Die Behandlung der arteriellen Hypertonie gehört in der Hausarztpraxis zwar zum «täglichen Brot», bereitet jedoch immer wieder auch Kopfzerbrechen. Denn auf dem Weg zum kontrollierten Blutdruck liegen eine Vielzahl von Fallstricken, die eine effektive Senkung des Blutdrucks verhindern. Eine Übersicht über die häufigsten Probleme und mögliche Lösungsansätze präsentierte an den Medidays in Zürich PD Dr. med. Lukas Zimmerli, ESH Hypertension Specialist und stellvertretender Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, UniversitätsSpital Zürich.
Zu Beginn seines Referats plädierte Lukas Zimmerli dafür, die 24-Stunden-Blutdruckmessung (ABPM) niederschwellig einzusetzen, denn der Blutdruckmittelwert über 24 Stunden resp. die Tages- und Nachtmittelwerte korreliert deutlich besser mit dem kardiovaskulären Risiko und den Endorganschäden als in der Praxis gemessene Einzelwerte. Mit der ABPM ergibt sich ausserdem die Möglichkeit, eine Weisskittel-Hypertonie resp. -Normotonie zu diagnostizieren sowie eine Therapieresistenz abzuklären (Tab. 1). «Bei sehr hohen Blutdruckwerten über 180 mmHg ist eine ABPM allerdings nicht sinnvoll», sagte der Referent. «Es ist für diese Patienten schmerzhaft, wenn die Blutdruckmanschette alle 20 Minuten auf 240 mmHg aufgepumpt wird. In einer solchen Situation sollte die Hypertonie zunächst behandelt werden, und erst anschliessend macht man eine ABPM zur Therapiekontrolle.»
Unterschiedliche Normwerte bei unterschiedlichen Messmethoden
Es ist wichtig, die Normwerte bei den verschiedenen Messmethoden zu kennen und diese auch dem Patienten zu erklären (Tab. 2). Aus den verschiedenen gemessenen Werten ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen:
Risikofaktoren für eine Nicht-Übereinstimmung der Blutdruckwerte in Praxis und zuhause sind männliches Geschlecht, Adipositas, Alter über 65 Jahre und Alkoholkonsum.
Rotation durch die Substanzklassen
Mit der Monotherapie des ersten eingesetzten Medikaments lassen sich nur 40% der Hypertoniker befriedigend einstellen. Würde man mit der Monotherapie durch alle Substanzklassen rotieren, wären es rund 75%. Es kann sich also lohnen, bei der Einstellung des Blutdrucks etwas Geduld zu haben und zwischen unterschiedlichen Substanzklassen zu wechseln, vor allem bei Patienten, die unter vielen Nebenwirkungen leiden. In den Schweizer Guidelines zur Hypertonie-Therapie (www.swisshypertension.ch) sind die Betablocker schlechter gestellt als in den europäischen Guidelines, wo die Betablocker den anderen Substanzklassen gleichgestellt sind.
Sekundäre Hypertonie
Bei der Suche nach einer sekundären Ursache einer Hypertonie sollte man sich primär von der Klinik und den Untersuchungsergebnissen leiten lassen – die Bildgebung spielt nur eine zweitrangige Rolle. Die häufigsten Ursachen für eine sekundäre Hypertonie sind Nierenerkrankungen, eine Nierenarterienstenose und primärer Aldosteronismus, selten sind ein Phäochromozytom oder ein Cushing-Syndrom.
Hypertensive Krise
Bei sehr hohen Blutdruckwerten wird zwischen einer Gefahrensituation («Urgency») und einer Notfallsituation («Emergency») unterschieden (Tab. 3). Es lohnt sich, eine exakte Anamnese durchzuführen, inkl. Fragen nach Medikamenten-Compliance und Einnahme von blutdrucksteigernden Medikamenten und Drogen (Kokain, Amphetamine, NSAR, Chondrosulf etc.). «Im USZ sind die meisten Patienten mit einer hypertensiven Krise langjährige Hypertoniker mit einem Medikamenten-Problem, zum Beispiel, dass die Tabletten ausgegangen sind», sagte PD Dr. Lukas Zimmerli.
Bei einem hypertensiven Notfall sollte der Blutdruck rasch gesenkt werden, allerdings maximal 20– 30% innerhalb von zwei Stunden – die einzige Ausnahme bildet die schnellstmögliche Druckmessung bei Aortendissektion oder -aneurysma. Die intravenöse Medikation mit kurzwirksamen Substanzen wird wegen der besseren Steuerbarkeit bevorzugt, allenfalls ist auch ein invasives Monitoring notwendig. Der Blutdruck muss vorsichtig gesenkt werden, weil eine Senkung in den Normbereich bei Hypertonikern zu irreversiblen Organschädigungen führen kann. Liegt «nur» eine Gefahrensituation vor, sollte die Blutdrucksenkung innerhalb von 24–48 Stunden erfolgen. Eine orale Medikation reicht meistens aus, und eine Hospitalisierung ist nur bei therapierefraktär hohen Blutdruckwerten notwendig. Es muss sichergestellt werden, dass der Patient die antihypertensive Therapie korrekt weiterführt.
Hypertonie und Diabetes
Seit letztem Jahr liegen neue Guidelines für die Hypertoniebehandlung bei Diabetikern vor. Bei allen Patienten mit Diabetes liegt der Zielblutdruck bei <140/90 mmHg. Niedrigere Werte können angebracht sein, wenn sie ohne Nebenwirkungen (wie orthostatische Hypotonie) erreicht werden können. Bei Patienten mit diabetischer Nephropathie und Proteinurie ist ein Blutdruck unter 130/80 mmHg empfohlen. Die Kombination aus ACE-Hemmer und Ca-Kanal-Blocker scheint die Mortalität am stärksten zu senken, gefolgt von der Kombination von ACE-Hemmer und Diuretikum. Langwirksame Präparate sind zu bevorzugen, und Patienten mit Kombinationstherapie sollten eines der Medikamente auf die Nacht einnehmen. Beim Einsatz von ACE-Hemmer, ARB oder Diuretika müssen die Kreatinin- und Kaliumwerte monitorisiert werden.
Therapieresistente Hypertonie
Eine Therapieresistenz liegt vor, wenn die Blutdruck-Zielwerte nicht erreicht werden trotz einer mehrwöchigen, voll ausgeschöpften Behandlung mit einer Dreierkombination inklusive einem Diuretikum. Es empfiehlt sich, systematisch einige grundsätzliche Fragen zu beantworten (Tab. 4). Man sollte nicht primär die Compliance des Patienten anzweifeln, sondern die Substanzauswahl überprüfen, denn eventuell erhält der Patient die falsche(n) Substanz(en) resp. eine ungenügende Dosierung.
Ist dennoch die Compliance ungenügend, lässt sich diese durch eine Single-pill-Kombination oft verbessern. In schweren Fällen kann es sich lohnen, den Patienten zu hospitalisieren: Möglicherweise lässt sich der Blutdruck unter kontrollierten Bedingungen (beaufsichtigte Medikamenteneinnahme, kein Stress durch Beruf und Familie) einstellen.
Hypertonie im Alter
15% der alten Menschen haben eine labile Hypertonie, also eine grosse Variabilität der Blutdruckwerte zwischen den einzelnen Messungen. Die labile Hypertonie ist ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse. Fitness resp. Frailty spielt bei alten Patienten eine grosse Rolle: Fitte Personen profitieren von der Blutdrucksenkung, gebrechliche (im Rollstuhl, bettlägerig) dagegen kaum.
Generell gilt für die Blutdrucksenkung im Alter: «Start slow, go slow». Man sollte tiefe Initialdosen verwenden, um Nebenwirkungen zu minimieren, und eine langsame Blutdrucksenkung ansteben, um Störungen der Orthostase zu verhindern. Die Blutdruckmessung sollte immer im Sitzen und Stehen durchgeführt werden. Die Auswahl der Antihypertensiva richtet sich in der Regel nach den Komorbiditäten.
Hypertonie und Niereninsuffizienz
Bei Vorliegen einer Mikroalbuminurie ist das kardiovaskuläre Risiko um 50% erhöht. Es ist daher wichtig, die Albuminurie als Ausdruck des Endorganschadens zu suchen und zu behandeln, da sich dadurch das Outcome verbessert. Zur Senkung der Proteinurie (und des Blutdrucks) eignen sich eine Salzrestriktion, sowie eine medikamentöse Therapie mit ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Blocker (ARB), Diltiazem und Verapamil, Diuretika sowie allenfalls Spironolacton. Die Kombination von ACE-Hemmer und ARB wird nicht empfohlen. RAS-Hemmer bergen das Risiko für eine Hyperkaliämie – um diese zu vermeiden, sind verschiedene Massnahmen angebracht (Tab. 5). Je stärker die Albuminurie, desto tiefer der Zielblutdruck: Bei einer Albuminurie <30 mg/d liegt der Zielblutdruck bei ≤140/90 mmHg, bei Albuminurie ab 30 mg/d bei ≤130/80 mmHg.
Hypertonie in der Schwangerschaft
Wenn bei einer schwangeren Frau die Blutdruckwerte zu hoch sind, stellt sich die Frage, ob es sich um eine vorbestehende Hypertonie, Gestationshypertonie oder bereits um Präeklampsie handelt. Bei zu hohem Blutdruck vor der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) liegt in der Regel eine vorbestehende Hypertonie vor (bei 1–5% aller Schwangerschaften). Bei Bluthochdruck nach der 20. SSW und weiteren Symptomen wie Proteinurie, steigendem Serum-Harnstoff, Leberfunktionstörungen etc. besteht eine Präeklampsie.
Bei Schwangeren sollte der Blutdruck im Sitzen und auf 2 mmHg genau gemessen werden, und zwar mit einem für Schwangere validierten Gerät und einer adäquaten Manschettengrösse. Eine ambulante 24-Stunden-Messung kann helfen, eine Weisskittel-Hypertonie, die bei bis zu einem Drittel aller Schwangeren mit erhöhten Blutdruckwerten vorliegt, auszuschliessen oder eine nächtliche Hypertonie zu diagnostizieren, die mit einem höheren Risiko für mütterliche und kindliche Komplikationen assoziiert ist. Für die Therapie einer Hypertonie während der Schwangerschaft besteht nur eine mütterliche Indikation (Vermeidung kardiovaskulärer Komplikationen), aber ein positiver Einfluss auf das Kind konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Auch das Risiko für eine Präeklampsie oder eine Fehlgeburt lässt sich durch die Blutdrucktherapie nicht senken. Der Blutdruck sollte nicht aggressiv gesenkt werden, um eine Wachstumsrestriktion des Kindes zu vermeiden; allenfalls wird die Medikation im zweiten Trimenon reduziert.
Erektile Dysfunktion
Rund ein Drittel aller Männer mit Hypertonie haben eine erektile Dysfunktion (ED). Diese kann sowohl durch die Hypertonie selbst, aber auch durch die Therapie ausgelöst sein. Vor allem Betablocker und Diuretika haben oft einen negativen Einfluss auf die Erektionsfähigkeit. Falls möglich, sollte bei Patienten mit ED die Blutdruckmedikation umgestellt werden (auf ARB), bei weiterhin bestehender ED kann zusätzlich ein PDE-5-Inhibitor gegeben werden. Auch Männer mit Kombinationstherapien können diese Wirkstoffe ohne Gefahr einnehmen, Vorsicht ist allerdings bei der Einnahme von Alphablockern geboten (PDE-5-Inhibitor niedrig dosieren und zeitversetzt zum Antihypertensivum schlucken). Absolut kontraindiziert ist die Kombination von Nitraten und PDE-5-Inhibitoren.
Fazit
Verschiedene Normwerte des Blutdrucks beachten (Praxismessung, ambulante Messung, 24-Stunden-Messung)
Rotation durch die antihypertensiven Substanzklassen kann sich lohnen
Suche nach sekundärer Hypertonie je nach Klinik
Hypertensive Krise: Unterscheidung nach «Urgency» und «Emergency»
Diabetes: Ziel-Blutdruck <140/90 mmHg
Therapieresistenz: liegt vor bei Dreiertherapie inkl. Diuretikum
Alte Patienten: «start slow, go slow»
Niereninsuffizienz: Albuminurie suchen (als Zeichen des Endorganschadens)
Schwangerschaft: Therapie, wenn Blutdruckwerte ≥160/110 mmHg
Sexualanamnese nicht vergessen!
Detailliertere Informationen unter www.eshonline.org/Guidelines/ArterialHypertension.aspx
Quelle: Medidays, 3. September 2014, UniversitätsSpital Zürich
Eine über Jahre bestehende ungenügend behandelte arterielle Hypertonie führt meist zu einer Herzinsuffizienz. Es ist keineswegs überraschend, dass das Auftreten einer Herzinsuffizienz durch die Behandlung des Blutdruckes, des Übergewichts und der Diabetes hinausgezögert werden kann.
Eine über Jahre bestehende ungenügend behandelte arterielle Hypertonie führt meist zu einer Herzinsuffizienz, wenn es unterdessen zu keiner anderen lebenslimitierenden Erkrankung kommt. Umgekehrt besteht bei Patienten mit Herzinsuffizienz häufig bereits über Jahre vorher eine arterielle Hypertonie. In der Framingham-Kohorte hatten über einen Beobachtungszeitraum von 20 Jahren 91% aller Patienten mit einer neu diagnostizierten Herzinsuffizienz vorgängig bereits die Diagnose einer arteriellen Hypertonie [1]. Das Risiko für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz in hypertensiven verglichen zu normotensiven Studienteilnehmern, korrigiert für Alter und andere Herzinsuffizienz auslösende Faktoren, war für Männer zwei Mal und für Frauen drei Mal höher. Risikofaktoren für Herzinsuffizienz sind zum Beispiel Herzinfarkt, Diabetes mellitus, linksventrikuläre Hypertrophie und Klappenerkrankungen. Das Risiko, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln, verdoppelt sich bei Patienten mit einem Blutdruck von 160/100 mmHg im Vergleich zu solchen mit 140/90 mmHg [2].
Somit ist es keineswegs überraschend, dass das Auftreten einer Herzinsuffizienz durch die Behandlung des Blutdruckes, des Übergewichts und des Diabetes hinausgezögert werden kann. Männer resp. Frauen ohne Hypertonie, ohne Übergewicht und ohne Diabetes im Alter von 45 Jahren leben im Durchschnitt 3 bis 15 Jahre länger ohne das Auftreten von Herzinsuffizienz im Vergleich zu Patienten mit solchen Risikofaktoren [3]. Ein normales Körpergewicht, kein Diabetes und insbesondere fehlende arterielle Hypertonie sind mit einem 86% tieferen Risiko für das Auftreten einer Herzinsuffizienz im Laufe des Lebens assoziiert. In der SHEP (Systolic Hypertension in the Elderly Program) Studie verlängerte sich während eines Beobachtungszeitraumes von 4,5 Jahren, das Leben um einen Tag pro Monat bei Patienten unter Chlorthalidon im Vergleich zu solchen unter Placebo [4].
Pathophysiologie
Die diastolische Dysfunktion ist die erste Manifestation der hypertensiven Kardiopathie. Kardiales Remodelling aufgrund einer Druckbelastung (z.B. arterielle Hypertonie, Aortenstenose) führt aufgrund des Laplace-Gesetzes zu konzentrischer linksventrikulärer Hypertrophie. Zur Kompensation der durch den Druck erhöhten Wandspannung verdickt sich der Muskel und das Cavum des Ventrikels wird kleiner. Im Gegensatz dazu führt eine Volumenbelastung (z.B. Aortenklappeninsuffizienz, Adipositas, chronische Niereninsuffizienz, Anämie) zu einer exzentrischen Hypertrophie des linken Ventrikels (Zunahme des Ventrikelvolumens und vermehrte Muskelmasse) [5].
Wenn die Druckbelastung anhält, die diastolische Dysfunktion zunimmt und der konzentrische hypertrophe linke Ventrikel dekompensiert, kommt es zur Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer systolischer Funktion (HFpEF – «heart failure with preserved ejection fraction»). Im Gegensatz dazu kommt es bei einem linken Ventrikel mit exzentrischer Hypertrophie, wenn die Volumenbelastung anhält, und der linke Ventrikel dekompensiert zu Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Funktion (HFrEF – «heart failure with reduced ejection fraction»).
Linksventrikuläre (LV) Hypertrophie und erhöhte Biomarker für subklinischen Myokardschaden (high-sensitivity Troponin, N-terminal pro-B-type natriuretic peptide [NT-pro BNP]) sind mit einem höheren Risiko bezüglich Entwicklung einer symptomatischen Herzinsuffizienz, insbesondere HFrEF assoziiert [6]. Bei HFpEF sind die Werte von NT-pro BNP meist tiefer, was durch einen geringeren Wandstress und somit weniger zirkulierende natriuretische Peptide erklärt wird [7]. In 30% aller Patienten mit HFpEF finden sich normale natriuretische Proteine [8], insbesondere in Patienten mit Adipositas [9] oder mit Symptomen lediglich unter Belastung [10]. Schlussendlich ist das Endstadium einer hypertensiven Kardiopathie, normalerweise das Resultat einer über Jahre bestehenden Druck- und Volumenbelastung, die dilatative Kardiopathie. Von einem klinischen Standpunkt aus gesehen, kann die hypertensive Kardiopathie in vier Stadien eingeteilt werden (Abb. 1):
Grad 1: Diastolische Dysfunktion des linken Ventrikels ohne LV-Hypertrophie
Grad 2: Diastolische Dysfunktion des linken Ventrikels mit LV-Hypertrophie
Grad 3: Symptome der Herzinsuffizienz (Dyspnoe, Lungenödem) bei erhaltener systolischer LV-Funktion
Grad 4: Dilatative Kardiopathie mit eingeschränkter systolischer LV-Funktion und Symptomen der Herzinsuffizienz [11].
Die diastolische Dysfunktion ist die häufigste Auswirkung einer langjährig bestehenden Hypertonie. Jedoch nicht alle Patienten mit diastolischer Dysfunktion weisen eine HFpEF auf [12], und die diastolische Dysfunktion kann bei gut behandelten Patienten mit HFpEF oder bei Patienten, welche primär bei Belastung Beschwerden aufweisen, ganz fehlen [10,13]. Der linke Vorhof ist häufig dilatiert und der mittels Doppler geschätzte systolische pulmonale Druck ist erhöht (>35 mmHg) [14]. Patienten mit HFpEF zeigen vermehrt LV-Hypertrophie, Läsionen in den epikardialen Koronarien, Abnahme der koronaren Mikrozirkulation und myokardiale Fibrose als ein Kontrollkollektiv. Ursächlich für die Störung der koronaren Mikrozirkulation könnte eine vermehrte systemische Inflammation und oxidativer Stress aufgrund der Komorbiditäten der HFpEF sein [15,16].
Sogar eine isolierte diastolische Dysfunktion kann erstaunlicherweise ein Lungenödem auslösen, wie durch Gandhi et al. gezeigt [17]. Patienten mit einer Episode eines hypertensiv bedingten Lungenödems zeigten während und danach, als der Blutdruck gut kontrolliert war, eine unverändert normale systolische linksventrikuläre Funktion. Der mittlere systolische Blutdruck war initial 200 +/– 26 mmHg während des Lungenödems und 139 +/– 17 mmHg zum Zeitpunkt der Verlaufskontrolle. Als einzige Ursache für das Lungenödem verblieb die diastolische Dysfunktion, da eine transiente systolische Dysfunktion mit oder ohne Mitralinsuffizienz bei diesen Patienten fehlte [17].
«Ausgebrannte» hypertensive Kardiopathie
In einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz ist der systolische Blutdruck häufig tief, sogar bei Patienten, welche bisher immer hyperton waren. Dieses Phänomen wird als «ausgebrannte» hypertensive Kardiopathie bezeichnet. Patienten mit langjährig bestehender Hypertonie können zunehmend normo- bis hypoton werden, wenn die Herzinsuffizienz zunimmt, sprich die systolische LV-Funktion abnimmt. Eine schwer eingeschränkte systolische LV-Funktion führt zu einem verminderten Herzminutenvolumen, wobei kompensatorische Mechanismen wie periphere Vasokonstriktion das Herzminutenvolumen nicht erhalten und somit auch den Abfall des Blutdruckes nicht aufhalten können. Patienten mit «ausgebrannter» hypertensiver Kardiopathie tolerieren Blutdruck-senkende Medikamente wie Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB), Angiontensin-Converting-Enzyme (ACE)-Hemmer, Betablocker (BB) und Diuretika nur schlecht.
Das Zwischenspiel von hohem Blutdruck, hypertensiver Kardiopathie und dilatativer Kardiopathie (als Zeichen einer «ausgebrannten» hypertensiven Kardiopathie, sprich dem Endstadium der hypertensiven Kardiopathie) ist komplex. Häufig zeigt sich erst retrospektiv, dass die arterielle Hypertonie (mit-)ursächlich für die dilatative Kardiopathie war. Falls sich die systolische LV-Funktion erholt, so steigt auch wieder der Blutdruck an.
Arterielle Hypertonie bei Patienten mit HFrEF
Auch wenn die arterielle Hypertonie ein bekannter Risikofaktor für Herzinsuffizienz ist, scheint ein hoher systolischer Blutdruck bei HFrEF-Patienten mit tieferer Mortalität assoziiert zu sein. Mehrere Studien zeigten ein verbessertes Outcome bei hohem systolischen Blutdruck bei Patienten mit akuter wie auch chronischer Herzinsuffizienz [18–24]. So war auch in 2289 Patienten in der COPERNICUS-Studie (Carvedilol Prospective Randomized Cumulative Survival) ein tieferer systolischer Blutdruck mit einem höheren Risiko für Tod assoziiert [25]. Mitursächlich für den positiven Effekt der Betablocker-Therapie auf das Überleben bei Herzinsuffizienz könnte auch die Zunahme des zentralen Blutdruckes sein. Entsprechend ist die Abnahme der Herzfrequenz unter Betablocker-Therapie (welche indirekt proportional zur Zunahme des zentralen Druckes ist) bei Patienten mit Herzinsuffizienz in der SHEP-Studie mit einem besserem Überleben assoziiert [26]. Das gleiche Phänomen könnte auch auf Ivabradine zutreffen, wo in der SHIFT-Studie («Systolic Heart failure treatment with the If inhibitor ivabradine») eine Reduktion der Hospitalisationen für Herzinsuffizienz erzielt werden konnte [27]. Im Kontrast zum normalen hypertensiven Patienten, wo eine Reduktion der Herzfrequenz mit vermehrter kardiovaskulärer Mortalität assoziiert ist, trifft bei Patienten mit Herzinsuffizienz das Gegenteil zu [26,28].
Kardiorenales Syndrom
Sowohl im Herz, wie auch in der Niere kommt es bei langjährig bestehender arterieller Hypertonie zu Endorganschäden. So kommt es bei diesen Patienten nicht nur zur Herz-, sondern auch zu Niereninsuffizienz. Die Interaktion zwischen Herz und Niere verläuft in beide Richtungen über verschiedenste Mechanismen [29]. Die häufigsten kardiorenalen Syndrome bei Herzinsuffizienz-Patienten sind die folgenden [30]:
Typ 1 (akut): Akute Herzinsuffizienz führt zu akutem Nierenschaden (Niereninsuffizienz)
Typ 2 (chronisch): Chronische Herzinsuffizienz führt zu zunehmender Erkrankung der Niere
Typ 3: Akute Verschlechterung der Nierenfunktion führt zu Herzinsuffizienz
Typ 4: Auftreten einer Herzinsuffizienz aufgrund einer zunehmenden renalen Grunderkrankung
Aus Sicht des Klinikers erschwert das Auftreten einer Niereninsuffizienz die Therapie der Herzinsuffizienz. Wenn die Niereninsuffizienz fortschreitet, kommt es zu vermehrter Herzinsuffizienz, wie auch umgekehrt. Entsprechende Komorbiditäten und viele Medikamente für die Herzinsuffizenz erhöhen das Risiko für eine Hyperkaliämie. Ein ausgeprägtes kardiorenales Syndrom schränkt die Medikamentenwahl und deren Aufdosierung auf die Zieldosis drastisch ein. Eine Kombination von neu erforschten K+-Bindern (z.B. Patiromer) und eines Mineralkortikoidantagonisten könnte zukünftig die kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität in Patienten mit Herzinsuffizienz reduzieren [31].
Pickering-Syndrom
1988 berichteten Dr. Pickering et al. über elf Patienten mit Hypertonie und bilateraler atherosklerotischer Nierenarterienstenose, welche sich mit mehreren Episoden von plötzlich aufgetretenen Lungenödem präsentierten [32]. Das Pickering-Syndrom, plötzlich auftretendes Lungenödem («flash pulmonary edema») und bilaterale Nierenarterienstenose, ist ein kardiorenales Syndrom Typ 3. Patienten mit Pickering-Syndrom präsentieren sich meist mit diastolischer Dysfunktion und LV-Hypertrophie, die systolische LV-Funktion ist normal oder nur leicht eingeschränkt. Dies, zusammen mit einer ungenügenden Natriurese aufgrund der bilateralen Nierenarterienstenose, ist der Mechanismus, welcher zum Lungenödem führt (Abb. 2). Die Tatsache, dass dieses Lungenödem plötzlich auftritt und zu einem lebensbedrohlichen Notfall führt, unterscheidet das Pickering-Syndrom von anderen Formen der kardialen Dekompensation [33]. Rezidivierende plötzlich auftretende Lungenödeme, fehlende typische Angina, erhöhter Blutdruck und erhöhte Kreatininwerte sollten an eine bilaterale Nierenarterienstenose, sprich ein Pickering-Syndrom, als Ursache für das plötzliche Lungenödem denken lassen. In den Fallserien zum Pickering-Syndrom ist es vorgängig meist zu mehreren plötzlich auftretenden Lungenödemen gekommen, bis die Diagnose der bilateralen Nierenarterienstenosen gestellt wurde [32].
Das Ziel der akuten Behandlung des plötzlich auftretenden Lungenödems ist, eine genügende Oxygenierung zu erreichen mittels Senkung der Nachlast zum Senken des postkapillären Wedge-Druckes und Aufrechterhaltung einer genügenden Diurese. Das Beheben der Ursache, sprich eine Angioplastie der Nierenarterienstenose, ist essenziell, sobald der Patient stabilisiert wurde.
Antihypertensive Therapie zur Reduktion der Inzidenz der Herzinsuffizienz
Per Definition reduzieren alle antihypertensiven Medikamente den Blutdruck. Aber, wenn man die Literatur genau betrachtet, sind nicht alle Medikamente gleich gut geeignet, die Inzidenz der Herzinsuffizienz zu reduzieren. Betablocker sind ein Grundstein der Therapie der Herzinsuffizienz mit reduzierter systolischer LV-Funktion (HFrEF) [34]. Im Vergleich zu den anderen antihypertensiven Medikamenten haben sie aber keinen besseren präventiven Charakter bezüglich Herzinsuffizienz. In 112 177 Patienten aus zwölf unterschiedlichen randomisierten kontrollierten Studien führte eine Therapie mit BB wohl zu einer Reduktion des Blutdrucks von 12,6/6,1 mmHg im Vergleich zum Placebo. Es fand sich aber keine signifikante Reduktion der Inzidenz von Herzinsuffizienz [35]. Verglichen mit anderen antihypertensiven Medikamenten bringen BB keinen zusätzlichen Effekt bezüglich Reduktion der Gesamtmortalität, kardiovaskulärer Mortalität oder Herzinfarkt. Es kommt aber zu einer Zunahme von Hirnschlagprävalenz bei älteren Patienten. Daher sollten BB nicht die erste Wahl einer antihypertensiven Therapie sein.
In einer Cochrane Meta-Analyse erhöhten Kalziumkanalbocker (CCB) das Risiko für Herzinsuffizienz (Risk Ratio [RR]: 1,37; 95% Konfidenzintervall (KI): 1,25–1,51) im Vergleich zu Diuretika. Auch wenn CCB im Vergleich zu ACE-Hemmern das Risiko für Hirnschlag und im Vergleich zu ARB das Risiko für Herzinfarkt und Hirnschlag reduzieren, scheint es unter CCB vermehrt zu Herzinsuffizienz zu kommen im Vergleich zu den ACE-Hemmern (RR 1,16; 95% KI 1,06–1,27) und auch im Vergleich zu den ARB (RR 1,2, 95% KI: 1,06–1,36) [36]. Eine aktuelle Metanalyse stellt dies aber in Frage: Darin scheint eine Blutdruckreduktion mittels CCB das Auftreten einer Herzinsuffizienz ebenso effizient vorzubeugen wie eine Blutdrucksenkung mit anderen Medikamenten [37]. Somit könnte die vorgängig nachgewiesene Inferiorität der CCB durch eine bessere Begleit-Medikation im Kontrollarm entstanden sein.
In der ALLHAT (Antihypertensive and Lipid-Lowering Treatment to Prevent Heart Attack Trial) Studie kam es unter dem Alpha-Blocker Doxazosin im Vergleich zu Chlorthalidon häufiger zu Hirnschlag und kardiovaskulären Erkrankungen. Das Risiko für Herzinsuffizienz unter Doxazosin-Therapie war doppelt so hoch (RR 2,04, 95% KI 1,79–2,32, p>0,001) [35]. Somit scheint es, dass eine Behandlung mit Alphablockern bei Patienten mit Risiko bezüglich Herzinsuffizienz vermieden werden sollte.
Die Blockade des Renin-Angiotensin-Systems führt zu einer effizienten Senkung des Blutdrucks und reduziert die Inzidenz einer Herzinsuffizienz. ACE-Hemmer sind ebenso effizient wie ARB [38,39]. Hier ist insbesondere auf den neu zugelassenen ARB/Neprilysin-Inhibitor Valsartan/Sacubitril hinzuweisen, welcher nicht nur ein potentes Medikament in der Behandlung der Herzinsuffizienz mit reduzierter systolischer LV-Funktion ist, sondern wahrscheinlich auch gut den Blutdruck senkt [40]. In der PARADIGM-Studie (Prospective Comparision of ARNI with ACEI to Determine Impact on Global Mortalitiy and Morbidity in Heart Failure) zeigte Valsartan/Sacubitril eine durchschlagende Reduktion der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität in Patienten mit reduzierter systolischer LV-Funktion [41]. Ob Valsartan/Sacubitril auf lange Sicht bei Hypertonikern ein gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis ausweist, muss sich erst aber zeigen.
Zu guter Letzt sind Thiazid-ähnliche Diuretika wie Chlorthalidon oder Indapamid eine ausgezeichnete Wahl der antihypertensiven Medikation zur Prävention der Herzinsuffizienz. In der SHEP-[42] wie auch in der HYVET (Hypertension in the Very Elderly Trial)-Studie [43] führten diese zu einer signifikanten Reduktion der Herzinsuffizienz im Vergleich zu Placebo, für Chlorthalidon (RR 0,51; 95% KI 0,37–0,71) und für Indapamid (RR 0,36; 95% KI 0,22–0,58; p<0,001). Thiazid-ähnliche Diuretika sind in zehn randomisierten kontrollierten Studien allen anderen antihypertensiven Medikamenten bezüglich Prävention der Herzinsuffizienz überlegen (RR 0,84; 95% KI 0,73–0,98) [37]. Solche Resultate gibt es aber nicht für Hydrochlorothiazid, weder für Herzinsuffizienz noch für irgendeinen anderen kardiovaskulären Endpunkt. Im Gegensatz zu Indapamid oder Chlorthalidon sollte Hydrochlorthiazid in Hypertonikern mit einem Risiko für Herzinsuffizienz somit vermieden werden.
In der TOPCAT-Studie (Treatment of Preserved Cardiac function Heart Failure with an Aldosterone Antagonist), bei Patienten mit HFpEF, hatte der Aldosteron-Antagonist Spirinolactone keinen Einfluss auf einen Composite-Endpunkt von kardiovaskulärem Tod oder Hospitalisation [44]. Spirinolacton-Therapie führte jedoch zu einer Reduktion der Anzahl Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz, aber auch zu einer Zunahme von Niereninsuffizienz und Hyperkaliämie. In einer Post-hoc-Analyse mit lediglich Patienten vom nordamerikanischen Kontinent zeigt sich aber ein positiver Composite-Endpunkt [45]. Erstaunlicherweise kam es in Georgien und Russland zu vermehrten Endpunkten in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe. Schaut man dann im Blut nach Metaboliten des Spirinolactons, so war dieser bei 30% der Patienten in Russland, welche das Medikamente einnehmen sollten, nicht nachweisbar, im Vergleich zu 3% in Nordamerika [46].
Zusammengefasst verlangsamen die meisten antihypertensiven Medikamentenklassen die Transition von der Hypertonie zur Herzinsuffizienz, wenn auch nicht alle Klassen diesbezüglich gleich effizient sind. Einmal täglich verabreichtes Hydrochlorothiazid sollte vermieden werden, insbesondere da mit Chlorthalidion und Indapamid zwei sehr gute Alternativen zur Verfügung stehen.
Antihypertonika bei Patienten mit Herzinsuffizienz und weiterhin hohen Blutdruckwerten
Meist ist bei Patienten mit Herzinsuffizienz [47] ein tiefer Blutdruck das häufigere Problem. Manchmal kommt es aber bei Patienten mit HFpEF, seltener in HFrEF, zu persistierender Hypertonie. Aufgrund fehlender Evidenz sind unsere Empfehlungen empirisch, basierend auf klinischen und pathophysiologischen Überlegungen [48]. Diese Empfehlungen gelten für Patienten, die trotz Therapie mit ausdosiertem ACE-Hemmer oder ARB, Betablocker und Diuretikum weiterhin erhöhte Blutdruckwerte (>140/90 mmHg in der Praxis/Spital) aufweisen.
Als Erstes sollte immer eine Therapieadhärenz kontrolliert werden. Ziel des weiteren Ausbaus der Therapie nach Betablocker, ACE-Hemmer oder ARB und Schleifendiuretika ist es in HFpEF die diastolische und mikrovaskuläre Dysfunktion zu verbessern und in HFrEF die eingeschränkte systolische linksventrikuläre Funktion zu erhalten oder möglicherweise zu verbessern. In Abbildung 3findet sich unsere Empfehlung mit initial vermehrter Nachlastsenkung mit Valsartan/Sacubitril anstelle des ACE-Hemmer/ARB und einem Wechsel auf einen vasodilatativen Betablocker wie Carvedilol oder Nebivolol. Auch sollte bei Patienten mit HFpEF und weiterhin hohen Blutdruckwerten ein Statin begonnen werden.
Take-Home-Messages
90% aller Patienten mit einer neu diagnostizierten Herzinsuffizienz hatten vorgängig eine arterielle Hypertonie.
Die diastolische Dysfunktion, linksventrikuläre Hypertrophie und Dilatation des linken Vorhofes sind die Zeichen der hypertensiven Kardiopathie.
In 30% aller Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener systolischer Funktion finden sich normale natriuretische Peptide, insbesondere bei adipösen Patienten.
Bei einer dilatativen Kardiopathie (im Rahmen einer «ausgebrannten» hypertensiven Kardiopathie) zeigt sich häufig erst retrospektiv nach Erholung der systolischen LV-Funktion, dass die Hypertonie ursächlich war.
ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker und Indapamid oder Chlorthalidon sind die antihypertensiven Medikamente der Wahl zur Vermeidung einer Herzinsuffizienz.
Literatur:
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Hypertonie, Diabetes und Adipositas – mit zunehmendem Alter der Erstgebärenden nehmen auch die Risiken und die Prävalenz dieser Erkrankungen zu. Während der Schwangerschaft sind sie eine besondere Herausforderung. Andere Vorgehensweisen als gewöhnlich sind angezeigt.
Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus und Adipositas – internistische Erkrankungen im Fokus der Schwangerenvorsorge. Mit zunehmendem Alter der Erstgebärenden nehmen auch die Risiken und die Prävalenz dieser Erkrankungen zu. Auch wenn sie zum Alltag eines Internisten oder Allgemeinmediziners gehören, sind sie während der Schwangerschaft eine besondere Herausforderung und benötigen andere Therapien oder Vorgehensweisen als gewöhnlich.
Adipositas – ein unabhängiger Risikofaktor (Fall 1)
Innerhalb der letzten 40 Jahre hat der Anteil adipöser Frauen weltweit stark zugenommen. In der Schweiz hat er sich von 1992 bis 2012 verdoppelt (von 5% auf 9%), insgesamt lag der Anteil adipöser und übergewichtiger Frauen 2012 bei 32% (www.admin.ch).
Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor in der Schwangerschaft, und es gilt die spezifischen Probleme zu (er)kennen und zu therapieren. Der interdisziplinäre Ansatz ist hier von grosser Bedeutung und Grundkenntnisse über z.B. bariatrische Operationen sind von Vorteil.
Adipositas (BMI >30 kg/m2) ist mit einer Reihe von Risiken vergesellschaftet. Dies beginnt bereits in der Früh-Schwangerschaft mit häufigerem Abortgeschehen. Es zeigen sich mehr kongenitale Anomalien und während der Schwangerschaft mehr Komplikationen wie schwangerschaftsassoziierte Hypertonie, höheres Präeklampsie-Risiko und Entwicklung eines Gestationsdiabetes [1]. Unter der Geburt ist das Risiko für eine Schulterdystokie als mögliche Konsequenz einer Makrosomie höher, es kommen mehr Sectios und Einleitungen vor der 37. SSW (aufgrund Schwangerschaftskomplikationen) vor und auch das IUFT-Risiko ist erhöht. Postpartal sind Wundheilungsstörungen, postpartale Depressionen und Thrombosen häufiger zu beobachten [2].
Beratung adipöser Frauen – worauf ist während der Schwangerschaftsvorsorge zu achten?
Sicherlich ist eine Gewichtsreduktion vor der Planung einer Schwangerschaft sinnvoll. Eine bariatrische Operation sollte als mögliche Therapie besprochen werden, ist aber nicht aufgrund einer geplanten Schwangerschaft durchzuführen, sondern gemäss den gängigen Indikationen. Laut Empfehlungen sollte nach einer bariatrischen Operation zwei bis drei Jahre bis zur Planung einer Schwangerschaft gewartet werden, um das optimalste neonatale Outcome zu erzielen [3]. In den meisten Fällen wird heutzutage eine laparoskopische Magenbypass-Operation durchgeführt, also eine malabsorptive Variante. Diese Schwangeren haben ein erhöhtes Risiko für Mangelentwicklungen im Sinne von «small for gestational age»-Feten (SGA) und müssen regelmässig sowohl sonografisch verlaufskontrolliert als auch auf allfällige Mangelernährung seitens der Mutter überprüft werden (routinemässig in jedem Trimester kleines Blutbild, Ferritin, Vitamin B12, Kalzium und Vitamin D3; bei Mangel bzw. notwendiger Substitution sind monatliche Kontrollen angezeigt) [4]. Bei Durchführung des oralen Glukosetoleranztests (oGTT) ist bei diesen Frauen Vorsicht geboten, in 50% kommt es zu einem Dumping-Syndrom und es muss auf ein alternatives Screening ausgewichen werden (Nüchtern-Blutzucker und postprandialer BZ während einer Woche oder HbA1c). Bei Frauen mit restriktiven bariatrischen Operationen (z.B. Magenband oder Magenschlauch) kann ein normaler oGTT durchgeführt werden. Bei Auftreten von abdominalen Schmerzen bei Frauen nach Magenbypass-Operation soll die Indikation zur diagnostischen Laparoskopie, wegen möglicher innerer Hernie, grosszügig gestellt werden (Fall 1).
Die empfohlene Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist abhängig vom Ausgangs-BMI. Bei Übergewicht (BMI 25–29,9 kg/m2) ist eine Zunahme von 7–11,5 kg, bei Adipositas (BMI >29,9 kg/m2) von 7–9 kg adäquat.
Hypertensive Erkrankungen – Risiko für Präeklampsie (Fall 2)
Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft kommen in 4–7% der Fälle vor und sind ein Hauptgrund für maternale und fetale Morbidität und Mortalität. Zu einer normalen Schwangerschaftskontrolle gehört deshalb immer die Messung des Blutdrucks (BD). Normalerweise sind Schwangere eher hypoton, und es gibt Frauen mit einer vorbestehenden arteriellen Hypertonie, die in der Schwangerschaft normotone BD-Werte haben. Wir unterscheiden eine schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (Hypertonie ohne Proteinurie nach der 20. SSW) von einer chronischen, also vorbestehenden Hypertonie. In beiden Fällen ist das Risiko für eine Präeklampsie sehr hoch (bis 40% resp. vierfach erhöht). Wichtig ist, eine antihypertensive Therapie erst ab BD-Werten von systolisch 150–160 mmHg und diastolisch 100–110 mmHg zu beginnen (Tab. 1). Da es sich um eine Bedarfshypertonie handelt, sollte eine zu rasche oder starke Senkung des Blutdrucks möglichst vermieden werden, da sonst die Versorgung des Kindes gefährdet wird. Eine BD-Senkung hat keinen Einfluss auf die Entwicklung einer Präeklampsie, d.h. wir schützen zwar die Frau, das Risiko für eine Präeklampsie bleibt jedoch bestehen. Engmaschige Kontrollen sind in solchen Fällen angezeigt, manchmal ist auch eine stationäre Aufnahme nötig mit ggf. Geburtseinleitung. Bei manifester schwerer Präeklampsie ist diese unter einer Krampfprophylaxe mit Magnesium i.v. durchzuführen [5,6]. In der MAGPIE-Studie konnte gezeigt werden, dass die Prophylaxe das Krampfrisiko um 50% senkt [7]. In Folgeschwangerschaften senkt eine Therapie mit Aspirin Cardio®100 mg (12.–35. SSW) das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie (ca. 8%) um die Hälfte [8]. Frauen mit einer Präeklampsie haben ein erhöhtes Risiko, im späteren Leben eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln. Ein jährlicher Check von Blutdruck, Lipiden, Blutzucker und BMI ist ratsam (Tab. 2) [9].
Diabetes mellitus – danach suchen, erkennen, therapieren (Fall 3)
Bereits in den 50er Jahren hat der dänische Epidemiologe Pedersen den Zusammenhang zwischen mütterlicher Hyperglykämie und fetaler Hyperinsulinämie postuliert. Das maternale Überangebot an Zucker wird auf den Fetus übertragen, der als Reaktion grosse Mengen an Insulin produziert und als Folge makrosom wird. Postpartal fällt dann das mütterliche Zuckerangebot weg und das Neugeborene entwickelt eine Hypoglykämie.
In der gross angelegten HAPO-Studie von 2008 wurde diese Hypothese bestätigt: Eine erhöhte Glukosekonzentration hat einen engen Zusammenhang mit dem fetalen Geburtsgewicht [10]. Aus diesen Erkenntnissen hat die International Association of Diabetes and Pregnancy Study Group (IADPSG) Grenzwerte festgelegt und ein weltweites Screening bei allen Schwangeren empfohlen [11,12].
In der Schweiz haben ca. 11% der Schwangeren einen Gestationsdiabetes (GDM). Zu unterscheiden ist zwischen einem Diabetes, der in der Schwangerschaft auftritt (transienter Diabetes in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft mit spontaner Normalisierung postpartum), einem Diabetes mellitus Typ 2, der in der Schwangerschaft erstmals entdeckt wird, und einem präexistenten Diabetes mellitus Typ 1 oder 2.
Schwangerschaften mit Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 sind Risiko-Schwangerschaften und erfordern eine enge und interdisziplinäre Führung durch Spezialisten (Wachstumskontrollen mit Dopplersonografie). Bei einem gut eingestellten Gestationsdiabetes hingegen können reguläre Schwangerschaftskontrollen stattfinden (Tab. 3).
Jede Schwangere wird zwischen der 24. und 28. SSW mithilfe eines oralen Glukosetoleranztests (oGTT) gescreent (Tab. 4) [13,14].
Die Therapie des GDM besteht aus einer Ernährungsberatung und Anleitung zur Blutzucker-Selbstkontrolle. Sollte die diätetische Therapie keine Besserung der Blutzuckerwerte innerhalb von vier bis sieben Tagen bringen oder sollten die Glukose-Zielwerte in mehr als 10% aller Messungen überschritten werden, steht die Indikation zur Insulintherapie. Dies ist bei ca. 25% der Schwangeren notwendig. Auch wenn die Insulintherapie nach wie vor der Goldstandard ist, gibt es neuere Daten, die auch die Möglichkeit des Einsatzes von Metformin (Start 2× 500 mg/d, Steigerung auf 2× 1000 mg/d möglich) beschreiben. Es handelt sich hierbei aber um eine «off-label»-Anwendung, bei der noch keine Langzeitdaten vorhanden sind [15,16].
Physiologische Insulinresistenz
In der Schwangerschaft ist die maternale Insulinresistenz ein normales Phänomen, das im zweiten Trimenon beginnt und seinen Höhepunkt im dritten Trimester hat. Sie ist Resultat einer vermehrten plazentaren Sekretion von diabetogenen Hormonen. Ein Gestationsdiabetes entsteht dann, wenn die pankreatische Funktion insuffizient ist, d.h. nicht in der Lage, die Insulinresistenz zu überwinden.
Dies erklärt auch, warum Frauen mit Gestationsdiabetes ein erhöhtes Risiko haben, im späteren Leben einen Diabetes mellitus zu entwickeln (50–70%): Die pankreatische Funktion hat quasi den «Stresstest» während der Schwangerschaft nicht bestanden. Zudem wird auch deutlich, dass bei abnehmendem Insulinbedarf in der Schwangerschaft eine Plazentainsuffizienz ausgeschlossen werden muss: Die Plazenta ist generell insuffizient und sezerniert dabei auch weniger diabetogene Hormone.
Wichtig ist, nach dem Diabetes zu suchen, ihn zu erkennen und richtig zu therapieren, denn die Auswirkungen des Diabetes während der Schwangerschaft sind mannigfaltig und betreffen sowohl Mutter als auch Kind. Bei der Schwangeren beobachtet man ein erhöhtes Risiko für eine Präeklampsie oder für einen Infekt, zudem steigt die Sectiorate an. Fetal werden häufiger intrauterine Fruchttode, Fehlbildungen (bei schlecht eingestelltem DM Typ 1 oder 2), Wachstumsretardierungen oder Makrosomie und Frühgeburten beobachtet. Postnatal kann es zu einer neonatalen Hypoglykämie oder Hyperbilirubinämie kommen.
Das Rezidivrisiko für einen erneuten GDM in der nächsten Schwangerschaft liegt bei 50–60%.
Take-Home-Messages
Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor in der Schwangerschaft.
Für ein optimales neonatales Outcome sollte nach bariatrischer Chirurgie zwei bis drei Jahre bis zur Planung einer Schwangerschaft gewartet werden. Schwangere nach laparoskopischer Magenbypass-Operation haben ein erhöhtes Risiko für Mangelentwicklungen («small for gestational age»-Feten, SGA) und müssen verlaufskontrolliert werden. Eine interdisziplinäre und engmaschige Betreuung ist wichtig.
Eine vorbestehende Hypertonie stellt ein Risiko für Präeklampsie dar. Ein korrigierter BD verändert das Krankheitsbild der Präeklampsie allerdings nicht.
Die Grenzwerte für Therapiestart liegen bei 150–160/100–110 mmHg.
Bedarfshypertonie: zu rasche oder starke BD-Senkung vermeiden!
Es gibt einen Zusammenhang zwischen mütterlichem Blutzucker und fetalem Outcome. Diabetes sollte man daher suchen, erkennen und therapieren. Die Insulintherapie ist nach wie vor Goldstandard.
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Die Früherkennung von Brustkrebs bietet immer noch die besten Heilungschancen. Die Mammografie ist der Massstab für das Screening, unterliegt jedoch technischen, logistischen und diagnostischen Einschränkungen. Daher wird mit Hochdruck an unterschiedlichen Testverfahren geforscht, um die Erkrankung so früh wie möglich aufspüren zu können.
Ein wirksamer und genauer Bluttest zur Erkennung früher Krankheitsstadien sollte die Früherkennungsrate für Brustkrebs erhöhen. Daher wurde eine Reihe von Lipid-Studien bei Brustkrebspatientinnen im Frühstadium durchgeführt und die Datensätze mit Hilfe einer auf maschinelles Lernen gestützten Analyse kombiniert, um zu prüfen, ob diese Profile im Plasma Brustkrebs detektieren können [1]. Es wurden Blutproben von Frauen mit Brustkrebs im Stadium 0–IV (4 getrennte Kohorten) und alters- und BMI-angepassten brustkrebsfreien Kontrollen entnommen. Lipide aus plasmaangereicherten extrazellulären Vesikeln wurden extrahiert und mittels hochauflösender, präziser Massen-LC-MS analysiert. Eine kommerziell erhältliche Software wurde zur Annotation und Quantifizierung von >400 manuell kuratierten Lipidspezies verwendet. Nach einer Variablenauswahl wurde eine Lipidsignatur identifiziert, mit der Brustkrebsproben von Kontrollproben unterschieden werden können. Plasmaproben von Frauen mit Brustkrebs wurden von Kontrollen mit einer durchschnittlichen kreuzvalidierten Genauigkeit von 0,81 und einer durchschnittlichen AUC von 0,84 über 4 Kohorten unterschieden. Eine optimierte kohortenübergreifende Untergruppe von IDC, DCIS und ILC im Frühstadium wurde mit einer kreuzvalidierten AUC von 0,90, einer Sensitivität von 0,88 und einer Spezifität von 0,82 von Kontrollen unterschieden (201 Brustkrebs im Frühstadium, 199 Kontrollen). Für diese optimierte Kohorte erreichte unser Test eine Sensitivität von 0,71 bei einer vorgeschriebenen Spezifität von 0,90 bzw. eine Sensitivität von 0,89 bei einer vorgeschriebenen Spezifität von 0,80. Entsprechend konnte die Studie eine hohe Sensitivität und Spezifität einer Lipid-Biomarker-Signatur mit Potenzial für die Früherkennung von Brustkrebs zeigen.
Wann der Einsatz von Bisphosphonaten indiziert ist
Die Amplifikation des Transkriptionsfaktors MAF-Gen wurde mit vermehrten Knochenmetastasen bei Brustkrebs in Verbindung gebracht. Zudem konnte gezeigt werden, dass Patientinnen ohne MAF-Amplifikation im Primärtumor eher von adjuvanten Bisphosphonaten profitieren. Eine genomische Signatur könnte Patienten, die keine MAF-Amplifikation aufweisen, als Kandidaten für adjuvante Bisphosphonate identifizieren. Daher wurden Gene untersucht, die den MAF-Amplifikationsstatus vorhersagen könnten [2]. Da eine MAF-Amplifikation mit einem hohen Risiko für Knochenmetastasen verbunden ist, wurden zur Stratifizierung der Patientengruppen eine 70-Gene-Signatur für das Risiko eines Fernrezidivs (MammaPrint/MP) und eine 80-Gene-Signatur für die molekulare Subtypisierung (BluePrint/BP) verwendet. Insgesamt 166 BC-Patienten wurden in diese Pilotkohorte aufgenommen. Zum Nachweis der MAF-Kopienzahl wurde eine Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung durchgeführt. Ein Signal-zu-Kern-Verhältnis (SNR) von ≥2,5 wurde als Grenzwert für MAF-amplifiziert (MAF+) verwendet. Die differenzielle Genexpressionsanalyse wurde mit R limma unter Verwendung von Ganzgenom-Microarray-Daten durchgeführt. MAF+ und MAF- (SNR<2,5) wurden bei allen Patienten und bei Patienten, die nach MP/BP gematcht wurden, verglichen, um Hochrisikogruppen auszugleichen. Differentiell exprimierte Gene (DEGs) wurden definiert als absolute Fold Change ≥2 und angepasster p-Wert <0,05. Die Vorhersage der MAF-Amplifikation auf der Grundlage der Genexpression wurde mit einer korrelationsbasierten Metrik mit einem Trainingsset sowie mit 1179 BC-Patienten im Stadium I-III aus der FLEX-Studie (NCT03053193) durchgeführt, die MP/BP-Tests und vollständige Transkriptomdaten enthält.
Von den 166 Patienten waren 12% MAF+ und 88% MAF–. Von den MAF+-Patienten waren 95% MP-Hochrisiko-Patienten, wie aufgrund der Assoziation von MAF-Amplifikation und Knochenmetastasen zu erwarten war, im Gegensatz zu 29% der MAF–Patienten. Bemerkenswert ist, dass es keine signifikante Korrelation zwischen der Amplifikation und der MAF-Genexpression gab, was unterstreicht, wie wichtig es ist, andere Gene zur Vorhersage der MAF-Amplifikation heranzuziehen. Beim Vergleich des gesamten Transkriptoms von MAF+ und MAF- Patienten wurden 48 DEGs gefunden. Aus den MP/BP-Vergleichen wurden Gene mit einer ≥2-fachen Veränderung in die endgültige Gruppe von 57 Genen aufgenommen, wobei Gene, die für C-X-C-Motiv-Chemokin-Liganden und S100-Kalziumbindungsprotein kodieren, angereichert wurden. Der 57-Gene-Klassifikator für den MAF-Status erzielte eine Genauigkeit von 92%, eine Spezifität von 94% und eine Sensitivität von 75% in der Trainingsgruppe. Interessanterweise wurden bei der Anwendung des Klassifikators auf die FLEX-Kohorte 12% MAF+-Fälle identifiziert, ähnlich wie in der Trainingsgruppe.
Kongress: ASCO Annual Meeting
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InFo ONKOLOGIE & HÄMATOLOGIE 2022; 10(3): 20 (veröffentlicht am 20.6.22, ahead of print)
Während sich aufgrund der Corona-Pandemie neue Vortragsformate etablieren mussten, blieben die substanziellen Fortschritte in der Forschung rund um Krebstherapien konstant, wie die auf dem EHA vorgestellten Studienergebnisse belegen. Vor allem im Bereich Brustkrebs gab es spannende neue Entwicklungen, die die Prognose der Betroffenen verbessern könnten und zum Nachdenken anregen.
Bei etwa 15 bis 20 Prozent aller Patientinnen mit Brustkrebs liegt eine Überexpression des HER2-Proteins (Human Epidermal Growth Factor Receptor 2) vor, was mit einem aggressiven Krankheitsverlauf und einer schlechten Prognose assoziiert ist. Allerdings haben Forscher inzwischen herausgefunden, dass 55–60% der HER2-negativen Patienten durchaus auch geringe Mengen von HER2 exprimieren. Trastuzumab ist ein rekombinanter, humanisierter monoklonaler Antikörper, der gegen die extrazelluläre Domäne von HER2/neu auf Mammakarzinomzellen gerichtet ist. Aufgrund seiner guten Wirksamkeit ist der IgG1-Antikörper in allen Stadien des HER2-positiven Mammakarzinoms indiziert. Das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben können klinisch relevant verlängert werden.
Nun wurden aktuelle Studienergebnisse von unterschiedlichen Kombinationen mit Trastuzumab vorgestellt. So konnte beispielsweise das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) seine Wirksamkeit gegenüber einer Standard-Chemotherapie bei vorbehandelten Patienten mit inoperablem und/oder metastasiertem Mammakarzinom mit niedriger HER2-Expression (HER2-low) und Hormonrezeptor-positiver oder -negativer Erkrankung (HR+/–) unter Beweis stellen. In einer Phase-III-Studie erhielte 557 Betroffene im Verhältnis 2:1 randomisiert entweder T-DXd oder eine Chemotherapie nach Wahl des Prüfarztes. Primärer Endpunkt war das PFS bei HR+ HER2-low-Tumoren, sekundäre Endpunkte das PFS in der Gesamtkohorte sowie das Gesamtüberleben (OS). Nach einem medianen Follow-up von 18,4 Monaten lag das mediane PFS bei den Erkrankten mit HR+ HER2-low- Brustkrebs unter dem Einfluss von T-DXd versus Chemotherapie bei 10,1 Monate vs. 5,4 Monate. Entsprechend verringerte sich das Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung oder für Versterben im Vergleich zur Chemotherapie um 49%. Ähnlich sah es in der Gesamtpopulation aus. Beim OS waren die Studienergebnisse für die Gesamtkohorte (23,4 vs. 6,8 Monate) und HR-negative Population (18,2 vs. 8,3 Monate) ähnlich. Erstmals konnte mit einer gegen HER2 gerichteten Therapie ein Überlebensvorteil bei Betroffenen mit niedriger HER2-Expression gezeigt werden. Das deutet darauf hin, dass die Art und Weise, wie Patienten mit metastasiertem Mammakarzinom kategorisiert werden, überdacht werden sollte.
Endokrin vorbehandelte HR+/HER2– Tumoren
Das ADC Sacituzumab Govitecan (SG), das das überexprimierte Oberflächenantigen Tro-2 adressiert, wird in aktuellen Behandlungsleitlinien als bevorzugte Therapieoption beim fortgeschrittenen oder metastasierten triple-negativen Mammakarzinom (mTNBC) ab der zweiten Therapielinie empfohlen. Nun wurde es bei endokrin vorbehandelten Patientinnen mit HR+/HER2-negativen Tumoren, dem häufigsten Subtyp beim metastasierten Mammakarzinom, mit konventioneller Chemotherapie verglichen. Alle Patientinnen hatten vorher bereits auch eine Taxan- und CDK4/6-Inhibitor-Therapie. Das mediane PFS war nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 10,2 Monaten im SG-Arm mit 5,5 Monate versus 4,0 Monate im Kontrollarm signifikant verlängert. Das entspricht einer 34%tigen Risikoverringerung für Krankheitsprogression oder Tod. Darüber hinaus war die Ansprechrate im ADC-Arm mit 52,6% deutlich höher als im Vergleichsarm (16,3%) bei bekanntem Toxizitätsprofil. Nur 6% der Betroffenen im experimentellen Arm gegenüber 4% der Kontrollgruppe brachen die Behandlung aufgrund therapieassoziierter Nebenwirkungen ab Grad 3 ab. Unter dem Einfluss von SG verschlechterte sich die Lebensqualität zudem deutlich langsamer (4,0 Monate vs. 2,9 Monate).
Therapie beim oligometastasierten Mammakarzinom
Beim oligometastatischen Mammakarzinom wurde untersucht, ob eine gezielte Behandlung der Metastasen mit stereotaktischer Bestrahlung und/oder chirurgischer Resektion einen zusätzlichen Benefit für die Betroffenen bringen könnte. Patienten mit bis zu vier Metastasen (ausser Hirnmetastasen) und stabiler Erkrankung unter eine laufenden Systemtherapie wurden unabhängig vom Mammakarzinom-Subtyp eingeschlossen. Durch die ergänzende, qualitätsgesicherte Behandlung konnte jedoch keine Verbesserung des klinischen Verlaufs hinsichtlich des PFS und OS erreicht werden.
Bereits seit 1977 treffen sich jährlich internationale Experten, um aktuelle Informationen über die Brustkrebsforschung auszutauschen. Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen klinischer, translationaler und Grundlagenforschung herzustellen und einem breiten Spektrum von Forschern, medizinischen Fachkräften und Personen mit besonderem Interesse an Brustkrebs ein Forum für Interaktion, Kommunikation und Weiterbildung zu bieten. Im Fokus stehen aktuell Ansätze für ein gezieltes Therapieregime.
Ergebnisse der prospektiven klinischen Phase-II-Studie ACOSOG Z11102 zeigen, dass bei Patientinnen mit mehreren Tumoren in derselben Brust, die sich einer Lumpektomie mit anschliessender Strahlentherapie unterzogen, die Rate der Lokalrezidive mit derjenigen vergleichbar ist, die bisher bei Patientinnen mit einem einzigen Tumor beobachtet wurde [1]. In die Studie eingeschlossen wurden Frauen im Alter über 40 Jahre, die zwei oder drei Brustkrebsherde in derselben Brust hatten, die durch normales Brustgewebe getrennt waren. Alle Patientinnen hatten sich einer Mammografie und/oder Ultraschalluntersuchung unterzogen, die meisten auch einer MRT-Untersuchung der Brust. Bei vierzehn der teilnehmenden Patientinnen wurde eine Mastektomie durchgeführt, da die Ränder weiterhin positiv waren und eine brusterhaltende Therapie nicht möglich war. Die übrigen Patientinnen wurden mit einer Lumpektomie und anschliessender Ganzbrustbestrahlung mit Bestrahlungsschüben an allen Lumpektomiestellen behandelt. Der primäre Endpunkt war das lokale Wiederauftreten fünf Jahre nach Abschluss der Bestrahlung.
Von den 204 auswertbaren Patientinnen entwickelten sechs Patientinnen nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 66,4 Monaten ein Lokalrezidiv, was einer Fünfjahres-Lokalrezidivrate von 3,1% entspricht. Diese Rate entsprach in etwa den Lokalrezidivraten, die in früheren Studien bei Patienten mit einem einzelnen Brusttumor nach brusterhaltender Therapie beobachtet wurden. Die Rate der Lokalrezidive war bei den 15 Patientinnen, die sich vor der Operation keiner MRT-Untersuchung der Brust unterzogen, höher als bei den 189 Patientinnen, die sich dieser Untersuchung unterzogen (22,6% gegenüber 1,7%). Es wurde diskutiert, dass dies möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass bei den Patientinnen, die sich einer MRT der Brust unterzogen, vor der Operation mehr Krankheitsherde entdeckt wurden, was eine gründlichere Resektion ermöglichte. Das Risiko eines Lokalrezidivs stand nicht im Zusammenhang mit dem Alter der Patientinnen, der Anzahl der Brustläsionen, der Tumorbiologie oder der pathologischen Stadieneinteilung. Bei keiner Betroffenen kam es zu einem regionalen Rezidiv, bei vier Patientinnen trat jedoch ein Fernrezidiv auf, bei sechs Patientinnen Brustkrebs in der anderen Brust und bei drei Patientinnen neue Primärtumore ausserhalb der Brust.
Unterbrechung der endokrinen Therapie bei Kinderwunsch
Welche Auswirkungen hat eine Unterbrechung der endokrinen Therapie, wenn jungen Brustkrebspatientinnen schwanger werden möchten? Dieser Frage ging die POSITIVE-Studie nach [2]. Von Dezember 2014 bis Dezember 2019 nahmen 518 Frauen im Alter von 42 Jahren oder jünger, die schwanger werden wollten, an der Studie teil und entschieden sich, die endokrine Therapie für etwa zwei Jahre zu unterbrechen. Vor der Unterbrechung ihrer Behandlung hatten die Frauen eine 18- bis 30-monatige adjuvante endokrine Therapie abgeschlossen. Ein Ausschuss zur Überwachung der Datensicherheit führte drei Zwischenanalysen zur Sicherheit durch. Wären innerhalb der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von etwa drei Jahren mehr als 46 Brustkrebsrezidive aufgetreten, hätte die Studie abgebrochen werden müssen. Dieser Schwellenwert wurde nicht erreicht. Bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 41 Monaten hatten 44 Teilnehmerinnen ein Brustkrebsrezidiv erlitten. Die Drei-Jahres-Rate des Wiederauftretens lag bei 8,9% – ähnlich der 9,2%-Rate in einer externen Kontrollkohorte aus den SOFT/TEXT-Studien, in denen die adjuvante endokrine Therapie bei prämenopausalen Frauen untersucht wurde. Den Studienteilnehmerinnen wurde allerdings dringend empfohlen, die endokrine Therapie nach einem Schwangerschaftsversuch oder -erfolg wieder aufzunehmen. Bis heute haben 76,3% ihre Therapie wieder aufgenommen. Diese Daten unterstreichen die Notwendigkeit, eine patientenzentrierte reproduktive Gesundheitsversorgung in die Behandlung und Nachsorge junger Frauen mit Brustkrebs einzubeziehen.
Estradiol fördert Hirnmetastasen
Es wurde der Hypothese nachgegangen, dass prämenopausale Hormone wie Estradiol (E2) die Hirnmetastasierung fördern können, indem sie Auswirkungen auf die Mikroumgebung im Gehirn haben. Bekannt ist, dass das Hormon auf ER+-Astrozyten einwirkt, um Wachstumsfaktoren abzusondern, die bei dreifach negativem Brustkrebs (TNBC) tumorfördernde Signalwege aktivieren können. Sowohl das Östrogen im Gehirn als auch in den Eierstöcken können die Mikroumgebung des Hirntumors bei jüngeren Frauen beeinflussen. Mausmodelle von TNBC zeigen, dass die Ovarektomie allein oder in Kombination mit Letrozol die Besiedlung des Hirntumors verhindert und die Wiederherstellung des prämenopausalen E2-Spiegels die Besiedlung des Hirntumors fördert. Durch die Kombination mehrerer Mausmodelle, die die derzeitige Standardtherapie für TNBC nachahmen, konnten die Forscher untersuchen, wie sich eine E2-Depletion allein oder in Kombination mit einer Hirnbestrahlung auf das Fortschreiten der bestehenden Hirnmetastase bei TNBC auswirken könnte [3]. Es zeigte sich, dass E2-Suppression in Kombination mit Hirnbestrahlung das Fortschreiten der Hirnmetastase vermindert. Die E2-Suppression allein hatte keinen Einfluss.
Chemotherapie gut überlegen
Eine Chemotherapie geht häufig mit einer Tumor-assoziierten kognitiven Störung einher. In der RxPONDER-Studie wurde nun der Einfluss der endokrinen Therapie alleine vs. Chemo mit nachfolgender endokriner Therapie genauer beleuchtet [4]. Dafür wurden 5083 Patientinnen mit Hormonrezeptor-positiven (HR+), HER2-negativen (HER2–) nicht fernmetastasierten Tumoren und ein bis drei befallenen Lymphknoten (LN+) eingeschlossen. Die Ergebnisse zeigen, dass kognitive Beeinträchtigungen bei einer Chemotherapie plus endokriner Therapie stärker waren als bei einer endokrinen Therapie allein. Teilweise dauern diese Beeinträchtigungen über drei Jahre an. Daher ist es wichtig sicherzustellen, dass eine Chemotherapie nur bei Patientinnen angewandt wird, die davon wirklich profitieren.
Auf dem Weg zur besseren Therapie
Ein Verständnis dafür, wie und warum somatische Mutationen akkumulieren, ist erforderlich, um die Krebsevolution zu erhellen. Die DNA-Replikation während jedes Zellzyklus ist ein wesentlicher und stark regulierter Prozess, der die korrekte Vervielfältigung des gesamten Genoms gewährleistet. Der Zeitpunkt der DANN-Replikation wurde indirekt mit dem Erwerb von Mutationen und der Instabilität des Genoms in Verbindung gebracht. Allerdings sind das Ausmass und die Bedeutung des veränderten Replikationszeitpunkts (ART) von normalen Zellen zu Krebszellen, und ob dieser Prozess den Mutationserwerb während der Krebsentwicklung direkt beeinflusst, noch nicht erforscht. Daher wurden die Auswirkungen von ART durch die Analyse von Daten aus 1271 ganz-genomisch sequenzierten Lungen- und Brustkrebsgenomen untersucht, zusammen mit Replikations-Timing-Sequenzierungsdaten von mehreren Krebs- und normalen Zelllinien [5]. Es wurde festgestellt, dass 6-18% des Genoms in Krebszellen der ART unterliegen. Genomische Regionen, die einer Verschiebung von früher zu später Replikation in Krebszellen unterliegen, weisen eine erhöhte Mutationsrate in Tumoren auf und sind mit unterschiedlichen Mutationssignaturen verbunden im Vergleich zu unveränderten Regionen mit früher Replikation. Entsprechend ist ART ein relativ frühes Ereignis während der Entwicklung von Brustkrebs. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Veränderungen des Replikationszeitpunkts während der malignen Transformation weit verbreitet sind und sich erheblich auf die genomische und transkriptomische Landschaft während der Tumorevolution auswirken.
Brustkrebsscreening – der Einfluss pathogener BRCA1/2-Varianen
Das Risiko eines ipsilateralen Brusttumorrezidivs (IBTR) und die Prognose der brusterhaltenden Operation (BCS) bei Trägerinnen der pathogenen Keimbahnvariante BRCA1/2 (BRCA1/2+) sind nach wie vor umstritten. Daher wurden Unterschiede in der IBTR und der Prognose zwischen BRCA1/2+-Trägerinnen und Nicht-Trägerinnen nach BCS bei Brustkrebs untersucht [6]. Verglichen wurden die Inzidenz von IBTR und die Prognose, einschliesslich des Gesamtüberlebens (OS), des brustkrebsspezifischen Überlebens (BCSS) und des Überlebens ohne Fernrezidiv (DRFS). In die Analyse aufgenommen wurden 551 Patientinnen (587 Brüste mit Krebs), darunter 30 BRCA1+ Trägerinnen (32 Brüste) und 31 BRCA2+-Trägerinnen (32 Brüste). Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 5,8 Jahre. Bei den Trägerinnen war der Brustkrebs häufiger Östrogenrezeptor-negativ (56,2% bei BRCA1+ -Trägerinnen und 15,6% bei BRCA2+-Trägerinnen im Vergleich zu 22,0% bei Nicht-Trägerinnen), Progesteronrezeptor-negativ (62,5% bei BRCA1+-Trägerinnen und 31,3% für BRCA2+-Trägerinnen vs. 29,5%), Nukleusgrad III (45,3% für Trägerinnen vs. 29,5% für Nicht-Trägerinnen) oder einen höheren Ki-67-Index (Ki-67-Index >20) (89,5% vs. 61,8%) als Nicht-Trägerinnen. Ausserdem unterzogen sich die Trägerinnen häufiger einer Chemotherapie als die Nicht-Trägerinnen (62,5% gegenüber 42,4%). Das Krebsstadium, die Tumorgrösse, der HER2-Status, das Vorhandensein einer lymphatischen Invasion und die Rate positiver oder enger chirurgischer Ränder unterschieden sich statistisch nicht zwischen den untersuchten Gruppen.
Während der Nachbeobachtung wurde festgestellt, dass neun Brüste von BRCA1/2+-Trägerinnen (15,6%/12,5%) und 35 Brüste (6,7%) von Nicht-Trägerinnen IBTR entwickelten. Wurden Patientinnen ausgeschlossen, die sich keiner Strahlentherapie unterzogen, blieb die IBTR-Rate bei BRCA1/2+-Trägerinnen signifikant höher. Die mediane Zeit bis zum IBTR betrug 10,2 Jahre bei Trägern (10,2 Jahre für BRCA1+ und 8,5 Jahre für BRCA2+) und 3,5 Jahre bei Nicht-Trägern. Trägerinnen wiesen häufiger als Nicht-Trägerinnen verschiedene Subtypen von Rezidivtumoren in der ipsilateralen Brust auf (66,7% gegenüber 19,4%), die in einem anderen Quadranten als der Primärtumor auftraten (50,0% gegenüber 27,3%). Es wurden keine signifikanten Unterschiede im OS, BCSS oder DRFS festgestellt.
Kongress: San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS)
Literatur:
Boughey JC, et al.: Impact of Breast Conservation Therapy on Local Recurrence in Patients with Multiple Ipsilateral Breast Cancer – Results from ACOSOG Z11102 (Alliance). GS4-01. 10.12.2022. SABCS 2022.
Partrige A, et al.: Pregnancy Outcome and Safety of Interrupting Therapy for women with endocrine responsIVE breast cancer: Primary Results from the POSITIVE Trial (IBCSG 48-14 / BIG 8-13). GS4-09. 10.12.2022. SABCS 2022.
Cittely D, et al.: Estradiol represses anti-tumoral immune response to promote progression of ER- brain metastases. GS5-07. 10.12.2022. SABCS 2022.
Kang I, et al.: Rx for Positive Node, Endocrine Responsive Breast Cancer. GS1-04. 10.12.2022. SABCS 2022.
Kanu N, et al.: Clinical implications of tumor heterogeneity single cell genomics. 06.12.2022. SABCS 2022.
Kondo S, Kumiko K, Misato S, et al.: Impact of BRCA1/2 pathogenic variants on ipsilateral breast tumor recurrence and prognosis following breast-conserving surgery. P1-09-03. 06.12.2022. SABCS 2022.
Hintergrund: Angststörungen sind eine häufige Komorbidität der Depression. Eine Komorbidität von Depression und Angst ist schwieriger zu behandeln als eine alleinige Depression.
Im September 2013 wurde ein neues Antidepressivum (Vortioxetin) für den US-amerikanischen Markt zur Behandlung der Major Depression bei Erwachsenen freigegeben. Seit dem 17. August 2016 ist das Medikament auch in der Schweiz zugelassen und verfügbar. Vortioxetin ist ein Selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), der antagonistischen auf die 5-HT3, 5-HT7 und 5-HT1D-Rezeptoren, partialagonistisch auf 5-HT1B- sowie agonistisch auf die 5-HT1A-Rezeptoren wirkt. Vortioxetin moduliert verschiedene Neurotransmittersysteme, dabei kommt es zur Erhöhung von Serotonin, Noradrenalin, Dopamin, Acetylcholin, Histamin, Glutamat sowie einer Reduktion von GABA. Ziel der Untersuchung und Metaanalyse war die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Vortioxetin bei MDD-Patienten mit hoher Angstsymptomatik (Baseline Hamilton Anxiety Rating Scale [HAM-A] Gesamtpunktzahl ≥20) festzustellen.
Patientin und Methodik: Die Wirksamkeit wurde anhand einer randomisierten Placebo-kontrollierten Studie zur Behandlung der Depression mit Vortioxetin 5–20 mg über einer Zeitdauer von 6 bis 8 Wochen in zwei verschiedenen Altersgruppen (18–75 Jahre und ≥65 Jahre) gentrennt analysiert. Es sollten Veränderungen in der Punktzahl der Montgomery Asberg Depression Rating Scale (MADRS), HAM-A insgesamt und HAM-A Subskalen festgestellt werden. Sicherheit und Verträglichkeit wurden durch behandlungsbedingte unerwünschte Nebenwirkungen (TEEE) beurteilt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 1497 Patienten (48,6%) mit Vortioxetin und 860 Patienten (49,1%) mit Placebo behandelt. Alle Patienten hatten vor der Behandlung eine HAM-A ≥20. Es gab signifikante Unterschiede gegenüber Placebo auf der HAM-A psychischen Subskala für alle Dosen. Die grössten Unterschiede gegenüber Placebo wurden mit Dosierung von 10 und 20 mg gefunden.
Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen (≥5,0%) waren Nausea, Beschwerden des Gastrointestinaltrakts, Schwindel und Kopfschmerzen. Die Inzidenz von schweren Nebenwirkungen betrug 1,3% (Placebo) und ≤1,3% (Vortioxetin).
Laut den Autoren war Vortioxetin wirksam zur Reduktion von Angst und depressiver Symptomatik bei Patientin mit MDD und schwerer Angstsymptomatik.
Die achtsamkeitsbasierte Therapie bei Angst und Depression hat sich in der letzten Dekade von einer Randstellung im therapeutischen Bereich zu einem anerkannten, empirisch fundierten Verfahren entwickelt. Neben dem Einsatz im Rahmen der Rückfallprophylaxe bei Depressionen geben neuere Studien nun Hinweise, dass diese Form der Therapie auch einen Stellenwert bei akuten depressiven Episoden haben könnte.
Der Begriff Achtsamkeitstraining ist zurzeit in aller Munde. Bewusste Wahrnehmung bildet dabei das Kernkonzept und soll zu einer Stressreduktion beitragen. Historisch betrachtet findet sich der Begriff «Achtsamkeit» vorrangig im Buddhismus wider. Die Säkularisierung der Achtsamkeit fand unter anderem durch den amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn statt, der Achtsamkeitstherapien bei Patienten mit chronischen Schmerzen einsetzte und später die Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) als gesundheitsfördernden Lebensstil entwickelte. Inzwischen wird die Achtsamkeitstherapie auch im Rahmen anderer Behandlungskonzepte eingesetzt. Die Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT) z.B. findet im Bereich der Rückfallprophylaxe rezidivierender depressiver Störungen Anwendung. Dabei wirkt sie den Aufschaukelungsprozessen entgegen, die typischerweise zu einem Rezidiv einer depressiven Episode beitragen (Abb. 1). Umgesetzt bedeutet dies:
Im Kontakt mit dem gegenwärtigen Augenblick und nicht mit Erinnerungen oder Zukunftsplänen sein
Auch leichte Stimmungsveränderungen und automatisierte Kognition bewusst wahrnehmen; Gedanken und Gefühle als mentale Ereignisse und Abbild der Realität ansehen («Decentering»).
Einsatzgebiete der Achtsamkeitstherapie
In der Praxis wird die MBCT bei Patienten mit Status nach multiplen depressiven Episoden z.B. in Form einer mehrwöchigen Gruppentherapie eingesetzt, in der neben dem gemeinsamen durchführen von Achtsamkeitsübungen und der Anwendung kognitiv-verhaltenstherapeutischer Elemente auch die wiederkehrende Anwendung des Geübten im Alltag einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg leisten kann.
Die Wirksamkeit dieser Therapieform wurde in mehreren Studien untersucht. Kuyken et al. konnten in der PREVENT-Studie zeigen, dass die medikamentöse Erhaltungstherapie über zwei Jahre der Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT) in der Prophylaxe von Rezidiven depressiver Episoden gleichwertig war [1]. Ebenso konnte kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf die Kosteneffektivität festgestellt werden. Als besonders effektiv erwies sich die MBCT bei jenen Patienten, welche Kindheitstraumata erlitten hatten.
Interessant wäre zu wissen, ob sich die Achtsamkeitstherapie neben dem Einsatz in der Prävention ebenso für die Behandlung einer akuten depressiven Episode oder Angstepisode eignet. Mit dieser Frage beschäftigte sich eine Metaanalyse von 12 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 578 Patienten, die die diagnostischen Kriterien einer akuten depressiven oder Angstepisode erfüllten [2]. Die Daten zeigen, dass Achtsamkeitstraining in Form einer MBCT einen signifikanten Effekt bei Depressionen im Vergleich zur Kontrollgruppe (mit einer inaktiven Kontrolle) hat und gaben Hinweise darauf, dass die MBCT ähnlich gut wie eine gruppenbasierte kognitive Verhaltenstherapie wirkt (aktive Kontrolle). Für Angststörungen ergab sich kein Vorteil der MBCT. Die Autoren empfehlen, dass MBCT Patienten mit einer akuten depressiven Episode zusammen mit anderen evidenzbasierten Interventionen angeboten werden kann, auch, um deren Therapieauswahlmöglichkeiten zu erweitern.
Bezüglich des Einsatzes der Achtsamkeitstherapie bei Angststörungen verwies der Referent auf die Studie von Koszycki et al. Die Arbeitsgruppe verglich den therapeutischen Effekt einer 8-wöchigen Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) mit einer 12-wöchigen kognitiven gruppenbasierten Verhaltenstherapie (KVGT) [3]. Die KVGT war der MBSR dabei in der Reduktion sozialer Ängste, der Rate an Respondern (67 vs. 39%) sowie der Rate an Remissionen (44 vs. 9%) signifikant überlegen. In Bezug auf die Verbesserung der Stimmung, der Funktionalität und der Lebensqualität zeigten sich die beiden Therapien allerdings vergleichbar. Somit steht für die Autoren fest, dass die KVGT weiterhin die Therapie der Wahl bei einer sozialen Angststörung ist. Mit diesem Ergebnis im Hinterkopf kann überlegt werden, inwieweit einzelne Patienten von einer zusätzlichen MBSR hinsichtlich Verbesserung der Lebensqualität profitieren würde, gibt Prof. Rufer zu bedenken.
Neuere Studien versuchen herauszufinden, was die genauen Wirkmechanismen der Achtsamkeitstherapie sind. In einem Review [4] wurden die Bereiche Achtsamkeit und repetitives negatives Denken (Rumination) als Mediatoren der Effekte von Mindfullness-based Therapien herausgefiltert. Von den Autoren wurden allerdings methodische Schwächen in einigen eingeschlossenen Studien bemängelt.
Neurobiologisches Korrelat
Wie und ob sich der Einsatz von Achtsamkeits-basierten Anwendungen in einem neurobiologischen Korrelat äussert, wurde u.a. von Lazar et al. untersucht. Bei 20 Probanden mit umfassender Meditationserfahrung konnten in dieser Studie mit Hilfe von MRT-Untersuchungen Veränderungen von Gehirnstrukturen nachgewiesen werden [5]. Hirnareale, die für die Verarbeitung von sensorischen Eindrücken, Aufmerksamkeitsregulation und die Interozeption verantwortlich sind, waren bei den meditierenden Probanden dicker als bei den gematchten Kontrollen.
In einer weiteren Studie wurden per funktionellem MRT Aktivitäten von Hirnarealen während der Exposition mit negativ behafteten Bildern untersucht [6]. Die 24 gesunden Probanden, welche eine kurze Achtsamkeits-Intervention anwendeten, hatten im Vergleich zu den 22 Kontrollen ohne Intervention eine reduzierte Aktivität der für die Verarbeitung von Emotionen verantwortlichen Gehirnareale (wie z.B. der Amygdala oder des parahippocampalen Gyrus) während der Betrachtung der mit negativen Emotionen behafteten Stimuli vs. der von neutralen Bildern. Die Ergebnisse weisen auf Effekte des Achtsamkeitstrainings in Bezug auf die Regulierung dieser neurobiologischen Aktivitäten hin.
Es gibt bereits Ansätze, diese Erkenntnisse praktisch umzusetzen. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Uwe Herwig erforscht ein Neurofeedback-Training, um Patienten noch effektiver behandeln zu können [7]. Dabei liegen die Probanden in einem MRT, welches den Patienten farblich markiert (Ampelschema) die Gehirnareale anzeigt, welche durch das Betrachten negativer Stimuli aktiviert werden. So kann der Patientin durch verschiedene Massnahmen (z.B. Neubewertung der Angst auslösenden Situation) per direktem Feedback lernen, besser mit diesen Stress auslösenden Situationen umzugehen. Zudem fördert die Methode die Selbstwirksamkeit des Patienten, da es aufzeigt, dass das Individuum über die nötigen Fähigkeiten verfügt, Ängste zu kontrollieren. Ziel ist es das Trainierte soweit zu verinnerlichen, dass es auch im Alltag angewendet werden kann.
Zusammenfassung und Ausblick
Die achtsamkeitsbasierte Therapie bei Angst und Depression hat sich in der letzten Dekade von einer Randstellung im therapeutischen Bereich zu einem anerkannten, empirisch fundierten Verfahren entwickelt. Die MBCT wird z.B. in den Leitlinien unter ihrer klassischen Indikation, der Rückfallprophylaxe bei Depressionen aufgeführt (NICE, S3). Neuere Studien geben nun Hinweise, dass MBCT auch einen Stellenwert bei depressiven Episoden haben kann und beim Absetzen von Antidepressiva empfehlenswert ist. Trotz dieser positiven Erkenntnisse dürfen andere evidenzbasierte Verfahren nicht vernachlässigt werden (z.B. Expositionstherapie bei Angststörungen), betont Prof. Rufer zum Abschluss.
Quelle: 9th Swiss Forum for Mood and Anxiety Disorders (SFMAD), 12. April 2018, Zürich
Literatur:
Kuyken W, et al.: The effectiveness and cost-effectiveness of mindfulness-based cognitive therapy compared with maintenance antidepressant treatment in the prevention of depressive relapse/recurrence: results of a randomised controlled trial (the PREVENT study). Health Technol Assess 2015; 19(73): 1–124.
Strauss C, et al.: Mindfulness-Based Interventions for People Diagnosed with a Current Episode of an Anxiety or Depressive Disorder: A Meta-Analysis of Randomised Controlled Trials. PLoS One 2014; 9(4): e96110.
Koszycki D, et al.: Randomized trial of a meditation-based stress reduction program and cognitive behavior therapy in generalized social anxiety disorder. Behav Res Ther 2007; 45(10): 2518–2526.
Gu J, et al.: How do mindfulness-based cognitive therapy and mindfulness-based stress reduction improve mental health and wellbeing? A systematic review and meta-analysis of mediation studies. Clin Psychol Rev 2015; 37: 1–12.
Lazar SW, et al.: Meditation experience is associated with increased cortical thickness. Neuroreport 2005; 16(17): 1893–1897.
Lutz J, et al.: Mindfulness and emotion regulation – an fMRI study. Soc Cogn Affect Neurosci 2014; 9(6): 776–785.
Nickl R: Ängste kontrollieren. UZH Magazin 2014; 23(2): 12–14. www.news.uzh.ch/de/articles/2014/aengste-konrtollieren.html
Patienten mit körperlichen Erkrankungen wie z.B. einem Schlaganfall, Diabetes mellitus, onkologischen Krankheiten oder auch einem Tinnitus werden in der Regel adäquat behandelt – zumindest was die physischen Beschwerden betrifft. Viel zu häufig wird jedoch der psychische Zustand ausser Acht gelassen. Dabei sind Depressionen bei Betroffenen mit körperlichen Erkrankungen gar nicht so selten.
Mit einer schweren Grippe, einem Diabetes mellitus oder einem Tinnitus wird man beim Arzt seines Vertrauens gut versorgt. Die Abwehr wird gestärkt, der Blutzucker eingestellt und die Ohrgeräusche je nach Auslöser möglichst effektiv behandelt. Die Konsultation bei einem Neurologen/Psychiater steht hingegen nicht auf der To-do-Liste. Warum auch – schliesslich ist ja nur der Körper betroffen. Doch genau dieser Gedanke ist ein Trugschluss, wie sich herausgestellt hat. Im Vergleich zu gesunden Menschen entwickeln Patienten mit körperlichen Erkrankungen nämlich doppelt so häufig auch psychische Probleme. Allen voran eine Depression (Tab. 1). Diese ist dann häufig Reaktion auf die körperliche, aber damit auch einhergehende seelische Belastung. Chronische Schmerzen, Einschränkungen der Belastbarkeit oder auch die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust oder finanzielle Sorgen können hierbei eine Rolle spielen. Darüber hinaus können auch pharmakologische Interventionen, die im Rahmen der physischen Erkrankung eingesetzt werden, psychische Auswirkungen haben. Vor allem Chemotherapeutika, Interferone, Kortisonpräparate und Betablocker stehen in Verdacht, Depressionen auszulösen.
Bisher ist noch nicht vollumfänglich erforscht, warum körperliche Erkrankungen zu Depressionen führen können. Ursächlich könnten bestimmte Verhaltensmuster, hormonelle Mechanismen oder auch vererbte Gene sein. Grundsätzlich erleidet fast die Hälfte aller Menschen im Laufe des Lebens einmal eine psychische Erkrankung. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Neben Angststörungen, somatoformen Störungen und Alkoholabusus gehört dazu auch die Depression. Sie zählt damit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und ist nicht nur mit einer anhaltend gedrückten Stimmung, Antriebslosigkeit und Interessenverlust assoziiert. Die Mehrheit der Betroffenen hegt früher oder später auch Suizidgedanken. Daher ist eine schnelle und effektive Behandlung unerlässlich.
Therapie auf Grunderkrankung abstimmen
Die Therapie der Depression muss sich im Rahmen des Behandlungsregimes der körperlichen Beschwerden bewegen und daher individuell an die Gegebenheiten angepasst werden. Wird die Pharmakotherapie als ursächlich angenommen, sollte das Präparat möglichst durch ein anderes, weniger nebenwirkungsträchtiges ersetzt werden. Ansonsten richtet sich die Wahl des Antidepressivums nach der Grunderkrankung und möglichen Interaktionspotenzialen. Ältere Generationen von Antidepressiva ziehen beispielsweise häufig Herz-Kreislauf Beschwerden nach sich. Daher sollten trizyklische Antidepressiva nicht bei kardiologisch therapierten Patienten eingesetzt werden. Präparate der neueren Generation, wie Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, Duale selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, Noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva oder Monoaminoxidasehemmer sind da deutlich besser aufgestellt. Nichts desto trotz unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen und des möglichen Interaktionsprofils, sodass eine genaue Abwägung im Vorfeld und eine engmaschige Kontrolle während der Behandlung erfolgen sollte.
Ein systematischer Review mit Netzwerkmetaanalyse hat die unterschiedlichen Wirkstoffe gemäss ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit kategorisiert. Demnach erwiesen sich vor allem Vortioxetin, Agomelatin, Amitriptylin, Escitalopram, Mirtazapin, Paroxetin und Venlafaxin den anderen Antidepressiva in ihrer Wirkung überlegen. In Bezug auf die Verträglichkeit punkteten Vortioxetin, Agomelatin, Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin und Sertralin. Die höchsten Abbruchraten wurden unter Amitriptylin, Clomipramin, Duloxetin, Fluvoxamin, Reboxetin, Trazodon und Venlafaxin beobachtet. Die Experten identifizierten Vortioxetin, Agomelatin und Escitalopram als zugleich wirksamste und verträglichste Substanzen.
Weiterführende Literatur:
www.neuropraxis-ffm.de/depression-bei-korperlichen-erkrankungen/ (letzter Zugriff am 11.11.2020)
www.psychosoziale-gesundheit.net/pdf/Int.1-Depression_und_koerperliche_Krankheit.pdf (letzter Zugriff am 11.11.2020)
Anderson RJ, Freedland KE, Clouse RE, Lustman P: The Prevalence of Comorbid Depression in Adults With Diabetes. Diabetes Care 2001; 24(6): 1069–1078.
Pieper L, Schulz H, Klotsche J, et al.: Depression als komorbide Störung in der primär-ärztlichen Versorgung. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 2008; 51: 411–421.
Cipriani A, Furukawa TA, Salanti G, et al.: Comparative efficacy and acceptability of 21 antidepres-sant drugs for the acute treatment of adults with major depressive dis -order: a systematic review and network meta-analysis. Lancet 2018; 391(10128): 1357–1366.
Das zentrale Nervensystem ist permanent einer Vielzahl von Herausforderungen ausgesetzt. Manche Hürden können überwunden werden, bei anderen wird Hilfe benötigt. Mit Hochdruck arbeitet die Forschung daran, Vorgänge zu entschlüsseln, um auf Grundlage eines besseren Verständnisses geeignete Therapiemassnahmen zu entwickeln. Aktuelle Studienergebnisse zu unterschiedlichen Hirn(nerven)erkrankungen wurden auf dem DGN vorgestellt.
Die Vestibularisparoxysmie (VP) ist ein «Gefäss-Nerven-Konflikt» im Kleinhirnbrückenwinkel, wodurch kurze, meist spontan auftretende Schwindelattacken ausgelöst werden. Auch kurze Episoden mit Ohrdruck, Hörminderung und/oder Tinnitus werden berichtet. An der Stelle, an die der Hör- und Gleichgewichtsnerv ins Gehirn eintreten, kommt es zu einem dauerhaften Kontakt der Nerven mit einer Gefäss-Schlinge. Die Nervenimpulse können dann zwischen den einzelnen Nervenfasern ungehindert hin- und herspringen. Diese «Kurzschlüsse» führen zu einer Übererregbarkeit des Hör- und/oder Gleichgewichtsnerven mit den typischen Symptomen. Nun wurden neue Diagnosekriterien zur Unterscheidung einer sicheren (dVP) und wahrscheinlichen (pVP) Form festgelegt. In einer gut diagnostizierten Patientenkohorte wurden die klinischen Symptome und vestibulären Befunde genauer beschrieben [1].
146 Patienten wurden mit einer pVP (n=73) und dVP (N=73) identifiziert. Die Betroffenen erlitten zwischen fünf und 30 Attacken täglich. Die klinischen Symptome der beiden Formen unterschieden sich signifikant hinsichtlich des Schwindeltyps. dVP-Patienten berichteten häufiger über Drehschwindel. Bei zwei Drittel der Betroffenen traten die Attacken spontan auf, bei einem Viertel wurden sie durch Kopfbewegungen ausgelöst. Hinsichtlich der vestibulären Diagnostik zeigte ein Drittel der Patienten einen hyperventilationsinduzierten Nystagmus und ein Abweichen der Subjektiven Visuellen Vertikalen. 18% mussten die ursprüngliche Medikation aus Carbamazepin und Oxcarbazepin aufgrund von Nebenwirkungen auf Gabapentin, Lacosamid oder Phenytoin umstellen. Drei Viertel der dVP-Patienten konnte geholfen werden. Sie blieben Attacken-frei – mehr als die Hälfte auch ohne Medikation. Betroffene mit anhaltenden Attacken wiesen auch zu Beginn der Behandlung eine signifikant höhere Attackenhäufigkeit auf. Insgesamt kann gesagt werden, dass die Langzeitprognose der VP günstig ist. Ein Behandlungsversuch erscheint sinnvoll.
MS-Krankheitslast in frühen Stadien
Keine Erkrankung ist gleich und kein Patient empfindet wie der andere. Daher kann die unterschiedliche Wahrnehmung des Vorhandenseins und der Symptomschwere der Multiplen Sklerose (MS) dazu führen, dass die Prävalenz und Relevanz der Symptome unterschätzt wird. Ziel einer Umfrage war es daher, die Patientenperspektive zu erfassen, um das Erkennen des Übergangs von RRMS zur SPMS zu erleichtern [2]. Die Erhebung gibt Einblicke in die Krankheitssymptome, den Erhalt von Alltagskompetenzen, die Krankheitsbelastung sowie den Nutzen von verlaufsmodifizierenden und symptomatischen Therapien. Durchgeführt wurde sie unter 4555 erwachsenen Patienten mit PmMS.
Es zeigte sich, dass Probleme beim Gehen als am störendsten berichtet wurden. Fatigue, kognitive Beeinträchtigungen, Sehstörungen sowie Taubheitsgefühle und Kribbeln waren bei RRMS- und SPMS-Betroffenen mit niedrigerem Behinderungsstatus häufiger als bei Patienten mit höherem Behinderungsstatus. 65,8% aller RRMS-Patienten und 92,9% aller SPMS-Betroffenen berichteten von einer Verschlechterung der Symptome unabhängig von Schüben. 24,4 der RRMS- und 43,5% der SPMS-Patienten erhielten keine krankheitsmodifizierende Therapie, 36,9% aller PmMS-Betroffenen erhielten eine symptomatische Behandlung. Alles in allem wies ein relevanter Anteil der RRMS-Patienten eine längere Krankheitsdauer, zunehmende Behinderung, schubunabhängige Verschlechterung der Symptome sowie ein ähnliches Symptommuster und Krankheitslast wie die SPMS-Gruppe auf. Das legt den Schluss nahe, dass der Übergang zur SPMS in der klinischen Praxis unterdiagnostiziert ist.
Endovaskuläre Therapie bei cerebralen Infarkten
Die endovaskuläre Therapie (EVT) wird zunehmend zur Behandlung von Schlaganfällen eingesetzt, die durch einen isolierten Verschluss der A. cerebri posterior verursacht werden. In einer Metaanalyse wurde nun der klinische Nutzen im Vergleich zum rein klinischen Management (BMM) genauer untersucht [3]. Dafür wurden von 441 Artikeln 12 in die Analyse eingeschlossen. Vier der zwölf Studien verglichen die EVT direkt mit dem BMM. In den anderen wurde entweder die eine Methode oder die andere untersucht. Insgesamt wurden 679 Patienten eingeschlossen. Bei 338 Betroffenen wurde eine EVT durchgeführt, bei 341 ein BMM.
Nach drei Monaten wurde bei 48,1% der BMM-Patienten und 58,0% der EVT-Patienten ein gutes funktionelles Ergebnis erreicht. In der vergleichenden Analyse waren keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit eines guten klinischen Ergebnisses nachweisbar. Entsprechend schlussfolgern die Experten, dass die EVT eine sichere Behandlung darstellt.
Manchmal lohnt ein zweiter Blick
Im 19. Jahrhundert stellte die Neurosyphilis die häufigste Ursache einer Demenz dar. Inzwischen ist diese Form der Demenz selten geworden. Dennoch kann ein Test manchmal hilfreich sein, wie eine Untersuchung herausfand [4]. Stationär behandelte geriatrische Patienten mit kognitiven Auffälligkeiten oder einer Neuropathie wurden dafür einem Elektrochemilumineszenz-Immunoassay zur Detektion von gegen T. pallidum gerichteten Antikörpern als Lues-Suchreaktion unterzogen. Bei einem positiven Ergebnis wurden weitere Laboruntersuchungen durchgeführt mit der Fragestellung, ob eine Antibiose indiziert ist. Bei 42 von 4116 Patienten (1%) detektierte der TP-ECLIA Antikörper im Serum gegen T. pallidum. Eine Liquoranalyse wurde bei 10 Patienten durchgeführt. Fünf Betroffene erhielten letztendlich eine antibiotische Behandlung.
Kongress: Neurowoche (DGN)
Literatur:
Steinmetz K, Becker-Bense S, Strobl R, et al.: Vestibularisparoxysmie – klinische Merkmale und Langzeitverlauf. DGN-P292.
Bayas A, Christ M, Schuh K: Patientenbefragung zu Krankheitsbelastung und frühen Anzeichen der Progression der Multiplen Sklerose in Deutschland (MSPerspectives). DGN-IP018.
Berberich A, Finitsis S, Strambo D, et al.: Endovaskuläre Therapie versus klinisches Management von cerebralen Infarkten verursacht durch einen Verschluss der A. cerebri posterior: Eine Meta-Analyse. DGN-P124.
Djukic M, Eiffert H, Lange P, et al.: Die Rolle der Lues-Serologie in der differentialdiagnostischen Abklärung von kognitiven Beeinträchtigungen und Polyneuropathien bei Patienten und Patientinnen einer geriatrischen Klinik. DGN-P213.