Bluthochdruck (Hypertonie) ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenschäden. Doch nicht immer ist die Ursache eindeutig. Bei Verdacht auf eine sogenannte sekundäre Hypertonie – also eine Form des Bluthochdrucks mit einer klaren, potenziell behandelbaren Ursache – ist eine gezielte Diagnostik entscheidend. Dieser Artikel basiert auf HAUSARZT PRAXIS und erklärt Schritt für Schritt, wie Ärzte vorgehen, um die verschiedenen Ursachen zu erkennen und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.

Wann sollte man an eine sekundäre Hypertonie denken?

Viele Menschen leiden an Bluthochdruck, doch in den meisten Fällen handelt es sich um eine sogenannte essentielle Hypertonie, bei der keine eindeutige Ursache gefunden werden kann. Anders ist das bei der sekundären Hypertonie: Hier liegt ein klarer Auslöser vor, der oft behandelbar oder sogar heilbar ist. Zu den häufigsten Ursachen zählen das Schlafapnoe-Syndrom (eine schlafbezogene Atemstörung mit wiederholten Atemaussetzern) und hormonelle Störungen wie der primäre Hyperaldosteronismus (auch Conn-Syndrom genannt). Es ist wichtig, diese Formen frühzeitig zu erkennen, da eine gezielte Behandlung die Prognose deutlich verbessern kann.

Eine sekundäre Hypertonie sollte insbesondere dann in Betracht gezogen werden, wenn der Blutdruck trotz Einnahme von drei verschiedenen blutdrucksenkenden Medikamenten in maximal verträglicher Dosierung (meist RAS-Blocker, Kalziumkanalblocker und ein thiazidartiges Diuretikum) nicht ausreichend gesenkt werden kann. Dies wird als therapieresistente Hypertonie bezeichnet. Statistisch gesehen hat etwa jeder zehnte Patient mit Bluthochdruck eine sekundäre Form. Je nach Studie kann die Häufigkeit sogar bis zu 20% betragen, abhängig davon, welche Ursachen mit einbezogen werden.

Besonders aufmerksam sollten Ärzte werden, wenn der Bluthochdruck plötzlich schlechter wird, obwohl er vorher stabil war, oder wenn die Hypertonie erstmals vor dem 40. Lebensjahr auftritt. In solchen Fällen empfiehlt sich eine gezielte Suche nach möglichen Grunderkrankungen. Auch bei Patienten, die trotz konsequenter Therapie keine ausreichende Blutdrucksenkung erreichen, ist eine weiterführende Diagnostik sinnvoll. Im Folgenden werden zwei typische Fallbeispiele vorgestellt, die zeigen, wie die Abklärung in der Praxis abläuft.

Fall 1: Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) als Ursache für Bluthochdruck

Im ersten Beispiel handelt es sich um einen 62-jährigen Patienten, der trotz einer Kombination aus mehreren blutdrucksenkenden Medikamenten (Amlodipin 5 mg, Valsartan 80 mg, Hydrochlorothiazid 12,5 mg sowie einer Kombi& aus Bisoprololfumarat 5 mg und Hydrochlorothiazid 12,5 mg) bei wiederholten Messungen zu Hause einen Blutdruck von 150/90 mm Hg aufwies. Der Patient war adipös (stark übergewichtig) mit einem BMI von 42,5 kg/m2 und litt zudem an einem Typ-2-Diabetes. Die 24-Stunden-Blutdruckmessung zeigte, dass der nächtliche Blutdruck nicht wie üblich absank (fehlendes Dipping). Dies ist ein Hinweis auf eine mögliche Schlafapnoe.

Das Schlafapnoe-Syndrom ist eine Erkrankung, bei der es während des Schlafs wiederholt zu Atemaussetzern kommt. Diese führen dazu, dass der Körper nachts nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, was wiederum den Blutdruck steigen lässt. Zur ersten Einschätzung wird häufig der “Epworth Sleepiness Scale”-Fragebogen eingesetzt, der die Tagesschläfrigkeit bewertet. Bei Patienten mit therapieresistenter Hypertonie ist dieses Instrument jedoch oft nicht aussagekräftig genug. Besser geeignet ist die nächtliche Pulsoximetrie, bei der ein kleiner Sensor vor der Nase die Sauerstoffsättigung und die Atemzüge misst. Werden dabei mehr als 10 Atempausen pro Stunde festgestellt, die jeweils länger als 10 Sekunden dauern, sollte eine weiterführende Untersuchung im Schlaflabor erfolgen.

Im Schlaflabor wird eine sogenannte Polysomnographie durchgeführt. Dabei werden verschiedene Körperfunktionen wie Atmung, Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz und Hirnströme während des Schlafs gemessen. So kann genau festgestellt werden, wie viele Atemaussetzer pro Stunde auftreten und wie stark diese den Schlaf und die Sauerstoffversorgung beeinträchtigen. Liegen mehr als 10 Atempausen pro Stunde vor, ist eine Behandlung angezeigt. Im beschriebenen Fall wurde eine schwere komplexe Schlafapnoe mit sowohl obstruktiven (durch Verengung der Atemwege) als auch zentralen (durch Störungen im Atemzentrum des Gehirns) Anteilen diagnostiziert.

Die Therapie der Wahl ist die sogenannte CPAP-Therapie (Continuous Positive Airway Pressure). Dabei trägt der Patient nachts eine Maske, die über einen Schlauch mit einem Gerät verbunden ist, das einen leichten Überdruck erzeugt. Dieser Überdruck hält die Atemwege offen und verhindert so die Atemaussetzer. Zusätzlich wurde dem Patienten eine Teilnahme an einer Adipositas-Sprechstunde empfohlen, um das Körpergewicht zu reduzieren. Wichtig ist auch, auf Schlafmittel zu verzichten, da diese die Atemmuskulatur zusätzlich entspannen und die Apnoen verschlimmern können.

Die Erfahrung zeigt, dass die CPAP-Therapie besonders wirksam ist, wenn sie konsequent mindestens sechs Stunden pro Nacht angewendet wird. Im beschriebenen Fall führte die Behandlung dazu, dass der Patient sein Gewicht von 126 kg auf 96 kg reduzieren konnte und der BMI von 42,5 kg/m2 auf 32 kg/m2 sank. Auch die Blutdruckwerte verbesserten sich deutlich, und das typische nächtliche Dipping stellte sich wieder ein – ein Zeichen für eine normale Blutdruckregulation im Schlaf.

Zusammenhang zwischen Hypertonie und Schlafapnoe: Was sagt die Forschung?

Die Verbindung zwischen obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) und arterieller Hypertonie, insbesondere der therapieresistenten Hypertonie, ist durch zahlreiche Studien gut belegt. In der bekannten “Wisconsin Sleep Cohort Study” zeigte sich, dass Teilnehmer mit schwerer Schlafapnoe (Apnoe-Hypopnoe-Index >15/h) ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Bluthochdrucks hatten. Das bedeutet: Je häufiger die nächtlichen Atemaussetzer, desto höher das Risiko für Bluthochdruck.

Auch die Wirkung der CPAP-Therapie auf den Blutdruck wurde in vielen Studien untersucht. Eine große Metaanalyse, in der 32 randomisierte Studien ausgewertet wurden, zeigte, dass die CPAP-Therapie sowohl den systolischen (obere Wert) als auch den diastolischen (untere Wert) Blutdruck signifikant senken kann. Besonders effektiv ist die Therapie, wenn sie mit weiteren Maßnahmen wie einer Gewichtsreduktion kombiniert wird. Studien wie die von Chirinos et al. belegen, dass eine zusätzliche Gewichtsabnahme den Therapieerfolg bei Schlafapnoe-Patienten weiter verbessert.

Für Betroffene bedeutet das: Wer an Bluthochdruck leidet und zusätzlich schnarcht oder unter Tagesmüdigkeit leidet, sollte unbedingt an eine mögliche Schlafapnoe denken. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung kann nicht nur den Blutdruck normalisieren, sondern auch das Risiko für Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich senken.

Fall 2: Conn-Syndrom – Wenn Hormone den Blutdruck steigen lassen

Im zweiten Fallbeispiel geht es um eine 46-jährige Patientin mit einem BMI von 23,9 kg/m2, die bereits wegen einer Osteoporose nach primärem Hyperparathyreoidismus in Behandlung war. In der Arztpraxis wurde ein Blutdruck von 160/100 mm Hg gemessen, und auch zu Hause lagen die Werte wiederholt im erhöhten Bereich. Die 24-Stunden-Blutdruckmessung ergab eine Hypertonie Grad II mit fehlendem nächtlichen Dipping. Zusätzlich wurde eine Hypokaliämie (zu niedriger Kaliumspiegel im Blut) festgestellt. Die Ärztin stellte die Verdachtsdiagnose primärer Hyperaldosteronismus, auch Conn-Syndrom genannt.

Beim Conn-Syndrom handelt es sich um eine hormonelle Störung, bei der die Nebennieren zu viel Aldosteron produzieren. Aldosteron ist ein Hormon, das den Salz- und Wasserhaushalt im Körper reguliert. Bei einer Überproduktion steigt der Blutdruck an, während gleichzeitig vermehrt Kalium ausgeschieden wird. Dies kann zu einer sogenannten Alkalose führen, einer Störung des Säure-Basen-Haushalts, bei der der pH-Wert des Blutes über 7,45 steigt. Die klassische Trias des Conn-Syndroms besteht aus Bluthochdruck, Kaliummangel und Alkalose. Allerdings ist in den meisten Fällen nur der Blutdruck erhöht, sodass die Diagnose oft erst spät gestellt wird – im Durchschnitt vergehen etwa zehn Jahre von den ersten Symptomen bis zur endgültigen Diagnose.

Empfohlen wird, bei Patienten, die bei mindestens drei unabhängigen Messungen an unterschiedlichen Tagen Blutdruckwerte über 150/100 mm Hg aufweisen und auf drei verschiedene Antihypertensiva (einschließlich Diuretikum) nicht ausreichend ansprechen, gezielt auf einen primären Hyperaldosteronismus zu testen. Der erste Schritt ist die Bestimmung der Aldosteron-Renin-Ratio im Blut. Bei primärem Hyperaldosteronismus ist das Aldosteron erhöht, während das Renin stark erniedrigt ist. Die Blutentnahme sollte am besten vormittags, mindestens zwei Stunden nach dem Aufstehen und nach fünf bis fünfzehn Minuten Sitzen erfolgen. Medikamente wie Spironolacton und Epleneron müssen vier Wochen vor der Messung abgesetzt werden, ebenso andere Medikamente, die das Ergebnis verfälschen könnten – sofern dies ohne Risiko für den Patienten möglich ist.

Ergibt sich aus der Aldosteron-Renin-Ratio der Verdacht auf einen primären Hyperaldosteronismus, folgt ein Bestätigungstest. Dieser besteht meist in einem intravenösen Kochsalzbelastungstest: Der Patient erhält über vier Stunden eine Infusion mit 1 Liter NaCl 0,9%. Vor und nach der Infusion werden die Werte für Aldosteron, Renin, Cortisol und Kalium gemessen. Liegt der Aldosteronwert nach der Infusion unter 140 pmol/l, ist ein primärer Hyperaldosteronismus sehr unwahrscheinlich. Werte über 280 pmol/l sprechen stark für die Diagnose.

Im dritten Schritt wird die sogenannte Lokalisationsdiagnostik durchgeführt. Ziel ist es herauszufinden, ob die Überproduktion des Aldosterons von einer oder beiden Nebennieren ausgeht. Dies geschieht meist mit einem speziellen Katheter (NNV-Katheter), der die Hormonwerte direkt aus den Nebennierenvenen misst. Im beschriebenen Fall bestätigte sich die autonome Aldosteronsekretion im NaCl-Belastungstest, und die Lokalisationsdiagnostik ergab eine unilaterale (einseitige) Sekretion. Die Patientin wurde daraufhin einer einseitigen Adrenalektomie (Entfernung einer Nebenniere) unterzogen. Nach dem Eingriff normalisierten sich die Blutdruckwerte vollständig.

Wie geht es nach der Diagnose weiter?

Die Behandlung der sekundären Hypertonie richtet sich immer nach der zugrunde liegenden Ursache. Beim Schlafapnoe-Syndrom steht die CPAP-Therapie im Vordergrund, ergänzt durch Maßnahmen zur Gewichtsreduktion und die Vermeidung von Schlafmitteln. Bei hormonellen Ursachen wie dem Conn-Syndrom kann in vielen Fällen durch eine gezielte Operation oder eine medikamentöse Therapie eine vollständige Heilung oder zumindest eine deutliche Besserung des Blutdrucks erreicht werden.

Für Patienten ist es wichtig zu wissen, dass eine genaue Diagnostik entscheidend ist. Nur wenn die Ursache des Bluthochdrucks erkannt wird, kann eine gezielte und effektive Behandlung erfolgen. Wer trotz mehrerer Medikamente keinen normalen Blutdruck erreicht oder bei dem der Blutdruck plötzlich schlechter wird, sollte das Gespräch mit seinem Arzt suchen und eine weiterführende Abklärung anregen. Moderne Diagnostik und Therapie ermöglichen heute in vielen Fällen eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität und eine Senkung des Risikos für Folgeerkrankungen.

Auch die regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks zu Hause und das Führen eines Blutdrucktagebuchs können helfen, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und die Therapie optimal anzupassen. Bei Verdacht auf eine sekundäre Hypertonie ist es ratsam, sich an ein spezialisiertes Zentrum oder eine Hochdruckambulanz zu wenden, um von der Erfahrung und dem Fachwissen der Experten zu profitieren.

Mirjam Peter, M.Sc.

Quellen

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