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Fatigue geht mit dem belastenden Gefühl unüblicher, intensiver Müdigkeit und Erschöpfung einher und kann zu erheblichen Leistungseinbussen bis hin zur Erwerbsunfähigkeit führen. Viele Krebspatienten sind von Tumor-Fatigue betroffen. Trotzdem ist Fatigue nach wie vor unterdiagnostiziert. Die Diagnose ist jedoch Voraussetzung für die Therapie und Rehabilitation. Eine ausführliche Anamnese, spezifische Fragebögen und das Führen eines Fatigue-Tagebuchs können bei der Diagnose hilfreich sein. Bei der Abklärung sollte immer bedacht werden, dass Fatigue auch durch nicht tumorassoziierte, allenfalls gut behandelbare Faktoren ausgelöst werden kann, z.B. Depression, Schlaf- oder Ernährungsstörungen. Meistens sind mehrere Ursachen resp. Einflussfaktoren gemeinsam vorhanden.

Fast jeder Tumorpatient klagt zu irgendeinem Zeitpunkt der Tumorerkrankung über Müdigkeit, Erschöpfung oder Energiemangel. Solche Beschwerden zeigen sich auf körperlicher, kognitiver und affektiver Ebene und werden unter dem Sammelbegriff «tumorassoziierte Fatigue» (cancer-related fatigue, CrF) subsumiert. Sie stehen meist nicht in Zusammenhang mit vorangegangener Anstrengung und lassen sich durch Ausruhen kaum beeinflussen. Die Beschwerden können selbstlimitierend sein, aber auch chronifizieren und nach abgeschlossener Tumortherapie noch jahrelang persistieren [1]. Je nach Art und Ausprägung ist der Leidensdruck bei Patienten und Angehörigen beträchtlich. Neueren Untersuchungen zufolge ist die Tumor-Fatigue zudem mit kürzeren Überlebenszeiten assoziiert [2].

Müdigkeit, Erschöpfung und Energiemangel sind universelle Phänomene, die nicht nur bei Tumorerkrankungen, sondern auch als Symptome zahlreicher­ anderer Gesundheitsstörungen und als Therapie-(Neben)wirkungen aufreten können. Zudem kommen diese Symptome auch in der Normalbevölkerung vor [3]. Daher sind eine gründliche Diagnostik und differenzialdiagnostische Abwägungen so bedeutsam.

Ursachen und Begleitfaktoren der Tumor-Fatigue

Wenn ein Tumorpatient unter Müdigkeit und Er­schöpf­ung leidet, bedeutet das zwar, dass die Beschwerden in dem Sinne «tumorassoziiert» sind, als dass sie zeitgleich mit einer Tumorerkrankung bzw. deren -therapie aufreten, aber es bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie dadurch verursacht werden.

Klagt ein Patient über Müdigkeit und Er­schöpf­ung,­ wird man sich wahrscheinlich fragen, ob diesen­ Symptomen vielleicht ein (bisher unentdecktes) Fort­­­­­schreiten der Tumorerkrankung zugrunde liegt oder ob die laufende Tumortherapie dafür verantwortlich sein könnte. Dementsprechend wird man allenfalls die nötigen diagnostischen Schritte einleiten. Aber um auch ausserhalb des Tumorgeschehens angesiedelte Ursachen zu identizieren (und eventuell kausal behandeln zu können), sollte die Diagnostik der tumorassoziierten Fatigue immer auch Differenzial­diagnostik sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Tumor-Fatigue als komplexes, multikausales Geschehen gilt, und dass bei den meisten Patienten gleichzeitig mehrere Ursachen oder Einflussfaktoren vorhanden sein können [1]. Differenzialdiagnostisch relevante (Mit-) Ursachen und Einflussfaktoren der tumorassoziierten Fatigue können beispielsweise sedierende Arzneimittel, emotionale Belastungen und Komorbiditäten sein (Tab. 1).

Im Rahmen der Differenzialdiagnostik ist es da­rüber hinaus sinnvoll, eine Abgrenzung von anderen in der ICD-10 beschriebenen Fatiguezuständen wie dem postviralen Erschöpfungssyndrom, Neurasthenie oder einem Burnout-Syndrom vorzunehmen [4]. Auch das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) kommt prinzipiell in Betracht.

Diagnostik und Differenzialdiagnostik

Die Komplexität der Situation erfordert ein differenziertes diagnostisches Vorgehen (Abb. 1). Speziell zur Therapieplanung ist es erforderlich, Patienten mit behandelbaren Ursachen und Einflussfaktoren von denjenigen zu unterscheiden, bei denen konkrete Ursachen/Einflussfaktoren nicht identiziert werden können. Erstere sollten – soweit möglich – kausal therapiert werden­ (evtl. zusätzlich auch symptomatisch), letztere erhalten nur Vorschläge für eine symptomatische ­Therapie [1].  

Fatigue-Screening

In der aktuellen Fatigue-Leitlinie des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) steht: «All patients should be screened for fatigue at their initial visit, at regular intervals during and following cancer treatment, and as clinically indicated» [5]. Das Screening dient dazu, mit geringem Aufwand Patienten herauszufiltern, die möglicherweise an klinisch relevanter tumorassoziierter Fatigue leiden und die dadurch beeinträchtigt sind.

Entsprechend einem Vorschlag des NCCN 2013 kann man dazu eine numerische Skala von 0–10 einsetzen. Ein Schwellenwert von 4 (für Intensität) und von 5 (für Beeinträchtigung) gilt als klinisch relevant [1]. In Anlehnung an Kenneth L. Kirsh und Kollegen kann das Fatigue-Screening auch mit einer kurzen Frage («Sind Sie ständig oder sehr häufig müde, ohne dass es dafür einen Grund gibt?») und/oder mit Fragebögen erfolgen [6].

Anamnese

Da tumorassoziierte Fatigue ein subjektives­ Geschehen ist, das vor allem durch Selbstauskünfte der Patienten erfasst wird, gilt die Anamnese als wichtigster Baustein im diagnostischen Prozess [1]. Die Exploration verschiedener Anamnese-Themen wie der aktuellen Beschwerden und früherer Erfahrungen mit Erschöpfungszuständen hat sich im klinischen Alltag als nützlich erwiesen (Abb. 1).

Diagnostisch recht ergiebig ist die Frage nach dem ersten Auftreten der Fatigue-Symptomatik und der Situation, in der die Beschwerden begonnen haben. Berichtet ein Patient beispielsweise, dass die Müdigkeit erstmals acht Jahre vor der Erstdiagnose seiner Tumorerkrankung auftrat und dass bei ihm damals auch Multiple Sklerose diagnostiziert worden sei, ist es eher unwahrscheinlich, dass den Beschwerden (nur) tumor­assoziierte Fatigue zugrunde liegt. Die Frage nach dem Verlauf der Beschwerden (Art, Intensität, Verbesserung, Verschlechterung) kann dann zur weiteren Klärung beitragen.

Auch die Frage nach erlebten Unterschieden zur «Alltagsmüdigkeit» kann diagnoseweisend sein: Nahezu alle Patienten mit tumorassoziierter Fatigue sind imstande, ihre derzeitigen Beschwerden der Müdigkeit von anderen Erschöpfungszuständen klar abzugrenzen [7]. In aller Regel geben sie auch an, einen Erschöpfungszustand wie den jetzigen vor ihrer Tumorerkrankung noch nie erlebt zu haben.

Bei der Frage nach der aktuellen Medikation sollte nicht nur nach verschreibungspflichtigen, sondern auch nach anderen Medikamenten (einschliesslich Komplementärmedizin) gefragt werden, um ggf. auch pharmakodynamische Wechselwirkungen als (Mit-) Ursache für die Müdigkeitssymptomatik bedenken zu können.

Fragebögen zur Tumor-Fatigue

Drei Fragebögen, speziell zur Erfassung von tumor­assoziierter Fatigue, wurden für den deutschen Sprachraum validiert und können daher zur Absicherung der Diagnose (z.B. innerhalb eines Begutachtungsverfahrens) herangezogen werden (Tab. 2). Alle drei Fragebögen haben gute psychometrische Eigenschaften und können im Praxisalltag schnell und einfach eingesetzt werden. Darüber hinaus steht seit kurzem das Fatigue-Modul der EORTC, der EORTC QLQ-FA 13, für den Einsatz in Studien zur Verfügung [8].
 

ICD-10-Kriterien zur tumorassoziierten Fatigue

Zur Diagnostik der tumorassoziierten Fatigue ­wurden von der «Fatigue-Coalition» um David Cella erstmals ICD-10-Kriterien vorgeschlagen, die jedoch bisher in der ICD trotz aller Bemühungen noch nicht berücksichtigt worden sind (Tab. 3) [9]. Mithilfe dieser Kriterien kann die Diagnose gestellt werden, wenn der Patient mindestens 6 von 11 Symptomen bejaht und wenn diese Symptome innerhalb der letzten vier Wochen  während einer Periode von 14 Tagen fast täglich aufgetreten sind. Dabei muss eines der Symptome deutliche Müdigkeit sein, die in keinem angemessenen­ Verhältnis zu vorheriger Anstrengung steht. Um die Diagnose «tumorassoziierte Fatigue» stellen zu können, muss sich der Betroffene zudem durch die Müdigkeit eingeschränkt fühlen und die Symptome müssen Folge der Tumorerkrankung bzw. ihrer Behandlung sein.

Aus einer aktuellen systematischen Übersichts­arbeit geht hervor, dass die Kriterien zwar einer Revision bedürfen, dass sie aber reliabel und valide sind. Unklar ist beispielsweise, ob zur Diagnosestellung bei Kriterium A wirklich sechs Symptome erforderlich sind [10]. Zudem fehlt der wissenschaftliche Nachweis dafür, dass die Symptome innerhalb von vier Wochen an 14 aufeinanderfolgenden Tagen aufgetreten sein müssen. Die klinische Erfahrung zeigt, dass es Patienten gibt, die dieses Kriterium nicht erfüllen, aber dennoch Tumor-Fatigue haben.

Fatigue-Tagebuch und Echtzeitmessung

Hilfreich zur Diagnosestellung und zur Therapieplanung kann es sein, Patienten zu bitten, ein Fatigue-Tagebuch zu führen, in dem sie (z.B. anhand der Skala von 0–10) zu festgelegten Tageszeiten angeben, wie müde sie sich im Moment fühlen und in welcher Alltagssituation sie sich befinden. Dies kann im Sinne einer Echtzeitmessung («Ecological Momentary Assessment» [EMA]) auch mit einem «elektronischen Tagebuch» erfolgen, in das der Patient mehrmals täglich auf ein akustisches Signal hin einträgt, wie müde er sich momentan fühlt [11]. Die persönlichen Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise sind gut [12].

Körperliche Untersuchung, Labor und weiterführende Diagnostik

Diagnoseweisende organische Befunde und Laborparameter sind nicht bekannt. Wenn durch (ausführliche) Anamnese, körperliche Untersuchung und orien­tierende Basislaboruntersuchung keine zugrunde liegenden Funktionsstörungen aufgedeckt werden, sind weiterführende Labor- und apparative Untersuchungen selten ergiebig [1].
Haben sich aus den bisherigen diagnostischen Schritten z.B. Hinweise auf Funktionsstörungen ergeben, sollten diese mit geeigneten diagnostischen Methoden abgeklärt werden.

Tumor-Fatigue oder Depression?

Da Erschöpfung ein zentrales Symptom von depressiven Störungen ist, sollte immer auch untersucht werden, ob sich die Beschwerden der Patienten auf eine unipolare Depression zurückführen lassen. Dazu kann man z.B. prüfen, ob der Patient eher die ICD-10-Kriterien für Depressionen oder die ICD-10-Kriterien für tumorassoziierte Fatigue erfüllt [13]. Der (ergänzende) Einsatz von geeigneten Depressions- und CrF-Fragebögen kann ebenso bei der Differenzierung helfen wie die Frage nach Antrieb und Motivation. Bei Patienten mit tumorassoziierter Fatigue sind Antrieb und Motivation häufig vorhanden, während diese depressiven Patienten oft fehlen [4]. Typische Patientenäusserungen sind: «Ich will doch, aber es geht nicht», aber auch: «Ich will nicht mehr, weil ich immer wieder erlebt habe, dass ich es ja doch nicht schaffe.» Die Frage «Sind Sie traurig, weil Sie so müde sind, oder gibt es dafür auch andere Gründe?» kann nützlich sein. Immer ist im Hinterkopf zu behalten, dass es Patienten gibt, die sowohl an tumorassoziierter Fatigue als auch an einer unipolaren Depression leiden.

Kognitive Beeinträchtigungen

Die tumorassoziierte Fatigue kann sich auch auf kog­nitiver Ebene manifestieren. Davon betroffene­ Patienten klagen über Einschränkungen der geist­igen Leistungsfähigkeit wie z.B. Konzentrations- und Gedächtnisprobleme. Die Abgrenzung­ zum «Chemo­brain» ist unscharf und bedarf der wissen­schaftlichen Klärung. Auch wenn die subjektiv erlebten Beschwerden nicht immer mit dem Ergebnis kognitiver Leist­ungstests übereinstimmen, sollten die Beschwerden ernst genommen und entsprechend abgeklärt werden [14,15].  

Für die Arbeitsgemeinschaft Supportive Massnahmen in der Onkologie, Rehabilitation und Sozialmedizin der Deutschen Krebsgesellschaft (ASORS). www.asors.de

Zweitabdruck mit Genehmigung von Springer Medizin. Erschienen in: Im Focus Onkologie 2013; 16(7-8): 40–44.

Literatur:

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  6. Kirsh KL, et al.: I get tired for no reason: a single item screening for cancer-related fatigue. J Pain Symptom Manage 2001; 22(5): 931–937.
  7. Fischer I, et al.: Das tumor-assoziierte Erschöpfungs­syndrom aus Sicht der Patienten: Eine qualitative Studie. 2012 (unveröffentlichte Daten).
  8. Weis J, et al.: Development of an EORTC quality of life phase III module measuring cancerrelated fatigue (EORTC QLQ–FA13). Psychooncology 2013; 22(5): 1002–1007.
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InFo ONKOLOGIE & HÄMATOLOGIE 2016; 4(3): 20–24

Autoren
  • Dr. phil. Irene Fischer 
Publikation
  • INFO ONKOLOGIE & HÄMATOLOGIE 

Eine wichtige Intervention bei tumorassoziierter Fatigue ist die Information der Patienten, dass Fatigue häufig vorkommt und die Beschwerden zwar unangenehm, aber in der Regel zumindest nicht gefährlich sind. Wenn im Lauf der Diagnostik (Mit)Ursachen für die Erschöpfung identifiziert werden können (z.B. Anämie, Depressionen oder bestimmte Medikamente), sollte nach Möglichkeit kausal therapiert werden. Zur symptomatischen Therapie stehen medikamentöse und nicht-medikamentöse Massnahmen mit Evidenz aus randomisierten Studien, systematischen Reviews und Metaanalysen zur Verfügung. Beispiele dafür sind Sport, kognitive Verhaltenstherapie, Phytopharmaka, Pychostimulanzien und Kortikosteroide. Die Therapie sollte im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung an die Möglichkeiten des Patienten angepasst werden und unter Berücksichtigung von möglichen Kontraindikationen idealerweise multimodal erfolgen.

Die Tumor-Fatigue geht mit einem belastenden Gefühl unüblicher, starker Müdigkeit und Erschöpfung einher. Je nach Verlauf, Dauer und Ausprägung kann sie von vorübergehender Unpässlichkeit über unzureichende Alltagsbewältigung bis hin zur dauerhaften Erwerbsunfähigkeit führen. Zudem ist Tumor-Fatigue mit kürzeren Überlebenszeiten assoziiert. Trotz dieser teilweise gravierenden Auswirkungen wird sie oft weder als behandlungsbedürftig noch als behandlungsfähig wahrgenommen – obwohl evidenzbasierte Therapiemöglichkeiten bestehen. Abhängig vom Ergebnis der (Differenzial-)Diagnostik erfolgt die Therapie der Tumor-Fatigue (cancer-related fatigue, CrF) kausal und/oder symptomorientiert [1]. Kausale und symptomatische Therapien können unter Berücksichtigung möglicher Kontraindikationen und Arzneimittelinteraktionen kombiniert werden. Meist ist eine multimodale Behandlung nötig [2]. Jeder Behandlungsplan sollte individuell auf den Patienten abgestimmt werden und die Therapie sollte frühzeitig beginnen, um einer möglichen Chronifizierung entgegenzuwirken [3,4].  

Patienten über Tumor-Fatigue informieren

Die erste wesentliche Intervention besteht darin, die Betroffenen eingehend über CrF zu informieren. Viele Patienten wissen nicht, dass es eine tumorassoziierte Fatigue gibt und sie verstehen nicht, warum sie – v.a. wenn sie als geheilt gelten – so erschöpft sind. Ängste werden wach: «Schreitet der Krebs vielleicht doch (unbemerkt) fort? Ist die (zunehmende) Müdigkeit ein Hinweis darauf, dass ich bald für immer einschlafe?» Weiterhin führt die «Unsichtbarkeit» des Phänomens dazu, dass Kontaktpersonen die Müdigkeit bagatellisieren, was von den Patienten als frustrierend erlebt wird [5]. Schon das Wissen, dass die Beschwerden einen Namen haben und dass es Möglichkeiten der Behandlung gibt, kann sehr entlastend wirken. Erfolgt die Aufklärung präventiv, z.B. bereits vor Beginn der Tumortherapie, lassen sich Ängste verhindern [4,5]. Hilfreich ist es, Patienten auf Broschüren und Informationen der Krebsliga Schweiz hinzuweisen. Interventionen können kausal oder symptomorientiert erfolgen (Abb. 1).

Kausaltherapie

Die kausale Therapie möglicher (Mit-)Ursachen bzw. Begleitfaktoren der tumorassoziierten Fatigue (Abb. 1) hat gegenüber einer symptomatischen Behandlung Priorität. Auch wenn es nicht immer gelingt, alle als mögliche Ursachen identifizierten Grunderkrankungen oder Funktionsstörungen zu beseitigen, kann schon ein Teilerfolg dazu beitragen, die Fatigue zu mindern und dem Patienten das Gefühl geben, dass er mit seinen Sorgen und Nöten nicht alleine gelassen wird.

Falls – in Einzelfällen – als Ursache der Tumor-Fatigue eine Anämie festgestellt wird, können Bluttransfusionen oder hämatopoetische Wachstumsfaktoren (Erythropoiesis Stimulating Agents, ESA) helfen. Durch den Einsatz von ESA werden möglicherweise das Risiko für thromboembolische Ereignisse erhöht und das progressionsfreie sowie das Gesamtüberleben verkürzt. Daher sollten sie analog zu den Empfehlungen der aktuellen Leitlinien nur bei Hb <10 g/dl, während einer myelosuppressiven Chemotherapie und bei nicht-kurativer Zielsetzung eingesetzt werden [6,7].

Wurde differenzialdiagnostisch eine unipolare Depression festgestellt, sollte diese auch leitliniengerecht behandelt werden [8]. Möglicherweise bessert sich dadurch auch die Erschöpfung. Die klinische Erfahrung zeigt aber, dass Tumorpatienten – offensichtlich ohne gründliche Diagnostik – sehr häufig Antidepressiva verordnet bekommen, obwohl sie beteuern, nicht depressiv, sondern nur müde und erschöpft zu sein. Die Verordnung von Antidepressiva ist aus ärztlicher Sicht zwar nachvollziehbar, da Müdigkeit und Erschöpfung Kernsymptome depressiver Erkrankungen und Tumorpatienten häufig auch depressiv sind, aber sie ist nicht zielführend, wenn keine Depression zugrunde liegt. In keiner der bisher durchgeführten randomisierten, placebokontrollierten Studien konnte gezeigt ­werden, dass Antidepressiva die tumorassoziierte Fatigue ­verbessern. Auch berichten Patienten mit Fatigue, die Antidepressiva (z.B. Mirtazapin oder Venlafaxin) erhalten haben, dass es ihnen dadurch nicht besser geht [9].

Grundsätze der symptomatischen Therapie

Wenn es nicht möglich ist, die tumorassoziierte Fa­tigue auf konkrete, behandelbare Ursachen zurückzuführen, sollten symptomorientierte Therapien angeboten werden. Sofern aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht, können symptomorientierte Therapien auch kombiniert werden.

Die nachfolgenden Anregungen zu medikamentösen und nicht medikamentösen symptomatischen Behandlungen der CrF stammen aus randomisierten kontrollierten Studien, deren Zusammenfassungen in Übersichtsarbeiten oder aus Metaanalysen (entsprechend einem Evidenzlevel 1–2). Wichtige nicht medikamentöse Behandlungsoptionen sind körperliche Bewegung sowie Psychoedukation (Tab. 1). In jüngster Zeit konnte in einer randomisierten Studie auch die Wirkung für ein deutschsprachiges Selbstmanagement-Programm nachgewiesen werden [10,11].

Körperliche Aktivität/Sport

Körperliche Aktivität jeglicher Art ist eine sehr intensiv untersuchte Intervention zur Behandlung der CrF. Es konnte immer wieder gezeigt werden, dass sich CrF durch moderate körperliche Betätigung verbessern lässt. Dies gilt einer aktuellen Metaanalyse zufolge [12] sowohl für Patienten während als auch nach der Tumorbehandlung. Wichtig ist, dass sich der Patient nicht überfordert und dass die körperliche Bewegung Freude bereitet. Zur Durchführung von körperlichem Training bei Patienten mit CrF wird auf die Arbeit von Dimeo verwiesen [13]. Im Alltag bewährt hat sich die Broschüre «Fitness trotz Fatigue» (mit konkreten Übungsanleitungen und DVD) der Deutschen Fatigue Gesellschaft, die kostenlos auch von Patienten bestellt werden kann.

Psychosoziale Interventionen

Alle in Tabelle 1 aufgeführten psychosozialen Interventionen können eine CrF wirksam mindern. Psychoedukation und Beratung soll den Patienten vor allem helfen, die CrF zu verstehen [3]. Dazu gehört auch, dass die Patienten über mögliche Ursachen und therapeutische Möglichkeiten informiert werden.

Kognitive Verhaltenstherapien gehen davon aus, dass Emotionen vor allem durch die subjektive Bewertung konkreter Situationen entstehen. Der Realität angemessene (= rationale) Bewertungen führen zu adäquaten Gefühlen, realitätsunangemessene (= irrationale, katastrophisierende) Bewertungen führen zu emotionalen Problemen. Kognitive Verhal­tens­­thera­pien zielen darauf ab, zusammen mit dem Patienten dysfunktionale Bewertungen/Einstellungen zu identifizieren, zu hinterfragen und sie an die Realität anzupassen. Die kognitive Umstrukturierung erleichtert es den Patienten, besser mit ihrer Situation zurecht zu kommen. Anleitungen zum Aktivitäts- und Energiemanagement können in den Praxisalltag integriert werden.  

Mind-Body-Verfahren

Yoga hat sich in einer Studie bei Brustkrebspatientinnen als wirksam erwiesen [14]. Die Autoren einer Metaanalyse, in der diese Studie noch nicht berücksichtigt wurde, schätzen die Wirkung von Yoga auf CrF insgesamt als eher schwach ein [15]. Für Akupunktur wird die Datenlage in zwei systematischen Reviews als unklar bewertet [16,17].  

Selbstmanagement

In einer randomisierten Studie als wirksam erwiesen hat sich ein in Deutschland entwickeltes, aus sechs Modulen bestehendes Selbstmanagementprogramm für Pa­tien­ten mit CrF [11]. Die Autorengruppe hat dazu ein Manual publiziert, das es ermöglicht, das Programm als Gruppentraining anzubieten [10]. Zusätzlich wurde auch ein Patientenratgeber erstellt [18].

Pharmakologische Therapien

Auch zur pharmakologischen Therapie der CrF ist Evidenz aus randomisierten, placebokontrollierten Studien vorhanden, und zwar für Phytopharmaka, Psychostimulantien und Kortikosteroide (Tab. 2). Für Phytopharmaka und Psychostimulantien gibt es darüber hinaus Evidenz aus systematischen Reviews und/oder Metaanalysen.
 

Ginseng gilt traditionell als Mittel gegen Erschöpfungszustände aller Art. Im Zusammenhang mit CrF wurden der amerikanische Ginseng (Panax quinquefolius) und der koreanische Ginseng (Panax ginseng C.A. Meyer) untersucht [19–21]. In allen Studien konnte gezeigt werden, dass Ginseng (bei guter Verträglichkeit) CrF verbessern kann. Panax ginseng ist als freiverkäufliches Arzneimittel zugelassen. Details zu Ginseng sind in der Leitlinie Komplementäre Therapie nachzulesen [22].

Guaraná (Paullinia cupana) ist eine aus Brasilien stammende Pflanze, die traditionell zur Steigerung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit verwendet wird. Der Hauptwirkstoff ist Coffein. In einer von drei Studien zur Wirksamkeit auf CrF konnte gezeigt werden, dass Guaraná bei Brustkrebspatientinnen während Chemotherapie die CrF verbessern kann [23]. Dies wird durch eine Metaanalyse mit insgesamt 137 Patienten bestätigt.

Kortikosteroide können in palliativmedizinischen Behandlungssituationen eine CrF-mindernde Wirkung haben. Daher empfiehlt u.a. die European Association for Palliative Care (EAPC), Kortikosteroide in Erwägung zu ziehen, wenn z.B. einem Patienten ein angenehmes Weihnachtsfest ermöglicht werden soll [24]. Speziell für Dexamethason konnte in einer placebokontrollierten Studie gezeigt werden, dass CrF gebessert wird [25]. Da Kortikosteroide bei längerfristigem Einsatz Myopathien induzieren und dadurch die CrF verschlechtern können, sind sie als Dauertherapie bei Patienten mit Post-Cancer-Fatigue ungeeignet. In der fortgeschrittenen palliativen Situation kann CrF ein Schutz für den Patienten sein, so dass nicht in jedem Fall therapiert werden sollte.

(Dex-)Methylphenidat (MPH): Die Studienlage für MPH ist noch widersprüchlich, aber es gibt Hinweise, dass vor allem Patienten mit einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung, die bereits über einen längeren Zeitraum an einer ausgeprägten CrF leiden, von MPH profitieren können. Dass MPH einzelnen Patienten eindrucksvoll helfen kann, wurde auch in einer Studie der Deutschen Fatigue Gesellschaft mit retardiertem MPH bestätigt [26]. Auch mit d-MPH kann Fatigue reduziert werden [27]. Als Nebenwirkungen ist mit Schwindel, Kopfschmerzen, Blutdruckerhöhung und Mundtrockenheit zu rechnen. In den Dosierungen, die zur Zeit empfohlen werden, treten diese Nebenwirkungen eher selten auf. Entsprechend der klinischen Erfahrung kann man mit einer Dosierung von 10 mg täglich beginnen und diese nach einigen Tagen bei Nichtansprechen steigern. Kommt es auch dann innerhalb weniger Tage zu keiner Besserung, wird der Therapieversuch beendet. In der Schweiz kann der Einsatz von MPH und D-MPH nur off-label erfolgen.

Modafinil wirkt vor allem bei schwerer CrF [28]. Wegen des Auftretens schwerer psychiatrischer Symptome und kutaner Reaktionen hat die European Medicine Agency (EMA) den Einsatz von Modafinil auf die Therapie von Erwachsenen mit exzessiver Schläfrigkeit begrenzt [29].

Für die Arbeitsgemeinschaft Supportive Maßnahmen in der Onkologie, Rehabilitation und Sozialmedizin der Deutschen Krebsgesellschaft (ASORS). www.asors.de

Zweitabdruck mit freundlicher Genehmigung von Springer Medizin. Erschienen in: Im Focus Onkologie 2013; 16(9): 2–6.

Literatur:

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InFo ONKOLOGIE & HÄMATOLOGIE 2016; 4(4): 21–25

Autoren
  • Dr. phil. Irene Fischer 
  • Prof. Dr. med. Manfred E. Heim 
Publikation
  • INFO ONKOLOGIE & HÄMATOLOGIE 

Während und nach einer Krebstherapie tritt häufig eine Fatigue auf. Vor allem Bewegung kann dagegen helfen. Auch psychologische Massnahmen haben positive Effekte. Die Pharmakotherapie nützt hingegen kaum. Soweit die Resultate einer Metaanalyse.

Die Metaanalyse aus dem JAMA Oncology prüfte 113 einzelne Studien mit insgesamt 11 525 Teilnehmern auf die gewichtete Effektstärke der vier weit verbreiteten Interventionen bei Tumor-assoziierter Fatigue: körperliche Betätigung, psychologische Interventionen, eine Kombination der beiden oder Medikation.

Es besteht Nachholbedarf

Die Tumor-assoziierte Fatigue genauer zu erforschen, ist wichtig. Bleibt der Erschöpfungszustand, der nicht nur die physische, sondern auch die affektive und kognitive Ebene betreffen kann, doch eine der häufigsten und belastendsten Nebenwirkungen von Krebs (bzw. dessen Therapie). Die Folgen im Alltag des Pa­tienten hinsichtlich Lebensqualität und sozialer Reintegration sind beträchtlich. Krebs­patien­ten nach Bestrahlung oder Chemotherapie sind besonders betroffen. Die Fatigue kann dabei sehr lange nach Ende der (primären) Therapie anhalten und die Person langfristig isolieren und belasten.

Die Therapie der Fatigue – und der Tumor-assoziierten Fatigue im Speziellen – bleibt eine Herausforderung. Ausserdem wird sie als Begleiterscheinung im Gegensatz zu Schmerzen oder Übelkeit immer noch unterschätzt und zu wenig beachtet. Das eine hängt womöglich mit dem anderen zusammen: Hat man dem Patienten (scheinbar) kaum wirksame Gegenmittel anzubieten, ist auch die Diagnose und damit Benennung des Problems nicht gleich gewinnbringend wie bei anderen Folgeeffekten einer Krebserkrankung bzw. -behandlung.

Datenauswertung

Den Studienautoren ging es darum, die wirksamste Methode gegen die Fatigue herauszustellen. Sie trugen hierfür randomisierte klinische Studien von erwachsenen Krebspatienten zusammen, deren Endpunkte die Schwere der Tumor-assoziierten Fatigue als Folge der oben genannten Interventionen massen. Als Datenquellen nutzte man PubMed, PsycINFO, CINAHL, EMBASE und die Cochrane Library. Bei den Teilnehmern der insgesamt 113 untersuchten Studien, die zwischen Januar 1999 und Mai 2016 publiziert worden waren, handelte es sich hauptsächlich um Frauen (78%), das Durchschnittsalter lag bei 54 Jahren.

12 Personen in drei unabhängigen Gruppen werteten die Studien aus und berechneten die jeweiligen Effektstärken (inkl. Gewichtung). Hinzu kam die standardisierte Messung der Studienqualität.

Letztere war gut, ein Bias war nicht zu erkennen. Es zeigte sich, dass sowohl die gezielte Bewegung als auch die psychologische Intervention (ebenso wie die Kombination der beiden Ansätze) die Fatigue während und nach der primären Behandlung signifikant verbesserten. Sport und Bewegung übten dabei einen leicht grösseren Effekt aus als die psychologischen Massnahmen. In Kombination mit Sport waren letztgenannte etwa gleich wirksam wie alleine. Dagegen fiel die pharmakologische Intervention deutlich ab und brachte gesamthaft betrachtet kaum einen Benefit.

Wirksame Interventionen empfehlen

Aus den Resultaten lässt sich folgern, dass Ärzte ihren Patienten bei Tumor-assoziierter Fatigue als Erstlinien-Behandlung vor allem Bewegung und/oder psychologische Interventionen empfehlen sollten. Diese Erkenntnis ist so nicht neu [1]. Auch der heterogene Effekt der Pharmakotherapie wurde schon wiederholt gezeigt [2] – wobei natürlich zwischen Ursachen- (z.B. Anämie) und Symptombehandlung unterschieden werden muss. Letztere zielt häufig nur einen bestimmten Aspekt der Fatigue an und wird dem multifaktoriellen Geschehen damit wahrscheinlich nicht gerecht. Die Basis für eine Empfehlung der nicht-medikamentösen Massnahmen ist in jedem Fall gegeben. Zur psychosozialen Therapie kann unter anderem Psychoedukation gehören, auch Entspannungstherapie oder Meditation wirken positiv. Ein individualisierter Ansatz ist angezeigt.

Die Verhaltensmassnahmen sind meist mit einem gewissen Aufwand (Kursbesuche etc.) verbunden, der sich dem Patienten nur durch ausreichende Aussicht auf Besserung der Erschöpfung vermitteln lässt. Die Motivation spielt somit eine nicht zu unterschätzende Rolle. Hinzukommen sollten allgemeine Verhaltensempfehlungen und -strategien wie Energie sparen, Prioritäten setzen, delegieren, planbare Aktivitäten zu Zeiten der höchsten Energie, Aktivitätstagebuch usw., die bei Fatigue begleitend immer sinnvoll sind.

Interessante Schlussnotiz: Obwohl in dieser Analyse nicht nachgewiesen, scheint das Muskelaufbautraining vor allem auf die physische Fatiguekomponente zu wirken, auf die emotionale und kognitive Komponente hat es womöglich nur einen geringen Einfluss [3,4]. Eine Kombination von Kraft- und Ausdauertraining ist damit wahrscheinlich am gewinnbringendsten.

Quelle: Mustian KM, et al.: Comparison of Pharmaceutical, Psychological, and Exercise Treatments for Cancer-Related Fatigue – A Meta-analysis. JAMA Oncol March 2, 2017. DOI:10.1001/jamaoncol.2016.6914 [Epub ahead of Print].

Literatur:

  1. Strasser B, et al.: Impact of resistance training in cancer survivors: a meta-analysis. Med Sci Sports Exerc 2013 Nov; 45(11): 2080–2090.
  2. Bruera E, et al.: Methylphenidate and/or a nursing telephone intervention for fatigue in patients with advanced cancer: a randomized, placebo-controlled, phase II trial. J Clin Oncol 2013 Jul 1; 31(19): 2421–2427.
  3. Schmidt ME, et al.: Effects of resistance exercise on fatigue and quality of life in breast cancer patients undergoing adjuvant chemotherapy: A randomized controlled trial. Int J Cancer 2015 Jul 15; 137(2): 471–480.
  4. Steindorf K, et al.: Randomized, controlled trial of resistance training in breast cancer patients receiving adjuvant radiotherapy: results on cancer-related fatigue and quality of life. Ann Oncol 2014 Nov; 25(11): 2237–2243.

InFo ONKOLOGIE & HÄMATOLOGIE 2017; 5(5): 6

Autoren
  • Andreas Grossmann 
Publikation
  • INFO ONKOLOGIE & HÄMATOLOGIE 

Ein Teenager kommt mit Urtikaria, periodischem Fieber und Verdacht auf Arthritis sowie Myositis und Myokarditis ins Krankenhaus. Auf der Suche nach der passenden Therapie verschlechtert sich sein Zustand anfangs.

Der 15 Jahre alte Jugendliche entwickelte seit Oktober 2017 eine Urtikaria und seit dem Silvesterabend des gleichen Jahres abendliches Fieber und Appetitlosigkeit. Im Verlauf kam es zu einer Gewichtsabnahme von 6 kg, der Junge bekam Gliederschmerzen und litt unter massiven Einschlafproblemen. Kurzfristig bestanden beidseitig Schwellungen der PIP- und DIP-Gelenke der 2. und 5. Finger mit jeweiliger Besserung nach einem Tag. Dann trat eine 10 Tage andauernde Schwellung des rechten Kniegelenks auf. Die Jugendärztin des Teenagers veranlasste eine Blutuntersuchung, welche eine Leukozytose von 24’900 mit Neutrophilie auswies. Das BSG mit 80 mm und CRP mit 190 mg/l waren stark erhöht, ebenso das LDH bei 675 U/l. Am 12.01.2018 erfolgte daraufhin die klinische Einweisung.

Wie Dr. Dressler und seine Kollegen erfuhren, hatte sich bei dem Jungen bereits im Winter des Vorjahres eine Urtikaria mit subfebrilen Temperaturen und kurzfristigen Gelenkschwellungen entwickelt. Eine Besserung trat damals innerhalb von zwei Wochen ein. Der junge Patient wurde in Südafrika als Kind einer HIV-positiven Mutter geboren und als Säugling nach Deutschland adoptiert. Während eines Besuchs in seinem Geburtsland 2016 war er nicht in einem Malariaendemiegebiet. Wesentliche Vorerkrankungen bestanden nicht und er war aktiver Fussballer.

Zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme war der Jugendliche in kaum reduziertem Allgemeinzustand. Er wies eine leichte Urtikaria am linken Unterarm und der Hand auf, im Verlauf dann auch an den Beinen. Der Knieumfang war rechts um 1 cm vergrössert, die Finger und alle weiteren Gelenke waren frei beweglich. Auch der übrige Befund war unauffällig. Im Röntgen in zwei Ebenen des rechten Knies wurde der Erguss deutlich, der knöcherne Befund blieb jedoch unauffällig. Sonographisch fand sich Erguss im Recessus suprapatellaris bis 12 mm mit kräftiger Synovialproliferation (Labor: CRP 127 mg/l, Procalcitonin normal bei 0,3 µg/l, GOT mit 100, GPT mit 73 und LDH mit 603 U/l erhöht, CK mit 697 U/l und Troponin mit 617 ng/l deutlich erhöht, ANA 1:1280, DNS- und ENA-Ak negativ, IgG mit 19,5 g/l erhöht).

Anakinra-Therapie verschlechterte die Situation zunächst

Die Mediziner veranlassten eine Punktion des rechten Knies zum Ausschluss einer septischen Arthritis, welche in der Synovialflüssigkeit 19’200 Leukozyten aufwies und 93% Neutrophile, die Kulturen blieben steril. Es bestand Verdacht auf Myositis mit Myokarditis, Echokardiografie und Kardio-MRT sowie Augenbefund blieben jedoch unauffällig. Eine Sonografie des Abdomens zeigte eine deutliche Hepatomegalie. Die veranlasste antibiotische Therapie blieb ohne Besserung des Fiebers, das Serum-Calprotectin war mit 78 800 ng/ml stark erhöht. Unter dem Verdacht auf eine systemische juvenile idiopathische Arthritis entschlossen sich die Ärzte daraufhin zu einer Therapie mit Anakinra (was in der Schweiz bisher nicht zugelassen ist), worunter aber das CRP auf 298 mg/l anstieg, der AZ verschlechterte sich, das Kreatinin stieg auf 251 µmol/l an, der Patient musste mit Kreislaufinstabilität auf die Intensivstation verlegt werden.

Knochenmarkpunktion und PET-CT blieben ohne wegweisende Befunde. Unter dem Verdacht auf ein inkomplettes Makrophagenaktivierungssyndrom wurde eine Therapie mit Methylprednisolonpulsen gefolgt von oralem Prednisolon eingeleitet und die Gabe von Anakinra fortgesetzt. Daraufhin setzte die Entfieberung und eine langsame Besserung des AZ und der Laborwerte ein.

Nach dem fünfwöchigen stationären Aufenthalt folgte im ambulanten Verlauf die Umstellung der Therapie von Anakinra auf Canakinumab, das Prednisolon wurde bis zum Absetzen im Mai 2018 ausgeschlichen, ohne dass es zu erneutem Fieber, Exanthem oder Arthritis kam. Bis Dezember 2018 normalisierten sich die Leberenzyme, der ANA fiel langsam ab auf zuletzt 1:160, das Serum-Calprotectin normalisierte sich ebenfalls. Pathologisch bleibt das Troponin mit zuletzt 44 ng/l bei weiter normaler Echokardiografie. Der Jugendliche kann wieder im Verein Fussball spielen. Es ist nun geplant, das Canakinumab abzusetzen.

Letztlich handelte es sich bei dem Fall um eine ungewöhnliche systemische juvenile Arthritis mit Myositis und hohen ANA, die verzögert auf eine Interleukin-1-Blockade unter Hinzunahme systemischer Steroide ansprach. Zwischenzeitlich kam es dabei zu einer Verschlechterung des Zustands mit Kreislaufschwäche, massiven Transaminasen- und deutlichen Kreatininanstiegen. Unter der Interleukin-1-­Blockade konnte eine vollständige klinische Erholung erreicht werden.

Quelle: 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Dresden (D)

InFo SCHMERZ & GERIATRIE 2019; 1(1): 32 (veröffentlicht am 23.11.19, ahead of print)

Autoren
  • Jens Dehn 

Ein übergeordnetes Prinzip für die Therapiewahl bei Psoriasis-Arthritis ist die gemeinsame Entscheidungsfindung mit den Patienten. Die GRAPPA-Empfehlungen schlagen einen individualisierten Behandlungsansatz vor, welcher die vorherrschenden Krankheitsdomänen gemäss Caspar-Klassifikation berücksichtigt, aber auch Komorbiditäten und Patientenpräferenzen miteinbezieht.

Wenn Psoriasispatienten von Gelenkschmerzen («Pain»), Steifheit («Stiffness») und Rückenschmerzen («Axial involvement») berichten, die sich mit körperlicher Aktivität verbessern, sollte man als Dermatologe an eine Psoriasis-Arthritis denken [1]. Bei bis zu einem Drittel der Patienten mit Plaque-Psoriasis entwickelt sich im Verlauf der Erkrankung eine entzündliche Beteiligung von Enthesen und Gelenken, die zu den Spondylarthritiden (SpA) gehören und unter dem Sammelbegriff Psoriasis-Arthritis (PsA) zusammengefasst werden [2]. Die PsA zählt zu den peripheren SpA, während den axialen SpA unter anderem die ankylosierende Spondylitis zugerechnet wird [3]. Charakteristisch bei PsA sind Schwellungen und Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der Gelenke. Neben einer strahlenförmigen Verdickung einzelner Finger oder Zehen (Daktylitis) können Schmerzen im Bereich von Sehneninsertionen auftreten (Enthesitis) [4]. Hilfreich für die Diagnosestellung ist die Caspar-Klassifikation («Classification Criteria for Psoriatic Arthritis»). Dieses diagnostische Tool erfasst unter anderem Sakroilitis, Enthesitis, Daktylitis und Nagelbefall [10]. Diese Einteilung liegt den Behandlungsempfehlungen der GRAPPA* zugrunde.

* GRAPPA=Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis
 

 

 

Domänenspezifischer Behandlungsansatz empfohlen

Es gibt heutzutage ein breites Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten für PsA. Bei ungenügendem Ansprechen auf konventionelle Systemtherapeutika (csDMARDs) kommen Biologika (bDMARDs) oder «Small Molecules» (tsDMARDs) zum Einsatz. Dr. med. Joseph Merola, Dermatologe und Rheumatologe, Harvard Medical School, Boston (USA), referierte anlässlich der Jahrestagung des EADV über Kriterien zur Auswahl der individuell passenden Behandlung von Patienten mit PsA [5]. Gemäss aktueller Experteneinschätzung, einschliesslich der GRAPPA-Empfehlungen zu Diagnostik und Behandlung von Pso und PsoA, wird ein domänenspezifischer Ansatz propagiert (Abb. 1), bei welchem berücksichtigt wird, welche der folgenden Krankheitsdomänen vorherrschend sind: periphere Artrhitis, axiale Beteiligung, Enthesistis, Daktylitis, Hautpsoriasis, Nagelbeteiligung [5,6].

Die Rolle proinflammatorischer Zytokine in der PsA-PathogenesePsA-Patienten weisen mehrheitlich zunächst psoriatische Hauterscheinungen auf, bevor nach durchschnittlich zehn Jahren eine Gelenkbeteiligung diagnostiziert wird [7]. Das typische Manifestationsalter der PsA liegt bei 35–50 Jahren [8]. Pathophysiologisch resultieren prädisponierende genetische Faktoren in fehlgesteuerten immunologischen Prozessen, wodurch es zu einer Überexpression von proinflammatorischen Zytokinen (z.B. TNF, IL-17, IL-23 und IL-6) kommt. Diese bewirken eine zytokinvermittelte Invasion verschiedenster Immunzellen am Entzündungsort, die ihrerseits weitere Zytokine sezernieren und so die inflammatorische Reaktion verstärken und aufrechterhalten [7,8]. Im Zusammenhang mit diesen Prozessen kommt es zu einer gesteigerten Entzündungsreaktion in der inneren Schicht der Gelenkkapseln (Synovitis), die zu einer Schädigung des Gelenkknorpels sowie zu einer Knochenerosion führt [8]. Die verschiedenen Zytokine, die im Zuge der Entzündungsreaktion sezerniert werden, spielen für die unterschiedlichen Krankheitsmanifestationen der PsA eine Rolle und stellen mögliche therapeutische Targets dar. Das Therapieziel ist in erster Linie eine Reduktion der radiologischen Progression und Entzündung. Eine starke Beteiligung der Gelenke spricht für den frühen Einsatz von DMARDs. Dank modernster Therapien ist Remission heute ein erreichbares Behandlungsziel bei PsA [9].

Bei peripherer Arthritis sind die meisten zur Verfügung stehenden Medikamente ähnlich wirksam. Dementsprechend kommen bei ungenügendem Ansprechen auf konventionelle krankheitsmodifizierende Medikamente (csDMARDs) sowohl Biologika, als auch JAK-Inhibitoren und Phosphodiesterase-4-(PDE-4-)Hemmer infrage. Insbesondere für TNF-alpha-Hemmer sowie mehrere Interleukininhibitoren (IL-12/23-i, IL-17-i und IL-23-i) gibt es eine gute Evidenzbasis.

Bei PsA-Patienten mit axialer Arthritis haben sich neben nichtsteroidalen anti-entzündlichen Medikamenten (NSAIDs) und Physiotherapie vor allem TNF-alpha-Hemmer und IL-17-Hemmer sowie JAK-Hemmer bewährt. Ungenügend ist die Datenlage nach Einschätzung der GRAPPA aktuell für IL-12/23- und IL-23-Hemmer.

Bei PsA-Patienten mit Enthesitis und Daktylitis gibt es die besten Evidenzen für TNF-alpha-i sowie IL-12/23-i, IL-17-i und IL-23-i.

Bei Nagelpsoriasis werden die besten Ergebnisse mit TNF-alpha-Hemmern, IL-12/23-i, IL-17-i und IL-23-i sowie mit PDE-4-Hemmern erzielt.

Auch Komorbiditäten wie chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) oder Uveitis sind in die Therapieentscheidung miteinzubeziehen. Liegt bei einem PsA-Patient als Begleiterkrankung eine CED vor, wird bevorzugt zum Einsatz von TNF-alpha-Hemmern (ausser Etanercept), IL-12/23-i und JAK-i geraten. Bei komorbider Uveitis stehen TNF-alpha-Hemmer (mit Ausnahme von Etanercept) an erster Stelle. Nicht zuletzt sind neben den vorherrschenden Krankheitsdomänen und Komorbiditäten auch Patientenpräferenzen bezüglich Applikationsform (oral vs. subkutan) und Behandlungsintervall zu berücksichtigen bei der Auswahl der passenden Systemtherapie.

Kongress: EADV Annual Meeting

Literatur:

  1. Gottlieb A, et al.: Psoriatic arthritis for dermatologists. J Dermatolog Treat 2020; 31(7): 662–679.
  2. Sticherling M: Einsatz von Secukinumab bei Patienten mit Psoriasis und Psoriasis-Arthritis – Ergebnisse einer nichtinterventionellen Studie unter Praxisbedingungen (SERENA-Studie). Kompass Autoimmun 2021; 3: 118–120.
  3. Proft F, Poddubnyy D: Ankylosing spondylitis and axial spondyloarthritis: recent  insights and impact of new classification criteria. Ther Adv Musculoskelet Dis 2018; 10(5–6): 129–139.
  4. Borst C: Psoriasisarthritis. hautnah 2020; 19: 146–151.
  5. Merola JF: Personalized Care in Psoriatic Arthritis, Dr. med. Joseph Merola, EADV Annual Meeting, EADV Annual Meeting, 29.09.21–02.10.21.
  6. Coates LC et al. The Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis (GRAPPA) Treatment Recommendations 2021, eEULAR 2021, Abstract OP0229, http://dx.doi.org/10.1136/annrheumdis-2021-eular.4091
  7. Ritchlin CT, Colbert RA, Gladman DD: Psoriatic Arthritis. N Engl J Med 2017; 376(10): 957–970.
  8. Veale DJ, Fearon U: The pathogenesis of psoriatic arthritis. Lancet. 2018; 391(10136): 2273–2284.
  9. Tucker LJ, Ye W, Coates LC: Neue Ansätze beim Management der Psoriasis-Arthritis: Können wir zielgerichtet behandeln? Karger Kompass Autoimmun 2019; 1: 8–16
  10. Tillett W, et al.: The ClASsification for Psoriatic ARthritis (CASPAR) criteria – a retrospective feasibility, sensitivity, and specificity study. J Rheumatol 2012; 39(1): 154–156.
  11. Creakyjoints.org, https://creakyjoints.org (letzter Abruf 19.11.2021)

DERMATOLOGIE PRAXIS 2021; 31(6): 20–21

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • DERMATOLOGIE PRAXIS 

Für Patienten mit axialer Spondyloarthritis (axSpA), bei welchen eine Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika nicht zielführend war, stehen heutzutage mehrere Wirkstoffe aus den Substanzklassen der Biologika und der JAK-Inhibitoren zur Verfügung. Ein wichtiges Auswahlkriterium ist neben der Wirksamkeit auch das Sicherheitsprofil des DMARD. Ausserdem sollten die Präferenzen des Patienten berücksichtigt werden. Die ASAS-EULAR Empfehlungen bieten auch eine Orientierung zum Vorgehen bei einer Therapieumstellung.

Anlässlich des diesjährigen EULAR Annual Meetings diskutierten namhafte Experten die aktuellsten Erkenntnisse zu Diagnose und Therapie der axialen Spondyloarthritis (axSpA). Unter einer axSpA versteht man eine entzündliche Wirbelsäulenerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, die mit verschiedenen muskuloskelettalen und extraskelettalen Manifestationen einhergehen kann [1]. Das Kardinalsymptom der axSpA ist entzündlicher Rückenschmerz. Die diagnostische Abklärung beinhaltet Röntgen- und MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule (LWS) und der Iliosakralgelenke sowie ein Laborscreening, das inflammatorische Marker (BSG, CRP) und Testung auf HLA-B27 umfasst [2]. Die Anamnese sollte neben extraartikulären Manifestationen auch die Exploration psychsozialer Belastungen/arbeitsbezogener Belastungen beinhalten. Zur Diagnosesicherung wurden die ASAS («Assessment of SpondyloArthritis International Society»)-Klassifikationskriterien etabliert (Abb. 1) [3]. Diese verlangen zwingend einen Nachweis von HLA-B27, ein weiteres Kriterium ist mittels Bildgebung feststellbare Sakroiliitis. Bei denjenigen Patienten ohne strukturelle Veränderungen spricht man von nicht-röntgenologischer axialer SpA, während Patienten mit strukturellen Veränderungen in den Iliosakralgelenken der ankylosierenden Spondyloarthritis (Morbus Bechterew) zugeordnet werden. Zur Erfassung der Krankheitsaktivität stehen neben Ergebnissen der klinischen Untersuchung, der Bildgebung und der Labordiagnostik neben dem BASDAI (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index) auch der neuere ASDAS (Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score) zur Verfügung, der auf einigen BASDAI-Fragen beruht und das CRP einschliesst [4–7]. Die Krankheitsaktivität soll in regelmässigen Abständen – zumeist alle 3 bis 6 Monate – mit Hilfe der klinischen Composite-Scores überprüft werden [3,5].

Multimodales Behandlungskonzept

Zur Behandlung von Patienten mit axSpA wird eine Kombination aus nicht-pharmakologischen Massnahmen (z.B. Bewegungstherapie) und ­medikamentöser Therapie empfohlen [1]. ­Neben Schmerzreduktion wird der Erhalt der körperlichen Funktionsfähigkeit und die Verhinderung struktureller Läsionen angestrebt [5,8,9]. Die Ziele der medikamentösen Behandlung sind in erster Linie eine Reduktion der Krankheits­aktivität und das Erreichen einer klinischen ­Remission. Dies schliesst Schmerz­reduktion, eine Verringerung inflammatorischer Prozesse und eine Hemmung der röntgenologischen Progression ein. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) gelten bei axialer SpA nach wie vor als Erstlinientherapie [5]. Aufgrund des ­Sicher­heitsprofils der NSAR-Präparate sollte die Dosierung und Dauer der Therapie fortwährend überprüft werden. Bei Patienten, die unter der Standardtherapie mit NSAR keine ausreichende Reduk­tion der entzündlichen Krankheits­­akti­vi­tät erreichen, können Disease Modifying ­Anti-Rheumatic Drugs (DMARDs) eingesetzt ­werden.

Biologika und JAK-Inhibitoren – was ist der aktuelle Kenntnisstand?

Prof. Dr med. Désirée van der Heijde, Leiden University Medical Center (NL), gab einen aktuellen Überblick zu bDMARD und tsDMARD als Therapieoption bei axSpA [10]. Eine der Neuerungen in den 2022 aufdatierten ASAS-EULAR Empfehlungen für das Management von axSpA sei, dass vorrangig die ASDAS-Kriterien (Abb. 1) verwendet werden zur Beurteilung des Krankheitsverlaufes, die BASDAI-Kriterien haben an Bedeutung verloren. Wenn trotz NSAR-Therapie eine anhaltend hohe Krankheitsaktivität vorliegt mit einem ASDAS-Score ≥2,1 wird vorgeschlagen, eine Therapie mit einem TNFα-Inhibitor (TNFα-i), IL-17-Inhibitor (IL-17-i) oder Januskinase-Inhibitor (JAK-i) zu beginnen. Obschon die Wirksamkeitsdaten für Biologika und JAK-i ähnlich sind, wird im Allgemeinen dazu geraten, zunächst einen Therapieversuch mit TNFα-i oder IL-17-i zu starten. «Für die Präferenz von TNFα-Hemmern und IL-17-Inhibitoren gegenüber JAK-Inhibitoren sind vorwiegend Sicherheitsaspekte ausschlaggebend», erklärt die Referentin.

Hinsichtlich dem IL-17-i Secukinumab zeigen Daten aus der Verlängerungsphase randomisiert-kontrollierter Studien eine geringe Rate an schwerwiegenden Infektionen, Malignitäten und kardiovaskulären Ereignissen. Bezüglich Ixekizumab, ebenfalls ein IL-17-i, ist die Datenlage gering. Dies gilt auch für JAK-i, hier liegen lediglich Daten aus Kurzzeit-RCTs vor.

Bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) und bestimmten Risikofaktoren weisen Daten der Studie Oral Surveillance darauf hin, dass JAK-i mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) und Malignitäten assoziiert sind. Die Referentin betont, dass die RA-Patientenpopulation nicht gleichzusetzen sei mit der axSpA-Population [10,14]. Dennoch mahnt sie auch bei Patienten mit axialer SpA und bestimmten Risikofaktoren in Anbetracht der geringen Datenlage bezüglich JAK-i zur Vorsicht. Jedenfalls gelte es Nutzen und Risiken im Einzelfall sorgfältig abzuwägen.

In Tabelle 1 ist die Wirksamkeit von bDMARDs und tsDMARDs auf verschiedene Manifestationen der axSpA zusammengefasst. Beobachtungsstudien weisen darauf hin, dass Adalimumab, Infliximab, Golimumab und Certolizumab pegol eine höhere Wirksamkeit aufweisen bezüglich Uveitis als Secukinumab und Etanercept [11]. Hinsichtlich der JAK-Inhibitoren Tofacitinib und Upadacitinib hierzu liegen keine Daten vor.

Behandlungsversuch mit einem DMARD gescheitert – wie weiter?

Zur Frage, was man unternehmen kann, wenn die Behandlung mit einem bDMARD nicht zielführend war, rät Prof. van der Heijde: «Dann ­sollte als Erstes die Diagnose überdacht werden». Dies gilt insbesondere dann, wenn Patienten mit Rückenschmerzen weder auf eine Therapie mit TNFα-i noch IL-17-i angesprochen haben. Liegt eine hohe Krankheitsaktivität vor, sollte man sich fragen, ob andere Komorbiditäten oder Patientenmerkmale gegeben sind, welche dies beeinflussen könnten. In solchen Fällen empfiehlt sich ein MRI, um festzustellen, ob in der Wirbelsäule Hinweise auf eine Entzündung ­vorliegen. Wie lautet die konkrete Empfehlung der aufdatierten ASAS-EULAR Empfehlungen hierzu? Diese besagt, dass nach einem ersten gescheiterten Behandlungsversuch mit bDMARD oder tsDMARD zu einem anderen bDMARD (TNFα-i oder IL-17-i) oder einem JAK-i gewechselt werden sollte. Insgesamt sei die Daten­lage zur Therapieumstellung nach gescheitertem Behandlungsversuch mit einem oder mehreren bDMARD oder tsDMRAD zum ­jetzigen Zeitpunkt eher gering, so die Referentin. Zu Secukinumab gibt es Daten, die zeigen, dass bei Patienten, die einen gescheiterten Behandlungsversuch mit TNFα-i hinter sich haben, gute Ansprechraten erzielt werden, obschon die Responseraten bei Biologika-naiven Patienten tendenziell besser waren [12]. Dasselbe Pattern zeigte sich in entsprechenden Studien zu Ixekizumab [13].

Wichtig für die Behandlung von Patienten mit axSpA sei auch stets, die übergordneten allgemeinen Therapieprinzipien zu berücksichtigen, betont die Referentin. Die Entscheidungsfindung für die bestmögliche Behandlungsoption sollte gemeinsam mit dem Patienten erfolgen («Shared decision making»). Dabei gilt es auch individuelle und soziale Kriterien miteinzubeziehen. Gegebenenfalls kann neben Wirksamkeit, Sicherheit und Kostenfaktor auch die Applikationsform (sc, iv, oral) ein Kriterium für die Auswahl der jeweils am besten passenden Behandlung sein.

Kongress: EULAR Annual Meeting

Literatur:

  1. Kiltz U, et al.: Langfassung zur S3-Leitlinie Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen, Update, Z Rheumatol 2019(78): 3–64.
  2. Rudwaleit M: Spondyloarthritiden. Z Rheumatol 2017; 76(10): 889–903.
  3. Holak G: Diagnose und Therapie der axialen Spondyloarthritis. DFP-Literaturstudium 2021, www.pains.at/wp-content/uploads/SN-1-21-DFP-Diagnose-und-Therapie-der-axialen-Spondyloarthritis_komprimiert.pdf, (letzter Abruf 14.07.2022)
  4. Rudwaleit M, et al.: The early disease stage in axial spondylarthritis: results from the German Spondyloarthritis Inception Cohort. Arthritis Rheum 2009; 60(3): 717–727.
  5. Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen, AWMF-Leitlinien Register Nummer: 060/003, Entwicklungsstufe: S3 Version: 2019.
  6. Garrett S, et al.: A new approach to defining disease status in ankylosing spondylitis: the Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index. J Rheumatol 1994; 21(12): 2286–2291.
  7. van der Heijde D, et al: ASDAS, a highly discriminatory ASAS-endorsed disease activity score in patients with ankylosing spondylitis. Ann Rheum Dis 2009; 68(12): 1811–1818.
  8. van der Heijde D, et al.: Preliminary core sets for endpoints in ankylosing spondylitis. Assessments in Ankylosing Spondylitis Working Group. J Rheumatol 1997; 24(11): 2225–2229; 321.
  9. van der Heijde D, et al.: Ankylosing spondylitis: plenary discussion and results of voting on selection of domains and some specific instruments. J Rheumatol 1999; 26(4): 1003–1005.
  10. «Targeted synthetic or biological DMARD in axial spondyloarthritis», Prof. Dr. med. Désirée van der Heijde, EULAR, 04.06.2022
  11. Lindström U, et al.: Anterior uveitis in patients with spondyloarthritis treated with secukinumab or tumour necrosis factor inhibitors in routine care: does the choice of biological therapy matter? Ann Rheum Dis 2021; 80(11): 1445–1452.
  12. Kivitz AJ, et al.: Efficacy and Safety of Secukinumab 150 mg with and Without Loading Regimen in Ankylosing Spondylitis: 104-week Results from MEASURE 4 Study. Rheumatol Ther 2018; 5(2): 447–462.
  13. Deodhar A: COAST-W Study Group. Efficacy and Safety of Ixekizumab in the Treatment of Radiographic Axial Spondyloarthritis: Sixteen-Week Results From a Phase III Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Trial in Patients With Prior Inadequate Response to or Intolerance of Tumor Necrosis Factor Inhibitors. Arthritis Rheumatol 2019; 71(4): 599–611.
  14. Kragstrup TW, et al.: Waiting for JAK inhibitor safety data. RMD Open 2022 Feb; 8(1): e002236.
  15. Haller C: Axiale Spondyloarthritis, www.kssg.ch/system/files/media_document/2022-05/Axiale%20Spondyloarthritis.pdf, (letzter Abruf 14.07.2022).

HAUSARZT PRAXIS 2022; 17(8): 16–17

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • HAUSARZT PRAXIS 

Hypertonie, Diabetes und Adipositas – mit zunehmendem Alter der Erstgebärenden nehmen auch die Risiken und die Prävalenz dieser Erkrankungen zu. Während der Schwangerschaft sind sie eine besondere Herausforderung. Andere Vorgehensweisen als gewöhnlich sind angezeigt.

Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus und Adipositas – internistische Erkrankungen im Fokus der Schwangerenvorsorge. Mit zunehmendem Alter der Erstgebärenden nehmen auch die Risiken und die Prävalenz dieser Erkrankungen zu. Auch wenn sie zum Alltag eines Internisten oder Allgemeinmediziners gehören, sind sie während der Schwangerschaft eine besondere Herausforderung und benötigen andere Therapien oder Vorgehensweisen als gewöhnlich.

Adipositas – ein unabhängiger Risikofaktor (Fall 1)

Innerhalb der letzten 40 Jahre hat der Anteil adipöser Frauen weltweit stark zugenommen. In der Schweiz hat er sich von 1992 bis 2012 verdoppelt (von 5% auf 9%), insgesamt lag der Anteil adipöser und übergewichtiger Frauen 2012 bei 32% (www.admin.ch).

Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor in der Schwangerschaft, und es gilt die spezifischen Probleme zu (er)kennen und zu therapieren. Der interdisziplinäre Ansatz ist hier von grosser Bedeutung und Grundkenntnisse über z.B. bariatrische Operationen sind von Vorteil.

Adipositas (BMI >30 kg/m2) ist mit einer Reihe von Risiken vergesellschaftet. Dies beginnt bereits in der Früh-Schwangerschaft mit häufigerem Abortgeschehen. Es zeigen sich mehr kongenitale Anomalien und während der Schwangerschaft mehr Komplikationen wie schwangerschaftsassoziierte Hypertonie, höheres Präeklampsie-Risiko und Entwicklung eines Gestationsdiabetes [1]. Unter der Geburt ist das Risiko für eine Schulterdystokie als mögliche Konsequenz einer Makrosomie höher, es kommen mehr Sectios und Einleitungen vor der 37. SSW (aufgrund Schwangerschaftskomplikationen) vor und auch das IUFT-Risiko ist erhöht. Postpartal sind Wundheilungsstörungen, postpartale Depressionen und Thrombosen häufiger zu beobachten [2].

Beratung adipöser Frauen – worauf ist während der Schwangerschaftsvorsorge zu achten?

Sicherlich ist eine Gewichtsreduktion vor der Planung einer Schwangerschaft sinnvoll. Eine bariatrische Operation sollte als mögliche Therapie besprochen werden, ist aber nicht aufgrund einer geplanten Schwangerschaft durchzuführen, sondern gemäss den gängigen Indikationen. Laut Empfehlungen sollte nach einer bariatrischen Operation zwei bis drei Jahre bis zur Planung einer Schwangerschaft gewartet werden, um das optimalste neonatale Outcome zu erzielen [3]. In den meisten Fällen wird heutzutage eine laparoskopische Magenbypass-Operation durchgeführt, also eine malabsorptive Variante. Diese Schwangeren haben ein erhöhtes Risiko für Mangelentwicklungen im Sinne von «small for gestational age»-Feten (SGA) und müssen regelmässig sowohl sonografisch verlaufskontrolliert als auch auf allfällige Mangelernährung seitens der Mutter überprüft werden (routinemässig in jedem Trimester kleines Blutbild, Ferritin, Vitamin B12, Kalzium und Vitamin D3; bei Mangel bzw. notwendiger Substitution sind monatliche Kontrollen angezeigt) [4]. Bei Durchführung des oralen Glukosetoleranztests (oGTT) ist bei diesen Frauen Vorsicht geboten, in 50% kommt es zu einem Dumping-Syndrom und es muss auf ein alternatives Screening ausgewichen werden (Nüchtern-Blutzucker und post­pran­dialer BZ während einer Woche oder HbA1c). Bei Frauen mit restriktiven bariatrischen Operationen (z.B. Magenband oder Magenschlauch) kann ein normaler oGTT durchgeführt werden. Bei Auftreten von abdominalen Schmerzen bei Frauen nach Magen­bypass-Operation soll die Indikation zur diagnostischen Laparoskopie, wegen möglicher innerer Hernie, grosszügig gestellt werden (Fall 1).

Die empfohlene Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist abhängig vom Ausgangs-BMI. Bei Übergewicht (BMI 25–29,9 kg/m2) ist eine Zunahme von 7–11,5 kg, bei Adipositas (BMI >29,9 kg/m2) von 7–9 kg adäquat.

Hypertensive Erkrankungen – Risiko für Präeklampsie (Fall 2)

Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft kommen in 4–7% der Fälle vor und sind ein Hauptgrund für maternale und fetale Morbidität und Mortalität. Zu einer normalen Schwangerschaftskontrolle gehört deshalb immer die Messung des Blutdrucks (BD). Normalerweise sind Schwangere eher hypoton, und es gibt Frauen mit einer vorbestehenden arteriellen Hypertonie, die in der Schwangerschaft normotone BD-Werte haben. Wir unterscheiden eine schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (Hypertonie ohne Proteinurie nach der 20. SSW) von einer chronischen, also vorbestehenden Hypertonie. In beiden Fällen ist das Risiko für eine Präeklampsie sehr hoch (bis 40% resp. vierfach erhöht). Wichtig ist, eine antihypertensive Therapie erst ab BD-Werten von systolisch 150–160 mmHg und diastolisch 100–110 mmHg zu beginnen (Tab. 1). Da es sich um eine Bedarfs­hyper­tonie handelt, sollte eine zu rasche oder starke Senkung des Blutdrucks möglichst vermieden werden, da sonst die Versorgung des Kindes gefährdet wird. Eine BD-Senkung hat keinen Einfluss auf die Entwicklung einer Präeklampsie, d.h. wir schützen zwar die Frau, das Risiko für eine Präeklampsie bleibt jedoch bestehen. Engmaschige Kontrollen sind in solchen Fällen angezeigt, manchmal ist auch eine stationäre Aufnahme nötig mit ggf. Geburtseinleitung. Bei manifester schwerer Präeklampsie ist diese unter einer Krampfprophylaxe mit Magnesium i.v. durchzuführen [5,6]. In der MAGPIE-Studie konnte gezeigt werden, dass die Prophylaxe das Krampfrisiko um 50% senkt [7]. In Folgeschwangerschaften senkt eine Therapie mit Aspirin Cardio®100 mg (12.–35. SSW) das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie (ca. 8%) um die Hälfte [8]. Frauen mit einer Präeklampsie haben ein erhöhtes Risiko, im späteren Leben eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln. Ein jährlicher Check von Blutdruck, Lipiden, Blutzucker und BMI ist ratsam (Tab. 2) [9].

Diabetes mellitus – danach suchen, erkennen, therapieren (Fall 3)

Bereits in den 50er Jahren hat der dänische Epidemiologe Pedersen den Zusammenhang zwischen mütterlicher Hyperglykämie und fetaler Hyperinsulinämie postuliert. Das maternale Überangebot an Zucker wird auf den Fetus übertragen, der als Reaktion grosse Mengen an Insulin produziert und als Folge makrosom wird. Postpartal fällt dann das mütterliche Zuckerangebot weg und das Neugeborene entwickelt eine Hypoglykämie.

In der gross angelegten HAPO-Studie von 2008 wurde diese Hypothese bestätigt: Eine erhöhte Glukosekonzentration hat einen engen Zusammenhang mit dem fetalen Geburtsgewicht [10]. Aus diesen Erkenntnissen hat die International Association of Diabetes and Pregnancy Study Group (IADPSG) Grenzwerte festgelegt und ein weltweites Screening bei allen Schwangeren empfohlen [11,12].

In der Schweiz haben ca. 11% der Schwangeren einen Gestationsdiabetes (GDM). Zu unterscheiden ist zwischen einem Diabetes, der in der Schwangerschaft auftritt (transienter Diabetes in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft mit spontaner Normalisierung postpartum), einem Diabetes mellitus Typ 2, der in der Schwangerschaft erstmals entdeckt wird, und einem präexistenten Diabetes mellitus Typ 1 oder 2.

Schwangerschaften mit Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 sind Risiko-Schwangerschaften und erfordern eine enge und interdisziplinäre Führung durch Spezialisten (Wachstumskontrollen mit Dopplersonografie). Bei einem gut eingestellten Gestationsdiabetes hingegen können reguläre Schwangerschaftskontrollen stattfinden (Tab. 3).

Jede Schwangere wird zwischen der 24. und 28. SSW mithilfe eines oralen Glukosetoleranztests (oGTT) gescreent (Tab. 4) [13,14].

Die Therapie des GDM besteht aus einer Ernährungsberatung und Anleitung zur Blutzucker-Selbstkontrolle. Sollte die diätetische Therapie keine Besserung der Blutzuckerwerte innerhalb von vier bis sieben Tagen bringen oder sollten die Glukose-Zielwerte in mehr als 10% aller Messungen überschritten werden, steht die Indikation zur Insulintherapie. Dies ist bei ca. 25% der Schwangeren notwendig. Auch wenn die Insulintherapie nach wie vor der Goldstandard ist, gibt es neuere Daten, die auch die Möglichkeit des Einsatzes von Metformin (Start 2× 500 mg/d, Steigerung auf 2× 1000 mg/d möglich) beschreiben. Es handelt sich hierbei aber um eine «off-label»-Anwendung, bei der noch keine Langzeitdaten vorhanden sind [15,16].

Physiologische Insulinresistenz

In der Schwangerschaft ist die maternale Insulinresistenz ein normales Phänomen, das im zweiten Trimenon beginnt und seinen Höhepunkt im dritten Trimester hat. Sie ist Resultat einer vermehrten plazentaren Sekretion von diabetogenen Hormonen. Ein Gestationsdiabetes entsteht dann, wenn die pankreatische Funktion insuffizient ist, d.h. nicht in der Lage, die Insulinresistenz zu überwinden.

Dies erklärt auch, warum Frauen mit Gestations­diabetes ein erhöhtes Risiko haben, im späteren Leben einen Diabetes mellitus zu entwickeln (50–70%): Die pankreatische Funktion hat quasi den «Stresstest» während der Schwangerschaft nicht bestanden. Zudem wird auch deutlich, dass bei abnehmendem Insulinbedarf in der Schwangerschaft eine Plazentainsuffizienz ausgeschlossen werden muss: Die Plazenta ist generell insuffizient und sezerniert dabei auch weniger diabetogene Hormone.

Wichtig ist, nach dem Diabetes zu suchen, ihn zu erkennen und richtig zu therapieren, denn die Auswirkungen des Diabetes während der Schwangerschaft sind mannigfaltig und betreffen sowohl Mutter als auch Kind. Bei der Schwangeren beobachtet man ein erhöhtes Risiko für eine Präeklampsie oder für einen Infekt, zudem steigt die Sectiorate an. Fetal werden häufiger intrauterine Fruchttode, Fehlbildungen (bei schlecht eingestelltem DM Typ 1 oder 2), Wachstumsretardierungen oder Makrosomie und Frühgeburten beobachtet. Postnatal kann es zu einer neonatalen Hypoglykämie oder Hyperbilirubinämie kommen.

Das Rezidivrisiko für einen erneuten GDM in der nächsten Schwangerschaft liegt bei 50–60%.

Take-Home-Messages

  • Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor in der Schwangerschaft.
  • Für ein optimales neonatales Outcome sollte nach bariatrischer Chirurgie zwei bis drei Jahre bis zur Planung einer Schwangerschaft gewartet werden. Schwangere nach laparoskopischer Magenbypass-Operation haben ein erhöhtes Risiko für Mangelentwicklungen («small for gestational age»-Feten, SGA) und müssen verlaufskontrolliert werden. Eine interdisziplinäre und engmaschige Betreuung ist wichtig.
  • Eine vorbestehende Hypertonie stellt ein Risiko für Präeklampsie dar. Ein korrigierter BD verändert das Krankheitsbild der Präeklampsie allerdings nicht.
  • Die Grenzwerte für Therapiestart liegen bei 150–160/100–110 mmHg.
  • Bedarfshypertonie: zu rasche oder starke BD-Senkung vermeiden!
  • Es gibt einen Zusammenhang zwischen mütterlichem Blutzucker und fetalem Outcome. Diabetes sollte man daher suchen, erkennen und therapieren. Die Insulintherapie ist nach wie vor Goldstandard.

Literatur:

  1. Farren M, et al.: The interplay between maternal obesity and gestational diabetes mellitus. J Perinat Med 2015; 43(3): 311–317.
  2. Weiss JL, et al.: Obesity, obstetric complications and ­cesarean delivery rate – a population-based screening study. Am J Obstet Gynaecol 2004; 190: 1091–1097.
  3. Parent B, et al.: Bariatric Surgery in Women of Child­bearing Age, Timing Between an Operation and Birth, and Associated Perinatal Complications. JAMA Surg 2017; 152(2): 1–8.
  4. Jans G, et al.: Maternal micronutrient deficiencies and related adverse neonatal outcomes after bariatric surgery: a systematic review. Adv Nutr 2015 Jul 15; 6(4): 420–429.
  5. Salinger DH, et al.: Magnesium sulphate for prevention of eclampsia: are intramuscular and intravenous regimens equivalent? A population pharmacokinetic study. BJOG 2013 Jun; 120(7): 894–900.
  6. Keepanasseril A, et al.: Prophylactic magnesium sulphate in prevention of eclampsia in women with severe preeclampsia: randomised controlled trial (PIPES trial). J Obstet Gynaecol 2018 Apr; 38(3): 305–309.
  7. Simon J, et al.: Cost-effectiveness of prophylactic magnesium sulphate for 9996 women with pre-eclampsia from 33 countries: economic evaluation of the Magpie Trial. BJOG 2006 Feb; 113(2): 144–151.
  8. Bujold E, et al.: Prevention of preeclampsia and intrauterine growth restriction with aspirin started in early pregnancy: a meta-analysis. Obstet Gynecol 2010; 116: 402–414.
  9. The American College of Obstetricians and Gynecologists: Hypertension in Pregnancy. 2013.
  10. The HAPO Study Cooperative Research Group: Hyperglycemia and Adverse Pregnancy Outcome (HAPO) Study: associations with neonatal anthropometrics. Diabetes 2009 Feb; 58(2): 453–459.
  11. International Association of Diabetes and Pregnancy Study Groups Consensus Panel: International association of diabetes and pregnancy study groups recommendations on the diagnosis and classification of hyperglycemia in pregnancy. Diabetes Care 2010; 33: 676–682.
  12. Legardeur H, et al.: Dépistage du diabète gestationnel: vers un nouveau consensus? Gynécologie Obstétrique & Fertilité 2011; 39: 174–179.
  13. SGGG-Expertenbrief 2011; Nr. 37.
  14. Surbeck D: Gestationsdiabetes: endlich eine einheitliche Screening-Strategie! Schweiz Med Forum 2011; 11(51–52): 965–966.
  15. Balsells M, et al.: Glibenclamide, Metformin an Insulin for the treatment of gestational diabetes: a systematic review and meta-analysis. BMJ 2015; 350: h102.
  16. Gross J, et al.: Gestationsdiabetes: Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen. Schweiz Med Forum 2017; 17(46): 1009–1014.

HAUSARZT PRAXIS 2018; 13(7): 20–24

Autoren
  • Dr. med. Natalia Conde 
Publikation
  • HAUSARZT PRAXIS 

40-jähriger Patient sucht den Gastroenterologen mit Sodbrennen und Flüssigkeitsregurgiation auf. Der sonst gesunde Patient leidet zunehmend unter den Beschwerden.

Hintergrund: Ein 40-jähriger Patient kam mit zunehmendem Sodbrennen und Flüssigkeitsregurgiation zum Gastroenterologen. Die Symptome traten jeweils nach üppigem Essen und bei Reisestress auf. Der sonst gesunde Patient war bislang unbehandelt.

Anamnese und Diagnostik: Die weiterführende Anamnese ergab, dass der Patient mit einen BMI von 30 einen Risikofaktor für Reflux aufweist, sonst aber keine Medikamente einnahm und keine zusätzlichen Komorbiditäten vorlagen. Für eine weitere Abklärung der Beschwerden wurde eine Endoskopie durchgeführt. Dabei konnte eine leichte Refluxösophagitis (Los-Angeles-Klassifikation dem Grad A), bei einer kleinen axialen Hiatushernie diagnostiziert werden.

Therapie/Verlauf: Dem Patienten wurde eine Kombinationstherapie mit einem Protonenpumpen-Inhibitor und Alginat verschrieben (40mg Esomeprazol plus Alginat, einmal täglich). Unter dieser Behandlung war der Patient nach vier Wochen beschwerdefrei. Anschliessend wurde die Einnahme des Protonenpumpen-Inhibitors gestoppt und der Patient nimmt seither keine Protonenpumpen-Inhibitoren mehr ein. Stattdessen erfolgt die Behandlung mit Alginat nach Bedarf, auf das der Patient subjektiv gut anspricht.

Kommentar von Dr. med. Marcel Halama: Der vorliegende Fall zeigt eine leichtgradige Refluxösophagitis, die durch die beiden Risikofaktoren axiale Hiatushernie und Adipositas begünstigt wurde. Für Patienten mit leichter Refluxösophagitis bietet nach einer initialen Therapie mit Protonenpumpen-Inhibitoren die bedarfsorientierte Einnahme von Alginat eine gute Behandlungsoption.

Autoren
  • Dr. med. Marcel Halama

Mit der Zunahme an Therapieoptionen werden Analysen zur Wirksamkeit und Adhärenz in Bezug auf bestimmte Subpopula­tio­nen von Psoriasispatienten immer wichtiger. Gemäss einer aktuellen Studie ist die Therapieabbruchrate bei Übergewichtigen überdurchschnittlich hoch. Die pathophysiologischen Zusammenhänge von Psoriasis und Adipositas sind komplex und vielschichtig.

Die Komorbiditätsrate ist bei Psoriasispatienten hoch, etwa 70% der betroffenen Erwachsenen haben mindestens eine Begleit­erkran­kung [1]. Die Prävalenz kardiovaskulärer Risikofaktoren wie Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes, Dyslipidämie, metabolisches Syndrom und Rauchen ist bei Psoriatikern erhöht [2]. Die Berücksichtigung von Stoffwechselerkrankungen bei der Wahl der systemischen Behandlung ist ein wichtiger Faktor, man weiss inzwischen, dass das Therapieergebnis davon beeinflusst werden kann [3]. «Im heutigen Zeitalter, mit einer Vielzahl zugelassener, hochspezifischer Therapie-optionen, spielen prädiktive Faktoren eine immer grössere Rolle in der personalisierten Medizin», so Dr. med. Julia-Tatjana Maul, Oberärztin und Leiterin der Psoriasissprechstunde sowie klinischer Studien am Universitätsspital Zürich [4,5]. Im British Journal of Dermatology ist ein interessanter Review erschienen zu der Frage, ob es prädiktive Faktoren gibt für den Erfolg einer Biologika-Therapie [6]. In dieser Sekundäranalyse konnte bezugnehmend auf 16 Kohortenstudien gezeigt werden, dass die Therapieabbruch-Rate bei Frauen und bei übergewichtigen Patienten höher war. Wie eine stratifizierte Analyse zeigte, standen Therapieabbrüche bei Frauen in Verbindung mit unerwünschten Ereignissen und bei Adipositas mit einer reduzierten Wirksamkeit.

 

IL23/Th17-Achse in der gemeinsamen Pathogenese von Psoriasis und Kardiometabolismus
In einem 2020 erschienenen Review wird die Vermutung untermauert, dass die Hochregulation des IL23-/Th17-Signalweges zusätzlich zu Lebensstilfaktoren zu einer Erhöhung kardiometabolischer Psoriasis-Komorbiditäten führt [4,5]. In diesem Zusammenhang gibt es neue vielversprechende Daten zur IL23p19-Inhibition über einen Zeitraum von 52 Wochen [12]. Dabei konnte gezeigt werden, dass Wirksamkeit und Sicherheit von Tildrakizumab unabhängig sind von metabolischen Komorbiditäten der Psoriasispatienten. Dies ergab eine post-hoc Analyse der zwei randomisiert-kontrollierten Phase-III-Studien reSURFACE 1 und reSURFACE 2 [12,13]. Ob Komorbiditäten durch eine Therapie reduziert werden, ist Gegenstand zukünftiger Langzeitstudien. Tildrakizumab gehört wie Guselkumab und Risankizumab zu den selektiven Interleukin23-(IL23-)-Antagonisten, die zur Behandlung von Patienten mit einer Plaque-Psoriasis eingesetzt werden können, die mit anderen Therapien nicht adäquat behandelt werden können.

 

Wechselwirkungsgefüge von Psoriasis und Adipositas: Entzündungsmediatoren und weitere Faktoren

Empirische Daten weisen darauf hin, dass Übergewicht durch pro-inflammatorische Signalwege ein für Psoriasis prädisponierender Faktor ist und eine Aggravierung begünstigt [7]. Studien haben gezeigt, dass Psoriasis hauptsächlich mit zentraler Fettleibigkeit verbunden ist, die sich in einem erhöhten Taille-Hüft-Verhältnis widerspiegelt [8,9]. Neben mechanischem Schutz und Isolierung ist adipöses Gewebe ein effektives Lipidspeicherorgan im Körper. Das Fettgewebe wird als endokrines Organ eingestuft, das eine zentrale Rolle bei der Regulierung der metabolischen Homöostase spielt [10,11]. Es wird davon ausgegangen, dass durch Adipositas verursachte Dysregulationen bei Psoriasis sowie bei weiteren mit Übergewicht assoziierten Krankheiten wichtige Komponenten sind. Bei krankhaftem Übergewicht kommt es zu einer Ausdehnung von weissem Fettgewebe und einer erhöhten Freisetzung von freien Fettsäuren aus weissen Adipozyten, was wiederum zu erhöhten Serumfettsäurespiegeln führt. Adipozyten und weitere Zellen im Fettgewebe sezernieren verschiedene Mediatoren, die an der Regulierung der Organfunktion, des Stoffwechsels, der Immunität und der Entzündung beteiligt sind. Die durch Fettgewebe abgesonderten Mediatoren, die Adipokine, verfügen über pro-inflammatorische Eigenschaften und tragen bei übergewichtigen Personen zu einer Vulnerabilität für Entzündungen bei, was bei (kardio)metabolischen Komorbiditäten eine wichtige Rolle spielt [10].

Ebenfalls diskutiert wird die Frage nach ­einer gemeinsamen genetischen Veranlagung für die Entwicklung von Psoriasis und Adipositas. Es ist bekannt, dass HLA-Cw6, ein grosses Psoriasis-Vulnerabilitätsgen, auch mit Fettleibigkeit in Verbindung gebracht wird. Bei Adipositas-Patienten mit dieser Genvariante ist die Häufigkeit von Psoriasis um das 35-fache höher als bei anderen Übergewichtigen [5,8]. Bei normalgewichtigen Personen mit HLA-Cw6-Positivität war das Psoriasisrisiko um den Faktor 8,33 höher als in der Vergleichsgruppe [9]. Neben einer genetisch bedingten Fehlregulation spielen auch Lebensstilfakoren eine wichtige Rolle. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Psoriasispatienten ein erhöhtes Risiko für ungünstige Ernährungs­gewohnheiten haben und sich adipöse Psoria­tiker im Alltag tendenziell in ungenügendem Masse bewegen [7].

Quelle: ZDFT 2020 

Literatur:

  1. Augustin M, et al.: Einsatz von Systemtherapeutika und Biologika in der leitliniengerechten Therapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis vulgaris. PsoNet Magazin 2017/1.
  2. Puig L, Kirby B, Mallbris L, Strohal R: Psoriasis beyond the skin: A review of the literature on cardiometabolic and psychological co-morbidities of psoriasis. Eur J Dermatol 2014; 24: 305–311
  3. Torres T: Treating psoriasis in patients with metabolic comorbidities. Psoriasis treatment, Folienpräsenta­tion, Tiago Torres, MD, PhD, EADV Congress, Madrid, 12.10.2019.
  4. Maul JT: What’s new 2019/2020: Entzündliche Dermatosen. Dr. med. Julia-Tatjana Maul, Zürcher Dermatologische Fortbildungstage (ZDFT), 14./15.05.2020
  5. Egeberg A, et al.: The role oft he interleukin-23/Th17 pathway in cardiometabolic comorbidity associated with psoriasis. JEADV 2020, DOI: 10.1111/jdv.16273
  6. Mourad A, et al. : Factors predicting persistence of biologic drugs in psoriasis: a systematic review and meta-analysis. Br J Dermatol 2019; 181(3): 450–458.
  7. Jensen P, Skov L: Psoriasis and obesity. Dermatology 2016; 232: 633–639.
  8. Setty AR, Curhan G, Choi HK: Obesity, waist circumference, weight change, and the risk of psoriasis in women: Nurses‘ Health Study II. Arch Intern Med 2007; 167: 1670–1675.
  9. Jin Y, et al: Combined effects of HLA-Cw6, body mass index and waist-hip ratio on psoriasis vulgaris in Chinese Han population. J Dermatol Sci 2008; 52: 123–129.
  10. Cao H: Adipocytokines in obesity and metabolic disease. J Endocrinol 2014; 220: T47–T59.
  11. Brembilla NC, Boehncke W-H: Dermal adipocytes’ claim for fame in psoriasis. Exp Dermatol 2016, Epub ahead of print.
  12. Lebwohl MG, et al. Tildrakizumab efficacy and safety are not altered by metabolic syndrome status in patients with psoriasis: Post-hoc analyses of phase 2 phase 3 randomized controlled studies (reSURFACE 1 and reSURFACE 2). J Am Acad Dermatol 2020; 82(2): 519–522.
  13. Reich K, et al.: Long-term efficacy and safety of tildrakizumab for moderate-to-severe psoriasis: pooled analyses of two randomized phase III clinical trials (reSURFACE1 and reSURFACE2) through 148 weeks. Br J Dermatol 2020; 182(3): 605–617.

DERMATOLOGIE PRAXIS 2020; 30(5): 34 (veröffentlicht am 8.10.20, ahead of print)

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • DERMATOLOGIE PRAXIS 

Die meisten Schwangerschaften bei Epilepsie verlaufen problemlos, gleichwohl gilt es epilepsiespezifische Probleme zu antizipieren und im Rahmen eines gezielten Schwangerschafts-«Managements» gemeinsam zwischen Arzt und Patientin zu bearbeiten. Die vorliegende Übersicht thematisiert diese Probleme vor und während der Schwangerschaft bei Geburt und postpartal.

Das Vorliegen einer Epilepsie sollte nicht zum Anlass genommen werden, trotz Kinderwunsches auf eigene Kinder zu verzichten. Die meisten Schwangerschaften bei Epilepsie verlaufen problemlos, und die meisten Kinder epilepsiekranker Mütter (und Väter) werden gesund geboren und entwickeln sich gemäss den Erwartungen. Allerdings sind bei Kinderwunsch und Schwangerschaft sehr wohl epilepsiespezifische Probleme zu antizipieren, die im Rahmen eines gezielten Schwangerschafts-«Managements» gemeinsam von Arzt und Patientin bearbeitet werden können. Die vorliegende orientierende Übersicht thematisiert diese Probleme gewissermassen chronologisch: Welche Gesichtspunkte sind vor einer Schwangerschaft, während der Schwangerschaft und bei Geburt und postpartal jeweils zu bedenken? Dabei liegt der Schwerpunkt der Betrachtung bei der Konstellation von epilepsiekranker (potenzieller) Mutter und Kind, nicht bei epilepsiebezogenen Aspekten des männlichen Kinderwunsches, nicht also beim (potenziellen) Vater. Zwar kann auch beim Mann die Fertilität durch Epilepsie und Medikamente beeinträchtigt sein [1], und auch die väterliche Epilepsie kann das Epilepsierisiko des Kindes leicht erhöhen [2]. Aber das Kind ist in der Schwangerschaft ausschliesslich den mütterlichen Medikamenten und den mütterlichen Anfällen ausgesetzt, und die Mutter, nicht aber der Kindsvater muss die Wechselbeziehungen von Epilepsie und Schwangerschaft am eigenen Leibe erfahren.

Fertilität

Die Epilepsie und zusätzlich die antikonvulsive Medikation können die weibliche Fertilität über unterschiedliche Mechanismen um 15–30% reduzieren [1]. Epilepsiekranke Frauen mit manifestem Kinderwunsch, bei denen nicht bereits im Vorfeld eine Fertilitätsstörung bekannt ist, werden aber im Vergleich zu gesunden Frauen nicht verzögert schwanger [3]. In den meisten Fällen kann eine Schwangerschaft bei Epilepsie wunschgemäss erreicht werden.

Mütterliche Gesundheitsrisiken

Frauen mit Epilepsie weisen im Vergleich zu Frauen ohne Epilepsie leicht erhöhte Risiken für Spontan­aborte, vor- und nachgeburtliche Blutungen, arterielle Hypertension und Entbindung vor der 37. Schwangerschaftswoche auf [4]. Medikamentös behandelte epilepsiekranke Frauen zeigten ein etwas erhöhtes Risiko für nachgeburtliche Blutungen im Vergleich zu Frauen mit unbehandelter Epilepsie [4]. In einer älteren Übersichtsstudie war hingegen noch kein eindeutig epilepsiebezogenes erhöhtes Risiko für Schwangerschafts­hypertonie, Präeklampsie, Spontanaborte, perinatalen Tod des Kinds oder Status epilepticus der Mutter aus den verfügbaren Daten ersichtlich geworden [5], zumindest in einer anderen Einzelstudie [6] aber ein vermehrtes Auftreten von Gestationsdiabetes.

Vererbungsrisiko

Vor einer Schwangerschaft würde man gern das Risiko für das Auftreten einer kindlichen Epilepsie abschätzen. Bei den seltenen monogenen Erkrankungen mit Epilepsie sollte angesichts des teils recht hohen Vererbungsrisikos eine spezielle humangenetische Beratung erfolgen [7]. Bei den sonstigen Epilepsien ist das Vererbungsrisiko vergleichsweise gering. Insgesamt kommt es bei etwa 4–5% der Kinder epilepsiekranker Frauen ebenfalls zur Entstehung einer Epilepsie [8]. Bei erworbenen Epilepsien mit symptomatischer Ätiologie liegt das Risiko erwartungsgemäss noch niedriger, bei den idiopathischen Epilepsien erhöht es sich maximal bis in den untersten zweistelligen Prozent­bereich um 10%.

Anfallsrisiko in der Schwangerschaft

Die Anfallssituation bleibt in der Schwangerschaft bei ca. 54–80% der Frauen unverändert; spontane Verbesserungen werden je nach Studie bei 3–24%, Verschlechterungen bei 14–32% berichtet [5]. Häufig gehen die Verschlechterungen auf selbstständige Dosisreduktionen oder Absetzen der Antikonvulsiva zurück. Auch in der Schwangerschaft ist die Anfallssituation bei unbehandelten Epilepsien ungünstiger als bei behandelten Epilepsien. Bei einer bezüglich Teratogenität wenig riskanten medikamentösen Behandlung kann ein relevant erhöhtes Fehlbildungsrisiko im Vergleich zu unbehandelten Epilepsien vermieden werden [9]. Da ohnehin auch in der Schwangerschaft die Anfallsfreiheit der Mutter als erstrangiges Therapieziel anzusehen ist, wird man den meisten Patientinnen raten, die antikonvulsive Therapie in der Schwangerschaft fortzuführen. Bei anfallsfreien behandelten Patientinnen kann vor einer geplanten Schwangerschaft eine Dosisreduktion oder ein gänzliches Absetzen nach individueller Einschätzung des Anfallsrezidivrisikos diskutiert werden. Eine Dosisreduktion kann v.a. bei Monotherapien mit Valproat, Lamotrigin oder Carbamazein von Interesse sein, da für diese Wirkstoffe ein Anstieg der Malformations­raten in Abhängigkeit von der Höhe der Dosis recht gut nachgewiesen ist [10,11]. Besonders drastisch ist dieser Effekt beim Valproat mit Raten von deutlich unter 10% bei Dosen von nicht mehr als 600 mg bis hin zu Raten von über 20% unter hohen Dosen von 1500 mg und mehr [11]. Vor Eintreten der Schwangerschaft sollte die Anfallsfreiheit oder bestmögliche Anfallskontrolle in der erreichten Therapiesituation (Beibehalten der vorherigen Medikation, Umstellung auf unproblematischen Wirkstoff, Dosisreduktion, Absetzen des AED) für mindestens sechs Monate dokumentiert werden. Bei Antikonvulsiva mit dosisabhängiger Teratogenität (z.B. Valproat, Carbamazepin, Lamotrigin) kann vor der Schwangerschaft die geringstnötige Dosis angestrebt werden, ebenfalls mit mindestens halbjähriger stabiler Medikation vor der Konzeption. Wenn vor Eintreten der Schwangerschaft Anfallsfreiheit über 9–12 Monate erreicht wurde, ist die Chance auf Anfallsfreiheit durch die Schwangerschaft hindurch ebenfalls sehr hoch (84–92%) [5].

Medikamentöse Behandlung bei Schwangerschaftswunsch

Die Wahl des Antikonvulsivums oder der Antikonvulsiva wird neben der individuellen und syndrombezogenen Wirksamkeit vor allem vom teratogenen Risiko der Wirkstoffe bestimmt. Bei behandelten Epilepsiepatientinnen sind die kindlichen Malformationsraten im Vergleich zu gesunden unbehandelten Frauen bis auf das Dreifache erhöht [12]. Vergleichsweise hohe Malformationsraten unter Monotherapie finden sich für Valproat (je nach Studie und Dosis bis weit über 10%), Primidon und in geringerem Masse für Phenobarbital und – inkonsistent – Phenytoin [13,14]. Bei neueren Antikonvulsiva wie Lamotrigin, Levetiracetam und Oxcarbazepin liegen die Malformationsraten erfreulich niedrig mit 2–4% [15,16], können aber bei Hochdosistherapien in den höheren einstelligen Prozentbereich hinein ansteigen. Andere neuere Antikonvulsiva können für den Einsatz in der Schwangerschaft (noch) nicht empfohlen werden: entweder wegen fehlender Daten (z.B. Perampanel, Brivaracetam) oder aufgrund von kritischen Hinweisen und/oder widersprüchlichen Befunden zu Fehlbildungen und Geburtsgewicht (z.B. Topiramat, Zonisamid, Pregabalin) bei noch unzureichender Datenlage, insbesondere für Monotherapien.

Bei Patientinnen, die unter einer antikonvulsiven Kombinationstherapie gut eingestellt sind, ergibt sich die Frage, ob zur Schwangerschaft dennoch auf eine Monotherapie gewechselt werden sollte. In älteren Studien [17] stieg die Malformationsrate mit der Anzahl der verabreichten Wirkstoffe deutlich an. Aktuellere Studien mit Kombinationstherapien, die auch neuere Antikonvulsiva enthalten, deuten aber darauf hin, dass unter den heutigen therapeutischen Bedingungen (mit nur noch sehr seltenem Einsatz von z.B. Phenobarbital und Primidon) erhöhte Malformationsraten speziell bei solchen Polytherapien erkennbar werden, die auch Valproat enthalten. Kombinationen ohne Valproat (z.B. mit Carbamazepin oder Lamotrigin) zeigen oft im Vergleich zu Monotherapien keine signifikant erhöhten Raten [18]. Insofern muss die frühere Faustregel, in der Schwangerschaft Polytherapien möglichst zu vermeiden, relativiert werden. Allerdings stehen weiterhin Befunde im Raum, denen zufolge Polytherapien auch die kognitive Entwicklung der Kinder negativ beeinflussen können. Da solche negativen kognitiven Effekte in Monotherapien ebenfalls in erster Linie für Valproat nachgewiesen worden sind [19–21], müssten zukünftig noch einmal spezifisch die Polytherapien ohne Valproat in Bezug auf die kindliche Kognition genauer untersucht werden.

Manche Ärzte empfehlen, bei hohen Antikonvulsivadosen eine Aufteilung auf drei Tagesteildosen vorzunehmen, um potenziell teratogene Serumkonzentrationsspitzen abzufangen [22]. Ein klinisch relevanter Effekt solcher Massnahmen ist schwer nachzuweisen. Zudem besteht bei Einführung einer zusätzlichen Mittags-Teildosis ein erhöhtes Risiko von Fehleinnahmen (Vergessen der Mittagsdosis, z.B. bei voll berufstätigen Frauen).

Valproat in der Schwangerschaft?

Die Evidenz für eine (in gewissem Masse auch dosis­abhängige) [21,23] negative Wirkung einer intrauterinen Valproatexposition auf die kindliche kognitive Entwicklung ist mittlerweile klar belegt, auch im Vergleich mit anderen und kognitiv wahrscheinlich weitgehend unbedenklichen Wirkstoffen wie Levetiracetam [24], Lamotrigin und Carbamazepin [21,25,26]. Auch kann die intrauterine Valproatexposition zur Entwicklung autistischer Züge [27] disponieren. Wenn man diese Befunde mit der hohen Fehlbildungsrate unter Therapien mit Valproat zusammen liest, stellt sich die Frage, ob nicht generell von Valproatbehandlungen während der Schwangerschaft abgesehen werden soll. Tatsächlich wird heute von den Epilepsiegesellschaften dazu geraten, Valproat bei gebärfähigen Frauen nur noch in Ausnahmefällen einzusetzen. Eine solche Ausnahme wäre z.B. gegeben, wenn – wie nicht selten bei Vorliegen einer idiopathischen generalisierten Epilepsie – Anfallsfreiheit ausschliesslich durch Valproat, nicht aber durch andere Medikamente der ersten Wahl erreicht werden kann. Auch würde man wahrscheinlich keinen Medikamentenwechsel mehr vornehmen, wenn bei ansonsten mit Valproat gut behandelter Epilepsie eine Schwangerschaft bereits eingetreten ist: Sowohl der Wechsel auf einen anderen Wirkstoff als auch (erst recht) das ersatzlose Ausschleichen des Valproat in der Schwangerschaft geht mit einer Zunahme von generalisierten tonisch-klonischen Anfällen einher [28]. Zudem sind auch häufige generalisierte tonisch-klonische Anfälle während der Schwangerschaft ein negativer Prädiktor der späteren schulischen Leistungen [19]. Aufgrund der Komplexität der Situation wird heute angeraten, für Entscheidungen über Valproattherapien bei der betroffenen weiblichen Zielgruppe standardisierte Aufklärungsformulare und Informationsbroschüren einzusetzen (für die Schweiz z.B. als Download unter www.swissmedic.ch verfügbar).

Sonstige kindliche Gesundheitsrisiken

Ein Gesundheitsrisiko des ungeborenen Kindes durch mütterliche Anfälle ist wahrscheinlich überwiegend durch das anfallsbedingte Unfallrisiko der Mütter bedingt. Einzelne Anfälle – einschliesslich generalisierter tonisch-klonischer Ereignisse – schaden dem Kind wahrscheinlich nicht punktuell, hier kann sich die höhere Sauerstoffaffinität des fetalen Hämoglobins protektiv auswirken. Wohl aber wurde über vermehrte frühzeitige Geburten und ein erniedrigtes Geburts­gewicht spezifisch bei Kindern von Müttern berichtet, die in der Schwangerschaft generalisierte tonisch-klonische Anfälle erlitten [29]. Über das Risiko hypoxiebedingter Schäden durch Status epileptici generalisierter Anfälle oder prolongierter oder serieller Grand Maux liegen keine eindeutigen Daten vor.

Kinder epilepsiekranker Frauen zeigen generell ein erhöhtes Risiko für einen erniedrigten Apgar Score [30] und ein niedriges Geburtsgewicht [4,31]. Das Risiko für intrauterinen Tod (Spontanabort oder Totgeburt) kann unter Polytherapie erhöht sein [32], während dies für Monotherapien nicht klar nachgewiesen ist. Das Risiko fetaler Wachstumsstörungen ist bei Frauen mit Epilepsie etwas höher als bei Frauen ohne Epilepsie, und ebenfalls bei medikamentös behandelter im Vergleich zu unbehandelter Epilepsie [4].

Dass die «grossen» Malformationen, also die aus gesundheitlichen oder kosmetischen Gründen korrekturbedürftigen Fehlbildungen an Herz, Urogenitalsystem, Nervensystem, Gesicht und Gliedmassen, durch bestimmte medikamentöse Behandlungskonstellationen begünstigt werden, gilt als gesichert [11]. Manche Malformationen finden sich überzufällig häufig bei bestimmten Antikonvulsiva, z.B. kardiale Fehlbildungen unter Phenobarbital oder Spaltbildungen unter Valproat [30]. Umstritten ist, ob und in welchem Masse auch die Epilepsie selbst mit einem erhöhten Malformationsrisiko einhergeht. Im positiven Fall würde man eine erhöhte Malformationsrate auch bei nicht behandelten Epilepsien erwarten; dies liess sich in einer grösseren Metaanalyse jedoch nicht nachweisen [33]. Andererseits wurde vor allem in älteren Studien argumentiert, dass (1) Malformationen bei Kindern epilepsiekranker Mütter auch schon vor der Ära der medikamentösen Therapie bekannt waren, und (2) auch väterliche Epilepsien bei gesunden und antikonvulsiv unbehandelten Müttern mit erhöhten Malformationsraten der gemeinsamen Kinder einhergehen [34]. Möglicherweise sind die sog. kleinen Malformationen, also die im allgemeinen nicht korrekturbedürftigen geringeren Abweichungen wie diskrete Dysmorphien, Mikrozephalie etc., auch unabhängig von der Medikation bei Kindern von Eltern mit Epilepsie etwas häufiger anzutreffen, während die grossen Malformationen doch eher durch die Antikonvulsiva begünstigt werden.

Folsäuresupplementation während der Schwangerschaft

Es gibt zumindest schwache Evidenz für eine Reduktion der Fehlbildungsrate durch Folsäuresupplementation von 0,4–5 mg pro Tag durch das erste Trimenon hindurch (die Supplementation sollte also schon vor der Konzeption begonnen werden) [35]. In diesem Dosisbereich sollten noch keine unerwünschten Folsäurewirkungen auftreten [36]. In der Epileptologie hat sich eine Supplementation mit 5 mg pro Tag eingebürgert, obgleich der spezifische Effekt dieser relativ hohen Dosis schwer nachweisbar ist [37]. Neuerdings finden sich auch Hinweise für ein durch Folsäuresupplementation reduziertes Risiko für die Entwicklung autistischer Züge [38], und für einen möglichen positiven Effekt auf die spätere Intelligenzentwicklung [21].

Dosisanpassungen der Antikonvulsiva

Während einer Schwangerschaft müssen die Serumkonzentrationen mancher Antikonvulsiva regelmässig überprüft werden, da u.a. aufgrund hormoneller Interaktionen und Änderungen der Pharmakokinetik relevante Minderungen der Serumkonzentrationen auftreten und somit Anfallsrezidive entstehen können. Dies gilt u.a. für Lamotrigin, Levetiracetam, Oxcarbazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Topiramat und Zonisamid [39,40]. Bei Lamotrigin kann der Effekt einer verstärkten Clearance durch aktivierte Glucuronidierung (Östrogen) hinzukommen, so dass für diesen Wirkstoff zum Erhalt der benötigten Serumkonzentration oft schrittweise Dosiserhöhungen bis ca. zur doppelten Ausgangsdosis vorgenommen werden. Da die Hochdosistherapie meist erst im zweiten oder dritten Trimenon erreicht wird, erscheinen solche Dosiserhöhungen vertretbar. Schwierig kann die Beantwortung der Frage sein, welche Serumkonzentration individuell anzustreben ist. Speziell für Lamotrigin, evtl. auch für Oxcarbamazepin und für Levetiracetam, lässt sich häufig aus der individuellen Krankengeschichte (Serumkonzentrationen postiktal bei früheren Anfällen? Serumkonzentration in Phase von Anfallsfreiheit?) ein solcher «Richtwert» extrahieren, der dann für die Therapieführung in der Schwangerschaft zugrundegelegt werden kann.

Generell sollte eine Schwangerschaft bei Epilepsie von gynäkologischer bzw. geburtshilflicher Seite als eine Risikoschwangerschaft behandelt werden mit den entsprechenden Monitoringmassnahmen inkl. Feinultraschalluntersuchungen zu den vorgesehenen Zeitpunkten.

Geburt und Postpartalperiode

Peripartal ist das Anfallsrisiko bei Epilepsiepatientinnen leicht erhöht. Dabei spielen wahrscheinlich Faktoren wie Schlafentzug, unregelmässige Medikamenteneinnahme und emotionale und physische Belastungen eine Rolle. Eine routinemässige Gabe von antikonvulsiver Bedarfsmedikation im Rahmen der Geburt wird aber nicht empfohlen, sofern nicht eine sehr hohe Anfallsfrequenz schon vorbekannt ist.

Der Geburtsmodus kann primär nach individuellen geburtshilflichen Kriterien gewählt werden. Das Vorliegen einer Epilepsie ergibt keine eigene Indikation zu einer Sectio. Allenfalls bei sehr hoher Anfallsfrequenz oder bekannter Neigung zu Status epileptici kann die Sectio aus epileptologischer Indikation gewählt werden.

Vitamin-K-Gaben an das Neugeborene werden gemäss den geltenden Empfehlungen ausgeführt [41]. Eine zusätzliche präpartale Vitamin-K-Gabe an die Schwangere ergibt sich aus epileptologischer Indikation somit nur noch bei Kombinationstherapien mit mehreren Enzyminduktoren oder bei epilepsiebedingter vorzeitiger Entbindung noch vor der 37. SSW.

Postpartal sollten die mütterlichen Antikonvulsiva-Serumkonzentrationen überprüft werden, insbesondere wenn während der Schwangerschaft Dosis­anpassungen vorgenommen worden sind. Die Konzentrationen von Lamotrigin, Levetiracetam und anderen zuvor erhöhten Wirkstoffen können in den ersten postpartalen Wochen teils massiv ansteigen, mit der Folge von Überdosierungszeichen bei der Mutter und – im Falle des Stillens – möglicherweise auch beim Kind. Ein fester Zeitplan für postpartale Dosisreduktionen mit dem Ziel des Erreichens der präpartalen Dosis kann leider nicht vorgegeben werden, da die Verläufe sehr unterschiedlich sind. Bewährt hat sich eine Fortführung der letzten präpartalen Dosis in den ersten zwei postpartalen Tagen, dann schrittweise Abdosierungen gemäss engmaschiger Serumkonzentrationsbestimmungen in den nächsten Wochen und Monaten. Bei Lamotrigintherapie sind postpartal sogar zunächst wöchentliche Serumkonzentrationsbestimmungen hilfreich, um zu vorsichtige, aber auch überschiessende und übereilte Dosisreduktionen zu vermeiden.

In der häuslichen Umgebung können die meisten Epilepsiepatientinnen die Neugeborenen in vollem Umfang selbstständig versorgen, sofern ihnen in der familiären Aufgabenverteilung diese Rolle zukommt. Zu rigide und weitreichende Betreuungseinschränkungen aufgrund der Epilepsie belasten die Mutter und die Mutter-Kind-Interaktion. Dennoch sind vor allem bei nicht anfallsfreien Müttern einige einfache Verhaltensregeln zur Unfallprophylaxe zu beachten:

  • Die Mutter sollte das Kind nicht ohne Begleitung baden, da bei Anfällen ein Ertrinkungsrisiko gegeben wäre.
  • Verrichtungen wie Wickeln etc. sollten vorsichtshalber am Boden erfolgen, nicht in erhöhter Lage (Gefahr des Sturzes vom Wickeltisch).
  • Das Tragen des Kindes auf dem Arm sollte vorzugsweise in sitzender statt stehender Position erfolgen, sofern möglich (Sturzgefahr durch Anfälle).

Stillen

Generell gilt, dass auch Kinder behandelter Epilepsiepatientinnen nicht auf die Vorteile des Stillens verzichten müssen. Die gängigen Antikonvulsiva unterscheiden sich stark in Hinblick auf die zu erwartenden kindlichen Serumkonzentrationen, welche im Übrigen nicht einfach aus den Antikonvulsivakonzentrationen in der Muttermilch abgeleitet werden können [42], da sie auch vom kindlichen Stoffwechsel abhängen. Relativ hohe Serumkonzentrationen beim Kind können durch das Stillen unter Phenobarbital, Primidon und Ethosuximid entstehen, in geringerem Masse auch unter Lamotrigin und evtl. unter Zonisamid [43]. Die Datenlage zu den klinischen Effekten des Stillens bei medikamentös behandelten Epilepsien ist insgesamt noch unzureichend [44]. Als «sicher» oder empfehlenswert werden vor allem diejenigen Wirkstoffe eingestuft, deren Pharmakokinetik bekannt und unproblematisch ist und für die bei einer angemessenen Zahl von Untersuchten keine oder nur geringe unerwünschte Effekte (Sedierung, Trinkschwäche, fehlende Gewichtszunahme) bei den Säuglingen berichtet werden. In einer aktuellen Übersicht wurden demgemäss als weitgehend unproblematisch das Levetiracetam, Carbamazepin, Phenobarbital, Primidon, und Valproat eingestuft, als unter Vorbehalt einsetzbar das Lamotrigin, Oxcarbazepin, Phenytoin, Ethosuximid, Vigabatrin, Topiramat, Pregabalin, Gabapentin und Zonisamid, als nicht empfehlenswert das Clobazam, Mesuximid, Rufinamid, Felbamat, Lacosamid, Sultiam und Perampanel [45]. In einer anderen Übersicht [43] wurden Carbamazepin, Valproat, Phenytoin als «sicher» eingestuft, als «weitgehend sicher» Lamotrigin, Oxcarbazepin, Levetiracetam, Topiramat, Gabapentin, Pregabalin, Vigabatrin, als «potenziell riskant» Phenobarbital, Primidon, Ethosuximid, Felbamat, Zonisamid und Benzodiazepine (bei ganz unzureichender Datenlage für: Perampanel, Lacosamid, Brivaracetam).

Solche Einstufungen bleiben teilweise theoretisch, da unter den wenig problematischen Wirkstoffen viele zu finden sind, deren Einsatz generell kaum noch üblich (z.B. Primidon, Phenobarbital, Phenytoin) ist oder in der Schwangerschaft ohnehin nicht empfohlen wird (z.B. Valproat, Topiramat), so dass diese vermutlich auch in der Stillzeit nicht zur Anwendung kommen werden. Dass ein Wirkstoff als «sicher» oder «kompatibel» bewertet wird, bedeutet also nicht zwangsläufig, dass er für die Stillzeit speziell empfehlenswert ist.

Die Datenlage bezüglich unerwünschter kognitiver Effekte auf das Kind durch postpartale Antikonvulsiva-Aufnahme über das Stillen ist noch verbesserungswürdig. In den bisherigen Studien [46,47] konnten eher positive als negative kognitive Effekte des Stillens unter den häufig eingesetzten Antikonvulsiva ermittelt werden; auch ein zusätzlicher negativer Effekt des Valproat zeigte sich für eine durch die Stillzeit verlängerte Exposition nicht.

Fazit

Eine unproblematische Schwangerschaft und eine gute postpartale Entwicklung des Kindes sind auch bei Epilepsiepatientinnen die Regel, nicht die Ausnahme. Die epilepsiespezifischen Aspekte der Behandlung und Schwangerschaftsführung sollten im Trialog zwischen Patientin, Gynäkologin und Epileptologin durch alle Phasen hindurch angemessen berücksichtigt werden. Die epileptologische Schwangerschaftsplanung beginnt schon lange vor der Konzeption mit einer vorauseilenden Beratung der Patientin, mit der Einstellung auf eine möglichst schwangerschaftskompatible Medikation und dem Beginn einer präkonzeptionellen Folsäuresupplementation bei konkretisierter Schwangerschaftsplanung.

Take-Home-Messages

  • Auch bei Vorliegen einer Epilepsie verlaufen die meisten Schwangerschaften für Mutter und Kind problemlos, adäquate Therapieplanung
  • und –überwachung vorausgesetzt.
  • Vor Eintreten einer geplanten Schwangerschaft sollte eine möglichst niedrig dosierte antikonvulsive Medikation etabliert werden; die mütterliche Anfallsfreiheit bleibt dabei das primäre Therapieziel.
  • Wenn möglich, sollten Therapien vermieden werden, die Valproat enthalten. In Abwesenheit von Valproat sind Kombinationstherapien mit den derzeit gängigen Wirkstoffen mit einem geringeren Fehlbildungsrisiko verbunden, als früher angenommen.
  • Für eine Schwangerschaft belegbar günstige Wirkstoffe sind v.a. Lamotrigin, Levetiracetam, Carbamazepin und Oxcarbazepin, möglichst in niedrigen Tagesdosen.
  • Medikamentös behandelte Epilepsiepatientinnen können ihre Kinder stillen, unter Beachtung möglicher unerwünschter Wirkungen, die v.a. an Sedierung, Trinkschwäche und fehlender Gewichtszunahme des Kindes erkennbar werden.

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InFo NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2018; 16(5): 18–24

Autoren
  • Prof. Dr. med. Martin Kurthen 
  • Prof. Dr. med. Dr. phil. Thomas Grunwald 
Publikation
  • INFO NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE