Der Status epilepticus ist ein medizinischer Notfall, der schnelles Handeln erfordert. In diesem Artikel, der auf HAUSARZT PRAXIS basiert, erfahren Sie, wie die Behandlung abläuft, welche neuen Therapieansätze es gibt und was Patient:innen über die Erkrankung wissen sollten. Wir erklären die wichtigsten Fachbegriffe direkt im Text, damit Sie auch komplexe medizinische Zusammenhänge besser verstehen können.
Was ist ein Status epilepticus und wie äußert er sich?
Der Status epilepticus ist eine Form des epileptischen Anfalls, die länger als 5 Minuten andauert oder bei der mehrere Anfälle hintereinander auftreten, ohne dass die betroffene Person zwischendurch wieder ihren ursprünglichen neurologischen Zustand (also Bewusstseinslage und geistige Fähigkeiten) erreicht. Epileptische Anfälle sind plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn, die zu Krampfanfällen, Bewusstseinsverlust oder anderen neurologischen Symptomen führen können. Der Status epilepticus ist mit einer Häufigkeit von 10–40 Fällen pro 100.000 Menschen pro Jahr eine der häufigsten neurologischen Notfallsituationen. Die Sterblichkeit (also das Risiko, an der Erkrankung zu versterben) liegt zwischen 7 und 33 %, wobei Patient:innen ohne Bewusstseinsstörungen ein deutlich geringeres Risiko haben (8,2 %) als solche mit Bewusstseinsverlust (33 %).
Langfristig kann ein Status epilepticus zu verschiedenen Problemen führen: Dazu zählen neurologische (das Nervensystem betreffende), kognitive (das Denken und Gedächtnis betreffende) und Verhaltensstörungen sowie eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität. Komplikationen wie Knochenbrüche, Immobilität (Bewegungsunfähigkeit), eine während des Anfalls entstandene Aspirationspneumonie (Lungenentzündung durch Einatmen von Mageninhalt), aber auch eine Einschränkung alltäglicher Fähigkeiten nach längerer Erholungszeit oder nach einem Aufenthalt auf der Intensivstation können das klinische Ergebnis verschlechtern. Das Behandlungsergebnis hängt vor allem von der Ursache des Status epilepticus, der Art und dem Stadium des Anfalls, der Dauer und dem Alter der Patient:innen ab. Zu den Risikofaktoren für wiederkehrende Status epilepticus zählen ein Alter unter 4 Jahren, weibliches Geschlecht, fehlende Wirksamkeit der ersten Medikamentengabe und bestimmte Ursachen wie symptomatische oder fortschreitende Erkrankungen.
Die Symptome eines Status epilepticus können sehr unterschiedlich sein. Typisch sind anhaltende Krampfanfälle, aber auch Bewusstseinsstörungen, Muskelzuckungen oder Verwirrtheit. In manchen Fällen treten keine sichtbaren Krämpfe auf, sondern es kommt zu einem sogenannten nicht-konvulsiven Status epilepticus (NCSE), bei dem die Patient:innen beispielsweise nur verwirrt oder schläfrig wirken. Dieser Typ wird besonders häufig übersehen, da er weniger auffällig ist, aber dennoch genauso gefährlich sein kann.
Die schnelle Erkennung und Behandlung des Status epilepticus ist entscheidend, um bleibende Schäden oder sogar den Tod zu verhindern. Besonders bei Patient:innen mit Vorerkrankungen des zentralen Nervensystems (zum Beispiel Tumoren, Epilepsie, Meningitis oder Enzephalitis) ist das Risiko für einen Status epilepticus erhöht. Auch nach schweren Infektionen, Verletzungen oder Stoffwechselstörungen kann es zu dieser Notfallsituation kommen.
Leitliniengerechte Therapie: Wie läuft die Behandlung ab?
Die Behandlung des Status epilepticus ist zeitkritisch. Das bedeutet, dass jede Minute zählt, um das Risiko für bleibende Schäden oder Komplikationen zu verringern. Die Therapie folgt einem Stufenschema, das sich an den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie orientiert. Zunächst werden allgemeine Maßnahmen ergriffen, um die Vitalfunktionen (Atmung, Kreislauf, Bewusstsein, Temperatur) zu sichern. Dazu gehört das sogenannte ABCDE-Schema, bei dem Atemwege, Atmung, Kreislauf, neurologischer Zustand und Körpertemperatur überprüft werden. Der Kopf der Patient:innen wird vor Verletzungen geschützt, und bei einer Sauerstoffsättigung unter 95 % wird O2 (Sauerstoff) verabreicht. Bei Fieber über 37,5 °C wird die Temperatur symptomatisch gesenkt.
Die eigentliche Ersttherapie (Stufe 1) besteht in der Gabe von Benzodiazepinen. Benzodiazepine sind Medikamente, die das zentrale Nervensystem beruhigen und epileptische Anfälle unterbrechen können. Sie sind in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich, zum Beispiel als Tabletten, Injektionen oder Nasensprays. Die Dosierung richtet sich nach dem Körpergewicht der Patient:innen. Für Erwachsene über 40 kg gelten folgende Richtwerte: Lorazepam 0,1 mg/kg (maximal 4 mg pro Bolusgabe, ggf. einmal wiederholen), Clonazepam 0,015 mg/kg (maximal 1 mg pro Bolusgabe, ggf. einmal wiederholen), Midazolam 0,2 mg/kg (maximal 10 mg pro Bolusgabe, intramuskulär, intravenös oder intranasal, ggf. einmal wiederholen) oder Diazepam 0,15–0,2 mg/kg (maximal 10 mg pro Bolusgabe, ggf. einmal wiederholen). Wenn kein Zugang zur Vene besteht, kann Midazolam auch intramuskulär per Applikator oder intranasal verabreicht werden (10 mg für >40 kg, 5 mg für 13–40 kg Körpergewicht).
Nach der ersten Gabe eines Benzodiazepins wird überprüft, ob die Dosis ausreichend war. Oft wird aus Angst vor Nebenwirkungen zu niedrig dosiert, was die Wirksamkeit der Behandlung verringern kann. Falls nötig, wird das Benzodiazepin erneut in der empfohlenen Dosierung verabreicht. Ziel ist es, den Anfall so schnell wie möglich zu stoppen, um Folgeschäden zu vermeiden.
Wenn die initiale Benzodiazepin-Gabe ausreichend hoch dosiert war, aber der Status epilepticus weiterhin besteht, folgt innerhalb von 30 Minuten die zweite Therapiestufe. In dieser Phase werden intravenös verfügbare Anfallssuppressiva (ASM, Antiepileptika) eingesetzt. Zu den bevorzugten Medikamenten zählen Levetiracetam (LEV, 60 mg/kg, maximal 4500 mg über mehr als 10 Minuten intravenös, obwohl nicht offiziell für die SE-Therapie zugelassen), Valproat (VPA, 40 mg/kg, maximal 3000 mg über mehr als 10 Minuten intravenös) und Fosphenytoin (FPHT, 20 mg/kg, maximal 1500 mg über mehr als 10 Minuten intravenös). Fosphenytoin ist in Deutschland und Österreich zwar zugelassen, wird dort aber nicht vermarktet und ist in der Schweiz nicht zugelassen, weshalb es in der Praxis kaum eine Rolle spielt.
Als weitere Alternative kann Lacosamid in einer Dosis von 5 mg/kg intravenös über 15 Minuten gegeben werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass bei einem AV-Block zweiten oder dritten Grades (Störung der elektrischen Erregungsleitung am Herzen) eine Kontraindikation besteht. Auch Lacosamid ist nicht offiziell für die SE-Therapie zugelassen. Erste Fallberichte beschreiben zudem eine erfolgreiche Anwendung von intravenös verabreichtem Brivaracetam beim refraktären Status epilepticus.
Wenn auch diese zweite Stufe nicht zum Erfolg führt, wird eine Intubationsnarkose mit Thiopental, Midazolam oder Propofol durchgeführt. Das bedeutet, die Patient:innen werden künstlich beatmet und erhalten eine tiefe Narkose, um die Anfälle zu unterdrücken. Sollte auch diese Maßnahme nicht wirken, spricht man von einem superrefraktären Status epilepticus (SRSE). In diesem Fall werden weitere Therapieoptionen erwogen, die jedoch meist nur auf einzelnen Fallberichten basieren. Dazu gehören die Gabe von Barbituraten, Ketamin, NMDA-Antagonisten, Inhalationsanästhetika wie Isofluran oder Desfluran, die enterale (über den Magen-Darm-Trakt) Gabe weiterer klassischer Antiepileptika, individuelle Therapieversuche mit Lidocain, eine ketogene Diät oder sogar eine Epilepsiechirurgie.
Herausforderungen und aktuelle Probleme in der Behandlung
Die schnelle und ausreichend hoch dosierte Behandlung des Status epilepticus ist entscheidend für den Therapieerfolg. Dennoch zeigen Studien, dass die Ersttherapie häufig von den Empfehlungen der Leitlinien abweicht. In einer großen US-amerikanischen Studie erhielten nur 3,9 % der Patient:innen die empfohlene Dosis und Art des Benzodiazepins in der Erstbehandlung. Die meisten Patient:innen bekamen zu niedrige Dosen, was die Wirksamkeit der Therapie einschränkt. Auch in der SENSE-Studie, einer trinationalen Kohortenstudie, wurde berichtet, dass in 15 % der Fälle kein Benzodiazepin in der ersten Behandlungsstufe verabreicht wurde. Die leitliniengerechte Verwendung von Benzodiazepinen war jedoch mit einem besseren Therapieerfolg und einer höheren Rate an durchbrochenen Status epilepticus verbunden.
Die präklinische Gabe von Benzodiazepinen, also noch vor der Einlieferung ins Krankenhaus, verkürzt die Zeit bis zur Anfallskontrolle und reduziert die Dauer des Krankenhausaufenthalts. Um die Ersttherapie zu vereinfachen, wurden Injektoren und nasal oder bukkal (über die Mundschleimhaut) applizierbare Anwendungen zugelassen. Dadurch können Rettungskräfte und Pflegepersonal die Medikamente schneller und einfacher verabreichen, was die Behandlung weiter optimiert.
Eine interessante Beobachtung stammt aus einer retrospektiven Studie, in der die Anwesenheit eines Pharmazeuten im Behandlungsteam die Zeit bis zur Gabe des ersten und zweiten Antiepileptikums deutlich verkürzte. Außerdem erhielten Patient:innen mit pharmazeutischer Begleitung eine höhere mediane Dosis von Lorazepam-Äquivalenten und mit größerer Wahrscheinlichkeit eine ausreichend hohe Initialdosis. Allerdings zeigte sich kein Unterschied in der Aufenthaltsdauer im Krankenhaus oder der 30-Tage-Sterblichkeit. Dennoch erhöht die Anwesenheit eines Pharmazeuten das Bewusstsein für eine leitliniengerechte Therapie.
Ein weiteres Problem ist das rechtzeitige Erkennen eines nicht-konvulsiven Status epilepticus (NCSE). Dieser tritt ohne sichtbare Krampfanfälle auf und wird daher häufig übersehen. Besonders bei Patient:innen mit schweren internistischen Erkrankungen oder Vorerkrankungen des zentralen Nervensystems kann ein NCSE auftreten. Die Inzidenz (Häufigkeit) liegt bei 12,1 pro 100.000 Menschen, und die Sterblichkeit ist mit 27,65 % hoch. In einer Studie wurden NCSE oder nicht-konvulsive Anfälle bei 21 % der Patient:innen auf einer Intensivstation nachgewiesen. Risikofaktoren sind unter anderem ZNS-Tumore, bekannte Epilepsie, Meningitis oder Enzephalitis sowie Veränderungen im MRT wie Enzephalomalazie (Erweichung von Hirngewebe).
Besteht der Status epilepticus auch nach einer Stunde oder nach 24-stündiger Therapie fort, spricht man von einem refraktären oder suprarefraktären Status epilepticus. Diese Formen sind besonders schwer zu behandeln und gehen mit einem deutlich schlechteren Behandlungsergebnis einher. In einer retrospektiven Studie konnten 78,1 % der Patient:innen mit nicht refraktärem Status epilepticus nach Hause entlassen werden, beim refraktären Status epilepticus waren es nur noch 70,1 % und beim superrefraktären Status epilepticus sogar nur 31,7 %. Die Sterblichkeit lag beim superrefraktären Status epilepticus bei 39,9 %, beim refraktären Status epilepticus bei 15 % und beim nicht refraktären Status epilepticus bei 9,6 %.
Neue Therapieansätze beim refraktären und superrefraktären Status epilepticus
Da der refraktäre und superrefraktäre Status epilepticus schwer zu behandeln sind, werden ständig neue Therapieansätze entwickelt und erprobt. Zunächst werden weitere medikamentöse Therapieversuche unternommen. In einer Schweizer Kohortenstudie wurde untersucht, ob die Gabe von Anästhetika als Second-Line-Therapie (also nach Versagen des ersten Medikaments) Vorteile bringt. Die Ergebnisse zeigten, dass Patient:innen, die früh Anästhetika erhielten, eine kürzere Dauer des Status epilepticus, einen kürzeren Aufenthalt auf der Intensivstation und eine insgesamt kürzere Krankenhausaufenthaltsdauer hatten – ohne mehr Komplikationen als bei späterer Anästhesie.
Ein weiteres Medikament, das wieder in den Fokus rückt, ist Phenobarbital. Phenobarbital ist eines der ältesten Antiepileptika und wird seit 1912 eingesetzt. Es wirkt stark anfallssuppressiv, verursacht aber vergleichsweise wenig Sedierung. Allerdings kann es zu Nebenwirkungen wie Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen, erhöhter Infektanfälligkeit und verlangsamter Atmung kommen. Phenobarbital verstärkt die hemmende Wirkung von GABA (einem Botenstoff im Gehirn), verringert die erregende Wirkung von Glutamat und hemmt AMPA-Rezeptoren. In Einzelfällen kann Phenobarbital eine Option zur Behandlung des refraktären Status epilepticus sein. Um den genauen Stellenwert zu bestimmen, wären jedoch größere, kontrollierte Studien notwendig.
Neben medikamentösen Therapien werden auch verschiedene nicht-medikamentöse Ansätze diskutiert. Dazu gehören die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS), der Vagus-Nerv-Stimulator (VNS), die ketogene Diät und die fokale Kühlung. Die tDCS ist eine nicht-invasive Methode, bei der ein schwacher Gleichstrom über die Kopfhaut angelegt wird, um die Aktivität der Nervenzellen zu beeinflussen. Besonders die kathodische Stimulation (negative Elektrode) führt zu einer Hyperpolarisation (Verringerung der Erregbarkeit) der Nervenzellen. In einer Pilotstudie mit 10 Patient:innen traten bei 32 Sitzungen keine unerwünschten Ereignisse auf. Die tDCS könnte durch eine akute Verringerung des exzitatorischen präsynaptischen Inputs oder eine Depression der synaptischen Kraft über NMDA-Rezeptoren wirken, was langanhaltende Effekte wie Proteinmigration oder entzündungshemmende Wirkungen hervorrufen kann.
Ein vielversprechender Ansatz ist die ketogene Diät (KD), eine spezielle Ernährungsform mit hohem Fett- und niedrigem Kohlenhydratanteil, die den Stoffwechsel in einen Zustand der Ketose versetzt. In einer Studie mit 140 Patient:innen mit refraktärem Status epilepticus erhielten 32 eine ketogene Diät, und bei 81 % konnte der Status epilepticus durchbrochen werden. Die ketogene Diät beeinflusste die Reduktion des modifizierten Rankingscale (mRS) bei Entlassung, insbesondere bei älteren Patient:innen, bei höherer Anfallsschwere, unter kontinuierlicher intravenöser Anästhesietherapie und bei Patient:innen mit superrefraktärem Status epilepticus. Die Autoren diskutieren eine mögliche neuroprotektive Wirkung der ketogenen Diät.
Ein hoch experimentelles Verfahren ist die fokale Kühlung. Dabei wird gezielt Hirngewebe gekühlt, um die Freisetzung von Neurotransmittern aus der Präsynapse zu verringern und die Funktion der Nervenzellen zu beeinflussen. Die Methode basiert auf ähnlichen Prinzipien wie die globale Kühlung nach Herzstillstand oder bei Neugeborenen mit Sauerstoffmangel, gilt aber als sicherer, da nur bestimmte Hirnareale gekühlt werden.
Eine besondere Herausforderung stellt der sogenannte new onset refractory Status epilepticus (NORSE) dar, also ein neu aufgetretener, refraktärer Status epilepticus. Die meisten dieser Patient:innen entwickeln im Verlauf einen superrefraktären Status epilepticus mit einer Sterblichkeit von 12–27 %. In vielen Fällen liegt eine Autoimmun-Enzephalitis (Entzündung des Gehirns durch fehlgeleitete Immunreaktion) zugrunde. Daher wird eine frühe immunsuppressive Therapie empfohlen, zum Beispiel mit Prednisolon, intravenösen Immunglobulinen oder Plasmaseparation. Als Zweitlinientherapie kommen immunmodulatorische Medikamente wie Rituximab zum Einsatz. Auch Patient:innen mit NORSE sollten zunächst eine leitliniengerechte Therapie des Status epilepticus erhalten. Bei refraktärem Verlauf wird eine Immuntherapie innerhalb der ersten 72 Stunden empfohlen.
Weitere Faktoren, die den Verlauf beeinflussen
Neben den genannten Therapieansätzen gibt es weitere Faktoren, die den Verlauf des Status epilepticus beeinflussen können. Dazu zählen der Glukosestoffwechsel (Zuckerstoffwechsel) und der Pyridoxalphosphatspiegel (PLP, eine aktive Form von Vitamin B6). In einer Studie wurde untersucht, ob Patient:innen mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ein erhöhtes Risiko für Komplikationen bei der Behandlung mit Valproat haben. Während des Studienzeitraums wurden 408 Patient:innen mit 482 Episoden von Status epilepticus intravenös mit Valproat behandelt. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied in den Therapieabbruchraten, aber Patient:innen mit Diabetes hatten häufiger eine Thrombozytopenie (Verminderung der Blutplättchenzahl), was das Risiko für Blutungen erhöhen kann. Insgesamt traten 36 hypoglykämische Episoden (Unterzuckerungen) auf, zwei davon spontan unter Valproat. Die Autoren schließen daraus, dass Diabetes eine relevante Begleiterkrankung ist, die das Risiko für ein schlechtes Behandlungsergebnis erhöhen kann.
In einer weiteren Studie wurde der Zusammenhang zwischen dem Pyridoxalphosphatspiegel und dem etablierten Status epilepticus untersucht. Patient:innen mit Status epilepticus hatten signifikant niedrigere PLP-Spiegel als andere Patientengruppen. 90 % der Patient:innen mit Status epilepticus wiesen marginale oder erniedrigte PLP-Spiegel auf, verglichen mit 70 % der Patient:innen auf Intensivstationen ohne Status epilepticus und 38 % der ambulanten Patient:innen. Therapeutische Studien zur Gabe von Pyridoxalphosphat fehlen bislang, sodass unklar ist, ob eine Supplementierung den Verlauf verbessern könnte.
Auch die rechtzeitige Diagnosestellung und Behandlung des Status epilepticus sind entscheidend für das Behandlungsergebnis. Verzögerungen können die Sterblichkeit erhöhen und das Risiko für bleibende Schäden steigern. Besonders bei älteren Patient:innen oder solchen mit schweren Vorerkrankungen ist eine enge Überwachung und schnelle Therapie wichtig. Die Behandlung sollte immer auf einer Intensivstation erfolgen, um eine optimale Überwachung und Versorgung zu gewährleisten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Status epilepticus eine komplexe und potenziell lebensbedrohliche Erkrankung ist, die eine schnelle, leitliniengerechte Behandlung erfordert. Neue Therapieansätze wie die ketogene Diät oder die transkranielle Gleichstromstimulation bieten zusätzliche Möglichkeiten, insbesondere bei refraktären oder superrefraktären Verläufen. Die Forschung in diesem Bereich ist jedoch noch nicht abgeschlossen, und es bedarf weiterer Studien, um die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Methoden zu bestätigen.
Wichtige Hinweise für Patient:innen und Angehörige
Für Patient:innen und ihre Angehörigen ist es wichtig zu wissen, dass der Status epilepticus immer ein medizinischer Notfall ist. Bei einem Anfall, der länger als 5 Minuten dauert oder bei dem die betroffene Person zwischen den Anfällen nicht wieder zu sich kommt, sollte sofort der Notruf gewählt werden. Die schnelle Gabe von Benzodiazepinen kann lebensrettend sein. Viele Patient:innen mit bekannter Epilepsie erhalten von ihrem Arzt ein Notfallmedikament, das sie oder ihre Angehörigen im Ernstfall verabreichen können. Es ist wichtig, sich mit der Anwendung dieser Medikamente vertraut zu machen und regelmäßig mit dem behandelnden Arzt zu besprechen, wie im Notfall vorzugehen ist.
Auch nach erfolgreicher Behandlung eines Status epilepticus ist eine sorgfältige Nachsorge erforderlich. Dazu gehören die Anpassung der Medikation, die Kontrolle auf mögliche Nebenwirkungen und die Behandlung von Begleiterkrankungen. In vielen Fällen ist eine Rehabilitation notwendig, um die körperlichen und geistigen Fähigkeiten wiederherzustellen. Patient:innen sollten sich nicht scheuen, bei Unsicherheiten oder neuen Symptomen frühzeitig ärztlichen Rat einzuholen.
Die Forschung zu neuen Therapieansätzen macht Hoffnung, dass künftig noch mehr Patient:innen erfolgreich behandelt werden können. Dennoch bleibt die schnelle und leitliniengerechte Therapie der wichtigste Faktor für ein gutes Behandlungsergebnis. Angehörige und Pflegekräfte sollten über die Anzeichen eines Status epilepticus informiert sein und wissen, wie sie im Notfall reagieren müssen. Schulungen und Informationsmaterialien können dabei helfen, die Sicherheit im Umgang mit der Erkrankung zu erhöhen.
Abschließend ist zu betonen, dass der Status epilepticus eine Herausforderung für Patient:innen, Angehörige und das medizinische Personal darstellt. Die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten, die regelmäßige Fortbildung und die Nutzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sind entscheidend, um die Versorgung weiter zu verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.
Fazit: Was sollten Sie mitnehmen?
Der Status epilepticus ist einer der häufigsten und gefährlichsten Notfälle in der Neurologie. Besonders die refraktären und superrefraktären Verlaufsformen stellen eine große Herausforderung dar. Eine ausreichend hoch dosierte und möglichst schnell nach Diagnosestellung verabreichte Ersttherapie kann die Rate von refraktären Verläufen reduzieren. Der Status epilepticus erfordert, insbesondere wenn das Bewusstsein nicht erhalten ist, eine intensivmedizinische Behandlung und Überwachung. Die Therapie sollte von Anfang an leitliniengerecht erfolgen. Neue Ansätze wie die ketogene Diät oder die transkranielle Gleichstromstimulation zeigen vielversprechende Ergebnisse, müssen aber noch weiter erforscht werden. Für Patient:innen und Angehörige ist es wichtig, die Anzeichen eines Status epilepticus zu kennen und im Notfall schnell zu handeln.
- Der Status epilepticus ist ein epileptischer Anfall, der länger als 5 Minuten dauert oder bei dem zwischen den Anfällen der ursprüngliche neurologische Zustand nicht wieder erreicht wird.
- Die schnelle und ausreichende Gabe von Benzodiazepinen ist die wichtigste Maßnahme in der Erstbehandlung. Diese Medikamente sind in verschiedenen Darreichungsformen (intravenös, intramuskulär, intranasal, bukkal/sublingual, rektal) verfügbar.
- Die Behandlung sollte immer auf einer Intensivstation erfolgen, um eine optimale Überwachung und Versorgung zu gewährleisten.
Dr. med. Leona Möller, MHBA
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