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Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Schlaganfälle standen auch dieses Mal wieder im Zentrum der grössten europäischen Schlaganfallkonferenz. Als weltweit führendes Forum für Fortschritte in der Forschung und klinischen Versorgung von Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen wurde ein dichtes, hochkarätiges wissenschaftliches Programm präsentiert. Darunter wichtige klinische Studien, hochmoderne Seminare, Fortbildungsworkshops, wissenschaftliche Mitteilungen, die neueste Forschung und Debatten sowie aktuelle Kontroversen.

In einer multizentrischen, prospektiven, randomisierten, scheinkontrollierten Studie wurde die Wirksamkeit der ferngesteuerten ischämischen Konditionierung (Remote Ischemic Conditioning, RIC) zur Verbesserung des funktionellen Ergebnisses nach 90 Tagen bei Patienten mit akutem Schlaganfall untersucht [1]. Insgesamt wurden 1500 Patienten mit Verdacht auf einen akuten Schlaganfall aufgenommen. Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip einer RIC oder einer Scheinbehandlung zugeteilt, die in der Ambulanz begonnen und während der Krankenhauseinweisung fortgesetzt wurde. Die Hälfte der Patienten wurde bereits in der ersten Stunde nach Auftreten der Symptome in die Studie aufgenommen. Nach Ausschluss von 149 (10%) Patienten mit transitorischer ischämischer Attacke und 382 (27%) Patienten mit einem Schlaganfall-Mimic, bestand die Zielpopulation aus 902 Patienten (436 mit RIC und 466 mit Scheinbehandlung) mit einer bestätigten Diagnose eines ischämischen oder hämorrhagischen Schlaganfalls. Die Behandlung mit RIC war nicht mit einer Verbesserung der funktionellen Ergebnisse nach 90 Tagen verbunden, was den primären Endpunkt der Studie darstellte. Bei anderen wichtigen sekundären Endpunkten war die RIC der Scheinbehandlung nicht überlegen. Die Ergebnisse konnten die Wirksamkeit der frühen Konditionierung bei akutem Schlaganfall demnach nicht nachweisen. 

Prävention des Komplikationsrisikos

Nach einem Schlaganfall treten häufig Infektionen und Fieber auf, insbesondere bei älteren Patienten. Diese Komplikationen sind mit einem erhöhten Sterberisiko und einem schlechten funktionellen Ergebnis verbunden. Ob eine vorbeugende Behandlung mit Antibiotika oder fiebersenkenden Mitteln das funktionelle Ergebnis bei Patienten mit akutem Schlaganfall verbessern kann, war Gegenstand früherer Studien – darunter drei grosse randomisierte klinische Studien. In diesen Studien verbesserte eine vorbeugende Behandlung mit Antibiotika oder fiebersenkenden Mitteln die funktionellen Ergebnisse nicht. Aber die Studien wurden in breiten Populationen durchgeführt, die Patienten mit einem geringen Risiko für Komplikationen nach einem Schlaganfall umfassten, wodurch das Potenzial für einen Nutzen dieser Massnahmen verringert wurde. 

Bei der aktuellen Studie handelt es sich um eine internationale, multizentrische, 3 × 2 faktorielle, randomisierte, kontrollierte, offene klinische Studie mit verblindeter Ergebnisbewertung [2]. Für die Studie kamen Patienten im Alter von 66 Jahren oder älter mit einem mittelschweren bis schweren ischämischen Schlaganfall oder einer intrazerebralen Blutung in Frage. Es wurde untersucht, ob die Vorbeugung von Infektionen oder Fieber mit Metoclopramid, Ceftriaxon, Paracetamol oder einer Kombination dieser Mittel in den ersten vier Tagen nach Beginn des Schlaganfalls das funktionelle Ergebnis nach 90 Tagen verbessert. Von April 2016 bis Juni 2022 wurden 1493 Patienten aus 67 europäischen Zentren aufgenommen. Nach dem Ausschluss von Patienten, die ihre Einwilligung zurückzogen oder bei denen die Nachbeobachtung verloren ging, wurden 1471 Patienten in die Intention-to-Treat-Analyse einbezogen. Es zeigte sich, dass die präventive Einnahme der oben genannten Medikamente das Risiko eines schlechten funktionellen Ergebnisses nach 90 Tagen nicht verringerte. Entsprechend sprechen die Ergebnisse nicht für den präventiven Einsatz von Antiemetika, Antipyretika oder Medikamenten bei älteren Patienten mit akutem Schlaganfall.

Früher Einsatz der oralen Antikoagulation

Etwa 80% aller Schlaganfälle werden durch den Verschluss einer Arterie im Gehirn verursacht. Bis zu 20% dieser Schlaganfälle werden durch Blutgerinnsel verursacht, die sich bei Menschen mit Vorhofflimmern im Herzen bilden. Blutverdünner, so genannte direkte orale Antikoagulanzien (DOACs), werden zur Verhinderung von Blutgerinnseln bei Menschen mit Vorhofflimmern eingesetzt. Allerdings ist unklar, wie früh nach einem Schlaganfall mit der Therapie begonnen werden sollten. Es besteht ein potenziell erhöhtes Blutungsrisiko, das in den ersten Tagen am höchsten sein kann. in den ersten Tagen am höchsten ist. Allerdings ist der potenzielle Nutzen dieser Medikamente in diesen ersten Tagen auch am grössten. Eine neue internationale klinische Studie hat sich mit dieser Kontroverse befasst [3]. 

Die Studie zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit eines Wiederholungsereignisses bei einer frühzeitigen Behandlung geringer ist, als bei einem späteren Beginn – ohne dass sich das Risiko für Komplikationen erhöht. Die Studie umfasste 2013 Teilnehmer mit einem akuten ischämischen Schlaganfall und Vorhofflimmern aus 103 verschiedenen Schlaganfallstationen in 15 verschiedenen Ländern. Basierend auf der Grösse und Lage des Infarkts in der Bildgebung (d. h. ein leichter, mittelschwerer oder schwerer Schlaganfall) wurden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip einem frühen Behandlungsbeginn oder einem späteren, von der Leitlinie empfohlenen, Behandlungsbeginn zugewiesen. Ein früher Beginn war definiert als innerhalb von 48 Stunden nach einem leichten/mittelschweren Schlaganfall oder am Tag 6–7 nach einem schweren Schlaganfall. Ein später Beginn wurde definiert als Tag 3–4 nach einem leichten Schlaganfall, Tag 6–7 nach einem mittelschweren Schlaganfall, oder Tag 12–14 nach einem schweren Schlaganfall. Der primäre Endpunkt war ein Kompositum aus wiederkehrendem ischämischem Schlaganfall, symptomatische intrakranielle Blutung, extrakranielle Blutung, systemische Embolie oder vaskulärem Tod innerhalb von 30 Tagen nach der Randomisierung. Nach 30 Tagen trat das primäre Ergebnis bei 2,9% in der frühen und 4,1% in der späten Behandlungsgruppe auf. Nach 90 Tagen betrug der Unterschied in der Rate des zusammengesetzten Ergebnisses –1,9%. Ein erneuter ischämischer Schlaganfall nach 30 Tagen trat bei 14 Teilnehmern (1,4%) in der Frühbehandlungsgruppe und bei 25 Teilnehmern (2,5%) in der Spätbehandlungsgruppe auf. Die Studie deutet auch darauf hin, dass die Häufigkeit von symptomatischen intrazerebralen Blutungen bei frühzeitiger Antikoagulation gering ist, wenn eine bildgebungsbasierte Klassifizierung verwendet wird.

Ist ein effektives Blutdruckmanagement individuell?

Die optimale Strategie für das Blutdruckmanagement bei der endovaskulären Behandlung des zerebralen Schlaganfalls ist nicht bekannt. Eine prospektive, randomisierte, offene, verblindete Endpunktstudie untersuchte daher, ob ein individualisierter Blutdruckbehandlung im Vergleich zur Standard-Blutdruckbehandlung günstigere funktionelle Ergebnisse aufzeigt [4]. Eingeschlossen wurden Patienten mit einem Schlaganfall im vorderen Kreislauf und einem NIHSS-Score (National Institutes of Health Stroke Scale) von 8 oder höher. Der primäre Endpunkt eines günstigen funktionellen Ergebnisses war definiert als ein modifizierter Rankin-Score von 0 bis 2 nach 90 Tagen. Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Sterblichkeit, das Kurzzeitergebnis, gemessen am NIHSS-Score, und Sicherheitsmassnahmen wie kritische Hypo- oder Hypertonie, Hirnblutungen und der Einsatz von Vasopressoren oder Vasodepressoren.

Während des Studienzeitraums wurden 123 Patienten mit einem individualisierten Blutdruckmanagement und 127 mit einem Standard-Blutdruckmanagement behandelt. Die Rate der günstigen funktionellen Ergebnisse nach drei Monaten unterschied sich nicht signifikant zwischen der Gruppe mit individualisierter und der Gruppe mit Standard-Blutdruckbehandlung (25% gegenüber 24%). 

Intrazerebrale Blutung operieren

Im Gegensatz zum ischämischen Schlaganfall gibt es für Patienten mit spontaner supratentorieller intrazerebraler Blutung (ICH) nur wenige Akutbehandlungsoptionen mit nachgewiesenem Nutzen. In den aktuellen Leitlinien wird eine medizinische Standardbehandlung empfohlen, die aus der Aufnahme in eine Schlaganfallstation, der Umkehrung der Gerinnungsstörung und der Kontrolle des Blutdrucks besteht. Mehrere grosse klinische Studien haben die Wirkung einer chirurgischen Behandlung, einschliesslich Kraniotomie und minimalinvasiver Chirurgie, untersucht, konnten jedoch keine positiven Auswirkungen auf das funktionelle Ergebnis zeigen. Zum Teil lässt sich dies durch die lange Zeitspanne zwischen dem Auftreten der Symptome und dem Beginn der Operation und den mit der Standardkraniotomie verbundenen Nachteile erklären. Angesichts dieser Uneinigkeit über die Rolle des chirurgischen Eingriffs bei supratentorieller ICH wurden mehrere neue Studien durchgeführt, um die minimalinvasive Entfernung von ICH-Gerinnseln mit der standardmässigen medizinischen Behandlung in verschiedenen Zeitfenstern zu vergleichen.

In der ENRICH-Studie wurde die medikamentöse Behandlung mit der minimal-invasiven trans-sulkalen, parafaszikulären chirurgischen (MIPS) ICH-Gerinnsel-Entfernung mit den BrainPath®– und Myriad®-Geräten verglichen, die innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der Symptome begonnen wurde [5]. Bei der Studie handelte es sich um ein adaptives Bayes’sches Design, das die Anreicherung einer vorab spezifizierten ICH-Population (anteriore Basalganglien [ABG] vs. lobär) ermöglichte. Das primäre Ergebnis war ein funktionelles Ergebnis nach sechs Monaten. Die Patienten wurden nach dem Ort der ICH (ABG oder lobär) und der Glasgow Coma Scale (GCS) in Blöcke randomisiert. Nach der Aufnahme von 175 Patienten wurde die Population angereichert, um sich nur auf die lobäre Population zu konzentrieren. Insgesamt wurden 300 Patienten aus 37 Zentren in den USA nach dem Zufallsprinzip in eine frühe MIPS-ICH-Gerinnsel-Evakuierung oder eine medizinische Behandlung eingeteilt, wobei 286 Patienten vollständig nachbeobachtet wurden. Von den Patienten, die für die Gerinnselentfernung randomisiert wurden (150), wurde in der primären Bayes-Analyse der mittlere UWmRS-Wert nach 6 Monaten zwischen den Behandlungsgruppen verglichen, mit einem geschätzten mittleren UWmRS-Wert von 0,374 für die MM- und 0,458 für die MIPS-Gruppe, was einer Differenz von 0,084 entspricht. Die Bayes‘sche Posteriorwahrscheinlichkeit für die Überlegenheit der Intervention lag bei 0,9813 und damit über dem vorab spezifizierten Schwellenwert von 0,975 für die Überlegenheit von MIPS gegenüber MM. Der Gesamtnutzen von MIPS scheint auf den starken positiven Effekt zurückzuführen zu sein, der bei Teilnehmern mit lobärer ICH beobachtet wurde. Dies ist die erste Studie, die bei Patienten mit supratentorieller ICH einen funktionellen Vorteil bei der chirurgischen Entfernung von Blutgerinnseln nachweist.

Kongress: 9th European Stroke Organisation Conference (ESOC)

Literatur:

  1. Blauenfeldt R, et al.: Remote ischemic conditioning in patients with acute stroke: a multicentre, randomised, patient-assessor blinded, sham-controlled study (RESIST). Presented at the European Stroke Organisation Conference; 24 May 2023; Munich, Germany.
  2. de Jonge J, et al.: Prevention of complications to improve outcome in elderly patients with acute stroke (PRECIOUS): A randomised, open, phase III, clinical trial with blinded outcome assessment. Presented at the European Stroke Organisation Conference; 24 May 2023; Munich, Germany
  3. Fischer U, Dawson J, et al.: Early vs late anticoagulation in stroke patients with atrial fibrillation. Presented at the European Stroke Organisation Conference; 24 May 2023; Munich, Germany.
  4. Schönenberger S, et al.: Effect of individualised versus standard blood pressure management during endovascular stroke treatment under procedural sedation (INDIVIDUATE) on clinical outcome. Presented at the European Stroke Organisation Conference; 26 May 2023; Munich, Germany.
  5. Hall A, et al.: Very early minimally invasive removal of intracerebral hemorrhage: the ENIRCH trial. Presented at the European Stroke Organisation Conference; 25 May 2023; Munich, Germany.

InFo NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2023; 21(4): 20–21

Autoren
  • Leoni Burggraf 
Publikation
  • INFO NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 

Sichtbare pruriginöse Läsionen an der Kopfhaut sind für viele Psoriasispatien­ten ein grosser Belastungsfaktor. Als Erstlinientherapie werden topische Präparate eingesetzt, welche aber insbesondere bei moderat bis schwer ausgeprägten Symptomen nicht immer zielführend sind. In diesen Fällen stellt eine wirksame und verträgliche Systemtherapie eine wichtige Behandlungsalternative dar. Apremilast ist eine der evidenzbasierten Therapieoptionen.

Juckreiz und Stigmatisierung gehen bei Patienten mit Psoriasis capitis häufig mit einer deutlich eingeschränkten Lebensqualität einher. Während bei leicht ausgeprägten Symptomen eine topische Behandlung ausreichend sein kann, trifft dies auf mittelgradig bis schwere Psoriasisläsionen oft nicht zu. Deshalb ist es wichtig, dass für diese Patientenpopulation evidenzbasierte systemische Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen. Dazu zählt unter anderem der Phosphodiesterase-4-(PDE-4) Inhibitor Apremilast (Otezla®). Das zu den niedermolekularen Substanzen zählende Antipsoriatikum ist in oraler Darreichungsform erhältlich und hat sich zur Behandlung von Patienten mit Plaque-Psoriasis bereits mehrfach als wirksam erwiesen, einschliesslich bei Subpopulationen von Patienten mit einer Kopfhautbeteiligung. Dies zeigen Analysen der Phase-III-Studie ESTEEM 1 und 2 sowie die placebokontrollierte Studie LIBERATE, in welcher Apremilast mit Etanercept verglichen worden war [1–3]. Bei der Studie STYLE handelt es sich um die erste prospektive randomisierte placebokontrollierte Studie zur Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von Apremilast bei Patienten mit moderater bis schwerer Kopfhautpsoriasis. Die Resultate wurden im vergangenenen Jahr im Journal of the American Academy of Dermatology publiziert [4].

Hoher Anteil der Patienten erreichte Erscheinungsfreiheit

Um die Wirksamkeit und Sicherheit von Apremilast 30 mg (2×/d) für moderate bis schwere Psoriasis capitis zu untersuchen, wurde eine doppelblinde, placebokontrollierte Phase III-Studie durchgeführt bei Erwachsenen mit moderater bis schwerer Kopfhautpsoriasis, welche ein ungenügendes Ansprechen gezeigt hatten auf mindestens eine topische Psoriasisbehandlung. Der primäre Endpunkt war der Anteil an Patienten, welche im «Scalp Physician Global Assessment» einen Score von 0 (erscheinungsfrei) oder 1 (fast erscheinungsfrei) erreichten mit einer Reduktion um mindestens 2 Punkte 16 Wochen nach Baseline. Sekundäre Endpunkte waren eine Verbesserung um mindestens 4 Punkte bezüglich Juckreiz insgesamt («Whole Body Itch») und Pruritus im Bereich der Kopfhaut («Scalp Itch Numeric Rating Scales», NRS), sowie eine verbesserte Lebensqualität («Dermatology Life Quality Index», DLQI). Insgesamt wurden 303 Patienten auf die Studienarme Apremilast (n=201) oder Placebo (n=102) randomisiert. Unter Apremilast erreichten signifikant mehr Patienten die Endpunkte hinsichtlich Scalp Physician Global Assessment (43,3% vs. 13,7%), Scalp Itch NRS (47,1% vs. 21,1%) und Whole Body Itch NRS (45,5% vs. 22,5%).

Juckreizreduktion und Verbesserung der Lebensqualität als wichtige Outcomes

Zur Bewertung des Pruritus beurteilten die Patienten Juckreizsymptome im Bereich der Kopfhaut anhand des Messinstrumentes NRS («Scalp Itch Numeric Rating Scales») auf einer Skala von 0 (kein Juckreiz) bis 10 (Juckreiz in der stärksten vorstellbaren Intensität). In Abbildung 1 sind die Datenauswertun­gen ersichtlich, welche zeigen, dass die Apremilastbehandlung in einer nachweislich geringeren Juckreizbelastung im Bereich der Kopfhaut resultierte. So erreichte bei allen Messzeitpunkten bis und mit Woche 16 nach Baseline ein signifikant höherer Anteil an Patienten der Apremilastgruppe eine Verbesserung um mindestens 4 Punkte im NRS-Score. Es handelt sich hierbei um ein bedeutsames Target, denn chronischer Juckreiz kann kann ähnlich wie chronische Schmerzen die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und führt in gewissen Fällen zu Schlafmangel, Leistungsminderung und depressiven Störungen. Dass die Patienten auch hinsichtlich ­Lebens­qualität von der Apremilastbehandlung profitierten, zeigt ein Blick auf Ausprägungen im «Dermatology Life Quality Index» (DLQI). In der Verumgruppe zeigte sich eine signifikant stärkere Verbesserung der Least-Squares-Mittelwerte (LSM) verglichen mit Placebo (–6,7 vs. –3,8; p<0,0001). LSM sind Mittelwerte, bei welchen der Einfluss von Kovariaten auf die abhängige Variable herausgerechnet wurde.

Insgesamt war die Behandlung gut verträglich, zu gelegentlichen Nebenwirkungen unter Apremilast zählten Diarrhoe, Nausea und Kopfschmerzen.

Literatur:

  1. Papp K, et al.: Apremilast, an oral phosphodiesterase 4 (PDE4) inhibitor, in patients with moderate to severe plaque psoriasis: results of a phase III, randomized, controlled trial (Efficacy and Safety Trial Evaluating the Effects of Apremilast in Psoriasis [ESTEEM 1]). J Am Acad Dermatol. 2015; 73: 37–49.
  2. Paul C, et al.: Efficacy and safety of apremilast, an oral phosphodiesterase 4 inhibitor, in patients with moderate to severe plaque psoriasis over 52 weeks: a phase III, randomized, controlled trial (ESTEEM 2). Br J Dermatol. 2015; 173: 1387–1399.
  3. Reich K, et al.: The efficacy and safety of apremilast, etanercept, and placebo, in patients with moderate to severe plaque psoriasis: 52-week results from a phase 3b, randomized, placebo-controlled trial (LIBERATE). J Eur Acad Dermatol Venereol. 2017; 31: 507–517.
  4. Van Voorhees AS, et al.: Efficacy and safety of apremilast in patients with moderate to severe plaque psoriasis of the scalp: Results of a phase 3b, multicenter, randomized, placebo-controlled, double-blind study. JAAD 2020; 83(1): 96–103.

DERMATOLOGIE PRAXIS 2021; 31(2): 34

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • DERMATOLOGIE PRAXIS 

Für eine Kohortenstudie wurden über 500 erwachsene ambulant behandelte Psoriasispatienten auf depressive Symptome gescreent. Trotz eines niedrigen medianen PASI wurde bei fast jedem vierten Patienten der Cut-off Wert für eine Depression überschritten.

Die Prävalenz psychischer Erkrankungen wie Depression und Angststörungen ist bei Patienten mit Psoriasis erhöht. Je nach Studie schwankt die Prävalenz komorbider Depression zwischen 9% und 55% [1]. Die Odds-Ratio im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung beträgt 1,57 [2]. Neben einem entstellten Erscheinungsbild, Stigmatisierung, und sozialer Isolation sind auch die systemische Entzündung und das Vorliegen anderer Komorbiditäten mögliche Erklärungen für ein gehäuftes Auftreten depressiver Störungen [3]. Bei den Whooley-Fragen handelt es sich um ein für einen Einsatz bei Psoriasis-Patienten empfohlenes Screening-Instrument [4,5]. Eine Bejahung einer der beiden Fragen folgenden Fragen erkennt eine Depression mit einer Sensitivität von 96% und einer Spezifität von 57% [4]: (1) Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos? (2) Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun? Beim BDI-II handelt es sich um die deutsche Version des revidierten Beck-Depressions-Inventars, einem Selbstbewertungs-Fragebogen mit 21 Items [6]. Die Werte reichen von 0 bis 63, wobei Werte ≥13 auf eine zumindest leichte Depression hinweisen [7]. In der 2020 im JDDG veröffentlichten Kohortenstudie wurden insgesamt 538 Patienten (medianer PASI 3,0; durchschnittlicher DLQI 5,3) auf depressive Symptome gescreent. 24,2% aller Patienten erreichten einen BDI-II-Wert ≥13 [3]. Die Ergebnisse der Whooley-Fragen waren bei 28,2% der Patienten positiv. Die beiden Verfahren wiesen eine hohe Korrelation auf (p<0,001). In der Teilgruppe mit einem BDI-II-Wert ≥13 waren die Krankheitsaktivität (medianer PASI 3,8 vs. 2,8; p=0,06) und die DLQI-Werte (Mittelwert 10,1 vs. 3,7; p<0,0001) höher sowie Psoriasis-Arthritis und Diabetes häufiger (52,6% vs. 37,8%; p=0,002 bzw. 16,2% vs. 10,0%; p=0,04) als in der Teilgruppe mit einem BDI-II-Wert <13.

Literatur:

  1. Patel N, et al.: Am J Clin Dermatol 2017; 18: 613–620
  2. Dowlatshahi EA, Wakkee M, Arends LR, Nijsten T: J Invest Dermatol 2014; 134: 1542–1551
  3. Gerdes S, et al.: JDDG 2020; 18(10): 1115–1127.
  4. Whooley MA, Avins AL, Miranda J, Browner WS: J Gen Intern Med 1997; 12: 439–445.
  5. Wohlrab J, et al.: Arch Dermatol Res 2013; 305: 91–98.
  6. Beck AT, Steer RA, Brown GK: The Psychological Corporation, San Antonio, 1996.
  7. Härter M, et al.: Dtsch Arztebl Int 2010; 107: 700–708.
Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • DERMATOLOGIE PRAXIS 

Psoriasis ist eine komplexe chronische Erkrankung, die über Hautläsionen hinausgehen und verschiedene Aspekte des Lebens beeinflussen kann. Eine entscheidende Rolle spielt die zugrunde liegende Entzündung, die zu einer Vielzahl von Begleiterkrankungen führen kann [1-3]. 
Eine frühe systemische Behandlung könnte sich sowohl für das Erreichen einer vollständigen Hautverbesserung als auch zur Reduktion der Entzündung und möglicher Komorbiditäten als vielversprechend zeigen  [4-5]
.

Die Psoriasis kann mit erheblichen körperlichen, psychologischen, sozialen und wirtschaftlichen Belastungen verbunden sein [6]. Die kumulative Wirkung dieser Faktoren kann Patient:innen in ihrer Lebensqualität einschränken und sie daran hindern, ihr volles Lebenspotenzial auszuschöpfen. Dies wird auch als kumulative Beeinträchtigung des Lebensverlaufs (cumulative life course impairment, CLCI) bezeichnet [1, 6]. Bei diesem Konzept wirkt die Belastung durch physische und psychische Komorbiditäten zusammen und verursacht lebenslange Beeinträchtigungen (Abb. 1). 

Systemische Entzündungslast

Die klinischen Symptome der Psoriasis entwickeln sich aufgrund eines mehrstufigen Prozesses, dem eine gestörte Aktivierung des angeborenen und des adaptiven Immunsystems zugrunde liegt [2, 7]. Das heute vorherrschende Modell für die Pathophysiologie der Psoriasis impliziert Abweichungen in der Antigenpräsentation durch dendritische Zellen und die damit einhergehende veränderte Differenzierung von T-Helfer-Zellpopulationen. Die verstärkte Interleukin (IL)-17-produzierende T-Zell-Antwort fördert die Rekrutierung von Immunzellen und treibt so die Bildung von psoriatischen Plaques voran [2, 4]. Die anhaltende Entzündung beeinflusst jedoch nicht nur die Hautläsionen, sondern wirkt sich auch systemisch auf verschiedene Organe im Körper aus: Die Freisetzung von entzündlichen Zytokinen wie Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-α), IL-1, IL-6, IL-17 oder IL-23 trägt zur Pathogenese von verschiedenen Begleiterkrankungen bei [3, 4].

Abbildung 1: Die mit Psoriasis assoziierte Stigmatisierung und Belastung in Bezug auf die Lebensqualität von Patient:innen kann anhaltende und negative Auswirkungen haben, die zu einer irreversiblen und kumulativen Beeinträchtigung des Lebensverlaufs (CLCI) führen können. BSA, Körperoberfläche (body surface area); CLCI, Kumulative Beeinträchtigung des Lebensverlaufs (cumulative life course impairment); PASI, psoriasis area and severity index. Adaptiert nach [1, 8, 9].

Kardiovaskuläre Erkrankungen und Psoriasis

Zu den prominentesten Begleiterkrankungen der Psoriasis gehören die kardiovaskulären (CV) Erkrankungen. Tatsächlich haben Psoriasis-Patient:innen ein 50 % höheres Risiko für CV-Erkrankungen und ein um 40 % erhöhtes Risiko für CV-bedingte Todesfälle bei schweren Psoriasis-Erkrankungen [10]. Dieses Risiko kann jedoch nur teilweise durch ein erhöhtes Vorhandensein traditioneller CV-Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettleibigkeit, oder Diabetes erklärt werden [2, 3]. 

Studien haben gezeigt, dass die systemische Entzündung bei Psoriasis-Patient:innen mikrovaskuläre Dysfunktionen auslösen kann [2]. Initial kommt es zur lokalen Freisetzung von IL-17 in der Haut, was wiederum zu einer Anhäufung reaktiver Sauerstoffspezies (reactive oxygen species, ROS) führt und die Produktion von TNF-α, IL-1β, CCL2 und Adhäsionsmolekülen wie ICAM-1 in Endothelzellen antreibt. Das erhöhte TNF-α aktiviert den NF-κB-Signalweg und die Freisetzung weiterer pro-inflammatorischer Zytokine, was zu einer endothelialen Dysfunktion führen kann. Diese Ergebnisse verdeutlichen das komplexe Zusammenspiel von Entzündungsmediatoren bei der Psoriasis und deuten auf einen direkten Zusammenhang zwischen Hautentzündung und Endotheldysfunktion hin, der letztlich zur Entstehung von CV-Erkrankungen beiträgt [2].

Psoriasis und Depression auf entzündlicher Ebene verbunden

Neben den physischen Auswirkungen kann Psoriasis auch die psychische Gesundheit beeinträchtigen, wobei Depression eine häufige Begleiterkrankung bei bis zu 30 % der Betroffenen darstellt [11]. Die psychosoziale Belastung der sichtbaren und stigmatisierenden Hauterkrankung erhöht zudem das Risiko für depressive Symptome [12]. Jedoch kann auch die systemische Entzündung zur Depression beitragen. So können erhöhte Zytokinspiegel die Aktivität der Indolamin-2,3-dioxygenase stimulieren, welche Tryptophan zu Kynurenin umwandelt [13]. Da Serotonin aus Tryptophan metabolisiert wird, führt eine Abnahme von Tryptophan zu einer Verringerung des Serotoninspiegels und könnte dadurch eine Depression begünstigen [13]. Die komplexe Verbindung zwischen Psoriasis, systemischer Entzündung und psychischer Gesundheit verdeutlicht daher die Wichtigkeit einer ganzheitlichen Behandlung.

Fazit

Psoriasis kann weitreichende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben, die über die Haut hinaus reichen können. Die zugrunde liegende Entzündung spielt dabei eine zentrale Rolle und erhöht das Risiko für verschiedene Begleiterkrankungen wie CV-Erkrankungen oder Depression. Eine wirksame und frühzeitige Behandlung ist deshalb entscheidend, um die Belastung durch Komorbiditäten zu verringern und die Lebensqualität zu erhöhen.

Gegen Hepatitis C gibt es hochwirksame Therapien – nun soll es mit Aufklärung, Prävention und Früherkennung auch gelingen, sie zu den Betroffenen zu bringen und die Virushepatitis bis 2030 in Deutschland zu eliminieren. Auf entsprechende Massnahmen haben sich Experten aus Medizin, Wissenschaft, Politik und Versorgungspraxis im Rahmen des «Strategietreffens Virushepatitis» verständigt. 

Chronische Virushepatitiden sind ein weltweites Problem: Schätzungen gehen davon aus, dass rund 240 Millionen Menschen mit dem Hepatitis B-Virus (HBV) infiziert sind und über 70 Millionen mit dem Hepatitis C-Virus (HCV). Jedes Jahr sterben mehr als eine Million Menschen an den Folgen – die Virushepatitis ist damit eine der tödlichsten Infektionskrankheiten überhaupt. Bereits vor sechs Jahren hat die WHO daher das Ziel ausgerufen, die Virushepatitis bis zum Jahr 2030 weltweit zu eliminieren. „Wir haben hierfür exzellente medizinische Mittel“, sagt Prof. Dr. Heiner Wedemeyer, Co-Direktor der europäischen Hepatitis B & C Public Policy Association (HepBCPPA) und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Mithilfe neuer antiviraler Therapien lasse sich die Infektion nahezu nebenwirkungsfrei beherrschen, im Falle der HCV-Infektion sei binnen weniger Wochen sogar eine vollständige Heilung möglich. Gegen die Hepatitis B stehe zudem eine wirksame Impfung zur Verfügung. „Nun ist es eine ethische Frage, die Therapie auch zu den Menschen zu bringen“, so Wedemeyer, der das von der Deutschen Leberstiftung und der HepBCPPA organisierte Strategietreffen leitete.

Die erste Hürde besteht jedoch bereits darin, das Ausmass der Virusverbreitung überhaupt zu erfassen. Aus Erhebungen des Robert Koch-Instituts (RKI) geht hervor, dass mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland mit Hepatitisviren infiziert sind. Genaue Zahlen fehlen jedoch, wie Dr. Ruth Zimmermann, Epidemiologin am RKI, bei dem Treffen darlegte. „Obwohl lange bekannt ist, dass die Infektionsrate bei Menschen mit intravenösem Drogenkonsum, Inhaftierten, Wohnungslosen und Menschen mit Migrationshintergrund deutlich erhöht ist, ist auch hier die Datenlage noch dünn“, kritisiert Prof. Dr. Stefan Zeuzem, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Leberstiftung und Geschäftsführender Direktor des Zentrums der Inneren Medizin am Universitätsklinikum Frankfurt am Main. Eines der im Positionspapier festgehaltenen Ziele ist es daher, die Infektionsraten in den besonders gefährdeten Gruppen, wie auch in der Gesamtbevölkerung, besser zu erfassen. Als wichtigen Schritt, um bislang unbekannte HCV- und HBV-Infektionen zu diagnostizieren, wertete die Expertenrunde das kürzlich eingeführte Screening auf Hepatitis B und C im Rahmen der „Gesundheitsuntersuchung“ (vormals „Check-up 35“). 

Erfahrungsgemäss werden allerdings gerade die vulnerablen Gruppen durch den Check-up 35 weniger gut erreicht. Hier seien aufsuchende Strategien vonnöten, die den Menschen dort ein Testangebot machten, wo sie sich aufhielten – etwa in Einrichtungen der Drogen- oder der Obdachlosenhilfe. In diesem Setting seien die Betroffenen sehr offen für Testangebote und eine mögliche Therapie, die dann entgegen gängigen Vorurteilen meist auch durchgehalten werde. Um Behandlungsbarrieren gerade im Suchtbereich abzubauen, fordert die Strategierunde auch, kleinere Drogendelikte zu entkriminalisieren – so könne Menschen mit intravenösem Drogenkonsum auch der Zugang zu Safer Use-Praktiken erleichtert werden. Wenn es jedoch zu einer Inhaftierung komme, berge der Aufenthalt im Justizvollzug theoretisch auch gesundheitliche Chancen. Denn in Einrichtungen des Strafvollzugs werde – ebenso wie in Suchtkliniken – oft konsequent auf Hepatitisviren getestet und behandelt. 

Im Bereich der Bekämpfung von Virushepatitis liegen medizinische und gesellschaftspolitische Themen eng beieinander. „Patienten mit einer Virushepatitis sind noch immer häufig von Stigmatisierung betroffen“, so Prof. Wedemeyer. Neben der Angst vor dem Stigma ist auch mangelndes Wissen ein Grund für viele Betroffene, sich der Diagnose nicht zu stellen. „Die Annahme, es stünden keine wirksamen oder aber nur mit sehr starken Nebenwirkungen behaftete Medikamente zur Verfügung, ist noch immer sehr verbreitet“, betont Prof. Wedemeyer. 

Nicht zuletzt kamen in der Runde auch rechtliche Hürden zur Sprache, die die Elimination erschweren. Denn obwohl Psychiater und Suchtmediziner überdurchschnittlich viele mit Virushepatitis Infizierte unter ihren Patienten haben, verschreiben sie die wirksamen antiviralen Mittel aus Angst vor Regressforderungen eher selten. „Hier wäre es wichtig, Rechtssicherheit zu schaffen“, so Prof. Wedemeyer – eine Botschaft, die die Politiker, die am Strategietreffen teilnahmen, mit in ihre Gremien nehmen werden. 

Denn die geforderten Massnahmen umzusetzen kostet Geld. Eine wichtige Forderung in dem aktuellen Positionspapier ist es daher, die Elimination der Virushepatitiden als öffentliche Gesundheitspriorität zu benennen und adäquat zu finanzieren. „Hier geht es zum einen um die Finanzierung der Therapie selbst“, so Prof. Wedemeyer mit Blick auf die häufig nicht-versicherten Patienten in den Risikogruppen. Zum anderen müssten aber auch Einrichtungen vor Ort wie die Drogenhilfe mit einer besseren Personaldecke ausgestattet werden, um die zusätzlichen Aufgaben bei der Hepatitis-Testung und der Therapieanbahnung bewältigen zu können. „Daher ist es wichtig, die Viruselimination seitens der Politik prioritär zu behandeln“, so Prof. Dr. Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie der Technischen Universität München (TUM) und bei Helmholtz Munich, bei der Abschlussdiskussion, an der unter anderem der Bundestagabgeordnete Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP) beteiligt war. Wie viel möglich sei, wenn die Politik die Notwendigkeit erkannt habe, zeige die Corona-Pandemie. Voraussetzung dafür sei es, Virushepatitiden in ihren vielen Facetten jenseits der reinen Medizin anzuerkennen – das wurde auf dem Strategietreffen deutlich. „Das WHO-Ziel kann nur im Schulterschluss von Wissenschaft, Medizin, Wirtschaft, Patientenorganisationen und Politik erreicht werden“, resümiert Wedemeyer.

Weitere Informationen:

http://deutsche-leberstiftung.de
http://deutsche-leberstiftung.de/presseVORIGER ARTIKELNÄCHSTER ARTIKEL

DIR KÖNNTE AUCH GEFALLEN

Die Polyarteriitis Nodosa (PAN) ist eine Vaskulitis mittlerer und kleinerer Gefässe. Die Inzidenz wird auf 1,6 bis 1,9 Fälle pro Millionen Einwohner pro Jahr geschätzt, was ein Grund dafür sein dürfte, dass die Leitlinien seit geraumer Zeit nicht mehr aktualisiert wurden und es teilweise neue Erkenntnisse gibt, die noch keinen Eingang gefunden haben. Eine Expertin gab auf dem Kongress der DGRh Überblick über die aktuelle Diagnostik und Therapie.

Ein Grund für den statistisch signifikanten Rückgang der PAN-Fälle in den vergangenen Jahren dürften die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten bei Hepatitis B sein, erklärte Prof. Dr. Ina Kötter, Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Sektion für Rheumatologie und entzündliche Systemerkrankungen des UKE, Klinikum Bad Bramstedt [1]. Bei einer Prävalenz von 30 pro Millionen Einwohner sei es aber auch nicht verwunderlich, dass es nicht viele Studien zu der Thematik gebe. «Es ist ein Problem, dass anders als bei anderen Vaskulitiden keine neuen Klassifikations- und Diagnosekriterien existieren, sondern immer noch die alten ACR-Vorgaben von 1990 gelten.» Denn einerseits stehe dort die Hepatitis B als Auslöser, was heute kaum mehr der Fall sei. Zweitens werde die Nierenbeteiligung definiert als erhöhter Serumharnstoff oder Kreatinin. «Wenn das so weit ist, kommt man natürlich schon zu spät», so die Rheumatologin. 

Die Kinderrheumatologen waren diesbezüglich schneller und haben 2010 in den EULAR/PRINTO-Kriterien für die pädiatrische PAN die Nierenbeteiligung deutlich sensitiver definiert und die Proteinurie mit einbezogen. Auch kommt die Hepatitis hier nicht mehr vor. Prof. Kötters Einschätzung nach werde es in Zukunft auch in die Richtung eines Punktesystems gehen, bei dem Faktoren wie Mononeuritis multiplex, gastrointestinale Symptomatik, Abwesenheit von MPO-ANCA, Proteinurie, Allgemeinsymptomatik, angiografische Abnormitäten, also multiple aneinander geschaltete Aneurysmen, und auch die typische Histologie jeweils mit einem Punkt zählen und die Kriterien bei Erreichen einer bestimmten Gesamtpunktzahl erfüllt sind. 

Bzgl. der Symptomatik weisen viele Patienten Arthralgien und über 60% auch Myalgien auf. Auch die Neuropathien, ZNS-Beteiligung, Hautveränderungen und Nierenbeteiligung sind relativ häufig. Einen wesentlichen Unterschied gibt es zwischen Kindern und Erwachsenen: Die Erwachsenen haben deutlich mehr periphere neurologische Beteiligung (PNS), Kinder dafür mehr ZNS-Beteiligung. «Dazu muss man noch im Hinterkopf haben, dass eine kindliche PAN immer verdächtig ist auf eine Adenosin-Deaminase-2-Defizienz (Deficiency of adenosine deaminase 2, DADA2), eine genetisch bedingte Vaskulitis mit im Vordergrund stehender ZNS-Beteiligung, aber auch mit einem Immundefekt.» 

Koronariitis – das vergessene Symptom 

In einer retrospektiven chinesischen Analyse mit 145 PAN-Patienten hatten 13,7% (n=19) Koronararterien-Aneurysmen und daraus resultierend eine KHK gefunden hat. Bei der Auswertung hat man gesehen, dass die Patienten mit Aneurysmen weniger Gewichtsverlust hatten, weniger subkutane und mehr periphere Gefässbeteiligung, vor allem kranielle Arterien, Carotis, Niere, Darm und untere Extremitäten. Auch Hypertonie trat verstärkt auf. 

Wenn jemand bei einer KHK keine typischen kardiovaskuläre Faktoren hat, dann sollte man auf jeden Fall nach weiterer Organbeteiligung schauen, Antikörper untersuchen, Entzündungsparameter checken und im Zweifel auch den Rheumatologen hinzuziehen, lautete die Schlussfolgerung. In der Multivarianzanalyse zeigte sich, dass v.a. die Beteiligung der Darmarterien (OR 3,722; p=0,033) und die Hypertonie (OR 6,668; p=0,003) Risikofaktoren für eine Koronararterien-Beteiligung waren. «Wenn man Patienten mit einer PAN und diesen Symptomen hat, dann sollte man dezidiert nach einer Koronar-Beteiligung suchen, bevor die Patienten diesbezüglich symptomatisch werden», so der Rat von Prof. Kötter. 

Ältere sind häufiger systemisch

Ein Blick auf die Altersverteilung zeigt, dass Pa­tien­ten mit einem milden kutanen Krankheitsbild jünger sind, solche mit schwerer kutaner PAN etwas älter, und Menschen mit der systemischen PAN haben das höchste Lebensalter. 

Bezogen auf das Langzeitüberleben weist die systemische PAN die schlechtesten Werte auf, «was aber spannend ist: Die häufigsten Rezidive mit Ulzera treten bei der schweren kutanen PAN treten auf», sagte die Expertin (Abb. 1). Bei der systemischen PAN kommt es also zu weniger Rezidiven als bei der schweren kutanen PAN. 

Pathogenetisch geht man von Umwelttriggern aus. Zusätzlich gibt es Komorbiditäten wie die chronische myelomonozytäre Leuk­ämie (CMML). Auch wird eine immungenetische Prädisposition vermutet. Tatsächlich, so Prof. Kötter, sei dies aber bei der PAN im Gegensatz zu anderen Vaskulitiden noch gar nicht richtig definiert und untersucht. 

Diagnostik und Therapie

Nicht jeder PAN-Patient muss an der Haut betroffen sein. Neben der Hautbiopsie stehen diagnostisch noch weitere Methoden zur Verfügung: Bei muskulärer PAN stehen MRT und Ultraschall zur Verfügung. Dort werden Hypo- und Hyperechogenitäten sichtbar, die dann mit der Entzündung im MRT korrelieren. Dazu gibt es das PET-CT: Eine aktuelle Arbeit aus Frankreich hat 10 Patienten untersucht, die alle Myalgien, Arthralgien und systemische Symptome hatten und bei denen die PAN bereits hautbioptisch gesichert war. Bei allen wurden Anreicherungen im PET-CT gefunden, entweder im Muskel, linear oder fokal, und bei 4 von 10 auch in den grossen Gefässen. 

Im Gegensatz zu den Diagnosekriterien gibt es zur Therapie der PAN Empfehlungen des American College of Rheumatology (ACR). Bei aktiver Erkrankung wird dort zu i.v. Cyclophosphamid geraten plus Methylprednisolon. Das Cyclophosphamid soll bis zur Remission beibehalten werden, dann folgt eine Umstellung auf ein anderes Immunsuppressivum, vorzugsweise MTX, AZA oder MMF. Wenn keine schwere Organbeteiligung vorliegt, werden die Immunsuppressiva direkt plus Glukokortikoid eingesetzt. Bei Refraktärität wird eine Eskalation auf die vorgenannte Therapie angeraten.

«Was nicht in den ACR-Empfehlungen vorkommt, ist die DADA2-Defizienz – diese wird direkt mit einem TNF-Inhibitor bekämpft.» Ob man die auf die Haut limitierte PAN nur mit Hydroxychloroquin behandeln kann, zog Prof. Kötter in Zweifel, «und was auch eine wesentliche Überlegung sein muss: Was machen wir denn, wenn Cyclophosphamid nicht hilft?» Für diesen Fall verwies sie  auf eine retrospektive Arbeit aus Frankreich, in der Biologika miteinander verglichen wurden, wenn auch nur in einer kleinen Kohorte zwischen 10 und 18 Patienten. 

Bei der Gegenüberstellung Rituximab vs. TNF-Blocker vs. Tocilizumab verhalf Tocilizumab zu den Remissionen, verursachte aber auch die meisten Nebenwirkungen, darunter zum Teil auch intestinale Perforationen. Der BVAS als Aktivitätsscore ging mit Tocilizumab nach 12 Monaten sogar auf 0, und auch in der Kaplan-Meier Kurve schien der Wirkstoff den anderen Substanzen überlegen zu sein.

Eine indische Untersuchung zu JAK-Inhibitoren schloss vier Fälle mit kutaner PAN ein und wies Verbesserungen auf.  Das könne vielleicht ein weiteres vielversprechendes Therapieprinzip sein, schloss die Referentin. 

Quelle: 

  1. Kötter I: Vortrag «Seltene Vaskulitiden»; Deutscher Rheumatologiekongress 2023, Leipzig, 31.08.2023.
  2. Shirai T, Shirota Y, Fujii H, et al.: Four distinct clinical phenotypes of vasculitis affecting medium-sized arteries. Scandinavian Journal of Rheumatology 2019; 48: 308-314; doi: 10.1080/03009742.2018.1551965.

InFo RHEUMATOLOGIE 2023; 5(2):26–27

Autoren
  • Jens Dehn 
Publikation
  • INFO RHEUMATOLOGIE 

Eine Hepatitis D erschwert die Therapie der Hepatitis B. Das Risiko einer Leberzirrhose ist bei gleichzeitiger HDV-Infektion stark erhöht. Aufgrund des Risikos eines fulminanten Verlaufs ist die Überwachung der Transaminasen und der Lebersyntheseleistung bei akuter HDV-Infektion von besonderer Bedeutung. Zur Behandlung steht neben pegyliertem Interferon-alpha auch Bulevirtid zur Verfügung. Im New England Journal of Medicine 2023 wurden Phase-III-Daten zu diesem Entry-Inhibitor veröffentlicht. 

Liegt neben der Hepatitis-B-Infektion eine begleitende Hepatitis-D-Infektion vor, muss diese gesondert behandelt werden, da die Nukleosid- und Nukleotidanaloga gegen Hepatitis D nicht wirksam sind. Zudem dominiert bei einer sogenannten Koinfektion zumeist das Hepatitis-D-Virus («Delta») mit einer deutlich höheren Viruslast [1]. In diesen Fällen wird bei Erwachsenen die Gabe von pegyliertem Interferon-alpha (PegIFNα) oder des Entry-Inhibitors Bulevirtid empfohlen. Bulevirtid hemmt die Aufnahme der Viruspartikel in die Leberzellen [2]. 

Fulminante und chronisch-progrediente Verläufe möglich

Eine Koinfektion mit HDV (Kasten) verläuft meist analog zur akuten Hepatitis B, mit typischerweise biphasischem Transaminasenanstieg. Bei etwa einem Drittel aller fulminanten Hepatitis-B-Infektionen findet sich eine gleichzeitige Delta-Infektion [3–5]. Bei Patienten mit vorbestehender, chronischer Hepatitis B und ausgeprägten Transaminasenanstieg sollte das mögliche Vorliegen einer HDV-Superinfektion abgeklärt werden [3–5]. Fulminante und chronisch-progrediente Verläufe mit beschleunigter Entwicklung zur Zirrhose sind häufig. Beim gleichzeitigen Nachweis von anti-HDV-IgM (über 5–6 bzw. bis 12 Wochen, danach anti-HDV-IgG) und einem hohen Titer von anti-HBc-IgM ist von einer Koinfektion auszugehen. Bei einer Superinfektion findet man anti-HDV-IgM ohne Nachweis von anti-HBc-IgM (bzw. nur niedrige anti-HBc-IgM-Titer). Eine Bestimmung der HDV-RNA zum Nachweis der HDV-Replikation ist notwendig.

Koinfektion oder Superinfektion 
Beim Hepatitis-D-Virus (HDV; Delta-Virus) handelt es sich um ein Virusoid, das RNA und das HDV-Antigen(Ag) enthält. Für die HDV-Replikation benötigt das inkomplette Virus das Hüllantigen des HBV. Die Interaktionen beider Viren beeinflusst auch das Ausmass der Virusreplikation. Die Infektion mit HDV kann gleichzeitig mit der HBV-Infektion (Koinfektion) oder bei chronischen HBs-Ag-Carriern (Superinfektion) erfolgen. 
Risikogruppen für eine HDV-Infektion entsprechen weitestgehend denjenigen der HBV-Infektion. Eine Häufung findet sich bei intravenösem Drogenabusus (20–53%) und Hämophilie-Patienten (48–80%). Eine sexuelle Übertragung ist möglich, aber weniger häufig als bei HBV, perinatale Übertragungen sind äusserst selten. In der Schweiz kommt die Infektion mit Hepatitis D nur selten vor, am häufigsten sind Infektionen in Mittelmeerländern, Osteuropa, einigen Teilen Südamerikas und den Pazifischen Inseln. In den 1980er-Jahren waren In den Mittelmeerländern rund 8–20% der HBs-Ag-Träger HDV-positiv, in den letzten Jahren ist die Infektionshäufigkeit jedoch deutlich zurückgegangen.
nach [3] 

Bei einem chronischen Verlauf sind gleichzeitig anti-HDV-IgM und -IgG nachweisbar [3–5]. Dauerhaft hohe anti-HDV-IgG Titer (>1:1000) korrelieren mit fortgesetzter Virusreplikation. HDV-Ag sind oft nur kurzfristig während der Inkubationszeit im Serum nachweisbar. HDV-RNA lässt sich bei anti-HDV-IgM-positiven Patienten mit akutem oder chronischem Infekt in Serum und Lebergewebe nachweisen. Es wird empfohlen, bei Patienten mit chronischer HBV-Infektion mindestens einmal eine HDV-Diagnostik durchzuführen. Die Impfung gegen Hepatitis B schützt auch vor einer Delta-Infektion

Therapie mit pegyliertem Interferon-alpha und/oder Bulevirtid 

Bulevirtid und PegIFNα können entweder als Monotherapie oder kombiniert eingesetzt werden [4]. Klinische Studien, in denen PegIFNα eingesetzt wurde, zeigten virologische Ansprechraten von etwa 17–47%. HDV-Spätrezidive nach Therapieende traten bei mehr als 50% der Responder-Patienten auf [4]. Bulevirtid (s.c.) ist in Europa für erwachsene Patienten mit chronischer Hepatitis D und kompensierter Lebererkrankung seit 2020 zugelassen [4]. Der Wirkstoff blockiert den Viruseintritt in Hepatozyten [4]. Bulevirtid zeigte sowohl in klinischen Studien als auch in der Praxis eine gute Wirksamkeit in Bezug auf die virologische Response (virologische Ansprechrate von etwa 50%) und das klinische Ansprechen, auch bei Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose und portaler Hypertension [6]. 

Aktuelle Studiendaten zu Bulevirtid 

In klinischen Phase-II-Studien wurde Bulevirtid sowohl als Monotherapie (MYR-202, MYR-203, MYR 204) als auch in Kombination mit PegIFNα (MYR-203, MYR-204) für unterschiedliche Dosierungen (2 mg vs. 5 mg vs. 10 mg) und Behandlungszeiträume (24 Wochen, 48 Wochen, 96 Wochen) untersucht [6–9]. Insgesamt führte Bulevirtid sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit PegIFNα zu einem Rückgang der HDV-RNA; bei der Kombinationsbehandlung war die antivirale Wirkung synergistisch und führte zu einem ausgeprägteren Rückgang der HDV-RNA [10]. 

Die Phase-III-Studie MYR-301 untersuchte die Sicherheit und Wirksamkeit der Bulevirtid-Monotherapie: 2 mg vs. 10 mg für 144 Wochen vs. 10 mg für 96 Wochen (48-wöchiger verzögerter Behandlungsarm) bei insgesamt 150 Patienten**. Eine kombiniertes Response, definiert als virologisches Ansprechen (nicht nachweisbare HDV-RNA oder ≥2 log Rückgang gegenüber dem Ausgangswert) plus biochemisches Ansprechen (ALT-Normalisierung) in Woche 48, wurde von 45% (2-mg-Arm) bzw. 48% (10-mg-Arm) der mit Bulevirtid behandelten Patienten erreicht. Die virologischen Ansprechraten betrugen 71% bzw. 76%, während eine ALT-Normalisierung bei 51% bzw. 56% der Patienten auftrat [11]. 

** 43% mit kompensierter Zirrhose

Literatur:

  1. «Hepatitis B», www.ukw.de/behandlungszentren/leberzentrum/schwerpunkte/chronische-lebererkrankungen/hepatitis-b, (letzter Abruf 08.01.2024)
  2. Sandmann L, et al.: Addendum «Antivirale Therapie der chronischen Hepatitis-D-Virusinfektion» zur S3-Leitlinie «Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B Virusinfektion» der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Mai 2023 – AWMF-Registernummer: 021-11, Konsultationsfassung.
  3. «Leber», Praktische Gastroenterologie 2011: 281–366.
  4.  «Hepatitis D», https://flexikon.doccheck.com/de/Hepatitis_D, (letzter Abruf 08.01.2024)
  5.  «Hepatitis Delta», https://www.hepatitisandmore.de/hepatitis_delta, (letzter Abruf 08.01.2024)
  6. Lampertico P, et al; Delta Cure 2022 Working Group. Hepatitis D virus infection: Pathophysiology, epidemiology and treatment. Report from the first international delta cure meeting 2022 JHEP Rep 2023 Jun 28; 5(9): 100818.
  7. Wedemeyer H, et al.: Safety and efficacy of bulevirtide in combination with tenofovir disoproxil fumarate in patients with hepatitis B virus and hepatitis D virus coinfection (MYR202): a multicentre, randomised, parallel-group, open-label, phase 2 trial. Lancet Infect Dis 2023; 23: 117–129.
  8. Wedemeyer H, et al.: 48 weeks of high dose (10 mg) bulevirtide as monotherapy or with peginterferon alfa-2a in patients with chronic HBV/HDV coinfection. J Hepatol 2020; 73: S52.
  9. Asselah A, et al.: Safety and efficacy of bulevirtide monotherapy and in combination with Peginterferon alfa-2a in patients with chronic hepatitis delta: 24-week interim data of MYR204 Phase 2b study. J Hepatol 2021; 75 (OS-2717): S291.
  10. Lampertico P, Roulot D, Wedemeyer H: Bulevirtide with or without pegIFNα for patients with compensated chronic hepatitis delta: from clinical trials to real-world studies.J Hepatol. 2022; 77: 1422–1430.
  11. Wedemeyer H, et al.; MYR 301 Study Group. A Phase 3, Randomized Trial of Bulevirtide in Chronic Hepatitis D. N Engl J Med 2023 Jul 6; 389(1): 22–32.

HAUSARZT PRAXIS 2024; 19(1): 26

Autoren
  • Mirjam Peter, M.Sc. 
Publikation
  • HAUSARZT PRAXIS 

Rund 12% der Bevölkerung leiden unter Migräne. Die neurologische Erkrankung ist weltweit der zweithäufigste Grund für ein Leben mit Behinderung und der häufigste Grund für Menschen unter 50 Jahren. Eine gute Prophylaxe reduziert das Risiko der Krankheitsprogression und kann zur Remission der Erkrankung führen. Hierfür stellen CGRP-(Rezeptor)-Antikörper und die Neuromodulation mit Cefaly zwei wichtige Säulen dar.

Die Migräne ist eine neurologische Erkrankung, unter der ca. 12% der Bevölkerung leidet [1]. Sie tritt bei Frauen etwa dreimal so häufig auf wie bei Männern. Migräne ist weltweit der zweithäufigste Grund nach unteren Rückenschmerzen für ein Leben mit Behinderung und der häufigste Grund für Menschen unter 50 Jahren [2]. Menschen mit chronischer Migräne verlieren etwa 14% ihrer jährlichen Produktivität, und 20% davon berichten, dass sie nicht in der Lage sind, Aufgaben zu erfüllen, die für ihre Arbeit erforderlich sind [3]. Jährlich entstehen dadurch sowohl für Betroffene als auch für Arbeitgeber und das Gesundheitssystem erhebliche Kosten.

Die Essenz der Erkrankung ist, dass bei betroffenen Patienten lebenslang eine Veranlagung zu Migräneattacken besteht. Der Pathomechanismus der Attacke ist nicht vollständig aufgeklärt. Die wichtigste Erkenntnis der letzten Jahre ist, dass die Kopfschmerzattacke selbst am ehesten mit einer Dysfunktion diencephaler und mesencephaler Strukturen assoziiert ist, namentlich dem Hypothalamus und dem periaquäduktalen Grau [4]. Unmittelbar vor Attacken kommt es durch die Fehlfunktion dieser Areale zu einer Verarbeitungsstörung sensorischen Inputs, v.a. sensibel aus den Bereichen des N. trigeminus, verantwortlich für die Schmerzen, aber auch aus anderen Bereichen wie dem gastrointestinalen (Nausea, Erbrechen) oder dem visuellen/auditiven (Photophobie/Phonophobie) System [5]. Neben diesem zentralen Mechanismus hat sich zuletzt das Neuropeptid calcitonin gene-related peptide (CGRP), als hoch relevant erwiesen. Dieses ist in Migräneattacken im Jugularvenenblut erhöht und fällt nach erfolgreicher Therapie mit Sumatriptan wieder ab [6,7]. Weiterhin können Infusionen mit CGRP bei Patienten mit Migräne Kopfschmerzattacken triggern, und die Blockade von CGRP-Rezeptoren kann Migräneattacken stoppen [8,9]. Die Entwicklung von Antikörpern gegen das CGRP-System hat im letzten Jahrzehnt die Migränetherapie revolutioniert, und die oralen CGRP-Rezeptor-Blocker werden auch in den nächsten Jahren in der Schweiz zunehmende Bedeutung erhalten. 

Ziel dieses Artikels ist eine Übersicht über die gängigen und neuartigen Verfahren zur Migräne­therapie mit einer Betonung auf die Herausforderungen bei der Anwendung im Alltag.

Therapie

Die Therapie der Migräne besteht aus zwei Hauptsäulen: die bedarfsgerecht eingenommene Akuttherapie mit dem Ziel der Linderung des Migräneschmerzes sowie die regelmässig eingenommene Basistherapie mit dem Ziel der Reduktion der Frequenz und auch der Intensität bzw. Dauer der Migräneattacken.

Akuttherapie: Bei leichteren Attacken sind weiterhin NSAR ausreichend, während für mittlere bis starke Migräneattacken bzw. bei fehlendem Ansprechen Triptane eingesetzt werden, welche spezifische Migränemedikamente darstellen. Die Triptane unterscheiden sich untereinander hinsichtlich Wirkstärke, Wirkdauer und Applikationsart. Stark wirksam und mit schnellem Wirkeintritt sind beispielsweise subkutanes und nasales Sumatriptan, nasales Zolmitriptan und Eletriptan bzw. Rizatriptan. Bei langanhaltenden Attacken sind Präparate mit langer Halbwertszeit, wie Naratriptan, Frovatriptan oder die Kombination eines Triptans mit dem lang wirksamen NSAR Naproxen eine Option. Almogran, Naratriptan und Frovatriptan sind Präparate mit einem günstigen Nebenwirkungsprofil.

Die teilweise vasokonstriktorisch bedingten Nebenwirkungen sind: passagerer Blutdruckanstieg, selten Durchblutungsstörungen, EKG-Veränderungen, Herzrhythmusstörungen, Parästhesien der Extremitäten, Kältegefühl bis zu dem in der klinischen Praxis sehr seltenen Raynaud-Syndrom, Schwindel, Benommenheit bzw. Müdigkeit und Flush.

Wichtig ist, dass ein Medikamentenübergebrauchskopfschmerz vermieden wird. Dieser liegt gemäss ICHD-3 Klassifikation vor bei Patienten, die chronischen Kopfschmerz haben, also mehr als 15 Kopfschmerztage mit Medikamenteneinnahme an >10 Tagen/Monat für Triptane oder >15 Tagen/Monat für Analgetika.

Basistherapie: Die Basistherapie besteht aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Massnahmen. Wichtig zu erwähnen ist, dass eine optimale Basis­thera­pie das Risiko der Krankheitsprogression signifikant reduzieren kann (von 6,8% auf 1,9%) [10].

Nicht-medikamentöse Massnahmen

Hierbei handelt es sich um einen gesunden Lebensstil mit regelmässigen Schlafens- und Essenszeiten, ausgewogener Ernährung und regelmässigem Sport (mind. 3x30Min pro Woche). Neue Studien zeigen sogar, dass Krafttraining leicht wirksamer ist als Ausdauersport [11]. Auch Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelrelaxation nach Jakobson sind wichtig und können eine Reduktion der Migränetage um über 40% erreichen [12]. Die Instruktion ist einfach und kann von Physiotherapeuten vermittelt oder auch im Selbststudium erlernt werden (z.B. via InselApp oder auf Youtube). Weitere nicht medikamentöse Massnahmen sind Biofeedback, psychologische Schmerztherapie und ggf. kognitive Verhaltenstherapie.

Medikamentöse Massnahmen

Der Einsatz einer medikamentösen Prophylaxe wird individuell je nach Leidensdruck und Einstellung des Patienten entschieden. Mehr als vier Migräneattacken pro Monat, langanhaltende Attacken, unzureichendes Ansprechen auf Akuttherapie, Medikamentenübergebrauch, häufige migränebedingte Fehltage sowie ein stattgehabter migränoser Infarkt stellen die typische Indikation für den Beginn einer medikamentösen Basistherapie dar (Abb. 1). Wichtig für die Wahl der Therapie ist die Berücksichtigung der Komorbiditäten des Patienten zur Vorbeugung von unerwünschten Nebenwirkungen. Im Fall eines Kinderwunsches sind in Absprache mit dem Gynäkologen bzw. der Gynäkologin typischerweise Betablocker sowie Amitriptylin möglich. Bei den anderen Substanzen wie Topiramat oder Flunarizin sollte bei Frauen im gebärfähigen Alter immer auch auf die Wichtigkeit der Kontrazeption hingewiesen werden. 

Am besten durch kontrollierte Studien belegt, ist die prophylaktische Wirkung der Betablocker Propranolol und Metoprolol, des Kalziumantagonists Flunarizin, der Antikonvulsiva Valproinsäure und Topiramat und des Antidepressivums Amitriptylin. Auch das Antihypertensivum Candesartan und das SNRI Venlafaxin stellen gute Alternativen dar. Wichtig sind ein langsames Eindosieren sowie die Aufklärung über Nebenwirkungen.

Die Basistherapie sollte über drei Monate eingenommen und die Wirksamkeit anhand des Kopfschmerzkalenders evaluiert werden. Bei Wirksamkeit über mindestens sechs Monate kann eine vorsichtige Reduktion versucht werden. Onabotulinumtoxin Typ A ist in der Schweiz nicht zur Therapie der Migräne zugelassen, kann aber im Einzelfall über eine Kostengutsprache beantragt werden. Es zeigte sich in den beiden Phase-III-Studien PREEMPT 1 und 2 effektiver als Placebo in der Prophylaxe der chronischen Migräne (mittlere Reduktion der monatlichen Kopfschmerztage um 8,4 unter Onabotulinumtoxin Typ A vs. 6,6 unter Placebo; p<0,001) [14]. Gemäss PREEMPT-Schema erhält der Patient 31 Injektionen an sieben spezifischen Kopf- und Nackenmuskelbereichen mit einer Mindestdosierung von 155 Einheiten. Der Abstand zwischen den Behandlungen beträgt drei Monate.

Hindernisse

Ein häufiges Problem bei Migränepatienten ist die «lange Reise» des Patienten bis zur Diagnosestellung bzw. Behandlung. Viele Patienten versuchen zunächst Medikamente aus ihrem Bekanntenkreis oder Präparate, die sie im Internet finden oder von ihrem Apotheker erhalten. Wenn im Verlauf der Leidensdruck steigt, wird der Hausarzt aufgesucht. Es kann Monate bis Jahre dauern bis der Patient zu einem Neurologen oder einem auf Kopfschmerzen spezialisierten Neurologen überwiesen wird. Dieser lange Leidensweg ist oftmals auch mit Angst, Hoffnungslosigkeit, Frustration und Skeptizismus gegenüber Medikamenten verbunden. 

Ein weiteres Problem stellt der geringe Anteil Patienten dar, die eine Basistherapie erhalten. Trotz ärztlicher Beratung erhielten in einer Studie nur 26% der Patienten eine Basistherapie, die Anspruch auf eine solche haben. Zirka zwei Drittel der Patienten mit chronischer Migräne haben noch nie eine Basistherapie erhalten [15]. Erschwerend kommt hinzu die geringe Adhärenz. Etwa 80% der Patienten mit chronischer Migräne brechen die Therapie im ersten Jahr ab [16]. Ähnliche Zahlen ergeben sich auch für Patienten mit episodischer Migräne [17]. Die Hauptgründe dafür sind unklar, aber fehlende Hoffnung, dass das Medikament überhaupt wirkt, die Sorge vor Nebenwirkungen, die Kosten sowie ein gewisser Skeptizismus von jungen Menschen gegen eine täglich eingenommene orale Medikation sind sicherlich relevant.

Optionen und neuere Erkenntnisse

Wichtig ist, dass die primären Ansprechpersonen für die Patienten (Apotheker, Hausarzt) die komplexeren Fälle frühzeitig erkennen. Schwerer betroffene Patienten haben gehäufte Migräneattacken oder sogar einen Dauerkopfschmerz; sie benötigen regelmässig Schmerzmitteln und haben damit ein erhöhtes Chronifizierungsrisiko oder sprechen, wenn überhaupt, nur vorübergehend auf die konventionellen Analgetika bzw. Basistherapeutika an.

Antikörpertherapie: Ein grosser Fortschritt bei der Behandlung der Migräne ist die Anwendung der monoklonalen Antikörper, welche seit wenigen Jahren in der Schweiz zugelassen sind. Diese Medikamente unterliegen einer Limitatio. Sie dürfen bei therapierefraktären Migräne-Patienten mit hochfrequenter episodischer (≥8 Migränetage/Monat) oder chronischer Migräne angewendet werden. Therapierefraktär ist in diesem Zusammenhang definiert als eine erfolglose oder aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochene vorangegangene Behandlung mit mindestens zwei der folgenden Medikamente: Betablocker (Metoprolol oder Propranolol), Amitriptylin, anfallsunterdrückende Medikation (v.a. Topiramat, aber auch Valproat) und Kalziumantagonisten (v.a. Flunarizin). Alternativ müssen Kontraindikationen für alle vier Gruppen vorliegen. Vorteile dieser Substanzen sind der schnelle Wirkeintritt, die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit und die einfache Anwendung (1× pro Monat, bei einigen 1× alle drei Monate). Damit ist eine bessere Adhärenz verglichen mit den oralen Therapeutika zu erwarten. Die Hauptnebenwirkungen sind Obstipation und lokale Reaktion im Bereich der Injektionsstelle. Nachteile der Therapie sind sicherlich die recht hohen Kosten, die oben beschriebene komplexe Limitatio und natürlich die relativ kurze Zeit, die die Präparate erhältlich sind mit entsprechend geringer Erfahrung. Beispielsweise fand sich in den letzten Jahren ausserhalb der Phase-III-Studien, dass die CGRP-Antikörper vermutlich ein Raynaud-Syndrom teilweise deutlich verschlechtern können, und dass bei manchen Patienten mit arterieller Hypertonie oder Kardiopathie eine genauere Überwachung notwendig sein könnte.

Konkret handelt es sich bei diesen Medikamenten um Antikörper gegen den CGRP-Rezeptor (Erenumab) oder gegen den CGRP-Liganden selbst (Eptinezumab, Fremanezumab, Galcanezumab). Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab werden subkutan verabreicht, Eptinezumab intravenös. 

Da Eptinezumab intravenös verabreicht wird, wirkt es besonders schnell. Wenn die Prophylaxe beispielsweise innerhalb einer Attacke begonnen wird, sind 46,6% der Patienten innerhalb von vier Stunden schmerzfrei im Vergleich zu 26,4% in der Placebo-Gruppe [18]. Zu betonen ist, dass Eptinezumab nicht zur Akuttherapie der Migräne zugelassen ist. Limitierend ist möglicherweise der notwendige Spitalbesuch für die Infusion. Fremanezumab zusammen mit Eptinezumab bieten den Vorteil der einmaligen Anwendung über drei Monate, im Gegensatz zu Erenumab und Galcanezumab, welche 1× Monat gespritzt werden. Bei Galcanezumab soll ein Loading mit zweifacher Dosierung bei der ersten Applikation erfolgen. Erenumab bietet den Vorteil der möglichen Dosiserhöhung (von 70 mg auf 140 mg). 

Neuromodulation: Bei den neuromodulatorischen Ansätzen wirken elektrische und/oder magnetische Stimulationsverfahren direkt auf die Nervenzellen im Gehirn oder periphere Nerven mit dem Ziel der Erhöhung der Schmerzschwelle und damit Reduktion der Häufigkeit und Intensität des Schmerzempfindens. Vorteil der Neuromodulation, insbesondere der nicht-invasiven Verfahren, ist das Fehlen systemischer Nebenwirkungen und die damit anzunehmende bessere Toleranz im Vergleich zu den oralen Medikamenten. Zudem können diese Verfahren täglich angewendet werden als Akuttherapie ohne Gefahr eines Übergebrauchkopfschmerzes.

Man unterscheidet invasive Verfahren, bei denen ein Stimulator mit Elektroden implantiert wird, und nicht invasive Verfahren, bei denen Geräte an der Haut vom Patienten selbst eingesetzt werden. Bei den nichtinvasiven Verfahren wird in diesem Artikel auf die transdermale Stimulation des Nervus vagus und des N. supraorbitalis eingegangen. Invasive Verfahren wie die Nervus-occipitalis-Stimulation sollten therapieresistenten Fällen vorbehalten sein und nur nach interdisziplinärer Evaluation durch Neurologen mit Neurochirurgen und den Kollegen der Psychosomatik angewandt werden.

Transkutane Stimulation des N. supraorbitalis (Cefaly®)

Nach Anbringen einer selbstklebenden Elektrode auf der Stirn wird Cefaly magnetisch an die Elektrode angeschlossen. Durch die Elektrode werden dann präzise Mikroimpulse an den supraorbitalen und supratrochlearen Äste des Nervus ophthalmicus gesendet, um entweder die Kopfschmerzen bei einem Migräneanfall zu lindern (akute Behandlung) oder um zukünftige Migräneanfälle zu verhindern (präventive Behandlung).

Das Gerät bietet zwei verschiedene Programme: Ein Programm für die Basistherapie, welche täglich angewendet wird für ca. 20 Minuten (niederfrequente Stimulation) und ein zweites Programm für die Akut-therapie über 60 Minuten (hochfrequente Stimulation). Zahlreiche Studien unterstützen den Effekt von Cefaly bei Migräne. Eine sham-kontrollierte Doppelblindstudie zum Beispiel zeigte eine 19% Reduktion der Migräneattacken in der Verum Gruppe im Vergleich zu 3% Reduktion in der Placebo Gruppe [19]. In einer amerikanischen offenen Pilotstudie ergab sich eine 57,1%-ige Reduktion der mittleren Schmerzintensität nach einstündiger Anwendung des Geräts [20].

In der Schweiz wird das Gerät zunächst von den Patienten direkt vom Hersteller erworben. Sollte der Patient nicht davon profitieren, kann er es zurückschicken und erhält eine teilweise Rückerstattung des Kaufpreises. Bei Wirksamkeit ist eine teilweise Rückerstattung als TENS-Gerät per Rezept möglich.

Transkutane Stimulation des N. vagus (GammaCore®)

Die Vagusnervstimulation wird seit längerem zur unterstützenden Therapie von schwer behandelbaren Epilepsien und Depression eingesetzt. Es wurde bereits gezeigt, dass bei chronischen Schmerzen häufig der Vagusnerv weniger aktiv ist und damit der Ausgleich zwischen Sympathikus und Parasympathikus gestört ist. Gelingt es, den Parasympathikus zu stimulieren, spüren die Patienten weniger Schmerzen.

Einige Studien zeigten einen Effekt beim Clusterkopfschmerz [21]. Ausserdem konnte gezeigt werden, dass die Vagusnervstimulation die kortikale Streu­depo­la­risation (Cortical Spreading Depression)hemmt, welche möglicherweise der Migräneaura zugrunde liegt [22]. Offene Studien lassen einen Effekt auch für die Behandlung von akuten Migräneattacken vermuten [23,24]. Zwei grosse, placebo-kontrollierte, doppelblinde Studien zeigten allerdings nur eine geringe, nicht-signifikante Reduktion der Migränetage gegenüber Sham-Stimulation [25,26].

Die Vagusnerv-Stimulation mit gammaCore® erfolgt in der Regel 2× pro Tag (empfohlen: morgens und abends mit je 2–3 Stimulationen). Diese dauern jeweils 90 Sek. Das Gerät ist ab der ersten Aktivierung maximal 31 Kalendertage verwendbar und ermöglicht bis zu 300 Stimulationen. Somit besteht über die regelmässige Prophylaxe (ca. 186 Stimulationen) hinaus genügend Kapazität für (akuttherapeutische) Reservestimulationen.

Momentan ist das Gerät nicht in der Schweiz verfügbar, und die aktuelle Studienlage ist bisher nicht überzeugend. Für den Einzelfall kann es aber als individueller Heilversuch beispielsweise aus UK bestellt werden. Kontraindikationen für das Cefaly Gerät und das Gamma-Core stellen implantierte elektronische Geräte wie Herzschrittmacher dar.

Prävention im Alltag

Monoklonale CGRP-Antikörper können beitragen, ungedeckte Bedürfnisse in der Migräneprävention im Alltag zu erfüllen. Die Erkenntnisse aus dem Praxisalltag (Real-World-Evidence Data) zeigen ein vergleichbares Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil im Vergleich zu den randomisierten Zulassungsstudien. Erwähnenswert sind die Daten aus der Garlit-Studie [27]. Es handelt sich um eine multizentrische, prospektive Beobachtungskohortenstudie aus Italien mit 163 Teilnehmern mit hochfrequenter episodischer Migräne (HFEM, 8–14 Migränetage pro Monat) und chronischer Migräne (CM). Die Patienten erhielten eine Loading Dose von Galcanezumab 240 mg s/c, gefolgt von 120 mg s/c monatlich. 

Nach sechs Monaten verringerten sich die monatlichen Migränetage bei HFEM-Patienten um acht Tage und die Migränekopfschmerztage bei CM-Patienten um 13 Tage. Zudem kam es zu einer raschen Reduktion der Migränetage bereits im ersten Behandlungsmonat bei über 60% der Patienten, welche über die sechs Monate anhielt. 76,5% der HFEM und 63,5% der CM-Patienten erreichten eine 50%-ige Ansprechrate über drei aufeinanderfolgende Monate. Zudem zeigt sich ein günstiges Verträglichkeitsprofil mit 10,3% unerwünschten Ereignissen über sechs Monate, am häufigsten Obstipation und Reaktionen an der Injektionsstelle. Es wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse gemeldet.

In einer Real-World-Studie mit 26 Patienten mit chronischer Migräne mit und ohne Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch, bei denen mindestens drei präventive Therapien versagt hatten, zeigte sich für 62% der Patienten ein Wechsel von chronischer zu episodischer Migräne im ersten Behandlungsjahr [28]. Im Gegensatz dazu liegt die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Remission bei nur 26,1% über zwei Jahre. Die oben genannten Daten beziehen sich auf Galcanezumab, die Erfahrung aus dem klinischen Alltag ergibt allerdings vergleichbare Ergebnisse für alle Antikörperpräparate.

Zusammenfassung

Aktuell gibt es eine grosse Zahl an wirksamen Therapieverfahren zur Behandlung der Migräne. Man unterscheidet Akuttherapie und Basistherapie sowie medikamentöse und nichtmedikamentöse Verfahren. Eine gute Prophylaxe reduziert das Risiko der Krankheitsprogression und kann zur Remission der Erkrankung führen. Leider erhält nur ein kleiner Teil der Migränepatienten eine Basistherapie, obwohl diese indiziert wäre. Und die Patienten, die eine Prophylaxe erhalten zeigen oftmals eine geringe Medikamenten-Adhärenz. Dies zu verbessern ist eine gemeinsame Aufgabe aller an der Versorgung von Migränepatienten beteiligten Berufsgruppen. Obwohl erst seit wenigen Jahren in der Schweiz zugelassen, stellen die CGRP-(Rezeptor)-Antikörper bereits eine wichtige Säule der Migränetherapie dar. Eine vielversprechende Ergänzung der regelmässig zu praktizierenden nicht-medikamentöse Prophylaxe ist die Neuromodulation mit Cefaly®.

Take-Home-Messages

  • Die Migräne ist einer der häufigsten Gründe für Behinderung bei Menschen unter 50 Jahren. 
  • Eine gute Prophylaxe reduziert das Risiko der Krankheitsprogression und kann zur Remission der Erkrankung führen. 
  • Die CGRP-(Rezeptor)-Antikörper und die Neuromodulation mit Cefaly stellen zwei wichtige Säulen der Migränetherapie dar.

Literatur:

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    5886319ba5790a66cf05d235/t/5c65958215fcc0538b9c85de/1550161282886/HMPF_Migraine+%26+Disability+Graphic_Feb+2019.pdf
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InFo NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2023; 21(2): 6–10

Autoren
  • Prof. Dr. med. Christoph J. Schankin 
  • Leonidas D. Panos 
Publikation
  • INFO NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 

CGRP hat stark gefässerweiternde Eigenschaften und spielt bei der Schmerzauslösung sowie bei der neurogenen Entzündung eine zentrale Rolle. Aus diesem Wissen entstand eine ganz neue Substanzklasse, die im Kontext der bisherigen Optionen einen Quantensprung in der Migräneprophylaxe bedeutet.

Triptane, die in der Therapie der Migräne eingesetzt werden, hemmen unter anderem auch die Ausschüttung von CGRP, indem sie als Agonisten an 5-HT1-Rezeptoren wirken. Migräne zeichnet sich bekanntermassen nicht nur durch Kopfschmerzen aus. Oft ist den Patienten übel, sie sind appetitlos, haben Sehstörungen und reagieren überempfindlich auf Licht und Geräusche. Diese Symptome gehen auch mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität einher. Umso wichtiger sei es, diesen chronischen Patienten eine gut verträgliche, nebenwirkungsarme Prophylaxe anbieten zu können, so Prof. Dr. med. Uwe Reuter von der Charité Berlin am Deutschen Schmerzkongress. Das Ziel einer medikamentösen Prophylaxe bestehe darüber hinaus nicht nur darin, Häufigkeit, Schwere und Dauer der Migräneattacken zu reduzieren, sondern auch darin, die Triptan-Einnahme sowie den anderen Schmerzmittelverbrauch einzudämmen und den medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz zu verhindern, der sich bei steigendem Schmerzmittelverbrauch einstellen kann.

Chronische und episodische Migräne reduzieren

Die Kriterien der chronischen Migräne sind er­füllt, sofern ein Patient an mindestens 15 Tagen im Monat unter Kopfschmerzen leidet und an mindestens acht Tagen davon über migränetypischen Kopfschmerz berichtet. Bei episodischer Migräne hingegen ­leiden Betroffene in unterschiedlich grossen zeitlichen Abständen an bis zu 14 Tagen monatlich unter ­Migräne.

Drei CGRP-Antikörper zeigten in Studien, dass sie wirksamer sind als Placebo und zu einer signifikanten Abnahme der Migränetage führen. Alle drei Substanzen führen bereits in den ersten vier Therapie­wochen zu einem signifikanten Therapieeffekt und sind zudem gut verträglich. Sie weisen ein Neben­wirkungsprofil auf, das sich mit Ausnahme von Reaktionen an der Einstichstelle auf Placeboniveau bewegt. Konkret handelt es sich um den für die Prophylaxe von Migräne bei Erwachsenen auf dem europäischen Markt bereits zugelassenen CGRP-Rezeptor-bindenden Antikörper Erenumab, den Antikörper Galcanezumab sowie den monoklonalen Antikörper Fremanezumab, der vierteljährlich oder monatlich verabreicht werden kann. Zwei der Substanzen, Galcanezumab und Fremanezumab, richten sich direkt gegen CGRP, während Erenumab am CGRP-Rezeptor andockt und diesen hemmt.

Ein direkter Vergleich der Wirksamkeit zwischen den drei Substanzen liegt nicht vor; Studien sind wegen unterschiedlicher Studiendesigns und Dauer kaum vergleichbar. Alle drei monoklonalen Antikörper sind wirksamer als Placebo und im indirekten Vergleich ebenso wirksam wie die bisher eingesetzten Migräneprophylaktika.

Bisherige Migräneprophylaxe: Die Dosis macht das Gift

Derzeitige prophylaktische Therapien seien ursprünglich für andere Indikationen entwickelt worden und gingen häufig mit schlechter Verträglichkeit und/oder unzureichender Wirksamkeit einher, so der Redner. Eine gute Wirksamkeit in der Reduktion von Migräneattacken weisen Betablocker auf. Allerdings seien dazu hohe Dosierungen nötig, etwa 160 mg Propranolol. «Welcher Patient toleriert schon 160 mg Propranolol?», fragte der Referent provokativ. Potenzstörungen, niedriger Blutdruck und Müdigkeit treten in dieser Dosis häufig auf. Ähnlich verhalte es sich mit dem Antikonvulsivum Topiramat, das eine Alternative zu Betablockern in der Prävention der Migräne darstellt. Bei Topiramat sei eine Dosis von bis zu 200 mg pro Tag notwendig. Bei dieser Dosis sei häufig mit unerwünschten Wirkungen zu rechnen, darunter Parästhesien, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisstörungen. Die übliche Dosierung, die in der Migräneambulanz der Charité verschrieben wird, liegt bei 50 mg; in dieser Dosierung liege die Wirksamkeit von Topiramat knapp über Placebo.

Zwei Tage weniger Kopfschmerzen pro Monat und Triptan-Reduktion

In der Prophylaxe der chronischen Migräne hat sich (in Deutschland) Botulinumtoxin A etabliert, das in einer Dosis von 155 oder 185 IU alle drei bis vier Monate im Bereich der Stirn, der Schläfe, des Hinterkopfs, des Nackens und der Schultermuskulatur injiziert wird.

Unter Botulinumtoxin A nehmen die Kop schmerztage um acht Tage pro Monat ab im Vergleich zu sechs Tagen unter Placebo. Der Benefit unterm Strich beträgt also zwei Tage pro Monat. Unter der Behandlung mit Erenumab kam es in Studien bei Patienten mit episodischer Migräne und durchschnittlich acht Migränetagen pro Monat zu einem Rückgang
um etwa drei Tage. Der monoklonale Antikörper Erenumab reduziert zudem Kopfschmerztage bei Patienten, die auf andere Prophylaktika nicht angesprochen haben.

Number Needed to Harm beachten

Die Wahl eines Medikaments in der Prophylaxe der Migräne hängt einerseits von seiner Wirksamkeit und andererseits von den potenziellen Nebenwirkungen, seiner Verträglichkeit sowie der Wahrscheinlichkeit, Nebenwirkungen zu verursachen, ab.

 «Die Wahrscheinlichkeit, einem Migränepatienten (chronische oder episodische Migräne) mit Erenumab zu helfen, ist sehr hoch», sagte Prof. Reuter und verwies auf eine gerade veröffentlichte Studie im Journal Cephalagia [1]. Sie ist wesentlich höher als mit den bisher verwendeten Prophylaktika. Zudem liegt die Number Needed to Harm, also die Zahl der behandelten Patienten, die es braucht, um eine Nebenwirkung zu produzieren, unter Erenumab auf Placeboniveau, mit Topiramat bei 13 und mit Botulinumtoxin bei 39.

Zusammenfassend gäbe es keinen Grund (ausser den monetären), Migränepatienten die neue Prophylaxe vorzuenthalten, so Prof. Reuter.

Die medikamentöse Prophylaxe der Migräne bildet Tabelle 1 ab.

Quelle: Deutscher Schmerzkongress, 17.–20. Oktober 2018, Mannheim (D)

Literatur:

  1. Vo P, et al.: Benefit-risk assessment of erenumab and current migraine prophylactic treatments using the likelihood of being helped or harmed. Cephalalgia 2018 Sep 19: 333102418801579.

Weiterführende Literatur:

  • Reuter U, et al.: Efficacy and tolerability of erenumab in ­patients with episodic migraine in whom two-to-four pre­vious preventive treatments were unsuccessful: a rando­mised, double-blind, placebo-controlled, phase 3b study. Lancet 2018 Oct 22. DOI: 10.1016/S0140-6736(18)32534-0 [Epub ahead of print].

InFo NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2018; 16(6): 54–55
HAUSARZT PRAXIS 2018; 13(11): 34–35

Autoren
  • Dr. med. Anka Stegmeier-Petroianu 
Publikation
  • INFO NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 

Die Migräne ist einer der häufigsten neurologischen Erkrankungen mit einer globalen Prävalenz, die um 14–15% geschätzt wird. Die höchste Prävalenz liegtim Alter von 35–39 Jahren vor, und Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Diagnose der Migräne basiert primär auf klinischen Kriterien und der Anamnese. Bislang existieren keine krankheitsspezifischen Biomarker, weshalb der Ausschluss einer sekundären Kopfschmerzursache für die Diagnosestellung entscheidend ist und in die Hauptkriterien mit einfliesst.

Die Migräne ist einer der häufigsten neurologischen Erkrankungen mit einer globalen Prävalenz, die um 14–15% geschätzt wird [1]. Die höchste Prävalenz liegt im Alter von 35–39 Jahren vor, und Frauen sind häufiger betroffen als Männer [2].

Die Diagnose der Migräne basiert primär auf klinischen Kriterien und der Anamnese. Bislang existieren keine krankheitsspezifischen Biomarker, weshalb der Ausschluss einer sekundären Kopfschmerzursache für die Diagnosestellung entscheidend ist und in die Hauptkriterien mit einfliesst [3]. 

Für die Diagnose einer Migräne ohne Aura werden fünf Attacken gefordert, für die Migräne mit Aura zwei Attacken sowie die erforderlichen Merkmale, die durch die internationale Kopfschmerzgesellschaft definiert wurden (ICHD-3-Kriterien) (Tab. 1). Ebenfalls wird zwischen einer episodischen Migräne mit und ohne Aura sowie einer chronischen Migräne mit und ohne Aura unterschieden. Zu beachten ist, dass diese Kriterien u.a. für die wissenschaftliche Untersuchung entwickelt wurden. Das bedeutet, dass man besonderen Wert auf eine hohe Spezifität der Kriterien legt. Im Gegensatz dazu ist es für den klinischen Alltag entscheidend, keine Diagnose zu übersehen. Für Situationen, in welchen eines der erforderlichen Kriterien bezüglich Dauer, Schmerzcharakter und Begleitsymp­to­matik nicht erfüllt ist, kann die Diagnose einer wahrscheinlichen Migräne gestellt werden, sofern sie nicht die Kriterien einer anderen Kopfschmerzerkrankung erfüllen (Tab. 1). 

Zur besseren Abgrenzung von sekundären Kopfschmerzursachen gibt es als klinische Hilfestellungen sog. Kopfschmerz Red Flags, die unter dem Akronym SNOOP4 [4] (Tab. 2) und SNOOP10 [5] bekannt sind. Die SNOOP10-Liste der Red und Orange Flags ist einer Erweiterung der SNOOP4-Liste, die noch weitere Symptome, die auf eine sekundäre Kopfschmerzursache hindeuten können, ergänzt haben (Schwangerschaft und Stillzeit, Augenschmerzen mit autonomen Symptomen, Auftreten der Kopfschmerzen nach Trauma, Schmerzmittelübergebrauch oder Auftreten nach Beginn eines neuen Medikaments). Bei einem Verdacht auf eine sekundäre Kopfschmerzerkrankung sind weitere Laboruntersuchungen und eine Schädelbildgebung (vorzugsweise MRI-Untersuchung) zu evaluieren.

Die Zuweisung zu einem Facharzt Neurologie sollte erfolgen, wenn Unsicherheiten bzgl. der Diagnose bestehen, die Behandlung schwierig ist oder relevante Komorbiditäten bestehen, welche die Auswahl der Therapien einschränken.

Therapie

Entscheidende Faktoren in der Therapie der Migräne sind neben der eigentlichen Wahl des oder der Medikamente und der Aufklärung über deren Nebenwirkungen, die Berücksichtigung der Präferenzen und Wünsche der Patienten und Patientinnen, das Setzen von realistischen Zielen, das Erkennen von Triggerfaktoren (z.B. Fasten, Menstruation) und die Aufklärung über das Risiko eines Medikamentenübergebrauchskopfschmerzes. 

Ein realistisches Therapieziel ist nicht eine Heilung der Migräne, sondern in erster Linie eine Reduktion der Häufigkeit, der Schwere und Dauer der Migräneattacken und der damit verbundenen Einschränkungen, sodass die Funktionsfähigkeit im Alltag bzw. Berufsleben wiederhergestellt werden kann.

Die Migränetherapie kann man in drei Gruppen unterteilen:

  1. medikamentöse Akuttherapie
  2. medikamentöse Prophylaxe
  3. nicht-medikamentöse Therapie

Medikamentöse Akuttherapie

Das Ziel der medikamentösen Akuttherapie ist eine rasche und anhaltende Schmerzfreiheit. In den Medikamentenstudien zur Akuttherapie der Migräne wird oftmals der Anteil der Patienten beurteilt, die 2 Stunden nach der Medikamenteneinnahme schmerzfrei sind [6]. Die Einnahme der Akuttherapie sollte hierbei früh in der Kopfschmerzphase erfolgen, wenn diese noch leicht ausgeprägt sind [7].

Von Wiederkehrkopfschmerzen spricht man, wenn es nach einer anfänglichen Linderung oder Schmerzfreiheit innerhalb von 24 Stunden zu erneuten mittel- bis starken Kopfschmerzen kommt [8]. In solchen Fällen ist ein lang wirksames Medikament vorzuziehen.

Die meisten Patienten haben schon Erfahrung mit den klassischen NSAR und Analgetika gesammelt [7]. Hierzu zählen Präparate wie Diclofenac, Ibuprofen und Acetylsalicylsäure, Metamizol oder Naproxen (Tab. 3, Therapieempfehlung der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft 2021). Daneben gibt es fixe Kombi­nationspräparate mit ASS, Paracetamol und Koffein, die eine Wirksamkeit in Studien gezeigt haben [9] (in der Schweiz sind lediglich Kombinationspräparate von Paracetamol und Koffein erhältlich). Zu beachten ist, dass diese Medikamente frühzeitig und hoch dosiert eingenommen werden müssen, damit die Attacke unterbrochen werden kann. Paracetamol allein ist im Vergleich zu den NSAR weniger wirksam gegen die Migräne und wird empfohlen, wenn NSAR nicht toleriert werden oder Kontraindikationen bestehen [7,9]. Opioide werden in der Akuttherapie der Migräne nicht empfohlen, da sie nur eine beschränkte Wirksamkeit und gleichzeitig Nebenwirkungen wie Nausea und Emesis haben, ein Abhängigkeitspotenzial besitzen und schneller zu einem Medikamenten­übergebrauch führen können [9].

Gegen die migränösen Begleitsymptome, Nausea und Emesis, wird der Einsatz von Metoclopramid und Domperidon empfohlen (Tab. 3). Ergotamine sind in der Schweiz nicht mehr erhältlich und haben auch aufgrund ihres ungünstigen Nebenwirkungsprofils (Nausea, Emesis, kardiovaskuläre Nebenwirkungen) keinen Stellenwert mehr in der Akuttherapie der Migräne.

Triptane

Triptane sind Mittel der Wahl bei mittelstarken bis starken Migränekopfschmerzen, die nicht ausreichend auf NSAR oder Analgetika ansprechen. Zu beachten ist aber, dass typischerweise die Patienten selbst rasch feststellen, ob ihre Attacken auf NSAR oder Analgetika ansprechen. Selbstverständlich können Triptane auch ohne vorherigen Versuch eines NSAR eingesetzt werden. Es gilt ebenfalls, dass der frühzeitige Einsatz in adäquater Dosierung angestrebt werden sollte, bei Bedarf auch in Kombination mit einem Antiemetikum bzw. einem NSAR. Mittlerweile gibt es sieben verschiedene Triptane (Tab. 4, Therapieempfehlung der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft 2021). 

Gewisse Triptane gibt es neben Tabletten auch als Nasenspray oder subkutane Spritzen. Patienten ziehen die Einnahme von Tabletten allerdings vor [3]. Zwischen den einzelnen Präparaten gibt es Unterschiede im Preis, Wirkeintritt und in der Wirkdauer (Tab. 4), was man bei der Verschreibung beachten sollte. Die meisten oralen Triptanpräparate wirken nach 20–60 Minuten [10]. Sumatriptan subkutan hat den schnellsten Wirkeintritt nach zehn Minuten [11], Frovatriptan und Naratriptan allerdings haben einen langsameren Wirkeintritt (bis zu vier Stunden) [12], gleichzeitig aber eine längere Wirkdauer, weshalb sie bei Wiederkehrkopfschmerzen gerne eingesetzt werden, auch in Kombination mit einem schnell wirksamen NSAR [9].

Die subkutane Spritze hat den raschesten Wirkeintritt (ca. zehn Minuten) und ist gleichzeitig auch am wirksamsten [10]. Der Einsatz einer Spritze kann bei Patienten erwogen werden, deren Migränekopfschmerzen rasch die Schmerzspitze erreichen oder die morgens bereits mit einer fortgeschrittenen Migräne erwachen und/oder die von starken Begleitsym­­­­-
p­tomen (Nausea/Emesis) geplagt werden. Alternativ kann auch das Nasenspray eingesetzt werden, welches einen etwas späteren Wirkeintritt hat als die Spritze [13]. Eletriptan und Rizatriptan haben unter den Tabletten den raschesten Wirkeintritt (ca. 30 Minuten) [9]. Die Einnahme des Triptans sollte früh in der Kopfschmerzphase erfolgen, allerdings nicht während der Aura, da dort keine Wirksamkeit nachgewiesen werden konnte, auch nicht gegen die Aura [3]. 

Bei ungenügender/fehlender Wirkung kann nach 2–4 Stunden (je nach Präparat) eine zweite Dosis genommen werden. Bei fehlender Besserung der Kopfschmerzen kann in der nächsten Migräneattacke eine kombinierte Einnahme mit einem NSAR erfolgen. Sollte ein Triptan nicht wirken, wird empfohlen, nach drei frustranen Versuchen auf ein anderes Triptan zu wechseln. Alternativ kann auch auf eine subkutane oder nasale Applikation gewechselt werden. Interessanterweise sprechen ca. 30% der Patienten nicht auf Triptane an [14]. Die Patienten sollten informiert werden, während derselben Migräneattacke nicht verschiedene Triptane miteinander zu kombinieren. Ausserdem sollte die Einnahme der Triptane auf weniger als an zehn Tagen/Monat beschränkt werden, um dem Risiko eines Medikamentenübergebrauchskopfschmerzes vorzubeugen.

Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Vorsichtsmassnahmen

Häufige Nebenwirkungen der Triptane sind ein Engegefühl in Hals- und Brustregion, Benommenheit, Parästhesien, Schwindel, Müdigkeit und Flushing [3,9,15]. Almotriptan und Naratriptan waren in Metaanalysen mit den geringsten Nebenwirkungen vergesellschaftet [16]. Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit, Angina pectoris, einer unkontrollierten Hypertonie, peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, nach einem Herzinfarkt, einer transitorisch isch­ämischen Attacke oder einem Hirninfarkt sollten keine Triptane verwenden [9].

Bei der hemiplegischen Migräne und bei der Migräne mit Hirnstammaura sollen Triptane nicht eingesetzt werden. Die zugrunde liegende Hypothese ist, dass die neurologischen Symptome bei diesen beiden Migräneformen mit einer zerebralen Vasokonstriktion assoziiert sind, die durch die Gabe von Triptanen verstärkt werden könnte, was das Risiko eines migränösen Infarktes erhöht [17]. Retrospektive Studien konnten diese Theorie bislang allerdings nicht bestätigen [18]. 

Das Risiko eines Serotoninsyndroms bei Triptanen ist in Kombination mit einem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) gemäss Expertenmeinung als gering einzuschätzen [9]. 

Neue Medikamente

Ditane und Gepante sind die neue Generation von Medikamenten in der Akuttherapie der Migräne. Lasmiditan ist ein selektiver Agonist am Serotonin 5-HT1F-Rezeptor und hat im Gegensatz zu den Triptanen keinen vasokonstriktiven Effekt, weshalb es bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren zum Einsatz kommen könnte [19–22]. Die Gepante, sog. small molecules, zu denen Atogepant, Ubrogepant und Rimegepant [23,24] gehören, sind CGRP-Rezeptor-Antagonisten der zweiten Generation. Von diesen ist kürzlich Rimegepant in der Schweiz zu­ge­las­sen worden, wobei die Vergütungssituation und die Bedeutung in der Therapielandschaft noch zu zeigen sind.

Status migraenosus

Der Status migraenosus ist gemäss den ICHD-3-Kriterien eine Migräneattacke, die länger als 72 Stunden anhält und zu einer starken Beeinträchtigung führt. Meistens haben Patienten bis dahin keine relevante Symptomverbesserung durch die orale Akuttherapie erreichen können. Gemäss Expertenkonsensus werden Kortikosteroide für die Behandlung des Status migraenosus empfohlen [25], z.B. 100 mg Spiricort p.o. während drei Tagen. 

Medikamentöse Prophylaxe

Das Ziel der medikamentösen Prophylaxe ist die Reduktion der Häufigkeit, der Dauer und der Schwere der Migräneattacken [9]. Daneben kann die medikamentöse Prophylaxe das Ansprechen auf die Akuttherapie verbessern [26].

Die Indikation für eine medikamentöse Prophylaxe basiert auf der Häufigkeit der Attacken, der Einschränkung der Lebensqualität und dem Risiko eines Medikamentenübergebrauchs (Abb. 1) [9]. Daneben gibt es weitere nicht-evidenzbasierte Kriterien (Übersicht 1). Vor Beginn einer medikamentösen Prophylaxe sollten die Patienten über das Ziel und die Dauer einer solchen Therapie, die möglichen Optionen sowie deren Nebenwirkungen aufgeklärt werden. Wichtig ist auch, den zeitlichen Horizont aufzuzeigen, da die meisten medikamentösen Prophylaxen aufgrund der notwendigen Aufdosierungsphase meistens nicht sofort wirken, sondern erst einige Wochen bis Monate später [7]. Vorgängig sollten ebenfalls Komorbiditäten erfasst werden (z.B. arterielle Hypertonie, depressive Störung), welche bei der Wahl des Medikaments eine Rolle spielen könnten.

Eine medikamentöse Prophylaxe gilt typischerweise als wirksam, wenn eine 50%ige Reduktion der Migränetage [9,26], eine relevante Abnahme der Dauer und der Schwere der Attacken oder ein besseres Ansprechen auf die medikamentöse Akuttherapie [4] erreicht wurden. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der CGRP-Antikörper gelten vor dem Hintergrund der Verlängerung einer Kostengutsprache spezielle Richtlinien. Letztendlich sollte aber auch der persönliche Eindruck der Patienten abgefragt werden, da diese den Nutzen selbst am besten abschätzen ­können.

Um das Auftreten von Nebenwirkungen zu reduzieren, empfiehlt es sich mit der kleinstmöglichen Dosis des Medikaments zu beginnen und alle 1–2 Wochen zu steigern, bis die Zieldosis oder die tolerierte Minimaldosis erreicht ist [4]. Die Wirksamkeit wird nach einer Therapiedauer von zwei Monaten unter der Zieldosis bzw. der tolerierten Dosis beurteilt. Bei den CGRP-(Rezeptor-)Antikörpern sollte die Wirksamkeit nach 3 und 6 Monaten evaluiert werden, bei der Behandlung mit Botulinumtoxin A nach 6–9 Monaten, d.h. nach drei Behandlungssitzungen [7].

Das Ansprechen der Therapie sollte mindestens mit einem Kopfschmerzkalender dokumentiert werden, in den die Patienten auch die Intensität der Kopfschmerzen und die Einnahme der Akutmedikation eintragen. Bei den traditionellen oralen Prophylaxen kann nach einer erfolgreichen Therapiedauer von 6–12 Monaten eine Therapiepause evaluiert werden (Therapieempfehlung der Schweizerischen Kopfschmerzgesellschaft 2021, [7]).

Tabelle 5 zeigt die Medikamente, für welche eine hohe wissenschaftliche Evidenz vorliegt [9]. Daneben gibt es weitere Medikamente, die als Prophylaxe eingesetzt werden, die eine geringere Evidenzlage aufweisen [9]:

  • Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor (SNRI): Venlafaxin (75–150 mg/Tag), Duloxetin (30–60 mg/Tag)
  • Blutdruckmedikamente: Lisinopril (20 mg/Tag) [27], Candesartan (8–16 mg/Tag) [28]
  • Magnesium (20–25 mmol/Tag) [9]

Für die Betablocker Propanolol und Metoprolol, den Kalziumantagonisten Flunarizin und die anfallsunterdrückenden Medikamente Topiramat und Valproinsäure (off label und Schwangerschaftsverhütungsprogramm) sowie das trizyklische Antidepressivum Amitriptylin ist die Wirksamkeit in kontrollierten Studien gut dokumentiert bzw. existiert eine gute wissenschaftliche Evidenz [9]. Sie gelten als Erstlinien­therapie in der medikamentösen Prophylaxe der Migräne. Botulinumtoxin A wurde kürzlich erst für die chronische Migräne zugelassen [29,30]; die Vergütungsfrage ist noch offen.

Die traditionellen oralen Prophylaxen wurden nicht spezifisch für die Migräne entwickelt und nicht selten kommt es zu limitierenden Nebenwirkungen, teilweise auch bevor die Zieldosis erreicht wird. Die Wahl des Präparats richtet sich nach der Wirksamkeit, der Präferenz des Patienten, dem Nebenwirkungsprofil und den Komorbiditäten [26]. Bei einem Patienten mit depressiver Verstimmung und Einschlafstörung wäre z.B. Amitriptylin als Prophylaxe zu erwägen, da die Nebenwirkung der Müdigkeit als positiver Nebeneffekt gegen die Einschlafstörung genutzt werden könnte. Bei einem übergewichtigen Patienten wiederum wäre Topiramat als Prophylaxe zu diskutieren, das als potenzielle Nebenwirkung einen Gewichtsverlust verursachen kann. Valproat ist teratogen, weshalb es bei Frauen im gebärfähigen Alter nicht angewendet werden sollte.

CGRP-(Rezeptor-)Antikörper

Seit einigen Jahren gibt es als Zweitlinientherapie die monoklonalen Antikörper gegen den CGRP-Rezeptor bzw. gegen CGRP, deren Wirksamkeit in der Prophylaxe der Migräne in mehreren Studien nachgewiesen werden konnte [31–38] (Tab. 6). In der Schweiz ist die Verschreibung der monoklonalen Antikörper an eine Limitatio geknüpft:

  • Verschreibung des Medikaments nur durch einen neurologischen Facharzt möglich .
  • Vorliegen einer chronischen Migräne (>15 Kopfschmerztage, davon mind. acht Migränetage, während den letzten drei Monate) oder hochfrequenten episodischen Migräne (mind. acht Migränetage innerhalb der letzten drei Monate).
  • Frustrane Therapie mit mindestens zwei prophylaktischen Erstlinientherapien während drei Monaten oder Auftreten von relevanten Nebenwirkungen unter mindestens zwei prophylaktischen Erstlinientherapien oder Vorliegen von Kontraindikationen für alle Erstlinientherapien.

Nach einer einjährigen Therapiedauer wird eine Therapiepause gefordert. Hat der Patient während dieser Zeit innerhalb der nächsten sechs Monate einen Rückfall (acht Migränetage innerhalb 30 Tagen) kann ein erneutes Gesuch für eine 1-jährige Therapie eingereicht werden.

Nebenwirkungen und Vorsichtsmassnahmen

Grundsätzlich werden die CGRP-Antikörper gut vertragen. Häufige Nebenwirkungen sind lokale Schmerzen, Juckreiz und Entzündung im Bereich der Einstichstellen sowie Obstipation.

Kontraindikationen sind Überempfindlichkeit gegenüber der Substanz oder sonstige Bestandteile [9]. Während der Schwangerschaft dürfen keine CGRP-(Rezeptor-)Antikörper angewendet werden [9]. Weiterhin ist Vorsicht geboten bei Patienten und Patientinnen mit komorbidem Raynaud-Syndrom und arterieller Hypertonie. Die Zulassungsstudien haben meist Patienten über 65 Jahren von der Studienteilnahme ausgeschlossen, sodass die Sicherheit in dieser Gruppe noch nicht nachgewiesen wurde und Real-World-Studien abzuwarten sind.

Nicht-medikamentöse Therapie

Die nicht-medikamentöse Therapie beinhaltet Massnahmen, die man während der Attacke durchführen kann und auch als Prophylaxe. Patienten, die gegenüber einer medikamentösen Therapie zurückhaltend sind, können zunächst mit nicht-medikamentösen Massnahmen beginnen. Gleichzeitig werden diese Massnahmen auch ergänzend und parallel zur medikamentösen Therapie der Migräne empfohlen.

Oft kann es auch schon helfen, wenn man potenzielle Triggerfaktoren identifiziert und diese versucht zu vermeiden bzw. zu behandeln. Wir empfehlen beispielsweise Verhaltensmassnahmen wie z.B. die regelmässige Einnahme von Mahlzeiten (Vermeiden von Fasten), Behandlung von möglichen Schlafstörungen, regelmässige körperliche Aktivität (vor allem Ausdauersport) [39] und das Erlernen von Strategien zur besseren Stressbewältigung bzw. -reduktion.

Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, bei der gezielte Muskelgruppen angespannt und entspannt werden, basieren auf der Grundannahme, dass Migränepatienten eine erhöhte autonome Aktivierung haben, die durch die systematischen Entspannungsübungen reduziert werden kann [40]. 

Biofeedbackverfahren sind therapeutische Interventionen, um physiologische bzw. autonome Funktionen, die man sonst nicht bewusst wahrnimmt, mit technischer Hilfe aufzuzeichnen und dann visuell und/oder akustisch zurückzumelden und diese in Trainingssitzungen in die gewünschte Richtung zu beeinflussen [41]. Dadurch kann eine bessere Regulation von Anspannung und Entspannung erreicht werden.

Beide Verfahren wie auch die kognitive Verhaltenstherapie werden zur Prophylaxe der Migräne von den Schweizerischen und Deutschen Kopfschmerzgesellschaften empfohlen. Metaanalysen haben die Wirksamkeit dieser Verfahren nachgewiesen. Die Wirksamkeit ist untereinander vergleichbar [42].

Die nicht-invasiven Neurostimulationen des N. tri­geminus und des N. vagus gehören ebenfalls zu den nicht-medikamentösen Therapieoptionen der Migräne. Die externe Trigeminusnervstimulation des N. supraorbitalis und N. trochlearis (supraorbitale transkutane Neurostimulation) durch ein kleines Gerät (Cefaly) hat eine Wirksamkeit in der Akuttherapie wie auch als Prophylaxe der Migräne gezeigt [43,44]. Gemäss Hersteller kann das Gerät nach dem Erwerb für einen Monat getestet werden und, falls ohne Effekt, auch zurückgegeben werden.

Das Gamma-Core-Gerät stimuliert den N. vagus im Bereich des Halses (nicht-invasive transkutane Vagusnervstimulation). Die hierzu durchgeführten randomisierten placebokontrollierten Studien konnten keinen signifikanten Unterschied in der Reduktion der monatlichen Migränetage zeigen [45,46], weshalb wir es in der Praxis nur in Einzelfällen nutzen.

Für die Akupunktur existieren Übersichtsarbeiten [47], die deren Einsatz in der Akuttherapie wie auch als Prophylaxe als wirksame Option beurteilen. Allerdings ist die Qualität der einzelnen Studien mangelhaft, sodass keine eindeutige Empfehlung ausgesprochen werden kann [9] Abbildung 1zeigt nochmals das Vorgehen hinsichtlich der medikamentösen Prophylaxe der Migräne. 

Therapie der menstruellen Migräne

Eine kurzfristige Prophylaxe kann bei der menstruellen Migräne mit/ohne Aura angewendet werden. Menstruelle Migräne ist gemäss ICHD-3-Kriterien definiert als: Migräneattacken mit/ohne Aura, die an den Tagen 1 ± 2 (d.h. Tag –2 bis +3) der Menstruation in mindestens zwei von drei Menstruationszyklen beginnen und zu keiner anderen Zeit des Zyklus. Dort kann eine Kurzprophylaxe mittels Einnahme von Naproxen 2× 500 mg und/oder ein lang wirksames Triptan (Frova­triptan oder Naratriptan) zwei Tage vor Einsetzen der Monatsblutung über insgesamt fünf Tage eingesetzt werden [9]. 

Therapie der Migräne während der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft, vor allem im 2. und 3. Trimester, nimmt die Anzahl der Migräneattacken bei den meisten Frauen ab [48,49]. Nach der Geburt erleben mehr als die Hälfte der Mütter wieder eine Zunahme der Migräneattacken, was teilweise auch zusätzlichen Triggerfaktoren wie Schlafmangel und Stress zugeschrieben werden kann [48].

Viele Medikamente, die man gerne gegen die Migräne einsetzen würde, dürfen während der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Das liegt daran, dass Schwangere i.d.R. von den randomisiert-kontrollierten Zulassungsstudien ausgeschlossen sind. Darüber hinaus besteht bei einigen Medikamenten sogar nachgewiesenermassen ein erhöhtes Risiko für fetale Entwicklungsstörungen und/oder Missbildungen bzw. Frühaborte [50]. Die meisten Daten zur Sicherheit der medikamentösen Therapie während der Schwangerschaft und Stillzeit kommen von Beobachtungsstudien mit all ihren Stärken und Schwächen.

Migräneattacken während der Schwangerschaft sollten, wenn möglich, in erster Linie mit nicht-medikamentösen Massnahmen behandelt werden wie Reizabschirmung, Ruhe und Entspannungsübungen. Bei starken Migräneattacken kann allerdings der Einsatz von Medikamenten notwendig sein. Die hierfür zugelassenen Medikamente sollten so kurz wie möglich angewendet werden, um potenzielle Risiken so gering wie möglich zu halten [50].

Grundsätzlich ist Paracetamol bislang das Analgetikum der Wahl während der Schwangerschaft. Neuere Daten deuten jedoch darauf hin, dass eine intrauterine Paracetamol-Exposition die fetale Entwicklung verändern kann und das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen, reproduktive und urogenitale Störungen erhöht [51]. Der Einsatz von Paracetamol sollte daher auf eine möglichst kurze Periode beschränkt bleiben.

Im Gegensatz zu den Deutschen Kopfschmerzleitlinien sind wir in der Schweiz zurückhaltender mit dem Einsatz von NSAR und Triptanen während der Schwangerschaft (Therapieempfehlungen der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft 2021) und empfehlen als Mittel der Wahl den Einsatz von Paracetamol mit obigem Vorbehalt. NSAR wie Ibuprofen und Acetylsalicylsäure sollten insbesondere im dritten Trimenon nicht eingenommen werden aufgrund der Gefahr von Fehlgeburten und des vorzeitigen Verschlusses des Ductus arteriosus Botalli [50]. Für Triptane gibt es in mehreren Kohorten- und Registerstudien keine Hinweise, dass sie zu fetalen Fehlbildungen oder Schwangerschaftskomplikationen führen [9,50]. Für Sumatriptan liegen hierfür die meisten Daten vor, weshalb die Anwendung von Sumatriptan bei schweren Migräneattacken im Einzelfall diskutiert werden kann [9].

Die meisten medikamentösen Prophylaxen sind während der Schwangerschaft und Stillzeit kontra­indi­ziert und sollten während dieser Periode abgesetzt werden. Sollte aus medizinischer Sicht trotzdem eine medikamentöse Prophylaxe notwendig sein, wären Propanolol [50], Metoprolol und Amitriptylin [9] mögliche Präparate, allerdings sollten solche Entscheidungen zusammen mit dem behandelnden Gynäkologen getroffen werden mit den entsprechenden Vorsichtsmassnahmen und Überwachungen.

Monoklonale Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor dürfen nicht in der Schwangerschaft und Stillzeit angewandt werden. Bei Eintritt oder vor einer geplanten Schwangerschaft sollten diese abgesetzt werden. 

Stillzeit

Für die Stillzeit besteht die gleiche Problematik wie für die Schwangerschaft. Es liegen nur ungenügende Daten zu Sicherheitsaspekten vor, weshalb auch hier die Empfehlung von primär nicht-medikamentösen Massnahmen gilt.

Bei starken Migräneattacken ist der kurze Einsatz von Paracetamol und Ibuprofen erlaubt, da diese Medikamente nur in geringen Mengen in die Muttermilch übergehen, sodass auch keine Unterbrechung des Stillens notwendig ist [50,52]. Eletriptan und Sumatriptan sind ebenfalls während der Stillzeit möglich. Propanolol und Magnesium können als medikamentöse Prophylaxe angewendet werden [50]. Alle anderen Präparate sollten während der Stillzeit nicht eingenommen werden.

Take-Home-Messages

  • Die Diagnose der Migräne wird klinisch gestellt mithilfe der ICHD-3-Kriterien und unter Berücksichtigung von möglichen Red Flags.
  • Die medikamentöse Akuttherapie sind bei einer unbehandelten Migräne zunächst NSAR oder Analgetika. Bei unzureichendem Ansprechen oder mittel- bis starken Migräneattacken sind Triptane Mittel der Wahl.
  • Eine medikamentöse Prophylaxe kann bei 3 oder mehr Migräneattacken pro Monat, die trotz adäquater Akuttherapie zu einer relevanten Einschränkung führen, diskutiert werden.
  • Amitriptylin, Flunarizin, Propanolol, Metoprolol und Topiramat gelten als Erstlinientherapie.
  • Valproat ist off label, hat aber ebenfalls eine hohe Evidenz für die Wirksamkeit als Prophylaxe der Migräne.
  • Topiramat und v.a. Valproat sind teratogen und sollten nicht bei Frauen im gebärfähigen Alter eingesetzt werden.
  • Zu den Zweitlinientherapien für die medikamentöse Prophylaxe der Migräne gelten monoklonale CGRP-(Rezeptor-)Antikörper (Erenumab, Galcanezumab, Fremanezumab, Eptinezumab) und Botulinumtoxin A (allerdings nur für die chronische Migräne zugelassen).
  • Die nicht-medikamentösen Therapie (Verhaltenstherapie, Entspannungsverfahren, Biofeedback, Neurostimulatoren) wird ergänzend zur medikamentösen Therapie der Migräne empfohlen. 

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InFo RHEUMATOLOGIE 2024; 6(1): 10–19

Autoren
  • Dr. med. Hana You 
  • Prof. Dr. med. Christoph J. Schankin 
Publikation
  • INFO RHEUMATOLOGIE