome und die Lebensqualität deutlich verbessern kann. Es ist wichtig, den Therapieerfolg regelmäßig zu überprüfen. Laut Empfehlungen der europäischen Experten-Taskforce sollte die Wirksamkeit nach einer Mindestdauer von vier Monaten beurteilt werden. Patienten, die besonders gut auf die Therapie ansprechen (“Super-Responder”), können die Behandlung fortsetzen. Bei “Intermediate-Respondern” wird empfohlen, die anti-IL5-Antikörper-Therapie für ein Jahr weiterzuführen und dann erneut zu bewerten oder gegebenenfalls auf eine andere Antikörper-Therapie zu wechseln. Bei “Non-Respondern”, also Patienten ohne ausreichende Besserung, sollte die anti-eosinophile Therapie beendet werden.

Ob die anti-IL5-Antikörper-Therapie in Zukunft dazu führen kann, dass weniger oder gar keine oralen Kortikosteroide (systemische Steroide) mehr benötigt werden, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Es gibt jedoch Hinweise aus großen Studien, dass Patienten mit schwerem Asthma häufiger unter Nebenwirkungen der systemischen Kortikosteroidtherapie leiden als Patienten mit moderatem Asthma oder gesunde Personen. Dazu gehören zum Beispiel Typ-2-Diabetes (10% bei schwerem Asthma vs. 7% bei moderatem Asthma), Osteoporose (16% vs. 4%), Magen-Darm-Beschwerden wie Ulzerationen (65% vs. 34%) und Katarakte (9% vs. 5%). Diese Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, die Notwendigkeit einer systemischen Steroidtherapie regelmäßig zu hinterfragen und nach Alternativen zu suchen, um das Risiko für Langzeitnebenwirkungen zu minimieren.

Neue Therapieoptionen: anti-IL5-Antikörper auch bei EGPA?

Ein weiteres spannendes Anwendungsgebiet für anti-IL5-Antikörper ist die Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, früher Churg-Strauss-Syndrom genannt). EGPA ist eine seltene, entzündliche Erkrankung, bei der es zu einer Entzündung der Blutgefäße (Vaskulitis) und einer erhöhten Zahl von Eosinophilen kommt. Ein Fallbeispiel zeigt, wie komplex die Behandlung sein kann: Eine 55-jährige Patientin mit schwerem, allergischem, kortisonabhängigem Asthma und multiplen Allergien entwickelte nach Absetzen der Omalizumab-Therapie Missempfindungen (Parästhesien) an den Füßen und Händen sowie Schmerzen. Die Therapie wurde zunächst mit Methotrexat (MTX, ein Immunsuppressivum) fortgesetzt, während die Kortisondosis schrittweise reduziert wurde. Trotz leichter Besserung der Asthmasymptome blieben die Parästhesien bestehen und verschlechterten sich sogar. Eine weitere Reduktion der Kortisondosis unter 7,5 mg/Tag war nicht möglich, und es kam zu erneuten Exazerbationen, die zusätzliche Kortisonstöße erforderten.

Im weiteren Verlauf wurde die Therapie auf den anti-IL5-Antikörper Mepolizumab (100 mg monatlich) umgestellt, während die Kortisontherapie fortgeführt wurde. Bereits sechs Monate nach Beginn der neuen Behandlung berichtete die Patientin über eine deutliche Verbesserung: Die Atemnot und der Husten waren selten geworden, die körperliche Leistungsfähigkeit hatte zugenommen, die Rhinosinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen) war verschwunden, und die Parästhesien an den Fußsohlen hatten sich zurückgebildet. Die Kortisondosis konnte auf 5 mg reduziert werden, und weitere Kortisonstöße waren nicht mehr notwendig. Die Patientin fühlte sich insgesamt wieder gesund und belastbar.

Diagnose und Besonderheiten eosinophiler Erkrankungen

Die Diagnose von eosinophilen-assoziierten Erkrankungen wie EGPA ist oft schwierig, da die typischen Symptome durch die Einnahme von oralen Kortikosteroiden maskiert werden können. Besonders die Manifestation der Vaskulitis (Entzündung der Blutgefäße), Veränderungen in der Lunge und die Eosinophilie (erhöhte Eosinophilenzahl) können durch die Steroidtherapie unterdrückt werden. Im beschriebenen Fall führten letztlich die extrapulmonalen Symptome (wie Parästhesien als Zeichen einer Vaskulitis), die Erhöhung des Immunglobulins IgG4 (eine spezielle Unterform von Antikörpern) und das gute Ansprechen auf die anti-Eosinophilen-Therapie zur Diagnose. IgG4 kann bei etwa der Hälfte der EGPA-Patienten nachgewiesen werden, allerdings ist die genaue Bedeutung dieses Immunglobulins im Zusammenhang mit EGPA noch nicht abschließend geklärt. Die Behandlung mit anti-IL5-Antikörpern stellt für Patienten mit EGPA eine vielversprechende neue Option dar, insbesondere wenn herkömmliche Therapien nicht ausreichend wirken oder zu viele Nebenwirkungen verursachen.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die moderne Asthmatherapie immer individueller wird und neue Medikamente wie monoklonale Antikörper gezielt eingesetzt werden können, um die Lebensqualität von Patienten mit schwerem Asthma oder eosinophilen Erkrankungen zu verbessern. Die regelmäßige Überprüfung der Therapie und die enge Zusammenarbeit mit dem behandelnden Facharzt sind entscheidend, um die optimale Behandlung zu finden und Nebenwirkungen zu vermeiden.

Mirjam Peter, M.Sc.

Quellen

  1. DGIM: Prof. Dr. Christian Taube, Direktor der Pneumologie am Universitätsklinikum Essen, Folienpräsentation: Eosinophile: 125. Kongress DGIM, Wiesbaden, 4. Mai 2019.
  2. Buhl R, et al.: Severe eosinophilic asthma: a roadmap to consensus. Eur Respir J 2017; 49: 1700634.
  3. Ortega H, et al.: Blood eosinophil counts predict treatment response in patients with severe eosinophilic asthma. J Allergy Clin Immunol 2015; 136 (3): 825–826.
  4. Taube C, et al.: Bronchial asthma: is personalized therapy on the horizon? Allergo J Int 2014; 23(7): 246–251.
  5. Sweeney J, et al.: Thorax 2016; 71(4): 339–346.
  6. DGIM: Prof. Dr. Dr. med. Claus Kroegel, Leiter des Funktionsbereichs Pneumologie am Universitätsklinikum Jena, Folienpräsentation: Eosinophile: 125. Kongress DGIM, Wiesbaden, 4. Mai 2019.

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